Gesellschaft | Rai Südtirol

Perwangers Osterei

RAI-Südtirol hat die Übertragung der Ostermesse des Bischofs abgesagt, weil die Messe zweisprachig gefeiert wird. Ein Blick in Markus Perwangers Heimatsender.
Es ist für unzählige – vor allem betagte Radiohörer – im ganzen Land ein jährlich wiederkehrender Höhepunkt: Die Ostermesse des Bischofs live im Radio.
Seit vielen Jahren überträgt „RAI Südtirol“ am Ostersonntag um 10 Uhr die Messe aus dem Bozner Dom. Umrahmt vom Bozner Domchor ist es der oberste Südtiroler Hirte, der am Tag der Auferstehung die Predigt an die Kirchengemeinde hält.
Alle Beteiligten waren bis vor wenigen Wochen davon ausgegangen, dass die Tradition auch heuer fortgeführt wird.
Weil man offiziell aus dem Mazziniplatz aber nichts hörte, fragte der Pressesprecher der Diözese Bozen Brixen, Paolo Ferrari, vor einigen Tagen schriftlich beim Koordinator von RAI Südtirol, Markus Perwanger, nach. Die ernüchternde Antwort: Nein, es gibt heuer keine Übertragung aus dem Bozner Dom.
Schaut man sich aber das offizielle Radioprogramm von RAI Südtirol an, so findet sich auch heuer eine Live-Übertragung einer Ostermesse. Sie kommt diesmal aus Nordtirol. RAI Südtirol übernimmt die Heilige Messe aus der Pfarre Fulpmes, die vom ORF Tirol übertragen wird.
Selbst unbedachte Zuhörer müssen sich unweigerlich die Frage stellen, warum man eine Ostermesse aus dem kleinen Ort im Stubaital, 14 Kilometer von Innsbruck entfernt, ohne höhere kirchliche Honoratioren, der Ostermesse des Südtiroler Bischofs aus dem Bozner Dom vorzieht?
Die Antwort auf diese Frage ist gleichermaßen absurd wie beunruhigend.
 
 
Es ist eine bewusste Entscheidung des Koordinators von RAI-Südtirol: Markus Perwanger. Der Grund dafür: Der Festgottesdienst im Bozner Dom ist offiziell die gemeinsame Ostermesse der deutschen und italienischen Pfarrgemeinde und so wie inzwischen in vielen Südtiroler Pfarrgemeinden üblich, gestaltet Bischof Ivo Muser den Gottdienst zweisprachig.
Das ist dann auch der Grund für die Absage der Liveübertragung. Markus Perwanger wünscht keine „doppelsprachigen Gottesdienste“ auf RAI Südtirol mehr.
 

Deutsch, unsere Pflicht

 
Das ist eine haltlose Unterstellung und vollkommener Käse“, dementiert Markus Perwanger diese Nachricht gegenüber salto.bz energisch. Der Koordinator von RAI Südtirol verweist drauf, dass er selbst Mitglied des Pfarrgemeinderates Bozen Dom sei und vor allem von der gesamten Sache erst vor wenigen Tagen durch die Ferrari-Mail erfahren habe. „Für die Koordination der kirchlichen Programme ist Pater Urban Stillhard zuständig und er macht das ausgezeichnet“, sagt Perwanger.
Auch für die Tatsache, dass die Ostermesse aus Nordtirol kommt, liefert Markus Perwanger eine logisch klingende  Erklärung. „Wir haben seit längerem eine Zusammenarbeit mit dem ORF Tirol, periodisch übertragen wir für sie eine Messe aus Südtirol und dann wiederum sie eine aus Nordtirol“, meint der oberste Südtiroler Programmchef. Er gehe davon aus, dass die Übertragung aus Fulpmes eben zufällig auf den Ostersonntag falle.
 
 
Doch Markus Perwangers Versuch die Verantwortung auf Urban Stillhard abzuschieben, hat einen entscheidenden Haken. Salto.bz liegt eine schriftliche Dokumentation vor, in der bereits vor Wochen die Rollen klar geklärt werden: Demnach war es Markus Perwanger, der sich gegen die Übertragung einer zweisprachigen Messe ausgesprochen hat.
Von Salto.bz damit konfrontiert bestätigt Markus Perwanger, dass es mit Urban Stillhard vor längerer Zeit eine Aussprache dazu gegeben habe. „Dabei habe ich die Frage gestellt, ob es sinnvoll für einen deutschsprachigen Radiosender sei, eine Messe zu übertragen, die zur Hälfte auf Italienisch gefeiert wird“, so der RAI-Koordinator.
Die dreisprachige Liturgie im Bozner Dom hat eine lange Tradition. Bereits die Bischöfe Willi Egger und Karl Golser haben wie auch Ivo Muser ganz bewusst dreisprachige Ostermessen gefeiert. Jahrzehntelang wurden sie anstandslos vom „Sender Bozen“ im Radio übertragen. Markus Perwanger: „Wir mussten dann die italienischen Teile übersetzen“.
Wir als Rai Südtirol sind verpflichtet unsere Zuhörer und Zuschauer auf Deutsch zu bedienen. 
Markus Perwanger
Auf die Frage pb man den Hörerinnen und Hören im Jahr 2019 nicht genauso wie der Kirchengemeinde eine zweisprachige Ostermesse zumuten kann, wird der Koordinator formal: „Wir als Rai Südtirol sind verpflichtet unsere Zuhörer und Zuschauer auf Deutsch zu bedienen“.
Es ist die Weltanschauung und das Mantra des Markus Perwanger.
 

Sender Ein Tirol

 
Der langjährige Athesia-Journalist, Tagesschau-Moderator und Chefredakteur des „Sender Bozen“ hat in seinen bisher 13 Jahren als RAI-Koordinator beharrlich daran gearbeitet den Sender Bozen umzubauen. Seine Vorgänger Franz von Walther und Rudi Gamper hatten mit viel Energie und wenig Geld den „Sender Bozen“ zu einem einem polyglotten, modernen Regionalsender entwickelt.
Markus Perwanger hat bewusst das Rad der Zeit zurückgedreht und „RAI Südtirol“ immer mehr zu einem eindimensionalen Heimatsender gemacht.
Alle Versuche so wie andere Minderheitensender auch mehrsprachige Programme anzubieten, die mit der heutigen Technik problemlos möglich wären, wurden im Keim erstickt. Das Radio- und Fernsehprogramm fokussiert auf Heimat und Land und Leute. Vereinsporträts. Musikkapellen und Tradition beherrschen heute das Fernsehprogramm. Einige erfolgreiche Sendungen aus der Vergangenheit konnten sich halten. Neu aufgebaut wurde wenig.
Wichtigstes Merkmal: Es muss überall Südtirol drinnen stehen. Ganz gleich um was es geht. Südtirols Filmmacher können eine Lied davon singen.
Dabei gehört das Wachen über das Deutschtum zu einer der Lieblingsaufgaben des RAI-Koordinators. So setzte er nicht nur durch, dass im Radio mehr deutsche Lieder gespielt werden und die italienischen Songs deutlich gekürzt wurden. Markus Perwanger greift auch schon mal direkt ein.
 
 
Vor einigen Monaten gebrauchte eine Radio-Moderatorin am späten Vormittag des Wort "Antipasto". Von einem Dolomitenredakteur telefonisch alarmiert, verschickte Markus Perwanger umgehend eine schriftliche Dienstanweisung, dass das nicht gehe.
Vor diesem Hintergrund wird auch die Affäre um die Ostermesse des Bischofs verständlicher. Auch in der Diözese ist das Ganze inzwischen Gesprächsthema. „Sollte das so stimmen, dann bin ich sehr, sehr verwundert“, sagt Generalvikar Eugen Runggaldier zu salto.bz.
Runggaldier: „Mehrsprachige Messen sind bei uns seit langem Tradition und wir gehen davon aus, dass sie jedem Südtiroler und jeder Südtirolerin zuzumuten sind“.
Doch das sehen anscheinend nicht alle so.
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Karl Trojer Mi., 17.04.2019 - 08:01

Ein wesentliches Merkmal der heutigen Südtirol-Autonomie ist die Vielgestalt dieses Lebensraumes. Wenn wir deutschsprachigen Südtiroler den Frieden erhalten und festigen wollen, dass müssen wir Begegnung mit italienisch-, ladinisch- und anderssprachigen Südtirolern leben. In diesem Sinne ersuche ich den Chefredakteur der RAI, die mehrsprachige Ostermesse aus dem Bozner Dom am Ostersonntag wieder ins Programm aufzunehmen.

Mi., 17.04.2019 - 08:01 Permalink
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Franz Waldner Mi., 17.04.2019 - 21:20

„Wir als Rai Südtirol sind verpflichtet unsere Zuhörer und Zuschauer auf Deutsch zu bedienen“. Papst Paul dem VI. sei gedankt, sonst müsste RAI Südtirol ja immer noch die rein "lateinische Liturgie" senden, auch aus Österreich.

Mi., 17.04.2019 - 21:20 Permalink
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Emil George Ciuffo So., 21.04.2019 - 11:17

Die üblichen Ewiggestrigen, die nach wie vor in Südtirol das Sagen haben ...

Sich tagein tagaus mit solchen Fanatikern abgeben zu müssen, denen jeder gesunde Menschenverstand abhanden gekommen ist, ist für eine moderne, offene Gesellschaft einfach nur unwürdig und schädlich.
Anstatt ihre Energien in sinnvollere Dinge zu investieren, sind die Südtiroler 24*7 in Geiselhaft solch geistig eingeschränkter Fanatiker. Das ist kein normales würdiges Leben!

So., 21.04.2019 - 11:17 Permalink
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Profil für Benutzer kurt duschek
kurt duschek So., 21.04.2019 - 11:43

....lieber Markus Perwanger, ich finde es gut, dass ein Fehler eingestanden wurde! Somit wurde etwas korrigiert, das man ansonsten als Spitze von kleinkariertem Denken bezeichnen könnte. Bitte dabei nicht vergessen: diese realitätsfernen Entscheidungen werden von hochbezahlten Führungspersönlichkeiten eines öffentlich rechtlichen Unternehmens wie die RAI getroffen. Peinlich!

So., 21.04.2019 - 11:43 Permalink