Politik | Preisverleihung

Sheik Abdo – Für Frieden in Syrien

Der heurige Preisträger der Schülerorganisation Operation Daywork heißt Sheik Abdo, ein syrischer Flüchtling im Libanon, der sich als Friedensbotschafter hervorgetan hat.
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Sheik Abdo
Foto: LPA/Operation Daywork

Seit 2011 sind mehr als sechs Millionen Syrer infolge des Bürgerkriegs und der Unterdrückung des Assad-Regimes ins benachbarte Ausland geflohen. 3,5 Millionen allein in die Türkei, aber auch anderthalb Millionen in den kleinen Libanon. Dieses 10.452 km2 große Land (Südtirol: 7.400 km2) hat 6,2 Millionen Einwohner und beherbergt im Verhältnis zur Zahl der eigenen Bevölkerung die meisten Flüchtlinge weltweit. Die 1,5 Millionen syrischen Flüchtling, fast ein Viertel der Bevölkerung des Libanon und mehr als die Hälfte von ihnen Kinder und Jugendliche, müssen schon seit fast 8 Jahren mit äußerst prekären Lebensbedingungen in Flüchtlingslagern und Slums zurechtkommen.

Einer von diesen Flüchtlingen ist Abd Arrahim Hysan, besser bekannt als „Sheik Abdo“, ein Lehrer aus der Stadt Homs. Abdo hatte sich zunächst bemüht, die Opfer der gewaltsamen Repression durch das Assad-Regime zu versorgen, vor allem die vielen Verletzten der Demonstrationen. Zudem versuchte er, zwischen den lokalen Gemeinschaften zu vermitteln und zu schlichten, Friedensinitiativen im Kleinen zu setzen, während das Regime die Gesellschaft gegen die friedlichen Demonstranten aufhetzte. Nach massiver Bedrohung durch den Geheimdienst musste Sheik Abdo die Stadt verlassen und mit seiner Familie fliehen. Seitdem lebte er in einem Flüchtlingscamp in Wadi Khaled an der Grenze zu Syrien, betreute das Camp, organisierte den Schulunterricht, gründete eine kleine Klinik.

Zusammen mit einer Gruppe von Betroffenen wollte er 2015 nicht mehr tatenlos zusehen, wie seine Mitmenschen im Flüchtlingscamp dahinstarben an Krankheiten, die eigentlich heilbar wären. Für Sheik Abdo ist klar, dass die syrischen Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückmüssen, doch die Bedingungen dafür sind bis heute extrem schwierig und unsicher. Mit Unterstützung der NRO Operazione Colomba entwarf er einen Appell, den inzwischen berühmten Friedensappell für Syrien. Darin wird der internationalen Gemeinschaft die Schaffung einer humanitären Zone in Syrien vorgeschlagen, verwaltet ausschließlich von zivilen  und neutralen Schutzbehörden, völlig demilitarisiert, gegründet auf den Prinzipien der Gewaltlosigkeit und des Dialogs. Dieser Appell wurde rasch über den Libanon hinaus bekannt.

Die von Oberschülern und Studentinnen getragene Organisation Operation Daywork hat Sheik Abdo als Friedensbotschafter für Syrien den heurigen Menschenrechtspreis verliehen. Das Preisgeld wird mit Freiwilligenarbeit von hunderten Schülern in diesem Frühjahr erarbeitet. Sheik Abdo wird am kommenden Dienstag, 12.3.2019, 18 Uhr, im Innenhof des Landhauses I in Bozen den Preis entgegennehmen, über sein Schicksal und seine Initiativen für Frieden und Gerechtigkeit in Syrien berichten. Dazu erschienen ist ein hervorragend gestaltetes Informationsheft zum Libanon, zu den syrischen Flüchtlingen und dem Wirken von Sheik Abdo, das von [email protected] bezogen werden kann.

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Franz Hilpold So., 07.04.2019 - 21:27

Thomas Benedikter, den ich ob seines Engagments für die bedrohten Völker und anderer Aktivitäten zum Schutz für die Verlierer dieser Welt sehr schätze, hat mit diesem Artikel auf den Preisträger Sheik Abdo hingewiesen und auf dessen lobenswerten Einsatz für die Flüchtlinge im Libanon. Ich bin aber etwas enttäuscht über die Vereinfachungen in diesem Artikel. Am Bürgerkrieg in Syrien ist demnach allein die Regierung Assad schuld. Vor dem Bürgerkrieg, der im Zusammenhang des Regime-Change - Programms des Westens ins Land getragen worden ist, hatte das Land eine für Nahost-Verhältnisse akzeptable Verwaltung, funktionierende Schulen, eine Sozialpolitik auf einem Niveau,wie sie die Nachbarländer nicht annähernd vorweisen konnten. Auch die Minderheiten, völkischer wie religiöser Art, wurden in Ruhe gelassen. Nun sind die Geheimdienste der Regierungen in jenen Ländern sicherlich keine Musterknaben, weder die syrischen noch die türkischen, die amerikanischen und britischen, schon gar nicht die israelischen.
Es wird in diesem Artikel ausgespart, dass die Leute auch vor den türkischen Luftangriffen, vor dem von den Amis unterstützten Islamischen Staat, vor den Bombardierungen der Israelis (Oh, das darf man vielleicht nicht sagen...) und vor dem Giftgaseinsatz der Briten und der Terrorgruppe Weißhelme (die in der deutschen Presse gar als Hilfsorganisation bezeichnet werden) geflohen sind. Deshalb erscheinen mir die Argumentationen im sonst durchaus begrüßenswerten Artikel etwas einseitig.

So., 07.04.2019 - 21:27 Permalink
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Peter Gasser Mo., 08.04.2019 - 07:56

Antwort auf von Franz Hilpold

über diesen Beitrag nun bin ich sehr überrascht:
(1) „..hatte das Land eine für Nahost-Verhältnisse akzeptable Verwaltung, funktionierende Schulen, eine Sozialpolitik auf einem Niveau,wie sie die Nachbarländer nicht annähernd vorweisen konnten“, nun, das galt für das Hitler-Regime in den Dreißiger-Jahren auch: dies sind keine aufhebenden Elemente gegenüber einer brutalen Diktatur.
(2) „... vor dem von den Amis unterstützten islamischen Staat...“ ist eine Formulierung jenseits der Wirklichkeit;
(3) die Bomben der Israelis trafen ganz gezielt nur Waffenlager der iranischen Revolutionsgarden und der Hisbhalla; ich bin kein Freund des israelischen Staatswesens, aber treffen tun sie chirurgisch präzise, zu gut ist deren Spionage.
(4) „Giftgaseinsatz der Briten“... Sie meinen hier aber nicht, dass die Russen die Briten beschuldigt haben, einen der vielen belegten Giftgaseinsätze INSZENIERT zu haben?
Kann man ruhigen Gewissens eines der brutalsten Regime am Mittelmeer derart verharmlosen?

Mo., 08.04.2019 - 07:56 Permalink
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Peter Gasser Mo., 08.04.2019 - 08:15

Antwort auf von Peter Gasser

Nachtrag:
(5) „Fassbomben“ auf Wohngebiete und ganz gezielt auf Krankenhäuser?
(6) Flächenbombardierungen der RUSSEN? Ja, im Beitrag wurden alle Kriegsparteien aufgezählt, nur nicht die Russen: liegt das daran, dass die Russen nicht vordergründig den „islamischen Staat“ bombardierten, sondern, die normalen „Rebellengebiete“, um sich damit ihren Mittelmeerhafen Tartus zu sichern?

Mo., 08.04.2019 - 08:15 Permalink
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Elisabeth Garber So., 12.05.2019 - 10:09

Antwort auf von Franz Hilpold

@Franz Hilpold => Oh, und wie man das einmal (und immer wieder) sagen sollte...wie radikal und blutig Israels Machthaber gegen die palästinensische Zivilbevölkerung vorgehen, wenn es um ihre machtpolitischen Interessen geht. Von 'chirurgisch präzisen Eingriffen' (cit. PG) kann nicht die Rede sein. Davon lallt vielleicht eine ganz bestimmte westlich-amerikanische Presse. Es gibt genug ausführliche Schwerpunkt-Dokus (zu Palästina u. Jassir Arafat) oder Bücher (z.B. P. Scholl-Latours) zum nahen Osten, die einen wahrhaftigeren Blickwinkel eröffnen als Dalli-Dalli-Reportagen bestimmter Big-Friend-Sender.

So., 12.05.2019 - 10:09 Permalink
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Christian Mair Do., 11.04.2019 - 16:49

Wie wäre es mit einer Städtepartnerschaft mit Kobane?
Und A. Öcalan als Ehrenbürger von Bozen so wie es bereits druch Neapel und Palermo geschehen ist?

Do., 11.04.2019 - 16:49 Permalink