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Inspektor Gottes

Seit zehn Jahren übt ein Schulinspektor am Schulamt eine Rolle aus, die ihm so nicht zusteht. Weil die Schieflage augenscheinlich ist, sitzt man das Problem einfach aus.
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Foto: katholisch.de
Christian Alber ist freundlich und gibt auf jede Frage Auskunft. „Ich glaube nicht, dass es  hier ein rechtliches Problem gibt“, sagt Alber zu salto.bz. „denn ich habe eine gültige Beauftragung“.
Christian Alber ist laut offizieller Homepage der Landesverwaltung und des Schulamtes „Koordinator des Schulinspektorats, Schulinspektor, Inspektor für den Religionsunterricht“.
Die neue Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner sieht im Fall Alber ebenfalls kein rechtliches Problem. „Es geht hier um die Frage der Kompetenz, die auf jeden Fall gegeben ist“.
Auch die Arbeitskollegen stellen sich voll hinter Christian Alber. „Er ist einer der fähigsten und kompetentesten Mitarbeiter“, sagt einer, der lange mit ihm im Schulinspektorat gearbeitet hat.
Dabei steht Albers Kompetenz nicht zur Diskussion. Sehr wohl aber sein dienstrechtlicher Statuts und die Tatsache, dass er seit rund zehn Jahren mit strategischen Führungsarbeiten im Südtiroler Schulkosmos beauftragt wird, für die ihm die formalen Voraussetzungen fehlen.
Spitzt man das Gespräch auf diesen Punkt zu, dann kommt man auch im Schulamt in Erklärungsnot.
 

Die Schulinspektoren

 
In der Hierarchie des Schulamtes (heute Landesdirektion deutschsprachige Grund-, Mittel- und Oberschulen) stehen Schulinspektoren und -inspektorinnen gleich neben dem Schulamtsleiter bzw. der Landesschuldirektorin an oberster Stelle. Sie sind für eine Reihe von Arbeitsbereichen und Schlüsselfunktionen zuständig, die von der Durchführung von Inspektionen, der Aufsicht bei Abschlussprüfungen, der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen bis hin zu den Zielvereinbarungs- und Dienstbewertungsgesprächen mit Schulführungskräften reichen. „Es ist eine Art strategische Stabstelle im Schulbereich“, beschreibt Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner das Berufsbild.
Schulinspektoren werden direkt vom Schulamtsleiter bzw. der Landesschuldirektorin unter den erfahrenen und kompetentesten Schulführungskräften ernannt. Voraussetzung ist, dass die Auserwählten einen Direktorenwettbewerb bestanden haben.
 
Wobei es seit genau 21 Jahren – und allein in Südtirol - hier eine Ausnahme gibt.
Religionslehrer erhalten ihre Stelle bekanntlich nicht wie alle Lehrpersonen der curricularen Fächer über einen öffentlichen Wettbewerb, sondern werden von der Diözese nach Überprüfung ihrer Eignungskriterien (Missio) beauftragt. Nachdem nur Lehrpersonen mit mehrjähriger Lehrtätigkeit als Inhaber eines durch Landeswettbewerb erteilten Lehrstuhls die Zugangsvoraussetzungen für einen Wettbewerb als Schulführungskräfte besitzen, kann ein Religionslehrer deshalb auch nicht Schulführungskraft werden.
Vor diesem Hintergrund hat man 1998 ein eigenes Landesgesetz erlassen, dass besagt, dass der Diözesanordinarius ein Ausleseverfahren für die Ernennung der Religionsinspektoren durchführt. Diese Entscheidung, wer für diese Aufgabe als geeignet betrachtet wird, gehorcht eher göttlichen als irdischen Gesetzmäßigkeiten.
Das Landesgesetz sieht vor, dass diese Ernennung des Religionsinspektors „zeitlich beschränkt“ ist.
 

Wunder im Schulamt

 
Ähnlich wie die Religionslehrer hatte auch der Religionsinspektor damit schon seit seiner Geburt eine Art Sonderstellung. Wie der eigentliche Titel „Inspektor für den Religionsunterricht“ besagt, war die Figur ursprünglich ausschließlich für die Betreuung der Südtiroler Religionslehrer gedacht. Und damit wäre auch die Ernennungsformel durchaus schlüssig.
Doch so war es nur in den ersten Jahren. Josef Stampfl war nur für die Religionslehrer zuständig. Als er in Pension ging, ernannte 2007 die Diözese Christian Alber als seinen Nachfolger.
Jahrelang war Erica Fassa als Koordinatorin im Schulinspektorat tätig. Unter ihrer Leitung war wie vom Gesetz vorgesehen Christian Alber ausschließlich für die Religionslehrer zuständig. Alber durfte damit keine Schulführungskräfte bewerten.
Als Fassa 2009 in Pension ging, geschah aber plötzlich ein Wunder.
Der damalige Schulamtsleiter Peter Höllrigl ändert ohne gesetzliche Absicherung kurzerhand die Spielregeln. Mit Beginn des Schuljahrs 2009/2010 überträgt Höllrigl Christian Alber alle Kompetenzen eines normalen Schulinspektors.
 
Auch finanziell zahlt sich diese Beförderung aus. Christian Alber erhält als Religionslehrer durch diese wundersame Konstruktion das Gehalt eines Oberschuldirektors. 76.548,78 Euro war sein besteuerbares Bruttoeinkommen im Jahr 2018.
Doch damit nicht genug: Als am 31. August 2016 die Fassa-Nachfolgerin und Koordinatorin der Schulinspektoren Martha Herbst in den Ruhestand geht, überlässt Schulamtsleiter Peter Höllrigl die Entscheidung über die Nachbesetzung seinem Inspektorenteam. Und nachdem sich niemand bereit erklärte den Auftrag zu übernehmen, fiel die Wahl auf den Dienstältesten des Inspektorats Christian Alber.
 

Absurde Situation

 
 
Damit besteht seit Jahren eine doppelt absurde Situation.
Südtirols Direktoren werden von einem Inspektor bewertet, der nie einen Wettbewerb als Schulführungskraft gemacht und bestanden hat. Und der einzige Inspektor ohne öffentlichen Wettbewerb als Schulführungskraft wird gleichzeitig zum Koordinator der Inspektoren und zum direkten Vorgesetzten der Sekretariatskräfte des Inspektorats. Was laut Dienstrecht einer Führungskraft in der Landesverwaltung vorbehalten ist.
Landesschuldirektorin SIgrun Falkensteiner widerspricht hier.
Obwohl auf der Homepage immer noch Christian Alber als Koordinator der Inspektoren aufscheint, hat er das Amt nicht mehr. Falkensteiner hat den Schulinspektor Werner Sporer zu ihrem Stellvertreter ernannt. „Damit ist er auch automatisch Koordinator der Schulinspektoren“, sagt sie.
Die Wege des Herrn sind eben unergründlich. Selbst in der Landesverwaltung.
Aber auch was die Bewertung der Schulführungskräfte betrifft, versucht die Landesschuldirektorin eine andere Deutung. „Diese Bewertungen wurden in den vergangenen Jahren gesetzlich neu geregelt“, sagt Falkensteiner. Demnach machen immer zwei Inspektoren gemeinsam diese „Standortgespräche“, wie sie jetzt heißen. „Die Inspektoren machen nur einen Vorschlag“, sagt die Landesschuldirektorin, „die Bewertungen machen ich“.
Auch wenn man es so dreht, ändert sich aber an der Grundproblematik wenig.
Christian Alber versteht die Polemik nicht. „Es hat sich in all diesen Jahren nie jemand über meine Arbeit beschwert“, sagt er zu salto.bz. Sigrun Falkensteiner bestätigt das.
Wie kreativ man in diesem Fall aber ist, zeigt auch ein anderes Detail. Im Landesgesetz ist von einer „zeitlich beschränkt Ernennung des Religionsinspektors“ die Rede. Christian Alber hat dieses Amt jetzt seit 12 Jahre inne.
Wie das geht? „Mein Auftrag geht immer nur ein Jahr und muss dann erneuert werden“, erklärt Alber.
Die Wege des Herrn sind eben unergründlich. Selbst in der Landesverwaltung.
Und wer Gott an seiner Seite hat, für den gelten anscheinend andere Regeln.

 

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Katharina Volgger Fr., 15.02.2019 - 13:05

Die Angaben zu den Religionslehrern stimmen aber nicht: ein Religionslehrer braucht ein Masterstudium mit Lehrbefähigung UND die Missio Canonica um fix in denD Dienst aufgenommen zu werden. Die LP ist vom Land angestellt und muss somit alle vorgegebenen Kriterien erfüllen wie alle anderen auch. Die Kirche gibt nur ihre Zustimmung mit der Missio aber die allein nutzt gar nix.

Fr., 15.02.2019 - 13:05 Permalink
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Hans Hanser Fr., 15.02.2019 - 16:45

Ist ja nichts Neues, auch Achammer ist Dienstherr sämtlicher Lehrpersonen und dies nur mit Abschluss der Oberschule. Dann werden sie noch in ultra-langweilige Fortbildungskurse geschickt, die von drittklassigen Dozenten geleitet werden. Seltsames Volk, diese Lehrer....

Fr., 15.02.2019 - 16:45 Permalink
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Franz Hilpold Do., 02.07.2020 - 13:42

Seit dem Schulamtsleiter und Ressortdirektor Höllrigl braucht es für die Ernennung zum Schulinspektor keinen Wettbewerb mehr, der eine halbwegs korrekte Auslese garantiert hatte. Nun basiert die Auswahl auf persönliche Freundschaft, Regeln werden überhaupt keine mehr eingehalten. Früher war es auch in Südtirol notwendig, dass ein Schulinspektor vor seiner Ernennung zumindest einige Jahre als Schuldirektor tätig gewesen ist. Das ist in Südtirol längst nicht mehr gültig. Inspektor kann auch werden, wer als Schuldirektor überhaupt nicht mehr tragbar war. Damit will ich nicht sagen, dass es unter den derzeitigen Inspektoren nicht welche gibt, die sehr tüchtig sind. Das rechtfertigt aber nicht die ganze Freunderlwirtschaft.

Do., 02.07.2020 - 13:42 Permalink