Politik | Landtag

Weg frei für Abschuss

Der Landtag verabschiedet mit großer Mehrheit das Landesgesetz zur Regulierung der Wolfs- und Bärenbestände. Nur die Grünen stimmen dagegen.
Bär und Wolf
Foto: Pixabay

Trotz rechtlicher Bedenken, trotz durchaus kontroverser Debatten im Vorfeld, trotz Zweifel an der Überlebensfähigkeit: Am Ende gibt es 25 Ja-Stimmen für den Landesgesetzentwurf, den Landesrat Arnold Schuler zur Regulierung des Wolfs- und Bärenbestandes in Südtirol eingereicht hat.

Am Donnerstag und Freitag behandelte der Landtag den Gesetzentwurf, dem die Landesregierung am 5. Juni zugestimmt hatte. Nur einen einzigen Artikel enthält das Gesetz, mit dem “Vorsorge- und Entnahmemaßnahmen bei Großraubwild” ermöglicht werden. Grundlage für das Gesetz bildet Art. 16 der EU-Richtlinie 43/1992, laut dem Mitgliedsstaaten “Präventions- und Interventionsmaßnahmen zum Schutz der Almwirtschaft vor großen Raubtieren” treffen können. Da Italien anders als die anderen EU-Staaten den rechtlichen Spielraum in Form eines Managementplanes bislang nicht genutzt habe – trotz Druck auch aus Südtirol –, nehme nun das Land die Sache in die Hand, erklärte Landesrat Schuler im Landtag. “Unsere Autonomie erlaubt es, EU-Richtlinien in jenen Bereichen umzusetzen, in denen wir Zuständigkeiten haben und in der Land- und Bergwirtschaft haben wir primäre Kompetenzen”, so Schuler.
Künftig wird der Landeshauptmann “zur Entnahme, zum Fangen oder zum Töten” von Bär (Ursus arctos) und Wolf (Lupus canis) ermächtigen können – unter mehreren Voraussetzungen: Zunächst muss ein Gutachten der staatlichen Höheren Anstalt für Umweltschutz und Forschung ISPRA eingeholt werden. Zweitens müssen alle anderen Schutzvorkehrungen wie zum Beispiel Herdenschutzmaßnahmen ausgeschöpft sein, es also keine Alternative zum Abschuss geben. Und drittens darf durch die Entnahme der betroffenen Exemplare “der Bestand der Populationen (…) in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet dadurch nicht beeinträchtigt” werden – sprich, Wolf und Bär dürfen nicht ausgerottet werden.

 

Vor allem an der praktischen Umsetzung und an der rechtlichen Standfestigkeit des Gesetzes meldeten die Oppositionsvertreter im Rahmen der Landtagsdebatte Zweifel an. “Beim Bär ist das einfacher, aber wie wird ein Wolf als Problemwolf definiert?”, fragte sich zum Beispiel Sven Knoll (Süd-Tiroler Freheit).
Und die Grünen gaben zu bedenken, dass mit diesem Gesetz in das Strafrecht und damit in eine staatliche Materie, in der Südtirol keine Kompetenzen hat, eingegriffen werden würde. “Laut dem Staatsgesetz vom 11. Februar 1992 ist der Abschuss verboten – das wird dem Gesetz relativ bald den Kopf kosten”, prophezeit Hans Heiss.
Auch Alessandro Urzì sah die Frage nach den Zuständigkeiten nicht geklärt, kündigte aber an, sich enthalten zu wollen.

Vor der Abstimmung meinte Landesrat Schuler in seiner Replik, dass das Gesetz auf jene Bereiche Bezug nehme, in denen das Land die Zuständigkeit habe: “Es schafft die Voraussetzung, dass eine Entnahme nicht mehr unter das Strafrecht fällt.” Zugleich betonte Schuler, dass vor dem Abschuss auf jeden Fall andere Lösungen geprüft und versucht werden sollen. Dazu könne auch die Sonderkommission im Landtag beitragen, deren Einsetzung auf Antrag von Sepp Noggler diese Woche genehmigt wurde.

Mit 25 Ja, 3 Grünen Nein und zwei Enthaltungen wurde der Gesetzentwurf nach einer unerwartet unaufgeregten und durchaus sachlichen Debatte heute um die Mittagszeit schließlich genehmigt.

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Hans Hanser So., 08.07.2018 - 10:37

Mitleid mit Tieren hängt mit der Güte des Charakters so genau zusammen, dass man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Tiere grausam ist, könne kein guter Mensch sein. A. Schopenhauer

So., 08.07.2018 - 10:37 Permalink