Politik | Kommentar

Braune Saubermänner

Wenn die Landesregierung gegen die Wahlplakate von Casapound nicht Anzeige erstattet, dann ist es um die Demokratie in diesem Land wirklich schlecht bestellt.
Wahlplakat CasaPound
Foto: CasaPound
Es ist fünf Wochen her. 
Eine Salto-Redakteurin wurde von der Gerichtspolizei vorgeladen, um zum Interview mit Karl Baer, dem Vorstand des Ökoinstitutes München, befragt zu werden. Die Anhörung ist Teil laufender Ermittlungen der Bozner Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen gehen von einer Strafanzeige aus, die der zuständige Landesrat Arnold Schuler gegen die Macher der Anti-Pestizid-Kampagne im vergangenen Jahr eingereicht hat.
Ich bin gespannt, was Arnold Schuler und seine sieben Kollegen und Kolleginnen aus der Landesregierung jetzt tun werden.
Wenn man Impfgegner und Pestizidgegner gerichtlich verfolgt und diesen Anschlag auf die Würde des Menschen so einfach über sich ergehen lässt, dann verliert die Politik auch noch ihre letzte Glaubwürdigkeit.
Seit einigen Tagen hängen südtirolweit die Wahlplakate der rechtsextremen "Casapound Italia". Sie zeigen neben der neofaschistischen Schildkröte die Landesregierung, umrahmt mit dem Slogan: „Ripulire l´Alto Adige - Südtirol reinigen". Darunter eine Gruppe schwarzafrikanischer Einwanderer.
Die Botschaft ist klar und zum Kotzen.
 
Der (Glatz)Kopf der faschistischen Schlägerbande Andrea Bonazza lässt es sich nicht nehmen, voller Stolz die Plakate auch noch zu erklären:
 
Südtirol reinigen, ja! Dieses wunderschöne Land von Jenen reinigen, die es bis heute schlecht regiert haben und Städte und Täler mit Einwanderern bevölkert haben und Genossenschaften, Freunde der SVP und Mittelinks-Regierung, mit etlichen Millionen unterstützt haben.
Südtirol reinigen, um dieser stumpfsinnigen Politikmafia ein Ende zu setzen, die mit der Geschäftemacherei mit Flüchtlingen unser Land, einst soziales Vorzeigemodell für Europa, in eine tickende Zeitbombe verwandelt hat, mit Hunderten von außer Kontrolle geratener Flüchtlingen, die unsere Dienste ausnutzen und unsere Leute angreifen. Leute, die es satt haben. Leute, die heute eine radikale Änderung verlangen“.
 
Demokratie lebt vom Wettstreit der Ideen und auch von einem kontroversen und harten Diskurs. Durchaus auch von Provokation.
Doch was Casapound hier macht, ist übelste nationalsozialistische Hetze. Das ist der Stürmer im Schwarzhemd. Seit der Optionszeit dürfte es in diesem Land keine so schmierige Propaganda mehr gegeben haben. Das Plakat ist der unverblümte Ruf nach Säuberungen. Jene Säuberungen, die verbrecherische Regimes schon einmal umgesetzt haben und denen am Ende rund 20 Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind.
Es genügt nicht, diese Plakate und diese Botschaft als ein Werk einer Gruppe Demenzkranker abzutun. Diese Plakate sind ein Aufruf zum Rassenhass und zum Sturz der demokratischen Grundordnung. Hier werden nicht nur acht Politiker der SVP und des PD angegriffen, sondern die gesamte Südtiroler Demokratie.
Dagegen muss man sich wehren.
 
Zuallererst müssen sich jene wehren, die auf den Plakaten abgebildet sind. Die Landesregierung und jeder einzelne Landesrat müssem Strafanzeige gegen diese geistigen Zündler erstatten. Wenn man Impfgegner und Pestizidgegner gerichtlich verfolgt und diesen Anschlag auf die Würde des Menschen so einfach über sich ergehen lässt, dann verliert die Politik auch noch ihre letzte Glaubwürdigkeit.
Zuallererst müssen sich jene wehren, die auf den Plakaten abgebildet sind. Aber auch wir müssen uns wehren.
Aber auch die Bozner Staatsanwaltschaft wird sich an die Nase fassen müssen. Nach Dutzenden von Vilipendio-Prozessen nach dem Codice Rocco und einem laufenden Verfahren wegen des Besen-Plakats der Südtiroler Freiheit kann man hier nicht so tun, als gehe es hier um eine normale politische Auseinandersetzung. Es gibt in Italien zwar, anders als in Deutschland,  keine Straftat der Wiederbetätigung, aber es gibt immerhin das Mancino-Gesetz.
Wenn hier die Staatsanwalt einfach wegschaut, dann tut sie sich selbst und dem Gesetz keinen guten Dienst.
 
Aber auch wir müssen uns wehren. Schon einmal hat man ähnliche Plakate und Schilder angebracht. Dort stand: „Juden raus“.
Nochmals sollten wir Südtiroler nicht schweigen, zuschauen oder mittun.
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Sepp.Bacher Mo., 01.10.2018 - 18:35

Bei deinem ersten Satz stimme ich dir zu!
Was Hetze gegen die sozialen Außenseiter-Gruppen, zu denen auch die Flüchtlinge zählen, - noch dazu im Sinne von "Wegräumen" - mit Nationalsozialismus zu tun hat? Lies einmal nach - falls du es nie gelernt, oder schon vergessen hast - wie Hitler Juden (Rasse), politisch Andersdenkende, Zigeuner und Schwule weggeräumt und nach seiner Sicht sauber gemacht hat. Und der "Kehricht" landete in den KZs und die haben wenige überlebt! Dämmert`s dir?

Mo., 01.10.2018 - 18:35 Permalink
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G. M. Mo., 01.10.2018 - 19:20

Schauen sie sich das Wahlprogramm der Partei an und das Plakat. Dann 1 + 1 zusammenzählen, der Rest erklärt sich von selbst. Ihr Kommentar ist besorgniserregend!

Mo., 01.10.2018 - 19:20 Permalink
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Dominik Berger Mi., 03.10.2018 - 19:44

Was sie hier machen nennt sich Kleinreden.

Bei diesem Plakat ist es komplett irrelevant, ob es "nur" Hetze sei oder nationalsozialistische Züge hat. Bei diesem Plakat ist die einzige vernünftige Reaktion eine Empörung aufs Äußerste!

Wer dann beginnt, mit Wörtern zu hantieren, ob so eine Aktion nun das oder jenes ist, verharmlost die ganze Thematik, und das auf eine sehr gefährliche Art und Weise.

Eines noch: Wieso dieses Plakat nationalsozialistische Züge hat ist eigentlich auch ihnen klar. Was sie eigentlich wollen, ist allein den Nationalsozialismus von seiner praktischen Realität zu entfremden, wobei wir wieder bei dem Kleinreden wären.

Mi., 03.10.2018 - 19:44 Permalink
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19 amet Do., 04.10.2018 - 10:45

Was soll die Wortklauberei? Der Nationalsozialismus war "hetzerisch", "fremdenfeindlich", "rassistisch", "Judenfeindlich", "populistisch" , usw., so wie eben das Plakat und die Ideologie dieser Faschisten.

Do., 04.10.2018 - 10:45 Permalink