Umwelt | Wolf

Schulers Gratwanderung

Landesrat Arnold Schuler lässt seine Unterschriftensammlung gegen den Wolf über die Gemeinden und die Forstverwaltung laufen. Der WWF prüft jetzt eine Anzeige.
Arnold Schuler
Foto: Facebook/Arnold Schuler
Die Aktion ist ein voller Erfolg.
Bis Donnerstagnachmittag hatten allein online 18.555 Personen die Petition von Arnold Schuler unterzeichnet. Der Landesrat für Landwirtschaft hat die Südtirolerinnen und Südtiroler Ende vergangener Woche aufgefordert, eine von ihm erstellte Wolfs-Petition an die EU-Kommission und die italienische Regierung zu unterzeichnen. Die darin enthaltenen Forderungen: Brüssel solle unverzüglich Maßnahmen treffen, um den Schutzstatus des Wolfes zu senken. Rom solle ebenso unverzüglich Maßnahmen in die Wege leiten, um im Rahmen der EU-Richtlinien die geregelte „Entnahme“ von Wölfen in Südtirol zu ermöglichen.
Die Petition ist ein Renner. Die Umstände, wie diese Aktion durchgeführt wird, weniger.
Deshalb könnte das Ganze für Arnold Schuler noch zu einem ernsthaften Problem werden.
 

Die Wahlwerbung

 
Bereits bei der Frage nach dem Auftraggeber wird die Aktion undurchsichtig.
Man müsste davon ausgehen, dass der Initiator und Träger dieser Petition die Privatperson oder der SVP-Landtagsabgeordnete Arnold Schuler ist. Jeder Private kann eine Unterschriftenaktion starten. Natürlich auch jeder Politiker. So sammelt etwa Andreas Pöder seit Monaten Unterschriften gegen den Impfzwang. Es ist seine Art, Wahlkampf zu machen.
Was ein oppositioneller Politiker darf, gilt natürlich auch für ein Mitglied der Mehrheit und der Regierung. Arnold Schuler stellt sich hier durchaus geschickt an. Es gibt kaum ein Thema, bei dem die Emotionen im Land so hochkochen wie bei Bär und Wolf. Die Unterschriftenaktion ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen ist die beste und billigste Wahlkampfaktion, die man sich vorstellen kann. „Es ist ein genialer Schachzug“, sagt ein hoher Landesbeamter.
Schulers Aktion kam selbst innerhalb der SVP für einige überraschend. Deshalb neiden
gar Einige aus der Landtagsfraktion dem Landrat die Idee mit dieser Petition.
 

Der Landesrat

 
Denn Arnold Schuler führt diese Aktion weder als Privatperson noch als SVP-Landtagsabgeordneter durch, sondern als Landesrat.
Als solcher stellt er sich in der die Petition auch überall vor. „Arnold Schuler, Landesrat“, steht überall. Das Deckblatt der Petition ist auf dem offiziellen Briefpapier des Landes gedruckt, samt Landesadler und der Beschriftung „AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL - Landesrat für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bevölkerungsschutz und Gemeinden“.
 
Die Petition wird damit nicht nur amtlich geadelt, sondern rein formell zu einer institutionellen Amtshandlung. Das Problem dabei: Es gibt weder einen Beschluss der Landesregierung noch des Landtages, mit dem der Landesrat beauftragt wird, diese Petition so durchzuführen. Ein Landesrat kann kaum aus Eigeninitiative und mit Amtssiegel politische Aktionen starten. Die Wolf-Petition ist aber genau das.
Umgekehrt kann Schuler für eine private, politische Aktion zu Wahlkampfzwecken weder sein offizielles Briefpapier noch die Strukturen der Landesverwaltung verwenden. Der Plauser SVP-Politiker tut aber genau das.
 

Die Gemeinde

 
In Arnold Schulers Ressort fallen auch die Gemeinden. Am vergangenen Samstag verschickte der Landesrat über seine Amtsadresse eine zweisprachige Mail an alle Südtiroler Gemeinden.
In dem Schreiben heißt es:
 
„Sehr geehrte Frau Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
ich darf Sie einladen, die Petition gegen den Wolf zu unterstützen. Die Begegnung zwischen Mensch und Wolf ist keine Seltenheit mehr. Das zunehmende Auftreten des Wolfes bringt eine Reihe von Problemen mit sich. Wölfe reißen vermehrt Nutztiere und bedrohen die Südtiroler Alm- und Bergwirtschaft. Ein Auflassen der Weidewirtschaft hätte verheerende Folgen für unser Land, bäuerliche Betriebe und Almen würden aufgelassen, die gepflegte Kulturlandschaft würde verschwinden, die Biodiversität würde abnehmen und der Tourismus erheblich beeinträchtigt. Nur wenn wir jetzt zusammenstehen und uns gemeinsam wehren, können wir entsprechend Druck aufbauen, um eine Aufweichung des Schutzstatus zu erreichen.  
Aus diesen Gründen ersuche ich Sie, die Petition samt Unterschriftenliste in Ihrer Gemeinde aufliegen zu lassen und die Dorfbevölkerung über die lokalen Medien (Dorfblatt, Homepage usw.) darüber zu informieren. Zu diesem Zweck finden Sie anbei die Petition und die entsprechende Pressemitteilung. ...(...)... In der Hoffnung auf eine breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bedanke ich mich für die Unterstützung und verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Der Landesrat
Arnold Schuler“
 
Damit aber wird die Aktion noch brisanter.
Denn es gibt klare gesetzliche Bestimmungen, wann und wo Gemeinden Unterschriftenlisten für Referenden oder Volksentscheidungen aufliegen lassen können bzw. müssen. Sicher ist dabei: Gemeinden dürfen private Petitionen oder solche von politischen Parteien nicht amtlich unterstützen.
Deshalb weigern sich einige wenige Südtiroler Gemeinden auch, diesem Aufruf Folge zu leisten.
 

Die Forststationen

 
Arnold Schuler und seine Spitzenbeamten scheinen die Rechtslage aber völlig anders einzuschätzen. Nur so ist verständlich, was sich im Schuler-Assessorat derzeit abspielt.
Arnold Schuler ist auch Landesrat für Forstwirtschaft. Am vergangenen Montag übermittelte Peter Möltner, der persönliche Referent des Landesrat, die gesamten Unterlagen der Petitionskampagne an den Direktor der Abteilung Forstwirtschaft, Mario Broll.
 
Broll verschickte umgehend das gesamte Material an über 50 amtliche Empfänger. Darunter mehrere Dutzend Forststationen und Forstinspektorate im ganzen Land, die ihm und Schuler unterstehen.
Im Begleitschreiben heißt es:
 
„Sehr geehrte Kollegen,
sehr geehrte MitarbeiterInnen,
wie bereits bekannt, wurde vom Landesrat Schuler diese Petitionskampagne in die Wege geleitet. Es soll allen Bürgern Südtirols die Möglichkeit geboten werden sich an diese Petition zu beteiligen u.a. auch bei unseren forstlichen Dienststellen. 
Jede Dienststelle soll die „Petition Wolf“ ausdrucken und falls sich ein Bürger mit dem Anliegen die Petition unterschreiben zu wollen meldet, seine amtlichen Daten samt Unterschrift in die der Petition beigelegten Tabelle eintragen lassen.
Die so gesammelten und ausgefüllten Tabellen sollen einstweilen in jeder Dienststelle aufbewahrt werden. Am 30. April sollen die Petitionsunterlagen samt dazugehörigen Tabellen über die Ämter bzw. Forstinspektorate an die Abteilung Forstwirtschaft übermittelt werden.
Mit besten Grüßen und bestem Dank für die Zusammenarbeit.
Der Abteilungsdirektor
Dr. Mario Broll“
 
Amtlicher geht es wohl kaum.
Nach dieser dienstlichen Anweisung des Abteilungsdirektors werden vier Dutzend Dienststellen des Landes wenigstens eine kleinen Teil ihrer Arbeitszeit für Schulers Wolfpetition verwenden müssen.
 

Anzeige prüfen

 
„Wir sind der Meinung, dass es nicht geht, dass jemand Wahlkampf über sein Amt betreibt“, sagt Luigi Mariotti. Der Vorsitzende des WWF-Bozen hat den internen Schriftverkehr zur Schuler-Petition gesammelt und dem Rechtsamt in der WWF-Zentrale nach Rom übermittelt. Der WWF will prüfen, ob hier ein Gesetzesverstoß vonseiten Schulers vorliegt.
 
Sollte es eine Handhabe geben, werden wir Anzeige erstatten“, sagt Mariotti zu salto.bz.
Damit aber könnte es für Arnold Schuler eng werden. Denn man kann diese Aktion auch durchaus als widerrechtliche Verwendung öffentlicher Mittel sehen.
Unabhängig vom Inhalt der Petition und unabhängig davon, ob es Arnold Schuler gut gemeint hat.
Denn auch gut gemeint kann manchmal falsch sein.
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Massimo Mollica So., 18.03.2018 - 07:12

C'è chi in Italia ha fatto la sua fortuna politica grazie a una paura immotivata verso i migranti. Allo stesso modo qui in Südtirol la si sta facendo grazie a una paura immotivata verso i lupi.
La tecnica è la stessa! Di etico c'è ben poco anche perché di problemi ve ne sarebbero ben altri, tipo l'alto tasso di suicidi, di cui nessuno ne parla, oppure i morti in incidenti stradali! Ma questi non portano voti. E sono quest'ultimi a stabilire chi è nel giusto e chi nello sbagliato.
Chissà quanta distanza c'è tra la voglia di eliminare il lupo e quella di eliminare il Walsch.

So., 18.03.2018 - 07:12 Permalink
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Freitag . Mo., 19.03.2018 - 17:43

....Einfach nur peinlich!

Vorausschickt, es steht jedem Bürger frei Petitionen zu lancieren und zu propagieren egal welchen Ursprungs und Themas sie es auch sein sollten. Was aber eingefordert werden darf und muss, ist die "Waffengleichheit" bezüglich der "Bewerbungskanäle" der sich wahlkämpfende Politiker bedienen.
Abgesehen von den teilweisen fachlich völlig falschen und polemisierenden Argumenten wird mit dem Aufliegen lassen der Petition in den peripheren Organisationseinheiten einer Landesabteilung - den Forststationen - eine Abteilung der Landesverwaltung regelrecht vorgeführt, dessen mitunter ureigene Aufgabe es sein sollte über die rechtlichen Bestimmungen bezüglich der Fauna - Flora, Umwelt und Natur ernsthaft zu wachen.
.....was wäre wenn - durchaus vergleichbar: Der Innenminister bittet die Staatsbürger in die örtlichen Polizei und Carabinieri Dienststellen um das Tempo und Alkohollimit im Straßenverkehr mittels einer Petition aus zu hebeln!??

Mo., 19.03.2018 - 17:43 Permalink
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Eva M. Hoelzl Do., 22.03.2018 - 11:44

Salto mortale .... lieber Wolf!

Geh nicht mehr in unsern Wald
dort wirst du nicht mehr alt -
Schuler und die Forststation
laden ihre Munition.
(Wir haben die Autonomie – vergiss das nie!)

Pack den Rudel
und an Strudel
in den Rucksack und trudel
über die Grenzen
zum faulenzen.

Bald sind die Wahlen auch vorüber
dann kannst du wieder rüber
wenn dir lieber!

In der Sommerfrisch
wünsch ich inzwisch
frohe Tage
dir und dem Gelage!

Es freut sich auf dein Kommen
Ganz und gar unbeklommen,
(ernstgenommen - sei Willkommen!)
der letzte Rest von Unbenommen!

Do., 22.03.2018 - 11:44 Permalink