Politik | es kriselt

Attacke aus Rom – Österreich alarmiert

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat Österreich über einen “schwerwiegenden Angriff auf die Südtirol-Autonomie”, den die Regierung in Rom plane, in Kenntnis gesetzt.
Arno Kompatscher und Sebastian Kurz
Foto: BKA

Der Verfassungsausschuss im römischen Senat hat am heutigen Mittwoch (19. Dezember) einen Gesetzentwurf der Regierung zur Reduzierung der Anzahl der Parlamentarier und damit auch der Senatswahlkreise genehmigt. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Senatoren in Südtirol von drei auf zwei reduziert werden sollen.

Große Empörung bei Landeshauptmann Arno Kompatscher: “Das stellt eine gravierende Verletzung der Autonomiebestimmungen Südtirols dar, weil die Einteilung der Senatswahlkreise innerhalb der Provinz Bozen und die Zuteilung von jeweils drei Senatswahlsitzen Gegenstand der Paketmaßnahme 111 waren, deren Umsetzung seinerzeit unter anderem auch zur Abgabe der Streitbeilegungserklärung 1992 durch Österreich geführt hat.” Die Regierung in Rom zeige wenig Respekt vor international verbrieften Minderheitenrechten, “denn mit dieser geplanten Einschränkung drohe die Gefahr einer gravierenden Beeinträchtigung der demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeit der Südtiroler Minderheit und der ausgeglichenen Vertretung der Sprachgruppen im Parlament”.

“Gegen das für uns keinesfalls akzeptable Ansinnen der Regierung habe ich unverzüglich protestiert und gleichzeitig den österreichischen Botschafter in Rom sowie den österreichischen Bundespräsidenten und den Bundeskanzler über diesen Vorfall informiert”, teilt der Landeshauptmann mit. “Ich erwarte mir eine sofortige Abänderung vor einer allfälligen Genehmigung im Plenum des Senats.” Der Landeshauptmann kündigt an, sich mit aller Vehemenz gegen die Pläne der Regierung, die Mitbestimmungsmöglichkeiten Südtirols zu beschneiden, zu wehren. “Unsere Autonomie ist nicht ohne Einvernehmen abänderbar”, betont Kompatscher.

Auch Gianclaudio Bressa erhebt seine Stimme. Der in Südtirol gewählte PD-Senator war im Verfassungsausschuss, in dem er sitzt, interveniert. Gemeinsam mit den drei SVP-Senatoren hatte er einen Abänderungsantrag vorgelegt, der den beiden Autonomen Provinzen Trient und Bozen je drei Senatoren zugesichert hätte. Der aber wurde abgelehnt. “Purtroppo il Governo e la maggioranza non hanno voluto ascoltare le nostre motivazioni, scegliendo una strada che calpesta le prerogative e le ragioni storiche che hanno portato all’individuazione di quel numero di Senatori. Una decisione ingiusta e sbagliata, che andrà a penalizzare la rappresentanza dei cittadini del Trentino-Alto Adige”, warnt Bressa nun.

Unter anderem ist auch Roberto Calderoli Mitglied des Verfassungausschusses des Senats. Dort hatte der Lega-Grande, der die Regierungsverhandlungen zwischen SVP und Lega in Südtirol begleitet, am Dienstag über den Gesetzentwurf Bericht erstattet, der nun für eine handfeste Krise zwischen Bozen und Rom führen könnte.

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Hans Hanser Mi., 19.12.2018 - 19:28

Bressa, der ja durch Südtiroler Stimmen in Rom sitzt, müsste zuallererst mal wissen, dass unser Name Sudtirolo lautet.
Herr Kompatscher, wenn unsere Minderheitenrechte durch die Lega beschnitten werden, weil diese fordern, dass heute Ausländer (?!) auf zugewiesenen Plätzen im Bus sitzen müssen (morgen Südtiroler, denn für die Lega sind wir ja auch irgendwie Ausländer, oder?) und ebenfalls gefordert wird die Todesstrafe anzuwenden, wenn jemand einen Minister nicht ehrt (ihr Stellvertreter Bessone), an wen kann ich mich wenden? Meine Rechte werden durch ihre Koalition mit der Lega ebenfalls beschnitten. An Sie? Sie waren und sind, nicht nur für mich, nicht mein Landeshauptmann. Sie sind ein dünnhäutiger Akademiker, der höchstens belächelt, aber sicher nicht für staatstragend empfunden wird. Einerseits mit Bessone kuscheln und dann die erklärten Lega-Freunde aus dem Nachbarland anrufen, wie der kleine Junge, dem man das Spielzeug geklaut hat. Sehen Sie zu, dass sie endlich Format gewinnen, sie treten von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Mi., 19.12.2018 - 19:28 Permalink
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Martin B. Mi., 19.12.2018 - 22:23

Was ich aus den ganzen Artikeln zu dieser geplanten Reduzierung der Anzahl der Parlamentarier und damit auch der Senatswahlkreise nirgends verstehe ist ob:
a) Südtirol-Trentino mit derzeit 3+3 mehr Senatoren pro Bevölkerungszahl hat, als andere Provinzen/Regionen?
b) das Verhältnis der geplanten Reduktion für Südtirol-Trentino das gleiche ist wie für andere Gebiete und wenn a) zutrifft somit immer noch mehr Senatoren pro Bevölkerungzahl in der Region gewählt werden können als anderswo?
c) die Zuteilung von jeweils drei Senatswahlsitzen als Gegenstand der Paketmaßnahme 111 jede proportionale staatsweite Änderung unmöglich macht? Anders gefragt: wäre es anders wenn man von 6 auf 8 in der Region erweitern möchte?
Diese Details zählen m.M. nach in der Diskussion, denn eine Reduzierung des Parlaments ist meiner Meinung nach ein nicht grundsätzlich schlechter Ansatz.

Mi., 19.12.2018 - 22:23 Permalink
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gorgias Do., 20.12.2018 - 00:52

Die Senatoren sollen von 315 auf 200 reduziert werden. Das ist mehr als ein Drittel, der sich durch die Reduzierung von 3 auf 2 Senatoren für Südtirol ergibt. Das bedeutet, dass im Verhältnis zur Bevölkerung verglichen mit anderen Regionen/Provinzen die Anzahl der Senatoren leicht zunimmt.

Do., 20.12.2018 - 00:52 Permalink
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gorgias Do., 20.12.2018 - 07:31

>da die SVP in zwei Wahlkreisen ohne Probleme gewinnen würde<

Das würde ich so nicht sehen. Es hängt auf alle Fälle davon ab, wie die Wahlkreise gezogen werden und welche Kooperationen zwischen deutschen/interethnischen Opositionsparteien mit italienischen Parteien ergeben und zusammen einen deutschsprachigen Kandidaten aufstellen. Man kann sich da leicht vorstellen, dass dann Italiener und viele Deutsche sich für diesen Kandidaten entscheiden. Für die SVP ist da natürlich interessanter zwei von drei Senatssitze sicher zu haben und für den dritten Kooperationen eingehen zu müssen, als ein von zwei Sitze sicher zu haben und bei einem zweiten Kooperationen suchen zu müssen, wobei es in diesem Sitz mehr deutschsprachige Wähler gibt, als im alten südlichen Senatswahlkreis, das dann anderen deutschsprachigen Parteien interessanter machen könnte einen Kandidaten aufzustellen.

Do., 20.12.2018 - 07:31 Permalink
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Krautwurst Jürgen Do., 20.12.2018 - 07:56

Über den Inhalt lässt sich streiten, allerdings geht es hier, meiner Meinung nach, vielmehr ums Prinzip: Italien kann und darf nicht einseitig Paketbestimmungen ändern bzw. übergehen. Dies widerspricht eindeutig den Verpflichtungen die Italien mit Österreich durch die Streitbeilegungserklärung von 1992 eingegangen ist. Aus diesem Grund finde ich die Reaktion der SVP und von Kompatscher durchaus angemessen und keinesfalls überzogen.

Do., 20.12.2018 - 07:56 Permalink
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Christoph Moar Do., 20.12.2018 - 11:03

Mah, Leute, man sollte mal die Brille der deutschsprachigen Bevölkerung absetzen. Mit den drei Senatoren war es wohl so gesichert, dass zwei Sprachgruppen (ja, ich weiß, es gibt auch Ladiner, die aber von der SVP mitvertreten werden) im Senat vertreten sein konnten. Wenn nur mehr zwei Wahlkreise und damit zwei Senatoren da sind, kippt das Prinzip. Die Gefahr, dass nur mehr eine Sprachgruppe vertreten ist, ist real. Wahrscheinlich sogar sicher.

Do., 20.12.2018 - 11:03 Permalink
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Oskar Egger Do., 20.12.2018 - 13:21

Erinnere ich mich richtig oder wollte der Großteil der Südtitoler beim Referendum (das italienweit Gottlob ein Fiasco war), den ganzen Senat abschaffen??

Do., 20.12.2018 - 13:21 Permalink
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Harry Dierstein Do., 20.12.2018 - 18:29

Ich befürchte, dass es zum Krieg kommen wird und Österreich mit seiner berittenen Gebirgsmarine bei uns einmarschiert, um seiner Rolle als Schutzgemächt gerecht zu werden.

Do., 20.12.2018 - 18:29 Permalink
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Andreas Berger Do., 20.12.2018 - 19:33

Wie Krautwurst Jürgen richtig schreibt, geht es hier um das Prinzip. Italien darf laut internationalen Verträgen nicht ohne Zustimmung Südtirols und Österreichs solche wichtigen Bestimmungen ändern. Ob 4 Senatoren oder 2 ist nicht das Problem,
das hat auch Kompatscher deutlich gemacht.

Do., 20.12.2018 - 19:33 Permalink