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Was geht mich die EU an?

Junge Südtirolerinnen versuchen, ihre MitbürgerInnen von Europa zu begeistern. Ein Blog, eine Veranstaltung, zwei Empfehlungen.
EU-Grafik
Foto: Oscar Diodoro

Die Wahlbeteiligung bei vergangenen EU-Wahlen war nicht besonders hoch und ist über die Zeit sogar zurückgegangen. In Italien gingen zuletzt noch 60% zur Wahl, in Südtirol nur jede/r Zweite.

Nicht alle wollen das mit einem Achselzucken hinnehmen. Der Blog, den Sie gerade lesen, ist aus der Idee entstanden, dass wir uns mehr Gedanken über die EU und Europa machen sollten. Und ähnlich haben auch die Menschen hinter den zwei Initiativen gedacht, die in diesem Beitrag vorgestellt werden.

 

Petra Malfertheiner* arbeitet an der Eurac am Institut für vergleichende Föderalismusforschung. Sie glaubt, dass sich gerade die jüngeren Generationen der Vorzüge der EU nicht mehr bewusst sind und sie als Selbstverständlichkeit betrachten. „So wie sich Kinder heute kein Leben ohne Internet vorstellen können, oder so wie es für mich unvorstellbar ist, dass mein Opa als Kind kein elektrisches Licht, sondern eben nur Öllaternen und Kerzen hatte.“ Gemeinsam mit ihren KollegInnen hat sie das Eureka! Blog gestartet. Dort kommen verschiedene Stimmen aus der ganzen Welt zu Wort. Mehr dazu, warum man da mal reinschauen sollte, erklärt Petra Malfertheiner weiter unten im Interview.

 

 

Unbefangen Fragen stellen beim EU-Café

Aber vorher noch ein kleiner Veranstaltungshinweis: Bis morgen (10. April!) kann man sich für das EU_café des Club Alpbach Südtirol Alto Adige anmelden. Am Samstag, den 13. April kommen um 15 Uhr vier EU-ExpertInnen ins Centro Trevi in Bozen. Der Gedanke dabei ist, besonders dem jungen Publikum eine Möglichkeit zu geben, zweisprachig, informell und ungezwungen über die EU zu diskutieren, im kleinen Kreis Fragen zu stellen, Kritik anzubringen und die eine oder andere eigene Idee. Gäste sind Matteo Angeli (Journalist und Eventplaner bei einem Europäischen Dialogforum in Straßburg), Elisabeth Alber (Eurac), Stefan Graziadei (Euregio) und Kathrin Rudolf (Europäische Kommission).

Am 26. Mai wird das neue EU-Parlament gewählt. Welche Bedeutung kommt dieser Wahl zu? Was kann ich mit meiner Stimme bewegen? Nach welchem Wahlsystem wird gewählt und weshalb? Wohin bewegt sich die Europäische Gemeinschaft? Wo steht dabei Südtirol? „Das sind nur einige der Fragen, die wir kommenden Samstag stellen möchten. Wir hoffen auf viele neugierige BesucherInnen, die ihre Ansichten in die Diskussion miteinbringen.“, sagt Anna Wolf vom Club Alpbach, die das Event in Kooperation mit dem italienischen Landesjugendbeirat geplant hat.

Mehr Informationen hier und Anmeldung per Email an [email protected]

 

 

Der EU-Blog der Eurac will Mythen aufklären

 

Frau Malfertheiner, warum ein Europa-Blog?

Petra Malfertheiner: Die Idee ist bereits im Oktober entstanden. Da schienen die EU-Wahlen noch in weiter Ferne und der Brexit hat die Titelseiten monopolisiert. Das Thema ist zwar spannend, aber wir haben uns ein bisschen darüber geärgert, dass der Brexit alles andere verdrängt. Die EU ist schließlich so viel mehr als der mögliche Austritt eines Mitgliedsstaates. Gemeinsam mit meiner Kollegin Martina Trettel vom Institut für Vergleichende Föderalismusforschung und dem Wissenschaftsjournalisten und Blogger Martin Angler, die beide auch an Eurac Research arbeiten, haben wir das Konzept erarbeitet, Themen und Blogger gesucht und uns selbst die Frage gestellt, welche Rätsel die EU in unseren Augen in sich birgt. Es soll ein temporärer Blog sein, der uns ein paar Monate lang – vor und nach den Wahlen – begleiten wird.

 

Wer schreibt denn für Sie?

Wir haben unsere Kollegen vom Institut für Vergleichende Föderalismusforschung und von Eurac Research allgemein, aber auch Wissenschaftler aus aller Welt gebeten, sich zu beteiligen, und alle waren begeistert. Jetzt melden sich mehr und mehr internationale Kollegen, die auch mitschreiben möchten. Das sind teilweise PhD-Studenten, aber auch sehr renommierte Professoren. Gerade in diesen Zeiten, in der fake news in den Social Media die Überhand nehmen, kann es nicht schaden, auch jene zu Wort kommen zu lassen, die sich seit Jahren, oft Jahrzehnten mit den Themen der Europäischen Integration, der Demokratie, der Grundrechte… auseinandersetzen, und die einige Mythen der EU aufklären können, aber teilweise auch kritisch auf die EU blicken. Es ist besonders in diesem Moment wichtig, korrekte Informationen über die EU zu vermitteln, damit sich jeder eine informierte Meinung bilden kann.

 

Wir sind immer wieder erstaunt, wie wenig den Leuten einfällt, wenn wir nach dem Einfluss der EU auf ihren Alltag fragen.

 

Was ist Ihr persönlicher Bezug zur EU?

Ich habe wie viele meiner Generation Erasmus gemacht, im europäischen Ausland gearbeitet und studiert. Vor genau zehn Jahren habe ich sechs Monate lang ein Praktikum im Europaparlament in Brüssel absolviert, auch damals fanden übrigens EU-Wahlen statt. Ich habe während des Praktikums Schweden, Spanier, Malteser kennengelernt, habe täglich zwischen fünf verschiedenen Sprachen geswitcht, und hatte das Gefühl, „Europa zu leben“. Erst aus der Distanz habe ich festgestellt, dass ich – mit Ausnahme meiner Vermieterin – kaum Belgier und generell kaum jemanden kennengelernt habe, der nicht im Viertel der EU-Institutionen und Botschaften gearbeitet hat. Genau dieses „abgekapselte“ Dasein wird der EU häufig zum Vorwurf gemacht.

 

Ähnlich wie in der Wissenschaft?

Da würde man zwar nicht von der Blase reden, sondern vom Elfenbeinturm, aber ja, im Kern ist es genau dieses Gefangensein in unseren kleinen „Mikrowelten“, die auf Außenstehende suspekt, gar elitär wirkt. Genau diesem Elfenbeinturm wollen wir mit dem Blog entfliehen, die Blase wollen wir wie einen Luftballon zerplatzen. Eurac Research ist sehr darum bemüht, die wissenschaftlichen Erkenntnisse jedem zugänglich zu machen. Man ist sich nämlich der Verantwortung bewusst, die die Wissenschaftler der Gesellschaft gegenüber haben.

 

Wahrscheinlich sind sich gerade die jüngeren Generationen der Vorzüge der EU nicht mehr bewusst und betrachten sie als Selbstverständlichkeit.

  

An wen richtet sich Ihr Blog? Ihr schreibt ja auf Englisch...

Die Sprachwahl war in der Tat ein Punkt, den wir lange diskutiert haben, aber wir haben uns die Türen offen gehalten. Die ersten Beiträge sind zwar alle auf Englisch, weil wir damit am meisten Leser erreichen. Wahrscheinlich werden aber auch Artikel in anderen Sprachen folgen, etwa Deutsch, Italienisch und Spanisch. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Es soll ein Blog für alle sein, und genau um die Hemmschwelle für die Leser abzubauen, haben wir auch Umfragen mit potentiellen Wählern, so genannte Vox Pops, gemacht, in denen mindestens ein Wähler pro Land zu Wort kommen soll.

 

Was fragt ihr diese Leute?

Zum Beispiel fragen wir nach dem Einfluss der EU auf den Alltag der Befragten. Wir sind immer wieder erstaunt, wie wenig den Leuten dazu einfällt. Einige antworten sogar, dass die EU ihr tägliches Leben gar nicht beeinflussen würde, obwohl diese Leute in einem anderen EU-Land arbeiten. Wahrscheinlich sind sich gerade die jüngeren Generationen der Vorzüge der EU nicht mehr bewusst und betrachten sie als Selbstverständlichkeit, so wie sich Kinder heute kein Leben ohne Internet vorstellen können, oder so wie es für mich unvorstellbar ist, dass mein Opa als Kind kein elektrisches Licht, sondern eben nur Öllaternen und Kerzen hatte. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. Wie schnell sich diese täglichen Gewissheiten aber in ein Gefühl der Unsicherheit verwandeln können, sehen wir am Brexit oder auch an Ungarn, wo die Grundrechte nicht gerade mit Samthandschuhen behandelt werden.

 

Es ist besonders in diesem Moment wichtig, korrekte Informationen über die EU zu vermitteln.

 

Gibt es schon Feedback? Erreichen Sie die Leute auch?

Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Wir sind erst seit wenigen Tagen online, ein überraschendes Nebenergebnis des Blogs haben wir aber schon: Eine unserer Gastbloggerinnen, die an der Universität von Melbourne doziert, will im Mai eine Veranstaltung zu den EU-Wahlen in Melbourne organisieren, weil sie beim Schreiben ihres Beitrages festgestellt hat, wie wenig selbst ihre Unikollegen von der EU wissen.

 

Warum „EUreka!“?

Der Name war eine schwere Geburt, ähnlich wie bei der Namensfindung für ein Kind, an der sich nicht nur die Eltern beteiligen, sondern die ganze erweiterte Familie. Martina, Martin und ich hatten ursprünglich einen anderen Namen, aber dieser hat nicht alle zu 100% überzeugt. Es sollte ein internationaler Name sein, positiv behaftet. Und irgendwann spät nachts kam mir dann der sprichwörtliche Geistesblitz: EUreka! Dass der Name auch an die griechischen Wurzeln Europas und im Klang an Eurac (Research) erinnert, waren dann noch glückliche Nebeneffekte. 

 

Zum Blog: https://blogs.eurac.edu/eu-elections

 

*Petra Malfertheiner hat in Innsbruck, Paris, Rom und Montpellier Translationswissenschaft studiert und u.a. Praktika beim europäischen Online-Magazin Cafébabel sowie im Europäischen Parlament absolviert. Sie war Präsidentin des Clubs Alpbach Südtirol Alto Adige, hat im römischen Senat gearbeitet und ist heute als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Vergleichende Föderalismusforschung an Eurac Research tätig.

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Christian Mair Di., 09.04.2019 - 15:14

Der Bürger hat bei den EU-Wahlen die Wahl.

Dafür gilt es erstens eine tiefgründigere Kritik zuzulassen. Die EU hat Fehler gemacht. Anstatt Wohlstand und Demokratie für alle, ist es bei Datenroaming, Euro und Einstellung der Sommerzeit hängengeblieben. Gerade aus einer europäischen Perspektive funktioniert die EU nicht. Das hat weniger mit Heimatgefühl, als mit dem Entzug der blanken Lebensgrundlagen zu tun. Wie will man mehr Sicherheit vermitteln, wenn in Spanien keine Jobs zur Verfügung stehen, in Griechenland die Pensionen gestrichen werden, um deutsche und französische Banken zu retten und an die Türkei Waffen geliefert werden, um das derzeit wohl wichtigste regionale Identifikationsprojekt, die Revolution von "Rojava", zu zerstören. Wenn man dann noch nachfragt "Wann ging es den Europäern je besser als in der EU?", darf man sich nicht wundern, wenn die Bürger dies als Hohn verstehen.

Merkels Durchhalteparole „Stirbt der Euro, dann stirbt Europa“ macht die Diktatur der vorgegebenen wirtschaftlichen Zwänge allzu deutlich. Die Stimmen an die Heimatschützer sind daher vor allem als Protest zu verstehen. Die Menschen haben den glauben an die leeren Versprechen verloren.

Zweitens:
Teile der Öffentlichkeit und der Menschen verfallen den populistischen Lösungsansätzen, weil es schlicht an Vertrauen in die Politik und Information mangelt. Die Zusammenhänge von Austeritätspolitik, Aussenbilanzdefizit im Binnenmarkt, quantitative easying, unterschiedliche Produktivität, Investorenschutz, Kreditausfallsversicherung, modern monetary theory werden nicht mal ansatzweise von Parlamentariern in nationalen und europäischen Institutionen verstanden.

Drittens:
"Die innovativen Ideen kommen nicht aus den etablierten Parteien" (A. Alemanno): https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-europa-...

-Europäische Republik (U. Guerot)
- green new deal (Y. Varoufakis)
- souverände EU- Versammlung mit Demokratisierungsbudget (T. Piketty)
- Neudefiniton von Geld: Komplementärwährungen als Ergänzung zum Euro (B. Lietaer- Mitbegründer des Euro- https://www.chiemgauer.info/aktuell/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=999&tx_news_p...

Viertens:
Die öffentliche Debatte und die Entscheidung wird nicht mehr in, nationalen oder europäischen, Parlamenten getroffen, sondern beim Abendessen mit Lobbytreibenden, die eine Richtung vorgeben.

Fazit:
Nur über Ihre Taten, kann die EU ein Identifikationsprojekt für die Zukunft Europas werden.

Natürlich gehören da föderal organisierte Städte und Regionen dazu, die lokale Lösungen für Probleme auf ein menschliches Mass zuschneidet. Längst fällige Dinge wie Finanztransaktionssteuer müssen auf der föderalen Ebene endlich umgesetzt werden. Nicht nur für Bildung und Gesundheit, sondern auch für Ernährung und Wohnen muss das Diktat des freien Marktes, komplementär durch Eingriffe der EU gesteuert werden.

Wer leugnet noch, dass uns Klima, Migration, Wirtschaftsstandort u.ä. alle betreffen?

Oder was wollt Ihr?

MAOM?

Di., 09.04.2019 - 15:14 Permalink
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Benno Kusstatscher Di., 09.04.2019 - 17:11

Antwort auf von Christian Mair

MAOAM! Deine Wut auf allzu neoliberale Strukturen finde ich gerechtfertig, aber doch finde ich, dass Deine Analyse etwas am Ziel vorbei führt. Genauso könnte jemand sagen, Italien funktioniert aus italienischer Sicht nicht, weil es Berlusconis und Salvinis hervorbringt und Süditalien von enormer Jugendarbeitslosigkeit geplagt ist.

Die größten Lobby-Einmischungen gab es in letzter Zeit vom europäischen Rat, also von den einzelnen Nationalstaaten. Man denke an Ungarns Veto bei der Afrikakonferenz, oder Deutschlands Veto beim Glysophatverbot. Meine Schlussfolgerung wäre daher nicht "die EU funktioniert nicht", sondern "der Einfluss der Nationalstaaten auf die europäische Demokratie funktioniert leider allzu gut".

Di., 09.04.2019 - 17:11 Permalink
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Frei Erfunden Di., 09.04.2019 - 15:37

Frau Malfertheiner , es ist schön jung zu sein , nett auch von ihren positiven Erfahrungen im europäischen Kontext zu hören.
Leider bedarf es aber einer realistischen Sicht auf das europäische Projekt.
In Ihrem blog sollten doch hauptsächlich Themen zur Sprache kommen, die manchen Euroskeptiker wirklich beschäftigen,
z.B. Lobbyismus (https://lobbypedia.de/wiki/Hauptseite), EU Aussengrenzen vs. Solidarität der Nachbarländer zu Italien, Griechenland und die Troika, Regulierung des Finanzsektors, in unseren Breiten wäre auch ein Statement bezüglich Landwirtschaftsubventionen, Agrarwirtschaft , Milchwirtschaft, Transitverkher, Umweltschutz u.s.w. ein brisantes Thema.
Hab nur kurz reingeschaut , auf den ersten Blick nicht von alledem.
Schwach; und ja , elitär vom elfenbeinernen Eurac-Turm aus gesprochen.

Di., 09.04.2019 - 15:37 Permalink
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Profil für Benutzer Paul Stubenruss
Paul Stubenruss Di., 09.04.2019 - 16:03

Die Heuchelei der EU: Verhängt Sanktionen gegen Russland und vergisst den eigenen Krieg gegen Libyen. Es waren vorwiegend Franzosen und Engländer ,also EU die Libyen ohne UN Mandat kaputt gebombt haben.
Dies nur weil Gaddafi sein Geld aus den französischen Banken abziehen wollte und das hätten die Banken schwierig verkraftet.
Kurz gesagt, wir wollen keine kriegerische EU.

Di., 09.04.2019 - 16:03 Permalink
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Karl Trojer Di., 09.04.2019 - 16:58

Sehr geschätzte Frau Malfertheiner, erstmal vielen Dank für Ihr Engagement und diese Ihre Initiative ! Wenn ich mich der Lügen erinnere, die die Brexit Befürworter vor dem Referendum über die EU verbreitet hatten, dann scheint mir, sind einige der obigen Darlegungen nicht weit davon entfernt. Tragisch war dabei, dass die Jugend sich zu wenig engagiert in dieses Brexit-Referendum eingelassen hat ... so trifft Ihre Initiative den Nagel auf den Kopf ! Gerne möchte ich im folgenden einige Überlegungen zu einer künftigen Europäischen Union/ Föderation darlegen:
Wie sinnvoll ist es, ein „Europa der Staaten“ gegen ein „Europa der Regionen“ auszutauschen ? Was ist eine "Region" ? Ist Südtirol, ist Südtirol-Trentino, ist die Euregio eine "Region" ? Wie kann eine solche "Region" sich gegenüber anderen großräumigeren Regionen wie Bayern, die Lombardei ecc. behaupten ? Wieviele Jahre würde eine Einigung über die Bildung der "Regionen" beanspruchen ? Wäre es nicht sinnvoller, die bestehenden, geschichtlich gewachsenen Strukturen zu nutzen und diese konsequent dem Inhalt "Subsidiarität" zu verpflichten ? Eine Föderation von Regionen würde, meines Erachtens, ein zu schwerfälliges Entscheidungsgremium sein und die dringend erforderliche Weiterentwicklung der EU für geraume Zeit verzögern.
Das Streben nach mehr Autonomie existiert naturgegeben für jede menschliche Gemeinschaft. Dieses Streben kommt auch zum Ausdruck, wenn für ein "Europa der Regionen" plädiert wird. Jedes System (und menschliche Gemeinschaften sind in diesem Sinne "Systeme") bedarf des "Inhalts" und der "Struktur". In den bestehenden Organisationen wie EU, Staat, Region ecc. sind die "Strukturen" zu dominant geworden, sie ersticken den "Inhalt" und dies erzeugt Widerwillen, Ablehnung und Angst. Die Frage ist, wie kann "Selbstbestimmung" und damit Bürgernähe verwirklicht werden ? Ich denke, dass dies vorrangig und am einfachsten durch Klärung des "Inhalts" möglich werden kann. Bei "Autonomie" versteht sich das "Recht auf Selbstentscheidung" als Inhalt. Dafür bietet sich das konsequent von unten nach oben angewandte Prinzip der Subsidiarität als Lösungsweg an: Jede Gemeinschaft, ob Gemeinde, Provinz, Region, Staat oder Europäische Union, sollte befugt sein,selbständig (autonom) über Dinge zu entscheiden, die nur sie betreffen; greift eine solche Entscheidung auch in die Rechte des Umfeldes ein, so entscheidet die nächst übergeordnete Instanz. So sollte meines Erachtens über Inhalte wie Außenpolitik, Verteidigung, Gesundheits-,.Sozial- und Finanzpolitik sowie Klimaschutz übergeordnet mittels Rahmengesetzen von der EU mit Mehrheitsbeschlüssen entschieden werden können, während z.B. Details dazu auf den entsprechenden unteren Ebenen festgelegt werden können. Konsequent betriebene Subsidiarität würde viel Bürgernähe bringen, viel Bürokratie abbauen helfen und Angst vor dem Überrumpelt-werden nehmen. Damit die weiterentwickelte EU effizient und rasch handlungsfähig wird, erscheint es mir sinnvoll eine Föderation jener europäischen Staaten anzustreben, die gewillt sind, obige Inhalte, Mehrheitsbeschlüsse in der EU-Regierung (ohne Vetorecht) und umfassende Kompetenzen für das direkt gewählte Europäische Parlament zu akzeptieren. Dabei sollte das Parlament die EU-Regierung und ihren Präsidenten wählen und die Ministerpräsidenten der Staaten sollten eine Art Senat (Bundesrat) werden. Diese weiterentwickelte EU bedarf einer eigenen Verfassung. [email protected]

Di., 09.04.2019 - 16:58 Permalink