Gesellschaft | Polemik

„Ein Karikaturist muss übertreiben“

Der Meraner Karikaturist Peppi Tischler über seine Zeichnung für die Patientenbroschüre, fehlenden Humor und die Aufgabe des Künstlers.m
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Foto: salto
 
Salto.bz: Herr Tischler, getrauen Sie sich noch in Südtirol zum Arzt zu gehen?
 
Peppi Tischler (lacht): Ich habe zum Glück derzeit keinerlei Beschwerden. Aber Spaß bei Seite. Das ist für mich überhaupt kein Thema.
 
Überrascht Sie die Polemik, die die Broschüre der Volksanwaltschaft und ihre Karikatur bei den Ärzten ausgelöst hat?
 
Eigentlich schon. Denn die Zeichnung ist natürlich übertrieben. Einen solchen Fehler kann ein Arzt wohl kaum machen. Aber man soll auf dem Titelblatt einfach sofort sehen, um was es geht. Genau das ist mit dieser Zeichnung gelungen, denke ich.
 
Die Ärzte fühlen sich durch ihre Karikatur beleidigt?
 
Das ist eine völlige Fehlinterpretation. Dass ein Arzt einen falschen Fuß abgeschnitten hat, das hat es schon gegeben. Aber, dass einer einen Fuß anstatt einer Hand angenäht hat, das ist wirklich übertrieben. Die Zeichnung soll einen Fehler darstellen. Sie ist bewusst übertrieben. Genau das ist aber das Wesen einer Karikatur. Ein Karikaturist muss übertreiben.
 
Wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft?
 
Das war ganz einfach. Volksanwältin Gabriele Morandell hat mir eine Mail geschrieben mit der Bitte, ob ich für die Broschüre etwas zeichnen könnte. Ich habe dann zurückgeschrieben, dass sie mir genauer sagen soll, um was es geht. Ihre Antwort: Es geht darum die Leute aufzuklären, damit sie nicht gleich prozessieren, sondern vorher die Dinge auszureden versuchen. Das scheint mir durchaus der richtige Ansatz. Ich habe dann diese Karikatur gemacht.
Die Leute sollten einfach nicht so empfindlich sein.
Fehlt den Südtiroler Ärzten ganz einfach der Humor?
 
(lacht) Das weiß ich nicht.
 
 
Wie geht ein Karikaturist mit solchen Reaktionen um?
 
Es ist ein paar Mal in meiner Laufbahn passiert, dass Zeichnungen von mir Polemiken ausgelöst haben. Aber das gehört dazu. Ich stehe zu meiner Arbeit. Gleichzeitig denke ich, die Leute sollten einfach nicht so empfindlich sein. Es ging und geht mir keineswegs darum, die Ärzte schlecht zu machen. Es geht um die Sichtbarmachung von möglichen Fehlern. Das habe ich getan. Mit den Mitteln der Karikatur. Etwas überspitzt eben.
Ich nehme diese Reaktionen zu Kenntnis und wundere mich. Sehr.
Ein Sturm im Wasserglas?
 
Ja, das denke ich schon. Erst gestern hat mir ein Arzt gesagt: „Ich schätze Sie sehr, aber hier sind Sie zu weit gegangen.“ Ich kann mit dieser Kritik leben. Die Zeichnung ist sicher nicht böse gemeint. Wahrscheinlich auch die Broschüre nicht. Die andere Seite: Wahrscheinlich hätten nur ganz wenige mitbekommen, dass es diese Broschüre gibt. Eine bessere Werbung hätte man sich für das Heftchen kaum vorstellen können, als diese Polemik.
 
Sie lassen sich also nicht einschüchtern?
 
Was heißt einschüchtern. Ich nehme diese Reaktionen zu Kenntnis und wundere mich. Sehr.
 

 

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rotaderga Mi., 08.08.2018 - 08:36

Wenn Ironie und Karikatur mehr als einen Lacher auslösen spricht das klar für den Karikaturisten und gegen die Seriosität der Karikierten.

Mi., 08.08.2018 - 08:36 Permalink
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Sepp.Bacher Mi., 08.08.2018 - 12:00

Ich hoffe dass sich die Diskussion, von der Aufmachung zum Inhalt der Broschüre d.h. zu den Patientenrechten allgemein verlagert! Man muss die Arroganz mancher Ärzte und vielleicht die "strukturelle Gewalt" an Patienten, die im öffentlichen Gesundheitssystem -zumal in Bozen - auf einfache, oft hilflose, oder alte Leute ausgeübt wird, in Frage stellen und diskutieren. Es geht nicht in erster Linie um Anzeigen und Schadensersatz-Klagen, sondern es geht um die Würde der Personen denen auf Augenhöhe begegnet werden sollte. Denn oft sind auch die Ärzte Schuld, wenn ein Patient "ausflippt" und die Kontrolle verliert. Ich war auch schon an der Grenze, obwohl ich sonst ein aggressionsgehemmter Mensch bin. Das Ziel ist der mündige Patient dem auf Augenhöhe und mit Empathie begegnet werden sollte!

Mi., 08.08.2018 - 12:00 Permalink