Politik | Landesverwaltung

Die Lex Bedin

Im Omnibus-Gesetz ist eine Ad-personam-Bestimmung versteckt, mit der ein Amtsdirektor gegen alle Spielregeln zum Abteilungsdirektor befördert werden soll.
Bedin, Daniel
Foto: LPA
Es ist keine Neuheit.
Immer wieder gibt es in Südtirol Gesetze, die einen Vor- und Nachnamen haben.
Meistens werden diese Bestimmungen ad personam geschickt in lange Gesetzestexte verpackt, damit sie nicht allzu sehr auffallen. So auch in diesem Fall.
Am 17. April hat die Landesregierung einen Gesetzesvorschlag verabschiedet, der demnächst in den Landtag kommen wird. Es handelt sich um ein sogenanntes Omnibusgesetz.
Dass das Sammelgesetz einer juridischen Gemüsesuppe ähnelt, wird allein am offiziellen Titel deutlich:
 
"Änderungen zu Landesgesetzen in den Bereichen Ämterordnung und Personal, Bildung, Berufsbildung, Sport, Kultur, örtliche Körperschaften, öffentliche Dienste, Landschafts- und Umweltschutz, Energie, Gewässernutzung, Jagd und Fischerei, Landwirtschaft, Feuerwehr- und Bevölkerungsschutz, Raumordnung, Hygiene und Gesundheit, Soziales, Familie, Schulbauten, Transportwesen, Wohnbauförderung, Arbeit, Wirtschaft, Steinbrüche und Gruben sowie Torfstiche, Einnahmen, Handel, Fremdenverkehr und Gastgewerbe, Schutzhütten, Handwerk, Finanzen und Forschung."
 
Der Gesetzestext selbst ist ähnlich lang wie sein Titel. 60 Seiten umfasst der Entwurf.
Unter den 65 Artikeln findet man auch einen nur wenige Zeilen langen Absatz, der kaum auffallen dürfte. So heißt es in Artikel 2:
 
Nach Artikel 16 Absatz 5 zweiter Satz des Landesgesetzes vom 23. April 1992, Nr. 10, in geltender Fassung, wird folgender Satz eingefügt: „Von den in der Bekanntmachung angegebenen Studientiteln wird für Planstelleninhaber/Planstelleninhaberinnen des Landes mit mindestens zehnjährigem effektiven Dienst als Amtsdirektor/Amtsdirektorin abgesehen.“
 
Es die Bestimmung, die einen Vor- und Nachnamen hat: Daniel Bedin.
 

Der Energy-Manager

 
Daniel Bedin hat es weit gebracht. Der Bozner Geometer, der demnächst 45 Jahre alt wird, ist 1995 als technischer Sachbearbeiter mit befristetem Arbeitsvertrag im Amt für Bauerhaltung in den Landesdienst eingetreten. Zwei Jahre später war Bedin bereits stellvertretender Direktor des Amtes für Bauerhaltung. Fünf Jahre später wurde er zuerst zum geschäftsführenden Direktor des Amtes und 2006 dann zum effektiven Direktor des Amtes für Bauerhaltung.
Bedin, der als absolut tüchtiger aber auch als sehr ehrgeiziger Beamter gilt, scheint seine Karrieresprünge im Fünf-Jahres Rhythmus zu vollziehen.
2011 wechselte der Geometer als Direktor in die Gutverwaltung Laimburg. Damit war er auch für die Gärten von Schloss Trauttmansdorff zuständig. Gleichzeitig stieg er zum stellvertretenden Direktor der Abteilung 33 (Amt des Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrums Laimburg) auf.
 
2015 kehrte Daniel Bedin dann als Direktor ins Amt für Bauerhaltung zurück. 2016 der nächste Karrieresprung zum geschäftsführenden Abteilungsdirektor der Vermögensverwaltung.
Zuvor hatte der Bozner Geometer von der Landesregierung eine verantwortungsvolle Sonderaufgabe übertragen bekommen. Das Land hat einem mehrstufigen Programm für ein wirksames Energiemanagement der Landesimmobilien zugestimmt. Dazu ernannte die Landesregierung einen Energiemanager, der die abteilungsübergreifende Tätigkeit koordiniert. Dieser „Energy-Manager“ heißt seit Jahren Daniel Bedin. Im April 2016 wurde er von der Landesregierung in dieser Funktion wiederbestätigt.
 

Das Problem

 
Daniel Bedin ist damit aber nicht nur der offizielle Energy-Manager des Landes, sondern seit fast zwei Jahren auch geschäftsführender Abteilungsleiter. Sein Problem: Er kann weder an einem offiziellen Wettbewerb als Abteilungsleiter teilnehmen, noch als effektiver Abteilungsleiter ernannt werden. Der Grund dafür: Für diese Führungsrolle ist laut Gesetz ein akademischer Titel vorgeschrieben. Bedin hat aber nur die Geometer-Matura.
Deshalb braucht es jetzt diese unscheinbaren Zeilen im Omnibusgesetz. Damit wird sichergestellt, dass ein Amtsdirektor, der zehn Jahre tätig war, auch ohne den geforderten Studientitel zum Abteilungsdirektor ernannt werden kann. „Ich frage mich schon, warum wir normale Menschen fünf Jahre lang studieren müssen“, ärgert sich ein Kollege des designierten Abteilungsdirektors, „wenn man dann für gewisse Herren solche Ad-Hoc-Bestimmungen macht und damit alle Vorgaben außer Kraft setzt“.
Sicher ist: Kaum ist dieses Gesetz durch den Landtag, wird auch ein Wettbewerb ausgeschrieben, den der geschäftsführende Abteilungsdirektor gewinnen wird.
Bedin ist nicht der Erste, der dieses Glück hat, mit einem eigenen Gesetz zum Abteilungsdirektor befördert zu werden. Ähnliche Ad-personam-Gesetze wurden in der Vergangenheit zum Beispiel für Katia Tenti und Hansi Felder gemacht. Beide hatten nicht die Voraussetzungen zum Abteilungsdirektor. Man änderte auch damals die Spielregeln kurzerhand per Gesetz.
So wie jetzt für Daniel Bedin.
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Sell Woll Fr., 27.04.2018 - 07:51

Solche Vorgehensweisen erinnern an Privilegien längst vergangen geglaubter Zeiten. Sie treten den Gleichheitsgrundsatz mit Füßen und nehmen in Kauf, das Vertrauen der Bürger in die Politik definitiv zu zerstören. Man denke an diese Sachen, wenn der Landeshauptmann in Sonntagsreden vor Populismus und Rechtsruck warnt und aufruft Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit hochzuhalten und vor seinen Feinden zu verteidigen. Wer die Affäre um die Beförderung Martin Selmayrs zum neuen Generaldirektor der EU-Kommission mitverfolgt hat, kriegt unweigerlich den Eindruck, dass solche ad-Personam-Maßnahmen System haben. Dass angesichts dessen immer mehr mit extremen Positionen sympathisieren, die versprechen reinen Tisch zu machen, braucht nicht zu verwundern.

Fr., 27.04.2018 - 07:51 Permalink
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rotaderga Fr., 27.04.2018 - 09:23

Normalerweise ist ein solches Thema in Wahlkampfzeiten ein Fressen für die Opposition.
Aber hier wäscht eine Hand die andere und beide halten das Gesicht... dreckig. Eben System Postenschacher.

Fr., 27.04.2018 - 09:23 Permalink
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Franz Hilpold Fr., 27.04.2018 - 10:12

Dass Gesetze Vor- und Zunamen haben ist hier in Südtirol schon lange Tradition. In der letzten Zeit tritt das Phänomen aber gehäuft auf. Im Schul- und Bildungsbereich gibt man sich schon lange nicht mehr die Mühe das zu verdecken, sondern beruft ganz offen ohne jeden Wettbewerb die genehmen Personen in die gewünschten höheren Posten. Ich will nicht bestreiten, dass damit manchmal auch fähige Leute zum Zug kommen. Der Normalfall ist jedoch, dass Qualifikation, Eignung, Kompetenz oder gar Studientitel eher schädlich für die Karriere sind.

Fr., 27.04.2018 - 10:12 Permalink
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Martin B. Fr., 27.04.2018 - 23:41

Nun ja: die Reihung und Einstufung nach Titeln, Ausbildungsjahren und Zertifikaten ist auch begrenzt ein Qualitätskriterium, vor allem bei den rezenten Turbostudien. Das Erfahrung und Zuverlässigkeit hier mindestens gleich hoch einzustufen sind, weiss in der Privatwirtschaft doch schon fast jeder. Die öffentliche Verwaltung wird kaputtreguliert mit den komplizierten Ausschreibungen, sowohl beim Personal als auch bei Aufträgen. Paragraph geht vor Hausverstand; leider.

Fr., 27.04.2018 - 23:41 Permalink
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Franz Hilpold So., 29.04.2018 - 11:39

Antwort auf von Martin B.

Wem der große Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein, braucht keine Studientitel mehr, dem attestiert man Erfahrung und Praxiswissen und vor allem Zuverlässigkeit. Also junge Leute, hört die Botschaft: was wollt ihr lange studieren, sorgt lieber für die richtige Vernetzung und verschwendet keine Zeit mit Erwerbung von Sachverstand. Schaffen wir doch die letzten Paragraphen ab, die die Personalaufnahme regeln (sind schon fast alle abgeschafft), nur mehr Ellebogen zählt.

So., 29.04.2018 - 11:39 Permalink
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Martin B. So., 29.04.2018 - 23:45

Antwort auf von Franz Hilpold

@FH: Arbeiten Sie bei öffentlichen Stellenausschreibungen mit? Ich auch nicht, aber ich habe eine paar Details mitbekommen wie z.B. die italienischen Antimafiagesetze usw. undsofort. Schauen Sie sich doch mal die Stellenanzeigen bei Land und anderen öffentlichen Stellen für etwas besser bezahlte Positionen an und vergleichen diese mit jenen der Privatwirtschaft. Während erstere ganze Mappen an Formularen, Vertragstexten, Rechtstext usw. beinhalten sind bei nichtöffentlichen meist bis zu 3 Seiten maximal ausreichend.
Und PS: mit Erfahrung und Zuverlässigkeit meinte ich nicht Vitamin B.

So., 29.04.2018 - 23:45 Permalink