Politik | Gastkommentar

Arno, deine Werte!

Ich gehöre auch zur Kompatscher-Gebetsliga, zu den Leuten, die ans Gute in ihm glaubten und überzeugt waren, dass er das nicht tut.
Arno Kompatscher
Foto: Facebook/Arno Kompatscher

So er noch eine gehabt hat, mit dem Beschluss zum Regierungsbündnis mit der Lega hat der Landeshauptmann die Unschuld verloren. Dass es so enden würde, musste man wissen. Es gab aber manche, eine Minderheit, eine immer kleinere, die es bis zum Schluss nicht wissen wollte. Sie glaubten, besser gesagt, wollten glauben: Der Kompatscher tut’s nicht. Er will nur spielen. Einen Tag sagt er das, den nächsten nimmt er’s zurück, und er wird schon wissen warum.

Ich heiße diese Gutgläubigen die Kompatscher-Gebetsliga, und ich gehöre auch dazu: Leute, die ans Gute in ihm glaubten (im schreibe jetzt im Passatum) und überzeugt waren, dass er das nicht tut. Nicht ohne Not. Wir haben seinem Parteiobmann allen Opportunismus zugetraut, gewissen neuen Granden in seiner Partei sowieso, aber nicht ihm. „Ich lass mich nicht verbiegen“, hat er bei seinem Antritt als Landeshauptmann vor fünf Jahren erklärt. „Verbiegen“ – darunter verstand er alles, was die Lega an Werten und Politikstil vertrat. Wir vertrauten ihm.

Zum Schluss half Calderolis Ehrenwort (wer ist schon Calderoli?) dem Landeshauptmann die Gesichtswahrung, und darum ging es.

Und war das jetzt kein „Verbiegen“? Und hat etwa eine Not bestanden? Im Gegenteil: Seit Jahrzehnten wieder hätte für ihn und seine Partei eine Wahlmöglichkeit bestanden. Er hätte nicht nehmen müssen, was zu vermeiden er versprochen hatte. Arno Kompatscher hat sich „verbogen“. Und das seit den Wahlen gleich vielfach. Es wird nämlich, was den Gesichtsverlust dieses Landeshauptmannes anlangt, das Entscheidende, das Bleibende, nicht das gewesen sein, was er angerichtet hat, nein, nicht das Ergebnis. Verheerend ist die Art, wie er es dazu hat kommen lassen.

Was hat der Mann uns nicht alles zugemutet die zwei Monate seit den Landtagswahlen! Zuerst die Beschönigung des Wahlergebnisses der Partei, dessen Spitzenkandidat er war. Als Wahlziel ausgegeben war die Rückeroberung der absoluten Mehrheit, geworden sind es weitere zwei Mandate weniger. Von 17 auf 15. Seither lautet die Sprachregelung: „über 40 Prozent - beste Volkspartei in Europa“. Dann das Bocksprüngl in der Flughafen-Bozen-Frage. Purzigagelen reihenweise Ist der einst so auf verlässlich Tuende zum Zyniker geworden und setzt auf unser kurzes Gedächtnis? Im Sinn von: Wurscht, was wir jetzt tun, bis zu den nächsten Wahlen ist alles vergessen!

Für wen hält uns denn der Herr? An Adenauers legendäres „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!“ sollte ich besser nicht erinnern. Sonst reißt es sich Kompatscher in seiner Erklärungsnot noch unter den Nagel. Nur weil seine Koalitionsverhandlungen eine einzige Widersprechungsparade waren, ist er noch lang kein Adenauer. Er ist auch kein Apostel Petrus aus der Leidensgeschichte Jesu. In dieser hat Petrus seinen Herrn in der Nacht, da er dem Hohepriester ausgeliefert wurde, zwar dreimal verleugnet, aber am Schluss, als der Hahn krähte, ging der Feigling Petrus „hinaus und weinte bitterlich“.

Bei Grünen und PD bestand Gefahr, dass sie womöglich mitregierten. Die Lega „lässt“ regieren.

Wie oft seit den Wahlen hat der designierte Landeshauptmann seine eigenen Versprechen verleugnet? Und im Unterschied zum Jesu-Verleugner Petrus hat Selbstverleugner Arno nie Reue bekannt. Im Gegenteil: Von Verleugnung zu Verleugnung hat sich der anfängliche Zweifler zu einem nachgeraden Schlachtenbummler des neuen Regierungspartners gewandelt. Zu Anfang stand Kompatschers feierliches „Unsere Werte sind nicht verhandelbar“. Die Lega habe diese zu unterschreiben, „und zwar vor Verhandlungsbeginn, sonst setze ich mich gar nicht nieder“. Dann hat er sich doch gesetzt. Und die Lega unterschrieb gar nichts. Nichts vorher und nichts nachher. Anfangs bestand er drauf, alles schriftlich zu haben. Am Ende begnügte er sich mit Ehrenworten. Ehrenworte von Verhandlungspartnern, denen er keine Ehre zubilligt.

Die Südtiroler Lega-Mander sind schon blöd, aber der Landeshauptmann hätte wissen müssen, sie sind nicht blöd. Sie haben, was nicht vorgesehen war, ihm gezeigt, dass sie in Rom und in Mailand Leute haben, die sie fragen können. Die Episode mit der demütigend eingeforderten, dann souverän verweigerten Unterschrift (dass, sinngemäß, Lega-Leute auch Menschen sind) wird als die schallendste Ohrfeige in die Kompatscher-Biografie eingehen. Anfangs stand das Wort, die SVP verhandle nur mit Südtirols Lega, die gesamtstaatliche habe sich nicht einzumischen. Am Ende, zu Dreikönig, empfing die vereinigte SVP-Delegation, aufgestellt wie eine Ministrantenschar, den feisten Calderoli wie den Weisen aus dem Morgenland und bat ihn um den Segen. Nie wurde ein Landesregierungs-Abkommen würdeloser besiegelt.

Ich heiße diese Gutgläubigen die Kompatscher-Gebetsliga, und ich gehöre auch dazu.

Landeshauptmann und Partei entblödeten sich nicht einmal, vom winterurlaubenden Lega-Emissär ein Geschenk anzunehmen in Form eines versprochenen zusätzlichen Parteisenators. Auch das nur in Form eines ehrenwörtlichen Versprechens. Es reichte, um den Landeshauptmann aus seinem hochnotpeinlichen Säbelrassel-Theater zu retten, in das er sich hineingeritten hatte: Wegen des möglichen Verlusts eines Senatssitzes eine Staats- und Autonomie-Affäre zu inszenieren, von Österreich Mobilmachung zu fordern und gar mit dem europäischen Gerichtshof zu drohen, - auch das schlichteste Gemüt vermochte solcher Dramatisierung nicht zu folgen. Zum Schluss half Calderolis Ehrenwort (wer ist schon Calderoli?) dem Landeshauptmann die Gesichtswahrung, und darum ging es.

Jetzt gibt es diese „Regierungsvereinbarung“, von der es am häufigsten heißt, dass sie 58 Seiten umfasst (was uns Ehrfurcht abringen soll) und dass sie eine ökosoziale Ausrichtung habe. Das bescheinigen ihr jedenfalls namhafte Vertreter der Parteien, die unter ökosozial sich selber verstehen. Ist es damit gut? Ist Grünen und PD das Maul gestopft damit, dass ihr Programm fortan von der SVP allein administriert wird (Die Lega will nichts, außer dabei zu sein. Dafür wurde sie genommen.)?

Nein, denn es ist nicht das Gleiche, wenn zwei Verschiedene Gleiches tun. Man versteht jetzt, was SVP und Landeshauptmann meinten, als sie ständig von „Schnittmengen“ sprachen, die mit der Lega größer seien als mit Grünen und PD. Bei diesen bestand Gefahr, dass sie womöglich mitregierten. Die Lega „lässt“ regieren. Sie gibt die Stimmen und im übrigen Ruh. Das war Arno Kompatscher wert, „Werte zu verhandeln“. Oder ist „Lega con Salvini“ etwa nicht der schäbigste real existierende Wert?

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Peter Gasser Mi., 09.01.2019 - 20:08

... und wie man hört, wurde die italienische Fassung - nach der Genehmigung des deutschen Textes - auf Druck aus Mailand & Rom erneut (von der Lega) umgeschreiben. Man weiss ja, im Zweifelsfalle und für die Lega wird NUR die italienische Fassung gelten... wieso muss ich da ständig an Rotkäpchen und den bösen Wolf denken...

Mi., 09.01.2019 - 20:08 Permalink
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Karl Gudauner Mi., 09.01.2019 - 20:31

Ganz im Gegensatz zum verbreiteten Bedürfnis nach Vereinfachung und zur verbreiteten Untugend der einfachen populistischen Politikrezepte werden wir uns daran gewöhnen müssen, eine differenzierte Betrachtungsweise an den Tag zu legen, wenn wir die politischen Entwicklungen in Zeiten von Mehrparteienkoalitionen und tektonischen Verschiebungen der politischen Landkarte unter die Lupe nehmen. Ein Koalitionsprogramm auszuhandeln und niederzuschreiben ist, wie wir gesehen haben, in kurzer Zeit möglich, wenn es allgemein genug bleibt. Es spricht jedenfalls wirklich viele Themen an. Eine vorauseilende Empörung über mögliche Abwege ist zu diesem Zeitpunkt nicht angebracht. Verbesserungen und Ergänzungen sind im parlamentarischen Ablauf möglich und notwendig. Die neue Landesregierung muss wie jede andere an ihren Taten gemessen werden. Florian Kronbichler bringt mit seinem kritischen Beitrag jedenfalls zum Ausdruck, welch große Verunsicherung herrscht. Der Politik die Ethik abzusprechen ist Mainstream. Zur Zeit ist wirklich in ganz Europa der Teufel los.
Umso mehr brauchen wir Besonnenheit. Die Ermittlung von Schwerpunkten und die Zuordnung der Budgetansätze werden weit mehr Zeit beanspruchen als die Koalitionsgespräche und erst daran wird erkenntlich, welchen Weg die neue Koalition einschlägt. Opposition und Zivilgesellschaft sind, wie immer, gefordert, die Umsetzung kritisch zu begleiten und ihre Ideen einzubringen. Die Einbindung der Sozialpartner und der verschiedenen Akteure der Zivilgesellschaft bei den anstehenden Weichenstellungen ist ein guter strategischer Ansatz, um Information und Mitsprache zu gewährleisten und schließlich breit mitgetragene Entscheidungen herbeizuführen. Damit kann auch der Politikverdrossenheit eine positive Dynamik entgegengesetzt werden. Wer jetzt hellsehen will, findet, um dem Thema etwas den tierischen Ernst zu nehmen, in der Numerologie oder in der smorfia napoletana zumindest Interpretationen zur Nummer 58, der Seitenzahl des Koalitionsabkommens.

Mi., 09.01.2019 - 20:31 Permalink
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Peter Gasser Do., 10.01.2019 - 07:21

Antwort auf von Karl Gudauner

das hat schon seine Richtigkeit, leider aber lassen die Twittermeldungen des Herrn Bessone ganz ander es erwarten.
Wer jenes liest, der bekommt einen gehörigen braunen Schrecken... und Bessone gehört dort zu den gemäßigten Populisten... leider...
... zudem wird die SVP nicht mit der Lega in Bozen Südtirol regieren, sondern mit Mailand/Rom, das sind eher schlechte systemische Voraussetzungen.

Do., 10.01.2019 - 07:21 Permalink
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Manfred Klotz Do., 10.01.2019 - 07:50

Antwort auf von Peter Gasser

Schnoddrige Twittermeldungen gehören zum Politikstil mancher Lega-Politiker. Sie eifern da dem Stil ihres Oberbosses nach. Zwischen dem Anspruch des Inhalts dieser an Vorstadt-Halbstarke erinnernde Mitteilungen und der Realität besteht dann schon doch ein großer Unterschied. Wie auch der Oberboss immer wieder leidvoll - aus meiner Sicht zum Glück - erkennen muss. Daher würde ich Bessones Getwittere nicht überbewerten.

Do., 10.01.2019 - 07:50 Permalink
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Manfred Klotz Do., 10.01.2019 - 11:18

Antwort auf von Peter Gasser

Ich möchte noch anfügen, dass ich diese Art Politik zu machen - in Wahrheit ist es Propaganda übelster Art - zutiefst verabscheue, nur damit kein falscher Eindruck entsteht. Allerdings ist Bessones Twittertätigkeit wirklich nur eine Randnotiz, denn er versucht hauptsächlich den Stil seines Oberbosses zu imitieren, weil jener damit Erfolg hat. Dass er in Wirklichkeit ein zahmes Schoßhündchen ist, sieht man am Koalitionspapier.

Do., 10.01.2019 - 11:18 Permalink
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Hans Hanser Do., 10.01.2019 - 10:29

Antwort auf von Karl Gudauner

Geschätzter Herr Gudauner, wunderschöne Worte. Leider beachten Sie nicht die Gefahr für Land und Leute, die durch ein Bündnis mit einer national ausgerichteten Bewegung ausgeht. Abgesehen vom Schaden, den ST innerstaatlich und international davon tragen wird, ist davon auszugehen, dass viel italienisches Personal ohne Deutschkenntnisse in Landesämter, Inhouse-Gesellschaften und sonstigen provinznahen Strukturen Einzug halten wird, vom Wohnbau ganz zu schweigen, den die Lega unbedingt haben will. Haben Sie sich die Geschichte der Lega mit all ihren Skandalen, Verstrickungen und Ergüssen überhaupt mal angesehen? Sind Sie sich über deren Nähe zu CPI bewusst? Sind Sie sich über den historischen Fehler, den das deutschsprachige Südtirol mit all seiner schrecklichen Vergangenheit begeht, überhaupt bewusst? Wissen Sie, dass Bessone öffentlich die Wiedereinführung der Todesstrafe fordert und die Lega Trennungen in öffentlichen Verkehrsmitteln wie in den USA in den 50ern fordert? Aufgrund dieser Voraussetzungen ist eine tiefgründige Skepsis durchaus angebracht, ich persönlich werde diesen Pakt nie gutheißen. Er ist höchstens hilfreich in ein paar Jahren NEU aufzustehen, dann jedoch ohne Edelweiß.
Sie flüchten sich in gut klingende Traumwelten, wenn Sie weiterhin an die Sammelpartei glauben; es ist nicht mehr jene wie vor 30 Jahren. Sie ist wie ein angeknockter Boxer, der taumelt, zuerst PD-Wahlkreise in ST, jetzt caroccio und selbsternannter capitano mit Selfies und Twitter. Andere ernst zu nehmende Partner werden abgelehnt, da intelligenter als die Edelweiß-Leute. Diese könnten ja auch den altbewährten Postenschacher und Filz beseitigen, deshalb dürfen sie ja nicht mit im Boot sitzen, obwohl sie fähig wären. Aber wenn Sie damit leben können, dass Ihnen in ein paar Jahren überall "qui si parla in italiano" entgegenschallt, dann bitte. Sollten wir unser Land an die Italiener wieder verlieren, wissen wir zumindest, dass wir es charakterlosen Pseudo-Intellektuellen wie Ihnen zu verdanken haben.

Do., 10.01.2019 - 10:29 Permalink
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Manfred Klotz Do., 10.01.2019 - 11:23

Antwort auf von Hans Hanser

"...ist davon auszugehen, dass viel italienisches Personal ohne Deutschkenntnisse in Landesämter, Inhouse-Gesellschaften und sonstigen provinznahen Strukturen Einzug halten wird".
Es ist Ihnen bekannt, welche Voraussetzungen Bewerber für Stellen im öffentlichen Dienst haben müssen?

Do., 10.01.2019 - 11:23 Permalink
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Hans Hanser Do., 10.01.2019 - 11:41

Antwort auf von Manfred Klotz

@Manfred Klotz: und wie! Ich arbeite nämlich selbst dort :-)

Sie auch? Wahrscheinlich nicht, denn dann wüssten Sie wie viele ohne Ihre sog. "Voraussetzungen" dort arbeiten, ohne jegliche Qualifikation, ohne Zweisprachigkeit, ohne regulären Wettbewerb, nur aus reiner Freunderlwirtschaft. Die Leute besetzen Stellen, die Ihnen, Ihren Verwandten, Ihren Kindern zustünden, diese jedoch keine Chance darauf haben. Außer Sie haben beim Parteikartl die nötigen Verbindungen oder verfügen - noch schlechter - zu einem direkten Draht zu den "neuen Freunden", die von Ihnen als zahmes Schoßhündchen betitelt werden.
Pater dimitte illis non enim sciunt quid faciunt!

Do., 10.01.2019 - 11:41 Permalink
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Manfred Klotz Do., 10.01.2019 - 18:24

Antwort auf von Hans Hanser

Guter Herr Hanser, ich war 10 Jahre in der öffentlichen Verwaltung tätig, auch in den "oberen Etagen", Sie dürfen also getrost glauben, dass ich weiß welche Voraussetzungen für eine Anstellung nötig sind.
Sicher gibt es Grauzonen, aber die Voraussetzungen für eine Fixanstellung sind klar und der Zweisprachigkeitsnachweis gehört dazu.

Do., 10.01.2019 - 18:24 Permalink
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Karl Gudauner Do., 10.01.2019 - 18:16

Antwort auf von Hans Hanser

Skepsis ist angebracht, Herr Hanser. Aber es geht nun mal darum, die neuen Gegebenheiten zu gestalten. Wer von den Wählerinnen und Wählern den Regierungsauftrag erhalten hat, muss sich dieser Aufgabe stellen. Verzagen oder vor lauter Verdruss über die schwierige Situation die Flinte ins Korn werfen bringt uns nicht weiter. Wir haben bisher die Erfahrung gemacht, dass Südtirol gut verwaltet wird. Das Regierungsprogramm ist ein Ansatz dafür, dass dies auch weiterhin so bleibt. Interessenspolitische Schlagseiten in der Regierungsarbeit sind Teil des demokratischen Spiels. Wenn auch viele andere so wie sie die Entwicklung gut im Auge behalten, sollte es möglich sein, die Regierungsparteien auf dem richtigen Weg zu halten. Die Medien und die öffentliche Meinung sind hierfür sehr wichtig. Wir sollten aber vor allem, gerade aufbauend auf unsere traditionellen Werte und die Institutionen und Kontrollmechanismen der Demokratie, Selbstbewusstsein und Zuversicht zeigen. Wahrscheinlich müssen sich die Bürgerinnen und Bürger mehr einmischen in die politischen Agenden. Information, Mitsprache und Planungsstandards erlauben es, frühzeitig auf mögliche Vorhaben Einfluss zu nehmen. Ungut ist es hingegen, wenn wie derzeit in Rom politische Weichenstellungen von heute auf morgen improvisiert und monatelang ständig über den Haufen geworfen werden. Da erwarte ich mir auf lokaler Ebene schon eine Planungs- und Partizipationskultur auf hohem Niveau.

Do., 10.01.2019 - 18:16 Permalink
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Hubert Frasnelli Do., 10.01.2019 - 12:08

Lieber Karl Gudauner, auch wenn ich viele Deiner Gedanken teile, gestatte mir eine Frage: hat die Lega nicht längstens und ausreichend „Taten“ gesetzt, um sie „erkennen“ zu können?

Do., 10.01.2019 - 12:08 Permalink
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Karl Gudauner Do., 10.01.2019 - 19:16

Antwort auf von Hubert Frasnelli

Lieber Hubert Frasnelli, es ist eine Frage der selektiven Wahrnehmung, wie die Lega eingeschätzt werden kann. Immerhin sind sie in verschiedenen Regionalregierungen in der Verantwortung. Die Lega Salvini hat inzwischen schon eine besorgniserregende Schlagseite bekommen. Trotzdem glaube ich, dass die Lega als Bewegung der Kleinunternehmer einen pragmatischen Kern aufweist. Selbst Salvini schätze ich eher als Utilitaristen ein denn als Ideologen. Was er allerdings immer wieder von sich gibt ist schon starker Tobak. Die Gefahr, das er vor lauter Protagonismus die Bodenhaftung verliert besteht. Dank satter Umfragemehrheiten ist er dabei, mit Brachialität die demokratische Ordnung zu unterlaufen und die Institutionen auszuhebeln. Solche Hauruckaktionen können einen Staat in die Bredouille bringen. Auf der anderen Seite hat die Lega Salvini immer sehr konkrete politische Ziele im Blick: stimmenbringende Rentenfenster für ein paar Hunderttausend Leute, Steuersenkungen und die Sanierung von Steuersünden, große Infrastrukturprojekte vor allem. Es ist ihm wohl nur recht, wenn alle über emotionalisierte Themen wie Einwanderung reden anstatt über Verteilungsgerechtigkeit. Es gibt auch Gegenwind. Ministerpräsident Conte versucht, ihn etwas in die Schranken zu weisen. Beim Haushalt hat er schon klein beigegeben. Es werden ihm Türen offen gehalten, damit er zu einer angemessenen institutionellen Haltung und zu einer akzeptablen politischen Dialektik zurückkehrt. Wie bei Renzi könnten die Umfragewerte plötzlich in den Keller stürzen, wenn die Menschen spüren, das vieles nur Gehabe ist und Teil eines ständigen Wahlkampfs, der das Land lähmt. Auf lokaler Ebene sind bei dem designierten neuen Koalitionspartner andere Maßstäbe anzulegen. Es wäre falsch, die LegavertreterInnen von vorneherein eine Ecke zu drängen. Sie haben die Chance, zusammen mit der SVP in den nächsten Jahren eine vernünftige Politik zu machen. Sie werden sich noch etwas von ihrem politischen Ziehvater abnabeln, wenn sie mehr an politischer Erfahrung und Konsistenz gewonnen haben. Sie müssen beweisen, dass sie das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler verdienen. Dabei werden sie an den Maßstäben der lokalen politischen Agenda gemessen und nicht an der auf römischer Ebene. Und schließlich: Politik ist ein schnelllebiges Geschäft. Da können Stimmungen schnell wechseln. Inzwischen wissen wir: Auch Koalitionen.

Do., 10.01.2019 - 19:16 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 10.01.2019 - 19:36

Ich mag mich zwar Kronbichlers Rundum-Kritik nicht anschließen, aber das Bild des völlig delusionierten Gebetsliga-Ex-Gutgläubigen beschreibt auch mich ganz gut.

Karl Gudauner mag das Schönreden und das Weiterhindiestangehalten schon gut zu Gesicht stehen, aber ich kann mich nicht darüber beruhigen, dass Kompatscher die Salvini-Lega salonfähig gemacht hat, gipfelnd mit Salvinis Namen im Titel des Koalitionsdokuments. Nicht einmal der Söder würde je mit der AfD koalieren. Kompatscher tut’s ohne jede Not, ohne äußere Zwänge, den Bauern in der SVP und dem Obmann zuliebe.

Mir schauert schon vor den Pfeifkonzerten, wenn Kompatscher das nächste Mal die europäische Idee hochleben lässt oder sich humanen Werten verschreibt. Sein Koalitionspapier trägt den Namen dessen, der Schiffsbrüchigen die Hafeneinfahrt verwehrt, und vor dessen Destruktivität sich auch die EVP fürchtet. Salvinis Pakt mit M5S hat die Lega von 17% auf 33% katapultiert, und bestimmt nicht deshalb, weil sich die Lega an irgend ein Komma in irgend einem Vertrag gehalten hätte.

Aber auch wenn sich Kompatscher verbogen hat, es gibt schon andere in der Partei, die das alles noch wesentlich mehr zu verantworten haben. Ich denke, nicht nur ich habe da genau hingeschaut.

Do., 10.01.2019 - 19:36 Permalink
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luigi spagnolli Fr., 11.01.2019 - 12:52

Das Kommentar vom Peter Gasser am 10.01, 19:32 Uhr, verdient sich eine kurze Replik. Er bezweifelt offensichtlich, dass das Auswahlverfahren für die Ernennung eines Leiters/einer Leiterin des Aquatischen Artenschutzzentrum korrekt gelaufen ist. Als Kommissionsmitglied kann ich ihn gerne beruhigen: die Ernennung fand regelrecht und rechtsmäßig statt. Sollte er anders ûberzeugt sein, dann bitte ich ihn, einen entsprechenden Rekurs einzureichen: es ist nicht schön, wenn man mit vollem Einsatz ein korrektes Verwaltungsverfahren zu Ende bringt, und das (ohne Begründung) bezweifelt wird. Sehr kommod, Herr Gasser, den Stein werfen und die Hand verstecken...

Fr., 11.01.2019 - 12:52 Permalink
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Peter Gasser Fr., 11.01.2019 - 13:43

Antwort auf von luigi spagnolli

Ich kann Herrn Spagnolli versichern, dass er hier irrt. Weder habe ich einen „Stein geworfen“, noch habe ich eine „versteckte Hand“. Auch werde ich hier nicht in einen beruflichen Diskurs treten, ode gar Stellen&Personen anführen, wie er es macht.
Es ist gleichwohl interessant, dass er (und nur er) aber von einem konktreten „Auswahlverfahren“ bei einem „Wettbewerb“ spricht, bei dem sich nur 1 Bewerber einschreiben konnte - was im von Spagnolli (!! und nicht von mir, bitte dies ernstzunehmen) vorgebrachten Beispiel der Fall war? Was will man da auswählen, wo ist da der Wettbewerb? Warum konnte sich nur 1 Person aus ganz Europa bei einem so interessanten Posten bewerben?
Fragen, auf die niemand antworten wird. Wenn ich im Übrigen von fehlender Voraussetzung spreche, dann kann Herr Spagnolli davon ausgehen, dass ich in jenem Fall über das diese Aussage belegende Dokument verfüge.
Genug des allzu Persönlichem bei einem allgemeinen Thema, zu dem ich ein allgemeines Beispiel ohne Nennung von Behörde und Namen angeführt habe, und welches von meiner Seite in einem öffentlichen Forum auch namenlos bleiben wird.

Fr., 11.01.2019 - 13:43 Permalink
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Daniele Menestrina Sa., 12.01.2019 - 23:20

Antwort auf von Manfred Klotz

Einen konkreten Fall für einen sehr unwahrscheinlichen A-Zweisprachigkeitsnachweis wurde gerade hier auf Salto vor geraumer Zeit indirekt geliefert. Es ging in einem Artikel um den Aufschub eines Wettbewerbs für den Nahverkehr und es wurde eine in italienischer Sprache verfasste Mail wiedergegeben. Diese Mail strotzte nur so von Fehlern und war von einer Führungskraft also einer Person mit A-Nachweis verfasst worden. Wer so ein italienisch schreibt kann unmöglich den Sprachnachweis A in Händen halten oder besser gesagt sollte.

Sa., 12.01.2019 - 23:20 Permalink
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Hans Hanser Mo., 14.01.2019 - 11:43

Meine Anspielung betrifft nicht nur "getunte" Zweisprachigkeitsnachweise, sondern den gesamten Fehler im System. In unzähligen Gemeindestuben und ähnlichen öffentlichen Strukturen finden Sie Italiener, die des Deutschen nicht mächtig sind. Weder in Wort noch in Schrift und dies obwohl sie offensichtlich durch einen "Wettbewerb" diese Anstellung gefunden haben. Was jedoch noch weitaus mehr kritikwürdig ist, ist die ad-hoc-Verpflichtung einzelner parteinaher Amigos. Daniel Bedin ist so ein Beispiel, wenngleich er im oberen Mittelfeld spielt und deshalb medial hervorgehoben wurde. In den unteren Rängen spielen sich jedoch Besetzungskriterien ab, die fernab von jeglicher Logik sind; gerade die zahlreichen Inhouse-Gesellschaften des Landes sind dem System absolut hilfreich. Denn dort kann man geschickt den Wettbewerb umgehen und die Posten nach absolutem Belieben, sprich Parteinähe, vergeben. Die Medien sorgen dann dafür, dass dem Bürger (Wähler) der Unwissende als Experte verkauft wird.
So wie in der Landesregierung wo ein Studienabbrecher Chef aller Lehrer und Kindergärtnerinnen wird oder Bessone und/oder Vettorato für Hochbau, Kataster, Statistik usw. ohne eine blassen Schimmer davon zu haben. An Absurdität nicht zu überbieten!

Mo., 14.01.2019 - 11:43 Permalink