Politik | Sanität

Der Geburtshelfer

Arno Kompatscher will Hubert Messner zum Berater in der Gesundheitspolitik machen. Der designierte Sanitätslandesrat Thomas Widmann ist damit nicht glücklich.
Messner, Hubert
Foto: Sabes
Thomas Widmann lacht: „Wir werden uns einigen, da bin ich mir sicher“. Der designierte Sanitätslandesrat versucht bewusst, keine Polemik aufkommen zu lassen. Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher hält den Ball flach: „Es gibt hier keine Differenzen“.
Dabei knirscht es seit einigen Wochen hinter den Kulissen des Theaterstücks mit dem Titel „Bildung einer Landesregierung“. Es ist kein direkter Streit um Posten und Macht. Dieser wird in anderen Bereichen ausgetragen.
In diesem Fall geht es mehr um eine Verstimmung und um die Frage, wie weit sich ein Regierungschef in die Agenden seiner Regierungsmitglieder einmischen kann und soll. Aber auch um die Themen Kontrolle und Vertrauen.
 

Die Sanität

 
Nicht erst seit den letzten Landtagswahlen ist klar, dass die Sanitätspolitik einer der wichtigsten Bausteine für den Erfolg einer Regierungspartei in diesem Land ist. Die Sanitätsreform und die Schließung der Geburtenabteilungen haben in Südtirol zu einem noch nie dagewesenen Aufstand in der Peripherie und zu großen Stimmenverlusten für die SVP geführt. Obwohl man immer noch versucht, den Schwarzen Peter allein der scheidenden Landesrätin Martha Stocker zuzuschieben, war es letztendlich doch ihre Partei, die alle Schritte mit abgesegnet hat.
Bereits in den ersten Umfragen, die die SVP Anfang 2018 in Auftrag gab, wurde deutlich, wie dramatisch die Stimmenverluste sein werden. Der eindeutige Hauptgrund dabei: die Politik im Gesundheitsbereich.
 
Arno Kompatscher ernannte diesen Bereich zuerst intern und dann öffentlich zur Chefsache. Vor allem aber machte sich der Landeshauptmann auf die Suche nach einem prominenten und starken Kandidaten aus dem Bereich Gesundheitswesen. Es sollte jemand sein, der – bei entsprechenden Stimmenerfolg - durchaus auch als neuer Sanitätslandesrat in Frage kommt.
Diese Kandidat war relativ schnell gefunden.


Der Neonatologe

 
Der Name Hubert Messner ist in Südtirol ein Begriff. Der heute 63jährige Kinderarzt ist der jüngere Bruder von Reinhold Messner, mit dem er schon gemeinsam in Grönland am Nordpol oder in der Mongolei auf Expedition war.
Bekannt wurde Hubert Messner aber vor allem als Arzt und Primar. Der weit über die Landesgrenzen hinaus geschätzte Neonatologe baute in Südtirol die Abteilungen Geburtshilfe und Neonatologie sowie die Neugeborenenintensivstation auf. Vor allem in Sachen Frühgeburten führte Messner in Südtiroler einen Topstandard ein. Tausende Kinder, die um Monate zu früh auf die Welt gekommen sind, verdanken dem Primar ihr Leben. 

 
Hubert Messner war 37 Jahre lang am Bozner Krankenhaus tätig, jahrzehntelang in leitender Funktion. Zudem war er Vorsitzender der Primargewerkschaft Anpo und war bei den Reformen im Sanitätsbetrieb in dieser Rolle ein willkommender Sparringspartner der Landespolitik. Messner gehört mehreren Expertengremien des Landes an und er ist dafür bekannt, dass er ungeschminkt seine Meinung sagt. Auch dann, wenn sie unbequem ist.
Die berufliche Autorität, das Fachwissen, aber auch seine Kenntnis des Südtiroler Sanitätsbetriebs machen ihn schon bald zu einem der wichtigsten Akteure in der Südtiroler Sanität. Als es zwischen Thomas Schael und Landeshauptmann Arno Kompatscher zu kriseln beginnt, ist es Hubert Messner, der mehrmals als Vermittler und Schlichter auftritt.
 

Die Absage

 
Hubert Messner hat aber auch noch einen anderen entscheidenden Vorteil. Der Primar ist nicht nur sehr bekannt und beliebt, er wirkt auch auf den ersten Blick sympathisch. Es sind die Traumeigenschaften für einen Kandidaten.
Auch das persönliche Timing scheint zu stimmen. Hubert Messner geht Ende 2017 am Bozner Krankenhaus in Pension. Demnach kommen die Landtagswahlen im Oktober 2018 genau richtig.
Wochenlang versuchen Arno Kompatscher, aber auch die amtierende Sanitätslandesrätin Martha Stocker im Frühsommer 2018, Messner zu einer Kandidatur auf der SVP-Liste zu überreden. Für Stocker wäre der Primar ihr Wunschnachfolger. Für die SVP mehr als nur ein Glücksgriff. Am Ende lehnt Hubert Messner eine Kandidatur aber aus persönlichen und familiären Gründen ab.
Inzwischen wird klar, dass Thomas Widmann seine politische Karriere nicht als Landtagspräsident beenden wird. Hatte Arno Kompatscher 2013 den langjährigen Wirtschafts- und Mobilitätlandesrat aus der Landesregierung hinauskomplimentiert, brauchen die SVP und Kompatscher jetzt den agilen Bozner Politiker.
Nach einer Aussprache übernimmt Thomas Widmann die Leitung des SVP-Wahlkampfes. Im Rucksack eine klare Zusage, dass er – sollte er die nötigen Stimmen erreichen – 2019 einen Sitz in der Landesregierung erhält.
 

Der Landesrat

 
Weil Arno Kompatscher weiß, dass er in der Sanität jemand braucht, der etwas weiterbringt und in der Lage ist, einen Stimmungsumschwung in der Südtiroler Öffentlichkeit herbeizuführen, bietet er dieses Ressort schon frühzeitig Thomas Widmann an. Widmann sagt durchaus begeistert zu.
Der Bozner Politiker versteht, dass in der Ära Martha Stocker die größten Baustellen beseitigt wurden und er nach der politischen Hinrichtung seine Vorgängerin wenig tun muss, um als Strahlemann dazustehen. 
Auch nach den Wahlen hat sich dieses Szenario nicht geändert. Thomas Widmann soll und wird Landesrat für Sanität werden. Weil der Bereich Soziales zu Waltraud Deeg wandern soll, wird derzeit noch darüber debattiert, welchen Bereich Widmann dazu bekommt. Widmann als gilt als Joker, der vielseitig einsetzbar ist. Deshalb sind auch andere zustätzliche Kernbereiche wie Wirtschaft (Wirtschaftslandesrat war er bereits) oder Urbanistik im Gespräch.
 

Der Chefberater

 
Landeshauptmann Arno Kompatscher will aber auf die Expertise und das Fachwissen von Hubert Messner nicht verzichten. Deshalb ersuchte er den pensionieren Primar vor einigen Wochen, als Berater der Landesregierung und vor allem des neuen Sanitätslandesrates tätig zu werden. Nach Informationen von salto.bz hat Messner prinzipiell zugesagt.
 
Die Anti-Kompatscher-Fraktion innerhalb der SVP deutet diese Beraterfunktion aber als eine Art Misstrauensantrag gegen den neuen Sanitätslandesrat. Man spricht von einem „Aufpasser“.
Auch Thomas Widmann ist nicht glücklich. Obwohl der SVP-Politiker Hubert Messner bestens kennt und auch schätzt, echauffiert er sich über den Stil. „Ein Landesrat wird sich seine Berater schon selbst aussuchen“, begründete er seine Verstimmung vor wenigen Tagen im kleinen Kreis.
Der, um den es geht, hält sich dabei heraus.
Von salto.bz auf den Konflikt angesprochen, gibt sich Hubert Messner gelassen: „Wenn ich helfen kann, dann tue ich es gerne, aber ich suche weder eine Job noch eine Entschädigung“.
Es wird sich zeigen, wie lang die politischen Wehen noch andauern werden.
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Salto User
Günther Alois … Fr., 04.01.2019 - 06:55

Kann mir mal jemand erklären,welche QUALIFIKATION Thomas Widmann in Sachen Sanität vorzuweisen hat??????? Ich bin der Meinung da gäbe es 100 andere Herrschaften,die weit kompetenter wären!!! Also WARUM Thomas Widmann Herr Landeshauptmann????????

Fr., 04.01.2019 - 06:55 Permalink
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Paul Schöpfer Fr., 04.01.2019 - 13:10

Antwort auf von Günther Alois …

Ganz einfach...weil Thomas Widmann der einzige in der Landesregierung ist, der den Koloss Sanität halbwegs leiten kann. Schade dass er beim Generaldirektor nicht mitreden durfte.

Interessant auch die Aussage von Franceschini: "Der Bozner Politiker versteht, dass in der Ära Martha Stocker die größten Baustellen beseitigt wurden und er nach der politischen Hinrichtung seine Vorgängerin wenig tun muss, um als Strahlemann dazustehen."

Zeugt von wenig Ahnung was in der Sanität wirklich los ist.

Fr., 04.01.2019 - 13:10 Permalink
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Paul Schöpfer Fr., 04.01.2019 - 15:13

Antwort auf von Andreas gugger

Lieber Herr Gugger, ich durfte miterleben wie Widmann die Mobilität in Südtirol auf Vordermann gebracht hat und das war damals auch eine Aufgabe, die ihm Durnwalder untergeschoben hat, weil sie keiner wollte. Ich schätze mal, dass Widmann die Sanität nun auch nehmen muss, weil sie sonst keiner will.
Und um auf ihre Frage zurückzukommen: Wen aus der zukünftigen Landesregierung sehen sie als geeignet einen Betrieb mit 2 Mrd. Euro Umsatz zu führen?

Fr., 04.01.2019 - 15:13 Permalink