Politik | Direkte Demokratie

“Inakzeptabler Rückschritt”

Minister Riccardo Fraccaro kritisiert die SVP und die geplante Streichung des bestätigenden Referendums: “Würde die Glaubwürdigkeit der Institutionen aufs Spiel setzen.”
Riccardo Fraccaro
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Die Verfechter der Direkten Demokratie in Südtirol bekommen unerwartete Unterstützung. Minister Riccardo Fraccaro höchstpersönlich kritisiert die geplante Änderung am Gesetz zur Bürgerbeteiligung. Laut dem im Juli 2018 verabschiedeten und sich seit Dezember in Kraft befindlichen Gesetz können 300 Bürger ein bestätigende Referendum über Landesgesetze, die nicht mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit genehmigt wurden beantragen. Wie berichtet, plant die SVP, diese Möglichkeit der Bürgerbeteiligung wieder abzuschaffen – was die Grünen scharf kritisieren.

Riccardo Fraccaro, seines Zeichens Minister für die Beziehungen zum Parlament und Direkte Demokratie, stimmt in die Kritik mit ein: “Der Vorschlag zur Gesetzesänderung, den die SVP vorgelegt hat, stellt einen inakzeptablen Rückschritt auf dem Weg hin zu mehr Beteiligung dar”, schreibt der Trentiner 5-Sterne-Minister, der vor Kurzem die Vertreter der Initiative für mehr Demokratie in Rom zu Besuch hatte.
Vor allem die Tatsache, dass die SVP nur wenige Monate nach der Verabschiedung und “praktisch am Tag nach den Landtagswahlen” das Gesetz wieder abändern will, stößt Fraccaro sauer auf: “Es liegt auf der Hand – dieses Timing ist zutiefst respektlos den Wählern gegenüber. Die Südtiroler der Möglichkeit berauben, ein bestätigendes Referendum einzuleiten, wäre ein schwerer Schaden für die Ausübung der Direkten Demokratie.”

Weiter schreibt Fraccaro in seiner Stellungnahme: “Die Instrumente der Direkten Demokratie können nicht auf reine Wahlpropaganda reduziert werden, um Stimmen zu fangen und um sich ihrer dann im nächsten Moment zu entledigen.” Den Bürgern die Möglichkeit einräumen, direkt in das politische Leben einbezogen zu werden, sei notwendig um “die Qualität der Gesetzgebung” zu verbessern, so Fraccaro. “Deshalb wünsche ich mir stark, dass die politischen Kräfte” – der Minister meint die SVP – “das soeben in Kraft getretene Gesetz bestätigen, auf jegliche Streichung zu verzichten und damit verhindern, dass die Glaubwürdigkeit der Institutionen aufs Spiel gesetzt wird”.

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F. T. Do., 28.02.2019 - 16:59

Was der Herr Fraccaro wünscht tut nichts zur Debatte. Wenn es ihm nicht passt kann er das Gesetz ja anfechten lassen, vorausgesetzt er findet eine Zustimmung in seinem Chaosbetrieb genannt Regierung. Dass man nicht jedes Gesetz der Meinung von 300 Leuten unterwerfen kann, ohne die parlamentarische Demokratie ad absurdum zu führen, müsste eigentlich jedem einleuten. Aber wann hat den 5 Stelle etwas eingeleuchtet ?

Do., 28.02.2019 - 16:59 Permalink
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Klaus Griesser Mo., 04.03.2019 - 17:34

Eines hat die "Fünf Sterne Bewegung" gut gemacht: die Wertschätzung und Unterstützung der direkten Demokratie durch ein "Ministerium für Beziehungen zum Parlament und für direkte Demokratie". Nun ist "unsere" Landesregierung in die großen Schuhe der gesamtstaatlichen Regierung geschlüpft und ist ein Koalitionsabkommen eingegangen mit der Lega. Was sollen wir Wähler jetzt denken, wenn sofort nach Amtsantritt der neuen Landesregierung die Abschaffung eines in Vorwahlzeiten vom Landtag mehrheitlich verabschiedeten Gesetzes angepackt wird? Was für ein schlechtes Gewissen den Wählern gegenüber muss eine Landesregierung haben, die präventiv Angst hat vor "300 Leuten"?

Mo., 04.03.2019 - 17:34 Permalink