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Dieselverbot als Rute

Dieselverbote ab 2019 in Südtirol: Diese Rute stellt Umweltlandesrat Richard Theiner den Gemeinden ins Fenster. Ein rein wahltaktisches Manöver?
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Foto: LPA/Pichler

Einmal im Jahr zieht der Umweltlandesrat gemeinsam mit den Direktoren des Amtes für physikalische Chemie sowie für Luft und Lärm eine Bilanz über die Luftqualität in Südtirol. Der traditionelle Tenor dieser Veranstaltung: Es gibt Handlungsbedarf, aber auf großen Strecken sind uns die Hände gebunden, weil Rom unsere Vorschläge in einer Schublade verschimmeln lässt. Im Wahljahr 2018 hat sich an diesem Muster zwar nichts Wesentliches geändert. Dennoch klang Umweltlandesrat Richard Theiner am Montag entschlossener als sonst, die Probleme in den Griff zu bekommen. Dieselverbote ab 2019, konsequentere Strafen für Heizsünder, Euro-Vignette für LKW, Tempolimit für PKW – all diese Maßnahmen stellte der Umweltlandesrat zumindest in den Raum.

Grund dafür gibt es zweifelsohne – wie die Daten zeigen, die am Montag von den beiden Amtsdirektoren Luca Verdi und Georg Pichler präsentiert wurden. Das Problem Feinstaub hat man mittlerweile selbst am lange problematischsten Ort des Landes, Theiners Heimatgemeinde Latsch, halbwegs im Griff. Problematisch sind dagegen die Grenzwert-Überschreitungen  bei der Kohlenwasserstoffverbindung Benzo(a)pyren sowie insbesondere bei Stickstoffdioxid.

Benzo(a)pyren entsteht vor allem bei unsachgemäßen Verbrennungen in Holzöfen und ist somit vor allem ein Problem der Landgemeinden. Die Emission von Stickstoffdioxid sind dagegen zu fast zwei Drittel dem Verkehr zuzuschreiben, und zwar mit 92 Prozent fast vollständig Dieselmotoren, wie Verdi und Pichler unterstrichen. Die größten Probleme mit Überschreitungen gibt es hier bekanntlich entlang der A22, doch auch an verkehrsreichen Achsen in den Städten des Landes.

Besonders betroffen ist dabei die Landeshauptstadt zeigten in den letzten vier Monaten spezielle Messungen, die das Land über die kontinuierliche Luftüberwachung mit 12 fixen und 5 mobilen Messstationen hinaus gemacht hat. Und zwar vor allem dort, wo der so gennante Canyoneffekt auftritt, sprich verkehrsreiche Straßen, die auf beiden Seiten von Häusern begrenzt werden. Während in Meran oder Brixen vor allem die Hauptverkehrsadern von Überschreitungen betroffen waren, gibt es in Bozen viele kritische Punkte, wo man entweder entlang des Grenzwertes von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter entlangschramm oder es zu Überschreitungen kommt, unterstrich Luca Verdi. „Hier geht es nicht um kritische Werte an zwei Stellen, sondern um ein weit verbreitetes Problem, das mit strategischen Maßnahmen angegangen werden muss.“

Welche das konkret sind, wurde in dieser Woche aber nur theoretisch angedacht. Am schlagzeilenträchtigsten war natürlich die Ankündigung eines Diesel-Verbotes ab 2019. Eine Rute, die Landesrat Theiner den Gemeinden ins Fenster stellt, um sie im Laufe des Jahres zu konkreten Maßnahmen zu drängen. Denn, wie Theiner unterstrich: „Wir haben an vielen Stellen im Land Grenzwertüberschreitungen und die Maßnahmen der Vergangenheit haben bislang so gut wie keine Wirkung gezeigt.“  Es könne auch kein Trost sein, zu sehen, dass es überall in Europa zu solchen Überschreitungen komme. „Denn das hier ist unsere Luft, und dafür tragen wir die Verantwortung.“

Nachdem Dieselmotoren so klar als Hauptverursacher des Problems dastehen und es infolge der kriminellen Machenschaften der Autoindustrie erst jetzt langsam Fortschritte bei den Emissionen gäbe, werde er der Landesregierung ein schrittweises Verbot vorschlagen, kündigte Theiner an. Allerdings ist diese zweifelsohne unpopuläre Maßnahme weit weniger einschneidend als sie auf den ersten Blick scheinen mag. Denn wie der Landesrat ausführte, würde das Dieselverbot nur greifen, sofern die Gemeinden bis 2019 die Überschreitungen nicht mit anderen Maßnahmen in den Griff bekommen. Welche das sind, soll Ende April von Land und Gemeinden gemeinsam vorgestellt werden. Sofern die Stickstoffdioxid-Werte auch dadurch nicht unter den Grenzwert von 40 Mikrogramm gesenkt werden können, soll das Diesel-Verbot in einem ersten Schritt nur bis zur Schadstoffklasse Euro 3 gelten und erst bei anhaltenden Problemen in den kommenden Jahren schrittweise bis Euro 5 ausgedehnt werden. Ein Schritt, der auch angesichts der Grafiken zu hinterfragen ist , die am Montag vom Landesrat und den beiden Amtsdirektoren präsentiert wurden. Demnach sind die Stickstoffdioxid-Emissionen beim Euro 5 sogar noch höher als bei den beiden Vorgängern. Und: Für Euro 0 bis Euro 2 können Südtirols Gemeinden laut Luftreinhalteplan bereits heute Fahrverbote verhängen. 

Wie konkret die Verbesserungen der Luftwerte im kommenden März - nach geschlagener Landtagswahl – tatsächlich sein werden, steht derzeit also noch in den Sternen. Denn auch die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Stickstoffdioxid-Emissionen durch die Autobahn sind nach wie vor von einem Placet aus Rom abhängig.  Das gilt genauso für die für LKW geplante Euro-Vignette, mit der man innerhalb der Euregio den Umwegverkehr über den Brenner reduzieren will, wie auch für das dynamische Tempolimit, das im Rahmen des Pilotprojekts Brenner LEC zwischen Auer und Trentino getestet wurde. Bereits in den kommenden Wochen sollen laut Richard Theiner in Trient die Ergebnisse vorgestellt werden. Und wie der Landesrat in Aussicht stellt, werden dann wohl all jene eines Besseren belehrt werden, die behaupten, dass eine Temporeduzierung keine Auswirkungen auf die Luftqualität hätten. Die Versprechungen stehen jedenfalls im Raum. Ob sie eingelöst werden, wird sich praktischerweise erst nach der Landestagwahl zeigen.

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alfred frei Mo., 26.03.2018 - 15:51

so ganz nebenbei bemerkt: wurde das neue Mega-Kaufhaus WaltherPark einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen oder hat man an die Verteilung von umweltfreundlichen Eco-Sauerstoffmasken an die Bevölkerung gedacht ? Bei der Volksbefragung hat man diesen Aspekt glatt vergessen oder war man nur zerstreut ?

Mo., 26.03.2018 - 15:51 Permalink
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Papi llon Mo., 26.03.2018 - 17:54

Das mit den Traktoren wäre interessant denn da in allen Gemeinden Südtirols, Bozen und Meran eingeschlossen, die Mannschaften des BB vertreten sind kann man davon ausgehen dass für diese Fortbewegungswürmer(hatte am Samstag den Genuss hinter gleich vier mit Anhänger fahrenden Traktoren nachzufahren)Ausnahmen geregelt werden.

Mo., 26.03.2018 - 17:54 Permalink
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19 amet Di., 27.03.2018 - 00:45

Ja wo sind wir denn? Den Bauern das Heizen mit Holz zu verbieten ? Da werden wir wohl die Dreschflegel von der Wand der Toerggelestube nehmen muessen und in Bozen am Magnago Platz mal endlich unsere Rechte mit der Rechten verteidigen.

Di., 27.03.2018 - 00:45 Permalink