Politik | Landtagswahlen

Schlamassel Volkspartei

Bei der SVP brennt der Hut. Vor der Parteikonferenz am Samstag könnte es zu einem Paukenschlag kommen: Paula Bacher überlegt ihren Rückzug und will “Klartext reden”.
Edelweiß
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Der Ort, die Uhrzeit und die Tagesordnung stehen. Im Haus Voitsberg in Vahrn wird die SVP am morgigen Samstag (23. Juni) ihre Kandidatenliste für die Landtagswahlen am 21. Oktober absegnen. Um 9 Uhr beginnt die Konferenz, an der Parteiausschuss, Ortsobleute und SVP-Bürgermeister teilnehmen. Nach Ansprachen von SVP-Bezirksobmann Herbert Dofrmann, Parteiobmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher wird sich die Partei zurückziehen, über ihren Spitzenkandidaten, die weiteren 34 Kandidaten, deren Reihung auf der Liste sowie die programmatischen Leitlinien abstimmen.
Doch trotz prächtiger Wettervorhersagen liegt über dem Haus Voitsberg ein Schatten. Nicht nur, weil die Präsentation der Kandidatenliste bereits zwei Mal verschoben wurde. Sondern auch, weil es über Nacht noch zu einem Paukenschlag kommen könnte.

 

Feuer am Dach

Es ist ein Krisentreffen, das heute (Freitag) Abend stattfinden wird. Dass mit Martin Federspieler ein weiterer Eisacktaler SVP-Kandidat auf den Plan getreten ist, hat nicht nur Bezirksobmann Dorfmann irritiert. Ohne Rücksprache, über die Köpfe der Bezirkskandidaten hinweg wurde Federspielers Name am Montag in der Parteileitung aus dem Hut gezaubert. “Und das auch noch im letzten Moment”, ergänzt Paula Bacher. Die Brixner Stadträtin ist am 25. Mai in der Bezirksausschusssitzung der SVP Eisacktal als eine der drei Bezirkskandidaten für die Landtagswahlen nominiert worden. Und überlegt nun ernsthaft, ihren Platz auf der Edelweiß-Liste zu räumen. Es ist dasselbe Szenario wie im Pustertal: Dort hat Christian Tschurtschenthaler seine Kandidatur zurückgezogen, nachdem der Landeshauptmann mit Gert Lanz einen achten Pustertaler Kandidaten auf die SVP-Liste gesetzt hat. Im Eisacktal wären es mit Martin Federspieler sechs. “Das sind viele für unseren Bezirk.” Sanft lässt Paula Bacher anklingen, wofür sie dann aber deutliche Worte findet: “Dass das klar ist: Es geht um nichts Persönliches, sondern um die Vorgangsweise. Für alle sollten die gleichen Regeln gelten. Ich – und nicht nur ich – bin von meiner Partei solche Schlamassel nicht gewohnt.”

Dass es in der SVP knirscht, ist mit der Kandidatenfindung für die Landtagswahlen immer offensichtlicher geworden. Kommunikationsprobleme zwischen Parteispitze in Bozen und Bezirken, Gerangel um Namen, interne Machtkämpfe – die “Schlamassel” sieht Paula Bacher – “aber nicht nur ich”, wiederholt sie – “überall”. “Herr Achammer sagt, er muss im ganzen Land als Feuerlöscher unterwegs sein. Das heißt, dass jemand die Feuer zündet…”

 

In der Waagschale

Grundsätzlich sehe sie kein Problem darin, dem Wunsch – vor allem des Landeshauptmannes – nachzukommen, einen “volkstumspolitischen Kandidaten” in die zehnköpfige Landesliste aufzunehmen. Als Schütze wäre Martin Federspieler ein solcher. Dennoch habe sie sich über die Ansage “gewundert”, gesteht Paula Bacher. Wird dadurch signalisiert, dass die anderen Kandidaten nicht traditions- und heimatbewusst genug sind bzw. man ihnen nicht zutraut, diese Werte zu vermitteln? “Ich frage mich schon, ob man überhaupt weiß, wofür die anderen Kandidaten stehen?”

Im Gespräch klingt durch: Gründe, auf eine Kandidatur zu verzichten gebe es für Paula Bacher genügend. Aber sie will “alle Für und Wider gut abwägen”, die Umstände heute Abend unter anderem mit dem Bezirksobmann besprechen “und dann entscheiden”. “Mich haben in den vergangenen Tagen sehr viele Leute kontaktiert und gesagt, eine starke Frau wie ich dürfe keine Schwäche zeigen”, verrät Bacher. “Doch ich zeige keine Schwäche, sondern rede Klartext. Für mich zählt Verantwortungsbewusstsein und ich werde eine Entscheidung treffen, zu der ich nachher stehen werde. Aber Opferlamm bin ich sicher keines.”

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Marcus A. Fr., 22.06.2018 - 14:09

Wahre Worte......

Von der viel gepriesenen Einigkeit mit dem LH in der Anfangszeit scheint einiges verloren gegangen zu sein.

Wie sein großes Vorbild jenseits des Brenners scheint auch Herr Achhammer sich zu höheren Zielen berufen zu fühlen, soviel ist klar. Von kritischen Worten keine Spur..
Und auch die mediale Dauerpräsenz im Tagblatt lässt erahnen woher der Wind in Zukunft wehen wird.....
Für den amtierenden LH dürfte es nicht leicht werden.

Fr., 22.06.2018 - 14:09 Permalink