Politik | SVP/Forza Italia

Premstallers „Gegendarstellung“

SVP-Landessekretär Stefan Premstaller hat uns folgende Stellungnahme zum Kommentar „SVMussolini“ zukommen lassen.
Stefan Premstaller
Foto: JG
Wir sind uns natürlich dessen bewusst, dass es sich beim genannten Beitrag um einen Kommentar des Herrn Franceschini gehandelt hat, wobei das Ziel dieses journalistischen Instruments in der Vermittlung einer persönlichen Meinung und nicht einer Information besteht. Der Beitrag beinhaltet jedoch eine derartige Vielzahl an Ungenauigkeiten und Fehlern, die weit über einen Kommentarbeitrag hinausgehen, sodass ich um folgende Gegendarstellung ersuche: 
Bereits das Titelbild soll dem Leser eine bisherige Zusammenarbeit bzw. ein Näheverhältnis zwischen der Abgeordneten Alessandra Mussolini und dem SVP-Abgeordneten Herbert Dorfmann vermitteln. Es sei in diesem Zusammenhang vorausgeschickt, dass sich Herbert Dorfmann nicht erinnert, jemals an einer Veranstaltung von Forza Italia teilgenommen und schon gar nicht neben Alessandra Mussolini gesessen zu haben. Bei diesem Foto handelt es sich um eine Fotomontage. 
Der Untertitel, den Herr Franceschini formuliert hat, entspricht nicht der Wahrheit: Herbert Dorfmann und Alessandra Mussolini befinden sich nicht auf einer gemeinsamen Liste. Die SVP tritt bei den Europawahlen – so wie in der SVP-Presseaussendung beschrieben – als einzige deutschsprachige Partei in Südtirol mit einer eigenen Liste im Wahlkreis NordOst an. Alessandra Mussolini stellt sich im Wahlkreis Mitte auf der Liste von Forza Italia der Wiederwahl. Herbert Dorfmann und die übrigen fünf KandidatInnen auf der SVP Liste kandidieren daher nicht an der Seite von Alessandra Mussolini für das EU Parlament. 
Die Anschuldigung des Herrn Franceschini, wonach sich der Unterfertigte Stefan Premstaller das Wahlgesetz besser durchlesen sollte, wird an dieser Stelle zurückgewiesen. Angesichts der vielen Ungenauigkeiten im genannten Kommentar stellt sich vielmehr die Frage zur Qualität der Recherche des schreibenden Journalisten. 
Zum Ersten ist die Beschreibung der Anzahl der zu vergebenen Mandate nur sehr oberflächlich bzw. würde nur dann stimmen, wenn sich Großbritannien nicht an der Wahl beteiligen würde, wonach es derzeit nicht ausschaut. 
 
 
Es sei in diesem Zusammenhang vorausgeschickt, dass sich Herbert Dorfmann nicht erinnert, jemals an einer Veranstaltung von Forza Italia teilgenommen und schon gar nicht neben Alessandra Mussolini gesessen zu haben. Bei diesem Foto handelt es sich um eine Fotomontage. 
Zum Zweiten hat die SVP in dieser Form nie behauptet, dass ein Südtiroler oder eine Südtirolerin den Sprung in das Europaparlament nicht auch ohne Listenverbindung schaffen kann. Dafür gibt es, wie richtigerweise im Kommentar wiedergegeben, genügend Beispiele. Um dies zu erreichen, müsste der SVP-Kandidat aber einerseits auf einer Liste kandidieren, welche die Wahlhürde von 4% gesamtstaatlich überschreitet und müsste andererseits auf dieser Liste die notwendigen Vorzugsstimmen erreichen, um gewählt zu werden. Dies würde konkret bedeuten, dass Herbert Dorfmann tatsächlich auf der Liste und mit dem Listenzeichen einer gesamtstaatlichen Partei auf dem Wahlzettel aufscheinen würde.
Wäre es also, um bei der Wortwahl des Journalisten Christoph Franceschini zu bleiben, der kleinere „Sündenfall“, wenn Herbert Dorfmann auf der Liste von „Lega“, „Forza Italia“ oder einer anderen gesamtstaatlichen Partei kandidieren würde, so wie es übrigens andere deutschsprachige Kandidaten tun? 
Es stimmt darüber hinaus überhaupt nicht, dass das Wahlgesetz auf die SVP zusammengezimmert ist. Auch hier entspricht der Beitrag nicht der Richtigkeit: Kein Kandidat muss zwangsläufig die 50.000 Vorzugsstimmen erreichen, um in das Europaparlament gewählt zu werden. Die Vorzugsstimmenergebnisse der verbundenen Listen werden vielmehr in einer gemeinsamen Reihung zusammengeführt und anschließend werden dieser Reihung entsprechend die Sitze vergeben. Der Passus betreffend die 50.000 Stimmen stellt lediglich eine Art Fallschirm bzw. eine Garantie zur Vertretung der Minderheiten dar, der nur dann greift, wenn es der Kandidat der verbundenen Minderheitenliste nicht aus eigener Kraft geschafft hätte. In diesem Fall erhält der bestgereihte Vertreter der Minderheitenliste den letzten zu vergebenen Sitz der Listenverbindung, wenn er mehr als 50.000 Stimmen sammeln konnte. 
Um das komplizierte Wahlgesetz an Hand von realen Zahlen darzustellen, listen wir folgende Beispiele auf: Pius Leitner erreichte im Jahr 2014 auf der Liste der Lega 6.848 Stimmen. Hätte er rund 14.000 Vorzugstimmen erreicht, ganz gleich, ob auf der Liste der Lega oder auf einer mit der Lega verbundenen Liste, wäre er inzwischen in das Europäische Parlament nachgerückt. Oder ein anderes Beispiel: Hätte Oktavia Brugger 2014 auf einer verbundenen Liste und mit dem Listenzeichen der Grünen kandidiert, hätte sie mit ihren 20.446 Vorzugsstimmen das Mandat erreicht, wenn die „Liste Tsipras“ im Wahlkreis ein Mandat erreicht hätte. 
 
Der Passus betreffend die 50.000 Stimmen stellt lediglich eine Art Fallschirm bzw. eine Garantie zur Vertretung der Minderheiten dar, der nur dann greift, wenn es der Kandidat der verbundenen Minderheitenliste nicht aus eigener Kraft geschafft hätte.
Falsch ist auch die wiedergegebene Anzahl von Stimmen. Die SVP erreichte im Jahr 2014 nicht 91.736 Stimmen, sondern 138.037 Stimmen. Herbert Dorfmann erreichte 94.191 Vorzugstimmen, also mehr Vorzugsstimmen als Herr Franceschini der SVP insgesamt Listenstimmen zugeschrieben hat.
Falsch ist auch, dass Herbert Dorfmann 2014 Konsequenzen aus dem Einzug von Alessandra Mussolini in das Europäische Parlament gezogen hat. Seit 2009 bildet er gemeinsam mit den Abgeordneten des UDC eine Delegation, 2014 kamen auch die Abgeordneten des NCD dazu. Herbert Dorfmann war nie Mitglied einer gemeinsamen Delegation mit Forza Italia. Das hat Herbert Dorfmann im Jahr 2014 auch unterstrichen, sobald er gefragt wurde, warum er Teil einer Delegation ist, in der auch Alessandra Mussolini sitzt. Die SVP-Abgeordneten im Europäischen Parlament waren über Jahrzehnte auch kooptierte Mitglieder der CSU- Delegation, so auch Herbert Dorfmann von 2009 bis 2014. Herbert Dorfmann hat aus eigenen Stücken im Jahr 2014 die Einladung der ÖVP-Delegation angenommen, dort kooptiertes Mitglied zu werden, blieb aber selbstverständlich gleichzeitig Mitglied der Delegation SVP-UDC-NCD. Er war und ist dort übrigens seit 2014 stellvertretender Delegationsleiter. Mit dem Übertritt zur ÖVP wollte die SVP ein klares Signal setzen, dass der SVP auch auf europäischer Ebene die Europaregion Tirol ein großes Anliegen ist. 
 
 
Der letzte Satz im Kommentar kann natürlich der Meinung des Herrn Franceschini entsprechen, muss einem jedoch in jedem Fall zu denken geben. Unabhängig davon, dass der FC Südtirol nicht Mitglied der FIFA ist und somit dieser Vergleich mehr als nur hinkt, ist aus Sicht der Südtiroler Volkspartei die Vertretung Südtirols in Brüssel und Straßburg von enormer Bedeutung. Dies auch dann, wenn diese Vertretung lediglich durch einen Abgeordneten gegeben ist. Zu glauben, dass es aus Südtiroler Sicht keinen Unterschied macht, vertreten oder nicht vertreten zu sein, stellt aus unserer Sicht eine sehr kurzsichtige Ansicht dar. 
Auf Grundlage der Argumentation von Herrn Franceschini müsste man in der Folge dann auch zum Schluss kommen, dass es keinen Unterschied macht, ob die Südtirolerinnen und Südtiroler zur Wahl gehen sollen oder nicht, denn am Ende macht die Südtiroler Bevölkerung auch nicht mal 1 Prozent der europäischen Bevölkerung aus. Was würde es dann also schon ausmachen, wenn sich unser Land nicht an der Wahl beteiligen würde. Wir als Südtiroler Volkspartei vertreten einen anderen demokratiepolitischen Ansatz: Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass die Südtirolerinnen und Südtiroler zur Wahl gehen und in Brüssel und Straßburg vertreten sind! 

Stefan Premstaller, SVP-Landessekretär
 

Kurze Anmerkung

 
Es erübrigt sich eigentlich dieser Stellungnahme noch etwas zu entgegnen. Ich erlaube mir nur zwei Bemerkung.
Zugeschnittenes Wahlgesetz: Matthias Scantamburlo und Günther Pallaver schreiben in ihrem Buchbeitrag "Europäisierungsprozess und Südtiroler Volkspartei. Die EU-Wahlen 1979–2014" (2015): "Das italienische Wahlgesetz von 1979 zum Europäischen Parlament sieht für ethnische Minderheiten im Rahmen des geltenden Verhältniswahlsystems eine Ausnahmeregelung vor: Wer eine Liste zu den EU-Wahlen einreicht, muss diese von 30.000 bis 35.000 Wahlberechtigten unterschreiben lassen (Art. 12). Davon ausgenommen sind jene Parteien, die in der Legislaturperiode, in der die Wahl zum Europäischen Parlament stattfindet, in mindestens einem der beiden Häuser des italienischen Parlaments eine eigene Fraktion bilden, oder zumindest mit einem politischen Vertreter in einem der beiden Häuser oder im Europäischen Parlament vertreten sind (Art.12). Bereits diese Eingangshürde bringt der SVP einen Startvorteil, da sie im Gegensatz zu den anderen ethnoregionalen Parteien Südtirols im römischen wie auch im europäischen Parlament vertreten ist.
Stefan Premstraller behauptet, dass die von mir wiedergegebene Anzahl der SVP-Stimmen falsch sei. Die SVP erreichte im Jahr 2014 nicht 91.736 Stimmen, sondern 138.037 Stimmen. Das stimmt wenn man den gesamten Wahlkreis Nord-Ost hernimmt. In Südtirol waren es 91.736 Stimmen. Was der SVP-Landessekretär aber nicht sagt: Die SVP hatte damals – wie auch heute - mit der Trentiner PATT-Funktionärin Lorena Torresani und Tanja Peric von der slowenischen Minderheitenpartei Slovenska Skupnost auch zwei Kandidatinnen zweier verbündeter Schwesterparteien auf ihre EU-Liste.
Könnte es sein, dass der Großteil der über 47.000 Stimmen, die die SVP bei den EU—Wahlen 2014 außerhalb Südtirols sammeln konnte damit für den PATT oder Slovenska Skupnost abgegeben wurden?
 
Christoph Franceschini
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kurt duschek Di., 23.04.2019 - 16:58

....wieso eigentlich so krampfhaft Fakten verleugnen ! Frau Mussolini kommt aus einer faschistisch vorbelastet Familie, sie ist eine wichtige Stimmen der Partei Forza Italia von Berlusconi, die SVP geht ein Zweckbündnis mit dieser Partei für die EU-Wahlen ein und somit ist Bericht, der diese "Nähe" von SVP / Forza Italia / Mussolini hervorhebt, sicher nicht übertrieben oder gar falsch.

Di., 23.04.2019 - 16:58 Permalink
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Richter Peter Di., 23.04.2019 - 17:44

Antwort auf von Günther Alois …

Mamma mia. Die verkaufen Äpfel für Birnen. Man koaliert mit der ultrarechten, nationalistischen Lega. Man kandidiert mit den Nachfahren Mussolinis, die dessen "Erbe" gutheißen. Und man schwafelt gleichzeitig von Werten und einem offenen Europa. Dabei sollte sich die SVP einfach nur schämen. Die SVP ist gar nichts mehr außer ein Verein, dessen einziges Ziel der Machterhalt um jeden Preis ist. Meine Großeltern drehen sich im Grabe um. So eine unverschämte Bande!

Di., 23.04.2019 - 17:44 Permalink
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Hans Hanser Mi., 24.04.2019 - 17:15

Antwort auf von Günther Alois …

Am morgigen 25. April feiert Italien den Tag der Befreiung vom Faschismus. Den letzthin notierten Rechtsruck der Südtiroler Sammelpartei, Allianzen mit Parteien einzugehen, die sich offen zu den "Wohltaten des Faschismus" bekennen und die gesamte Epoche schönreden bzw. Elemente davon herbeisehnen (neuerdings Neu-Militarisierung von jungen Bürgern), gutzuheißen, ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Kinder und Kindeskinder, die unter der faschistischen Diktatur nahezu ihre Existenz und/oder ihr Leben verloren haben bzw. heute noch darunter leiden, nein, es ist auch der absolut falsche Fingerzeig in Richtung der neuen, zukünftiger Südtiroler Generationen.
Damit zeigt man diesen, dass einem die Gier nach Geld und Macht das vergessen lässt, was einzelne noch lebende Personen wahrhaft bezeugen können. Nämlich das Ziel die Unterjochung Südtirols und der deutschsprachigen Bevölkerung voranzutreiben und dem "zurückgebliebenen Randgebiet der Zivilisation" die Überlegenheit des italienischen Volkes zu demonstrieren.
Es ist mehr als schade, dass sich ein junger Südtiroler (Partei)Soldat aufmacht Südtirol vom Bock zum Gärtner zu machen und den Erzfeinden zur Erweiterung, ja Gutheißung ihrer Macht verhilft. Seine verwinkelten juristischen Spitzfindigkeiten verschlimmern dies sogar noch.
In einem Monat stellt sich dem Südtiroler die Gretchenfrage. Fraglich, ob seine Gier nach größeren Fördertöpfen und sein blindes Gehorsam oder aber die Vernunft siegt. Ich glaube ersteres, da das Zweite nur vereinzelt und nicht im Kollektiv entwickelt ist.

Mi., 24.04.2019 - 17:15 Permalink
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Elisabeth Garber Di., 23.04.2019 - 18:52

Die "Gegendarstellung" war und ist enorm wichtig, denn man wäre mit ausgewischten Augen nie drauf gekommen, dass das Nebeneinander von Muss. und Dorf. eine Photomontage ist!
(Achtung: Ironie)

Di., 23.04.2019 - 18:52 Permalink
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Marcus A. Di., 23.04.2019 - 20:16

Jegliche direkte oder auch nur ansatzweise indirekte Unterstützung von Kandidaten mit faschistischem Gedankengut ist für einen Südtiroler Politiker mit Moral und Geschichtsbewusstsein ein no-go. Punkt, fertig.

Die ganzen Zahlen und Listen-Feinheiten ändern nichts an dieser Tatsache, sondern lenken nur vom Wesentlichen ab.
Wer Moral und Werte derart leichtfertig aufs Spiel setzt, wird früher oder später keine mehr haben.
Die SVP ist mit diesem direkt-indirekt-theoretischem-Nicht-Listenbündnis oder was auch immer, auf dem bestem Wege, den Faschismus in Südtirol hoffähig zu machen. Eiin bisschen schwanger gibt es nicht.
Ein Wahnsinn. Kann man die Geschichte so schnell vergessen?

Selber werde bei den EU-Wahlen niemals jemanden wählen, welcher direkt oder auch nur ansatzweise indirekt mit Kandidaten mit faschistischem Gedankengut in Verbindung gebracht wird.

Wen ich somit diesmal meine Stimme nicht geben kann, dürfte logisch sein.

Di., 23.04.2019 - 20:16 Permalink
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Profil für Benutzer pérvasion
pérvasion Di., 23.04.2019 - 20:34

Premstaller war ja auch der, der klar für eine Koalition mit der Lega und gleichzeitig für eine Abgrenzung von Salvini war. *ROFL

Di., 23.04.2019 - 20:34 Permalink
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Profil für Benutzer F. T.
F. T. Mi., 24.04.2019 - 10:29

Der Bauernlobby, die die SVP kommandiert, ist es total egal mit wem da gepaktelt wird. Hauptsache ihre Leute sorgen dafür, dass der Beitragstrog immer gut gefüllt ist, und dass es ja nicht jemand einfällt die Bauern, wie alle anderen Bürger, zum Steuerzahlen zu zwingen.

Mi., 24.04.2019 - 10:29 Permalink