Politik | Freiheitliche

Kandidatin Nr. 7

Ein Blick in die Gedankenwelt und die Vergangenheit der Landtagskandidatin Gudrun Ceolan macht deutlich, wie rechts die Südtiroler Freiheitlichen inzwischen sind.
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Foto: upi
22. April 2005: Als das Handy klingelt, springen automatisch auch die Abhörcomputer der Carabinierisondereinheit ROS an. Die Ermittler hören seit geraumer Zeit das Mobiltelefon von Armin Sölva ab. Der junge Kalterer Maurer hat mit einer Gruppe Gleichaltriger, den „Südtiroler Kameradschaftsring“ gegründet. Eine eindeutig rechtsradikale Vereinigung, die schon bald im Visier der Terrorfahnder der ROS steht. Sieben Monate später werden die Carabinieri auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Bozen acht junge Neonazis verhaften.
Die Ermittler schneiden an diesem Tag ein Telefongespräch zwischen dem „Kreisleiter“ Armin Sölva und der damals 48jährigen Salurner Deutschlehrerin Gudrun Sprenger nach. In den Ermittlungsakten wird das Gespräch im Dialekt wiedergeben.
 
Armin Sölva: Hallo, du Depp, do isch do Armin.
Gudrun Sprenger: Hallo, du Depp, hast du mi angerufen? I bin in Solzburg, mit dr Schual.
Armin Sölva: Ah, hosch meine Briaflen gekriag?
Gudrun Sprenger: Ah, vorgeschtern, 20. April, Adis Ehrentag. Wir hobm schun an Sekt getrunkn.
 
Adis Ehrentag? Der 20. April ist Adolf Hitlers Geburtstag. Gudrun Sprenger lässt dafür die Sektkorken knallen.
Allein dieser Gesprächsinhalt macht deutlich, in welcher Geisteswelt man sich hier bewegt.
 
3. Juli 2018: Andreas Leiter Reber, Ulli Mair, Florian von Ach stellen im Garten des Hotel Mondschein offiziell die Kandidatenliste der Südtiroler Freiheitlichen für die Landtagswahlen am 21. Oktober vor. 35 Namen. Nach der vierköpfigen Listenspitze (Leiter-Reber, Mair, von Ach und Lois Taibon) werden die restlichen Kandidaten und Kandidatinnen alphabetisch gereiht.
Auf Listeplatz 7: Gudrun Ceolan.
Gudrun Ceolan ist der verheiratete Name von Gudrun Sprenger. Die heute 61jährige gebürtige Deutsche ist seit vielen Jahren mit dem Salurner Schützenhauptmann und Weinproduzenten Walter Ceolan verheiratet.
Gudrun Ceolan hat strafrechtlich eine weiße Weste. Gegen die Salurner Hitlerverehrerin wurde zwar lange ermittelt, am Ende konnte Ceolan aber kein konkreter Strafbestand nachgewiesen werden. Ceolan unterrichtet zu diesem Zeitpunkt Deutsch und Geschichte an der Mittelschule Salurn. Nachdem der Umgang der Lehrerin mit den rechtsradikalen Kreisen bekannt wird, macht das Schulamt eine Inspektion während ihres Unterrichts. Die Abgesandten des Schulamts stellten dabei keine Verfehlungen fest. Ceolan arbeitet bis heute als Lehrerin an verschiedenen Mittelschulen des Landes.
Dass die Südtiroler Freiheitlichen die Salurner Lehrerin mit dieser Vergangenheit aber so ungeniert auf die Landtagsliste setzen, macht deutlich, wie rechts die Südtiroler Blauen inzwischen sind. Denn über die Geisteshaltung der Kandidatin Nr. 7 dürften kaum Zweifel bestehen.
 

Heil & Sieg

 
Gudrun Sprenger verteidigte sich im Verhör vor dem Staatsanwalt damit, dass sie am Telefon „geblödelt habe“ und nie den Geburtstag Hitlers gefeiert habe. Auch die Kontakte mit Armin Sölva relativierte sie: „Er war mit meiner Tochter befreundet“.
Dabei geht aus den Prozessunterlagen zum „Südtiroler Kameradschaftsrings“ eindeutig die rechtsradikale Einstellung der freiheitlichen Landtagskandidatin hervor.
So lud Armin Sölva am 21. Dezember 2004 per SMS Gudrun Sprenger, ihren Mann Walter Ceolan und deren gemeinsame Tochter Heidi zur neonazistischen „Wintersonnwendfeier" ein. Zum Jahreswechsel 2005 schickte Armin Sölva der Mittelschullehrerin Neujahrsglückwünsche. Gudrun Sprenger antwortete per SMS: „Heil dir! Viele glückwünsche deiner familie!"
Am 20. Mai 2005, anlässlich der Geburt seiner Tochter, schickte Armin Sölva Sprenger ein weiteres SMS, das mit „Heil!" endet. Darauf antwortet die Mittelschullehrerin per SMS:„Heil und Sieg!"
Zudem schneiden die Ermittler ein Telefongespräch mit, in dem sich die Salurner Lehrerin äußerst abfällig über den Fernsehmoderator und ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland Michel Friedman äußert.
 
Als die Carabinieri am 20. Dezember 2005 das Haus der Familie Sprenger-Ceolan in Salurn durchsuchten, beschlagnahmen sie Propagandamaterial der rechtsextremen DVU, Fahnen, CD's mit Naziliedern und Nazisymbole. Im Kinderzimmer entdeckten die Carabinieri eine Büste von Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess. Passend dazu: Auf dem Auto der Salurner Lehrerin klebte jahrelang der rechtsradikale Aufkleber: „Political correctnes, nein Danke!“.
Der blauen Landtagsabgeordneten in spe wurde die politische Einstellung sogar amtlich bescheinigt. Gudrun Sprenger strengte einen Zivilprozess gegen die Neue Südtiroler Tageszeitung wegen der Berichterstattung über ihren Fall an. Die Lehrerin verlor den Prozess auf ganzer Linie. Im Urteil von Richter Andrea Postiglione heißt es unmissverständlich: „In ordine al profilo della verità é pacifica la simpatia dell´atrice per idee di estrema destra di stampo neonazista“.
 

Blaue Bande

 
Dass Gudrun Ceolan trotz dieser Vergangenheit auf die freiheitliche Landtagsliste kommt, dürfte auch an der Nähe der Familie Ceolan zu den Südtiroler Blauen liegen. Seit Jahren gibt es direkte Beziehungen. So hat etwa Ulli Mair, als der Skandal um Gudrun Ceolan hochkochte, die Salurner Lehrerin öffentlich und sehr massiv gegen die Vorwürfe verteidigt. Ceolans Tochter Heidi kandidierte bei den Geneinderatswahlen 2005 auf der die freiheitliche Dorfliste „Unser Salurn".
 
Als am 29. Oktober 2016 in den Linzer Redoutensälen ein Kongress mit dem Titel „Verteidiger Europas“ über die Bühne geht, ein Hochamt der europäischen Rechten, sind auch Südtiroler Gäste dabei. Etwa der freiheitliche Ehrenobmann Pius Leitner.
Unter den offiziellen Ausstellern der Veranstaltung fand sich damals auch das „Weingut Ceolan“. Der Familienbetrieb von Walter und Gudrun Ceolan bot in Linz sechs Weine aus der Eigenproduktion an. Neben Chardonnay, Ruländer, Lagrein, Merlot und Cabernet auch einen Wein mit dem bezeichnenden Namen: Thor.
Auch das zeigt die Welt, in der sich die Kandidatin Nr. 7 bewegt.
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Sepp.Bacher Do., 05.07.2018 - 14:16

Ich bleibe bei der Aussage "...einen Wein mit dem bezeichnenden Namen: Thor." hängen. In Wiki finde ich folgende Erklärung " Thor im Norden, oder Donar bei den kontinentalen germanischen Völkern, ist „der Donnerer“ (Nomen Agentis), ursprünglich als Gattungsname „der Donner“ (Appellativum) (as. Thunaer, ags. þunor, ahd. Donar, an. Þórr von urn. þunraʀ ‚donnern‘).[3][4]Daraus erschließt sich der gemeingermanische Gottesname *Þunaraz.[5] Thor/ Donar fungierte für die zur See fahrenden Völker als Gewitter- und Wettergott und war in weiterer Funktion innerhalb der bäuerlichen germanischen Gesellschaft Vegetationsgottheit. In den mythologischen eddischen Schriften hatte er die Aufgabe des Beschützers von Midgard, der Welt der Menschen." Scheint nicht direkt mit Nationalsozialismus zu tun zu haben. Ich fand auch Webseiten mit diesem Namen, aber mit unverdächtigen Produkten. Hängt der Verdacht an der "altdeutschen" Schriftweise? Vielleicht kann mich jemand aufklären? Danke!

Do., 05.07.2018 - 14:16 Permalink
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Simon Lanzinger Do., 05.07.2018 - 14:42

Antwort auf von Sepp.Bacher

Eine Argumentation die 1 zu 1 von der Bekleidungsmarke Thor Stainar stammen könnte. Natürlich ist "Thor" nicht direkt mit dem Nationalsozialismus zu verbinden. Nichtsdestotrotz weiss man, dass es sich um "Nazi-Kleidung" handelt die gezielt mit solchen Produktnamen Ihre Zielgruppe sucht.
Für mich klingt der Name Ceolan doch sehr ungermanisch. Villeicht wurde ja nur versucht den "Verteidigern Europas" den Wein etwas schmackhafter zu machen.

Do., 05.07.2018 - 14:42 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 06.07.2018 - 08:50

Es geht hier nicht um den Listenplatz, sondern um die Gedankenwelt der entsprechenden Kandidatin. Ich glaube dass hinlänglich bewiesen ist, wo sie sich zuhause fühlt. Es ist also kein Wahn, wenn man hier Nazis sieht, sondern bitterer Ernst.
Deine sarkastische Betrachtung klingt wie Verharmlosung des Phänomens und ist echt toal daneben. Da hilft auch die unterschwellige Aufforderung nicht, man solle das Ganze nicht erwähnen, denn es wäre ja nur Werbung. Es ist schon gut, wenn man weiß wie die Menschen ticken, die vielleicht morgen in der Landesregierung sitzen.

Fr., 06.07.2018 - 08:50 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 06.07.2018 - 18:30

Oliver es geht nicht nur um den Spruch, sondern um die Summe der deutlichen Anzeichen. Weshalb sie nicht verurteilt wurde liest sich aus dem Urteil selbst. Die Verdachtsmomente sind zwar erheblich und die Gesinnung eindeutig, aber aufgrund eines Verdachts kann die Gerichtsbehörde niemand verurteilen. Sie hat es schlicht gut eingefädelt.

Fr., 06.07.2018 - 18:30 Permalink
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Manfred Klotz Sa., 07.07.2018 - 08:59

Du meinst jetzt im Ernst, dass der von dir zitierte Artikel geeignet ist, den Artikel von Franceschini in diesem Zusammenhang zu entkräften? Doch nicht wirklich oder? Du kannst das Thema auch damit nicht verwässern. Im Gegenteil, er zeigt eigentlich nur auf, weshalb dem Phänomen sofort begegnet werden muss.

Es ist nicht so, dass jemand, der einen Artikel über Gudrun Sprenger schreibt überall Nazis sieht, aber in diesem Fall haben wir es eindeutig mit einer Person zu tun, die rechtsextremes Gedankengut vertritt. Erwiesenermaßen! Von Paranoia also keine Spur. Im Gegenteil, ich würde von Courage sprechen, denn kein anderes Medium hat sich bisher getraut hier den Finger in die Wunde zu legen.

Bezüglich des Aufklebers "Political correctnes - Nein danke" zwei Zitate aus "Die Zeit":
"Ganz besonders herzlich willkommen war der Begriff den alten Konservativen und neuen Rechten. Bereits Mitte der neunziger Jahre konnte man bei der rechtsrandigen Wochenpostille Junge FreiheitButtons mit dem an die Anti-Atom-Proteste angelehnten Spruch "Political Correctness – Nein Danke!" bestellen"

"Von Anfang an aber war die abwertende Rede von der Political Correctness das Trojanische Pferd, in dem die Rechte ihr Gedankengut in die Mitte der Gesellschaft schmuggeln konnte."

Und auch dieser Artikel könnte für dich hilfreich sein, um zu verstehen, dass der Aufkleber seinen Ursprung eindeutig in rechtsextremer Gesinnung hat:
https://www.zeit.de/gesellschaft/2012-05/burschenschaften-neonazis-rech…

Auf deine Bemerkung bezüglich der journalistischen Qualität, will ich gar nicht erst eingehen, denn wenn du deine Ausführungen und Beispiele als Beleg für deren Mangel ansiehst, dann ist dir nicht zu helfen.

Sa., 07.07.2018 - 08:59 Permalink