Chronik | Alpinismus

Leben für die Berge

Drei persönliche Nachrufe auf die in Kanada ums Leben gekommenen Ausnahmealpinisten: David Lama, Hansjörg Auer und Jess Roskelley.
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Foto: Manuel Ferrigato
Seit dem Ostersonntag ist es traurige Gewissheit: David Lama, Hansjörg Auer und Jess Roskelley sind tot.
Die Leichen der drei bei einem Lawinenunglück im Westen Kanadas ums Leben gekommenen Spitzen-Alpinisten, die seit Dienstag vermisst wurden, sind am Sonntag gefunden worden. Das teilte die kanadische Nationalparkbehörde mit.
Die drei Ausnahme-Alpinisten waren beim Versuch verunglückt den Gipfel des 3.295 Meter hohen Berges Howse Peak im Nationalpark Banff in der Provinz Alberta zu besteigen.
Die beiden Nordtiroler Ausnahmealpinisten David Lama und Hansjörg Auer waren auch in Südtirol immer wieder zu Gast. Salto.bz bringt drei kurze Nachrufe auf die drei verstorbenen Bergsteiger.
 

Claudia & Rinzi Lama  

 
"David lebte für die Berge und seine Leidenschaft für das Klettern und Bergsteigen hat uns als Familie geprägt und begleitet. Er folgte stets seinem Weg und lebte seinen Traum. Das nun Geschehene werden wir als Teil davon akzeptieren.
 
 
Wir bitten David mit seiner Lebensfreude, seiner Tatkräftigkeit und mit Blick Richtung seiner geliebten Berge in Erinnerung zu behalten. 
 
Wir bedanken uns für die zahlreichen positiven Worte und Gedanken von nah und fern, und bitten um Verständnis, dass es keine weitere Stellungnahme von uns geben wird. Vielmehr bitten wir David mit seiner Lebensfreude, seiner Tatkräftigkeit und mit Blick Richtung seiner geliebten Berge in Erinnerung zu behalten. 
Die Familien von Hansjörg und Jess schließen wir in unsere Gedanken ein."
 

Hanspeter Eisendle

 
"Es tut mir sehr leid um die wirklich netten Burschen. Sehr schade. Sie haben die Balance gefunden zwischen ihrem exzellenten privaten Tun und medialer Präsenz. Jeder Mensch weiß zwar theoretisch (nicht nur Alpinisten), dass sein Leben mit dem Tod endet, aber keiner weiß wann. Darin liegt die Kostbarkeit unserer Tage!
Hansjörg und David haben ihre Tage jedenfalls gefüllt mit ihren herausragenden Fähigkeiten, egal wie man zum Alpinismus steht. Dass es nichts aufzuschieben gibt, haben sie uns mit ihrem frühen Weggehen gezeigt. Was bleibt, ist die ohnmächtige Trauer der ihnen nahen Menschen und eine große Fülle von leidenschaftlichen alpinistischen Aktionen, vor denen vor allem die "Szene" den Hut zieht.  Medienstars hin oder her. 
 
 
Hansjörg und David haben ihre Tage jedenfalls gefüllt mit ihren herausragenden Fähigkeiten. Dass es nichts aufzuschieben gibt, haben sie uns mit ihrem frühen Weggehen gezeigt.
Zu meiner persönlichen Trauer (ich kannte und schätzte nur die beiden Tiroler) mischt sich die Frage, wer jetzt wohl von den Jungen in Zukunft dem Bergsteigen Würde und inhaltlich öffentliches Interesse verleihen wird?
Diese herauszufinden ist auch ein Teil eurer vielen journalistischen Aufgaben."
 

Reinhold Messner

 
"Alle drei sind sozusagen im Triumvirat die Spitze des Alpinismus gewesen. Es gibt vielleicht insgesamt zehn Bergsteiger auf der Welt, die auf der gleichen Stufe, auf der gleichen Wellenlänge – wie die drei – traditionellen Alpinismus betreiben.
Man muss dazu sagen: Der traditionelle Alpinismus ist im Sich-Verlieren. Und das sind die letzten Stars, die wirklich am Ende der Welt in höchster Schwierigkeit unter großen Gefahren und Ausgesetztheit ihre Touren machen.
 
 
David Lama war ein absoluter Spezialist im Klettern. Er war der absolut beste Kletterer. Hansjörg Auer war ein Spezialist in allen Geländen. Sei es im Fels- wie auch im Eisklettern. Er war einer, der auch die große Höhe liebte. Er hat Erstbegegnungen solo auf Siebentausender gemacht. Jess Roskelley war der Sohn von John Roskelley, den ich sehr gut kenne und der zwischen 1976 und 1986 der beste amerikanische Höhenbergsteiger war.
Hansjörg Auer kenne ich von den dreien am besten. Auch seine Familie. Der Hansjörg hat in meinem Film „Still Alive“ die Hauptrolle gespielt. Wenn man wissen will, wie dieser Mann getickt hat, dann brauch man sich nur diesen Film anzuschauen. Ich sage es ganz offen: Er ist mein Liebling unter diesen dreien.
 
 
Denn das jemand heute noch in jede Sparte, im Felsklettern, im Eis oder auch in der Halle, in großer Höhe, im brüchigen Fels absolute Spitze ist, das ist ein Einmaligkeit. Früher war das einfacher, weil das Level niedrig war. Heute aber gibt es fast nur mehr Spezialisten.
Alle drei waren typische Allround-Bergsteiger, traditionelle Alpinisten, die dort hin gegangen sind, wo die anderen nicht sind. Dort wo es große Gefahren und Schwierigkeiten gibt, um aber zu Überleben. Es gab immer einige im Alpinismus, die versucht haben, das Unmögliche der Väter, möglich zu machen. Die drei waren so. Auch wir haben gesagt: Der Cerro Torre ist frei nicht kletterbar. David Lama hat ihn dann frei geklettert.
Von den absoluten Spitzenleuten in der Alpingeschichte überlebt genau die Hälfte. Die anderen sterben. Das heißt es ist am Ende eine reine Glücksache. Das ist keine Frage von Erfahrung oder Können.
Leider beweist dieses Unglück wieder einmal eine ganz einfache und traurige mathematische Regel: Von den absoluten Spitzenleuten in der Alpingeschichte – so wie es Lama, Auer und Roskelley war – überlebt genau die Hälfte. Die anderen sterben mit 30 oder 35 Jahren.
Das heißt es ist am Ende eine reine Glücksache. Das ist keine Frage von Erfahrung oder Können. Wer am Limit Bergsteigen geht, der muss sich dieser Wahrheit stellen. Deshalb ist diese Art von Bergsteigen nach Außen hin auch nur sehr schwer zu verteidigen. Es ist ein sehr intensives Spiel. Das man aber macht, weil man begeisterst ist und dafür lebt."
 

Fotos: Manuel Ferrigato

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gorgias Di., 23.04.2019 - 08:16

Lasst euch nicht täuschen: Das ist keine Tragödie, sondern eine Farse. Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Denn stell dir vor der Berg ruft und keiner geht hin. Und was sind das für Menschen, die doch hingehen?

Man sollte endlich aufhören dieses Narrentum zu idealisieren. Was Extremsportler hier veranstalten hat kaum was mit Naturliebe zu tun, sondern mit dem Rausch den man in diesen Extremsituationen bekommt. Der ultimative Kick.

Und mit Naturliebe hat das auch wenig zu tun, wie doch so viele romantisieren. Würde ihnen die Natur am Herzen liegen, hätten sie auf Sponsoren und Bergsteigerfilmchen verzichtet, in denen der Aufstieg nachinszeniert wird und am Ende auf das Bergsteigen ganz verzichten, weil es sich dann konsequenterweise auch nicht mehr finanzieren ließ.

Doch man nimmt es in kauf, dass durch diese ganze Maschinerie am Ende Krethi und Plethi bis auf dem höchsten Berg hinauf will. Sogar Lahme und Blinde schrecken davor nicht mehr zurück ( https://metro.co.uk/2015/09/29/nepal-is-banning-disabled-climbers-from-… ) Und jeder der dieses einmalige Erlebnis umbedingt haben will, lässt dabei seinen Müll ( https://www.livescience.com/63061-how-much-trash-mount-everest.html ) und Exkremente ( https://www.thisisinsider.com/mount-everest-poop-problem-2018-8 ) zurück als Präsent für die Nachkommenden.

Berg Heil!

Di., 23.04.2019 - 08:16 Permalink
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gorgias Di., 23.04.2019 - 18:30

Antwort auf von Andreas gugger

Natürlich habe Herz und Liebe und zwar für die armen Berge die zugemüllt und vollgeschissen werden. Das sieht man in diesen PR-Heile-Natur-Bergsteigerfilme natürlich nicht.
Dass diese Typen am Ende für ihre Träume und Passionen das freundliche Gesicht einer Industrie spielen, die fördert dass noch die letzten Flecken unberührte Natur verhunzt werden, gehört auch nicht unterschlagen.
Und scheinheilig braucht man auch nicht sein, denn dass der Tod bei der ganzen Sache eine zentrale Rolle spielt, sowohl bei aktiven, als auch bei den passiven "Bergfreunden" und für den nötigen Nervenkitzel sorgt, ist einfach eine Wahrheit, die man nicht gern hört.
Würde das ganze nicht mit dem Heile-Natur-Idyll aufgeschönt werden, würde man feststellen, dass es sich kaum von der frühen Formel1 unterscheidet. Wie sagte man in den 90zigern: No risk no fun. Und nun hatte der Spaß für einige sein Ende.
Aber keine Angst. Es sind noch genug andere da die weiter machen wollen. The show must go on.

Di., 23.04.2019 - 18:30 Permalink
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Sepp.Bacher Di., 23.04.2019 - 08:47

Wie heißt es so schön in einem Bergsteigerlied: "In meinen stolzen Bergen zu sterben wäre fein"!
Laut R. M. "Von den absoluten Spitzenleuten (...) überlebt genau die Hälfte." Also die Hälfte gönnt sich diesen Luxus! Hinterlassen Witwen und Halbwaisen! Setzen Rettungskräfte der Lebens-Gefahr aus! Verursachen viele Kosten, die nicht sie bezahlen sondern die Allgemeinheit!
Bleibt, um es mit Eisendle zu sagen: "Es tut mir sehr leid um die wirklich netten Burschen. (...)"!

Di., 23.04.2019 - 08:47 Permalink
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Alessandro Stenico Di., 23.04.2019 - 12:11

Dei tre alpinisti scomparsi ho avuto solo occasione di intrattenermi brevemente con David Lama, lo ricordo come persona squisita, tranquilla e serena.
Non comprendo in questa occasione questo immotivato astio surclassato da motivazioni ecologiche dei due precedenti commentatori.
A questo proposito riporto il commento di Simone Moro pubblicato sulla sua pagina FB, che condivido e apprezzo:
Per morire bisogna essere nati e potrebbe bastare già quello.
Ci sono persone però che oltre ad essere nate hanno deciso crescendo che avrebbero vissuto intensamente, speso tutte le loro energie per dare concretezza ai propri sogni e ancor più trasformare la propria passione e quei sogni come obiettivo della propria esistenza e sussistenza.
Costoro hanno cercato e trovato attraverso questa decisone la loro completezza, la loro felicità, l'equilibrio e la ragione per cui valga la pena svegliarsi la mattina e coricarsi stanchi, felici e motivati la sera. Alla felicità raggiunta non si danno spiegazioni. Non esiste un perché alla felicità, quando la si trova ci si sente, pieni, realizzati, forti e grati.
Nessun uomo rinuncerebbe mai alla felicità e nessun alpinista smetterebbe mai di andare in Montagna, in questa oasi di libertà, per far contento chi non capendo ti vorrebbe a casa, spettatore. Ogni scalatore fa sempre di tutto per proteggere il bene prezioso della vita, ogni accortezza è rivolta in primis alla propria incolumità e solo in seconda battuta all'azione. Ma l'uomo fa parte della Natura, non ne è il dominatore e creatore e accetta sin dall'inizio che potrebbero non bastare bravura, esperienza, astuzia e prudenza per annullare i rischi ed evitare anche il peggio. Nessun uomo in nessun angolo del pianeta ed in nessun momento della propria esistenza può annullare i rischi. Possiamo però decidere se esistere solo per vivere o vivere cercando di dare un senso al dono e alla fortuna di essere esistiti.
David Lama, Hansjörg Auer e Jess Roskelley erano tre uomini felici, tre atleti molto forti, tre persone che amavano e proteggevano la loro vita e la loro anima. Erano anche tre amici, tre persone che come me e tanti altri avevano trovato fiducia in se stessi e in persone che aiutavano e aiutano a rendere migliore la nostra vita e il nostro mondo.
Io perdo tre amici, il mondo perde tre protagonisti e mentori di una vita rispettosa, sana e vissuta sempre con il sorriso.
Stavano vivendo a modo loro il cammino della loro esistenza; il viaggio che stavano compiendo assieme si è interrotto là dove nessuno avrebbe potuto sospettare che sarebbe stato chiamato a quell'appuntamento. Piangere la loro scomparsa è umano e doveroso, le lacrime spesso solcano le nostre guance e rinfrescano la nostra anima e la nostra sensibilità. Ma ogni volta che ho perso persone care, amici e colleghi, ho sempre voluto reagire con l'azione, anziché farmi gettare a terra.
La loro passione ed i loro valori sono gli stessi che animano molti di noi vivi e la loro bravura e integrità deve essere il carburante per reagire e farsi carico dei loro insegnamenti. I nostri zaini insomma si devono riempire anche del loro bagaglio umano, narrare di loro deve servire a far vivere ed a agire ancora in modo migliore noi che li abbiamo amati e conosciuti, e che il viaggio della vita lo stiamo ancora vivendo intensamente, proprio come hanno fatto fino a ieri i nostri tre fratelli scomparsi.
Ciao Hansjörg, David e Jess, la vostra scalata continua...

Di., 23.04.2019 - 12:11 Permalink
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Profil für Benutzer Gregor Marini
Gregor Marini Mo., 29.04.2019 - 10:01

Antwort auf von gorgias

Ich muß allem was Gorgias hier schreibt einfach nur zustimmen!
Es gibt sehr viele Leute, welche, wie ich, diese Heuchelei der kollektiven Trauer nur sehr schwer ertragen. Es gibt keinen Grund, diese Extremisten, welche im Übrigen eine Gefahr auch für Andere darstellen, zu idealisieren und sozusagen als bessere Menschen mit einer besonderen Naturnähe und Passion darzustellen. Ja sogar von Kunst wird manchmal geredet ...
Diese Verherrlichung erinnert stark an religiösen Fanatismus.
Natürlich sind dann alle, die dies kritisch sehen und nach wochenlangen Berichten und Interviews, vielleicht auch mal ihre Meinung äußern, herzlos, verstehen nichts davon usw ...
Diese Bergsteiger sind Profis, die genau wissen was sie da tun ... oder etwa doch nicht? Zumindest sollten sie das, denn wer in der heutigen Zeit solche Expeditionen, mit dem Geld und der Unterstützung Anderer, anstrebt, nicht miteinkalkuliert, daß er dabei draufgehen kann, hat in der wilden Natur nichts zu suchen .. und das gilt nicht nur für Bergsteiger!
Ich erwarte mir, daß dies aus öffentlicher Sicht auch dementsprechend gehandhabt wird und man nicht dauernd zwischen den Zeilen eine moralische Erhabenheit dieser Leute herauslesen muß!
Mir ist sehr wohl bewußt, daß diese Unfälle den Medien viel Stoff zum Berichten geben und man diese wohl oder übel ertragen muß, ich bin aber keinesfalls bereit, Bergsteigern, Sportlern im allgemeinen und Urlaubern, welche permanent ihr Leben aufs Spiel setzen, meine Bewunderung auszudrücken!
Reinhold Messner sagt:"Der traditionelle Alpinismus ist im Sich-Verlieren"
Wenn man, wie er, Jahrzehnte lang von der Vermarktung seiner eigenen Person als Alpinismus-As und Ideal-Naturliebhaber profitiert und sich dann als Naturschützer und -Versteher darstellt, erwirkt den Eindruck, er habe von Ursache und Wirkung nicht allzuviel verstanden.
Eine dieser Wirkungen ist die totale Vermüllung der Achttausender.
Oder wollen wir über die Bergpfade mit engefrorenen Leichen als Wegweißern reden?
Jedenfalls ist es bitter nötig diese Parallelwelt in Ausgewogenheit und Objektivität zu sehen und aufzuhören Menschen, die freiwillig den Tod in Kauf nehmen, als besonders wertvoll darzustellen!

Mo., 29.04.2019 - 10:01 Permalink