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Peinliches Schattengefecht

Fünf Wochen lang hat man in der SVP um die Regionalregierung gestritten. Spätestens jetzt wird klar, dass es dabei nicht um die Sache, sondern um einen Machtkampf geht.
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Foto: Facebook
Die offizielle Pressemitteilung der SVP ist genau sechs Zeilen lang. Man hat die Entscheidung der außerordentlichen Sitzung des SVP-Parteiausschusses am Montag in einem verklausulierten Text versteckt:
 
„Der dritte Absatz des Artikels 36 des Autonomiestatutes sieht ein Schutzrecht für die deutsche Sprachgruppe vor: Die Südtiroler Volkspartei als Autonomiepartei kann und wird auf dieses Recht nicht verzichten. Dies hat der Parteiausschuss bei seiner heutigen Sitzung betont. Um dem Autonomiestatut zu entsprechen, wurde dem Landeshauptmann und dem Parteiobmann der Verhandlungsauftrag gegeben, die Regionalregierung auf sechs Mitglieder zu erweitern. Nach abgeschlossener Verhandlung erfolgt die Nominierung durch die SVP-Fraktion.“
 
Dabei steht hinter den sechs Zeilen der letzte Schritt eines mehr als peinlichen, politischen Eiertanzes. Über fünf Wochen lang hat man unterm Edelweiß gestritten. Es ging dabei angeblich um hehre Werte. In Wirklichkeit aber war das Ganze ein billiger Machtkampf.  
Im Streit ging es nicht um die Sache, sondern ausschließlich um eine Machtdemonstration.  Eine Gruppe unterm Edelweiß, angeführt vom Pusterer Senator und Bezirksobmann Meinhard Durnwalder und von SVP-Obmann Philipp Achammer wollte mit medialer Unterstützung der Athesia, Landeshauptmann Arno Kompatscher einen ordentlichen Dämpfer verpassen. Und zeigen, wer im Land und in der Partei das Sagen hat.
 
Das Spiel ging im ersten Moment auch auf. Kompatscher und seine Unterstützer, wie etwa SVP-Vizeobmann Karl Zeller wurde vom Parteiausschuss zurückgepfiffen.
Bis an diesem Montag wieder alles über den Haufen geworfen wurde.
Der SVP-Parteiausschuss beschloss auf einer Sondersitzung einstimmig (mit einer Enthaltung) genau das, was Kompatscher & Co vor über vier Wochen vorgeschlagen hatten. Plötzlich stehen die Sieger als Verlieren da und umgekehrt.
Diese Pirouetten unterm Edelweiß machen auch deutlich in welchem Zustand sich die SVP fünf Monate nach den Landtagswahlen befindet. „Wir haben uns selbst wehgetan“, fasst ein Mitglied der SVP-Parteileitung diese unrühmliche Geschichte zusammen.
 

Der erste Fehler

 
Am Anfang der Geschichte steht ein peinlicher Fehler.
Monatelang verhandelte und feilschte man unterm Edelweiß um Ämter, Posten und Pfründe. Mitte Jänner stand innerhalb der SVP das gesamte Organigramm der Postenvergabe in Landes- und Regionalregierung, sowie im Landtag und Regionalrat.
Neben Landeshauptmann Arno Kompatscher sollte als ladinischer Vertreter Manfred Vallazza und als einzige Frau, Newcomerin Jasmin Ladurner in die Regionalregierung einziehen.
Dann aber platzte der Plan. Am 18. Jänner 2019 wartete salto.bz mit einer Exklusivnachricht auf. Den renommierten Verwaltungsrechtlern, Autonomieexperten und Anwälten innerhalb der SVP war eine einfache Gleichung nicht aufgefallen.
Die Zusammensetzung der Regionalregierung muss den ethnischen Proporz des Regionalrates widerspiegeln. Bei den Landtagswahlen im Oktober 2018 wurden aber vier deutsche Abgeordnete weniger gewählt als in den beiden Legislaturen zuvor.
Demnach steht bei einer fünfköpfigen Regionalregierung der deutschen Sprachgruppe nur mehr ein Platz in der Region zu (jener von Landeshauptmann Arno Kompatscher). Der zweite Südtiroler Regionalassessor muss ein Italiener sein: Weil es eine Frau braucht, fällt die Wahl damit zwangsläufig auf die Lega-Abgeordnete Rita Mattei.

 

Versenkter Vorschlag

 
Laut Gesetz legt der Regionalrat nach der Wahl des Präsidenten der Region die Zahl der Assessoren fest. Demnach könnte der Regionalrat auch eine Vergrößerung der Regionalregierung beschließen.
Das sollte der Ausweg aus dem Dilemma sein. Der Vorschlag von Arno Kompatscher: Man stockt die Regionalregierung auf insgesamt sechs Mitglieder auf, dann kämen drei Mitglieder aus Südtirol (zwei deutsche und ein ladinischer Abgeordneter) und drei Mitglieder aus dem Trentino.
Mit diesem Vorschlag wäre Jasmin Ladurners Sitz in der Regionalregierung gerettet worden. Zudem wäre das Verhältnis zwischen Südtirol und dem Trentino und zwischen SVP und Lega in der Region ausgeglichen. „Wir werden in der Regionalregierung doch nicht freiwillig in die Minderheit gehen“, argumentierte Karl Zeller für diesen Vorschlag.
 
Eine breite Gruppe in der SVP sah das aber völlig anders. Eine Aufstockung der Regionalregierung würde öffentlich als Aufwertung der Region gesehen. Deshalb dürfe die SVP niemals diesen Weg einschlagen. Bei mehreren Exponenten in der SVP begannen außerdem Eifersüchteleien gegen den Aufstieg Ladurners hoch zu kochen. 
Am 29. Jänner sollte auf einer gemeinsamen Sitzung der Parteileitung und der SVP-Fraktion über die Frage der Aufstockung abgestimmt werden. Weil aber bereits bei einer Vorabsitzung der SVP-Bezirksobmänner die Wogen hochgingen, verzichtete man auf eine Kampfabstimmung.
Man spielte auf Zeitgewinn. „SVP-Leitung spricht sich gegen eine Aufwertung der Region Trentino-Südtirol aus“, hieß es nach der Sitzung. Philipp Achammer und Arno Kompatscher sollten mit den Trentinern verhandeln, wer in die Regionalregierung einziehen wird. Wenig später nahm sich Jasmin Ladurner selbst aus dem Spiel. Die SVP-Abgeordnete zog ihre Kandidatur zurück. Damit war die Aufstockung der Regionalregierung vom Tisch.
Durchgesetzt hatten sich damit Durnwalder & Co gegen den Landeshauptmann.
 

Der zweite Fehler

 
Bis vergangene Woche Fehler Nummer 2 aufgedeckt wurde. Das Autonomiestatut sieht vor, dass es zwei Vizepräsidenten der Region geben muss: Einen deutschen und einen italienischen. Wenn aber nur Arno Kompatscher als Präsident in der Regionalregierung sitzt, kann es keinen deutschen Vizepräsidenten geben.
An diese Autonomiebestimmung hatte anscheinend auch niemand gedacht. Sie hätte den gesamten Streit innerhalb der SVP hinfällig gemacht. Denn damit bleibt nur mehr jene Lösung übrig für die Arno Kompatscher vergeblich gekämpft hatte: Die Aufstockung der Regionalregierung.
 
Am Montag beschloss der SVP-Parteiausschuss genau diese Lösung: Die Regionalregierung soll sechs Mitglieder haben. Jene, die vor vier Wochen noch vor der Aufstockung als eine „inakzeptable Auswertung der Region“ gewarnt hatten, stimmt jetzt plötzlich brav und still dafür. „Es geht nicht anders“, sagt einer der vehementesten Gegner nach der Sitzung zu salto.bz.
Nach dem Fahrplan der SVP soll jetzt entweder Maria Hochgruber Kuenzer oder Waltraud Deeg in die Regionalregierung einziehen. Als Sozialassessorin dürfte Deeg dabei im Vorteil sein. Denn an der Region hängt das gesamte Pensplan-Projekt, das man nicht allein den Trentinern überlassen will. Weil die Amtsentschädigungen nicht kumulierbar sind, entstehen daraus auch keine Mehrkosten.
 

Neue Fronten

 


Dass man innerhalb der SVP so schnell umgeschwenkt hat, hat auch noch einen anderen Hintergrund. In drei Monaten stehen die EU-Wahlen an. Die SVP will im Bündnis mit Forza Italia Herbert Dorfmann wieder nach Brüssel bringen. Innerhalb von Forza Italia wird der Widerstand gegen dieses Bündnis aber immer stärker. Denn es könnte durchaus sein, dass Dorfmann der einzige Gewählte auf dieser gemeinsamen Liste im Wahlkreis Nord-Ost ist. Die Paduaner Forza Italia EU-Abgeordnete Elisabetta Gardini läuft verständlicherweise deshalb dagegen Sturm. Gardini ist eng mit Michaela Biancofiore befreundet.
 
Die Vorgabe von Antonio Tajani, dem Schmied des Bündnisses SVP-FI, ist deshalb klar: Die SVP muss den Trentiner Forza-Italia-Politiker Giorgio Leonardi in die Regionalregierung bringen. Bei sechs Mitgliedern wäre Leonardi neben Maurizio Fugatti und Claudio Cia der dritte Trentiner Assessor.
Gleichzeitig aber tut sich eine neue Front auf. Rita Mattei und die Südtiroler Lega haben am Montag noch einmal bekräftigt, dass sie keineswegs auf ihren Sitz in der Regionalregierung verzichten werden. Deshalb schlägt man eine Aufstockung auf sieben Mitglieder vor.
Damit aber könnte der Hahnenkampf unterm Edelweiß von Neuem beginnen.
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Salto User
Günther Alois … Di., 26.02.2019 - 06:37

SVP, wann wollt ihr endlich anfangen für das Volk zu arbeiten. Habt ihr nichts anderes zu tun als euer Postenschacher tanzen zu lassen? Casino hin-Casino her,was soll das,ihr seid nur noch höchst PEINLICH!!!! Habt ihr vergessen für was ihr leider wieder gewählt wurdet???? Neue Legislatur- und 4 Monate nichts als Streit innerhalb eurer Partei,und passieren tut gar nichts,zumindest nicht positives!

Di., 26.02.2019 - 06:37 Permalink
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Alfonse Zanardi Di., 26.02.2019 - 08:55

Wieder mal gelungene Bauchlandung von Achammer.
Er wirkt zunehmend ferngesteuert von Landesluis II. und wird wohl früher oder später von jenem aus dem Weg geräumt werden.

Di., 26.02.2019 - 08:55 Permalink
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F. T. Di., 26.02.2019 - 09:48

Ich wette der Fuchs aus Völs hat es die ganze Zeit gewusst. So ist es ihm gelungen die beiden Gegner, trotz Athesia Unterstützung, auf dem Bauch landen zu lassen.

Di., 26.02.2019 - 09:48 Permalink
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Marcus A. Di., 26.02.2019 - 11:27

Tatsächlich fragt man sich als steuerzahlender Wähler schön langsam, ob man in der werten Landespolitik auch etwas anderes tut, als Posten zu verteilen.......

Wahrlich ein jämmerliches Bild, was die regierende Politik seit Wochen und Monaten von sich gibt

Di., 26.02.2019 - 11:27 Permalink