Gesellschaft | Schulamt

Falsche Selbsteinschätzung

Der Religionsinspektor Christian Alber hat sich anscheinend nicht nur bei den Broschüren für die Schulen verschätzt, sondern auch bei seinen eigenen Sprachkenntnissen.
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Foto: upi
Offizielle Lebensläufe sind zumindest was die Qualifikationen betrifft das Spiegelbild einer Entwicklung nach oben. Es passiert selten, dass jemand in seinem Lebenslauf in Sachen „Persönliche Fähigkeiten und Kompetenzen“ plötzlich einen oder gar zwei Schritte zurück macht.
Christian Alber dürfte auch hier eine Ausnahmeerscheinung sein. Der 48jährige Inspektor für den katholischen Religionsunterricht am Deutsches Schulamt kam vor wenigen Monaten durch eine Broschüre zum Umgang mit muslimischen Schülerinnen und Schülern in den Fokus der Öffentlichkeit. Nachdem die Südtiroler Freiheitlichen auf einer Pressekonferenz den Inhalt des Leitfadens vehement kritisiert hatten, zog Bildungslandesrat Philipp Achammer umgehend die Reißleine und verlangte den Einzug der Broschüre. Zusätzlich wurde bekannt, dass Alber nicht nur den Leitfaden „Muslimische Kinder und Jugendliche in der Schule – Informationen, Orientierungen und Empfehlungen“ von deutschen Institutionen abgekupfert hat, sondern auch eine Handreichung zum Religionsunterricht ohne Quellenangabe einfach übernommen hatte.
 

Inspektor Gottes

 
Salto.bz hatte zwei Monate zuvor unter dem Titel „Inspektor Gottes“ auf den Karriereweg und die besonderes Stellung von Christian Alber hingewiesen.
In der Hierarchie des Schulamtes (heute Landesdirektion deutschsprachige Grund-, Mittel- und Oberschulen) stehen Schulinspektoren und -inspektorinnen gleich neben dem Schulamtsleiter bzw. der Landesschuldirektorin an oberster Stelle. Sie sind für eine Reihe von Arbeitsbereichen und Schlüsselfunktionen zuständig, die von der Durchführung von Inspektionen, der Aufsicht bei Abschlussprüfungen, der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen bis hin zu den Zielvereinbarungs- und Dienstbewertungsgesprächen mit Schulführungskräften reichen. Schulinspektoren werden direkt vom Schulamtsleiter bzw. der Landesschuldirektorin unter den erfahrenen und kompetentesten Schulführungskräften ernannt. Voraussetzung ist, dass die Auserwählten einen Direktorenwettbewerb bestanden haben.
 
 
Seit Jahrzehnten gibt es unter diesen Inspektoren aber eine Art Sonderstellung: Den „Inspektor für den Religionsunterricht“.
Religionslehrer erhalten ihre Stelle bekanntlich nicht wie alle Lehrpersonen der curricularen Fächer über einen öffentlichen Wettbewerb, sondern werden von der Diözese nach Überprüfung ihrer Eignungskriterien (Missio) beauftragt. Nachdem nur Lehrpersonen mit mehrjähriger Lehrtätigkeit als Inhaber eines durch Landeswettbewerb erteilten Lehrstuhls die Zugangsvoraussetzungen für einen Wettbewerb als Schulführungskräfte besitzen, kann ein Religionslehrer deshalb auch nicht Schulführungskraft werden. Vor diesem Hintergrund war die Figur ausschließlich für die Betreuung der Südtiroler Religionslehrer gedacht.
Doch das änderte sich mit Christian Alber. 2007 wurde er von der Diözese als Religionsinspektor ernannt. Zwei Jahre lang durfte er – wie vom Gesetz vorgesehen – ausschließlich die Religionslehrer betreuen. Nachdem die zuständige Koordinatorin im Schulinspektorat in Rente ging, machte der damalige Schulamtsleiter Peter Höllrigl, Christian Alber aber zum normalen Schulinspektor.
Das heißt: Alber wurde wie alle andere Inspektoren eingesetzt. Damit aber entstand eine absurde Situation: Direktoren mussten plötzlich Zielvereinbarungs- und Dienstbewertungsgesprächen mit einem Inspektor durchführen, der eindeutig nicht die Voraussetzungen für diese Aufgabe hatte. Doch darum scherte sich jahrelang niemand. Im Gegenteil: Christian Alber stiegt noch höher auf.
Im September 2016 ernannte der damalige Schulamtsleiter Alber zum Koordinator des Schulinspektorates.
Offiziell wird dieses Amt nicht gesondert honoriert. Der Zufall will es aber, dass das Funktionsgehalt des Religionsinspektors seit Jahren mit dem Koeffizienten 1,5 berechnet wird. Damit verdient er deutlich mehr als andere Schulinspektoren, die vorher Schuldirektoren waren und den Direktorenwettbewerb bestanden haben.
Diese Koordinatoren-Funktion verlor Christian Alber erst im Herbst 2018. Die neue Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner ernannte den Inspektor Werner Sporer zu ihrem Stellvertreter und gleichzeitig auch zum Koordinator des Schulinspektorates.
 

Die Falscherklärung

 
Alle Führungskräfte des Landes müssen jährlich einen Lebenslauf einreichen, den das Land dann in Bereich der transparenten Verwaltung veröffentlichen muss. Nach der Vorlage des Europass-Lebenslaufes handelt es sich dabei um ein offizielles Dokument, das dem Prinzip der Eigenerklärung folgt.
 
 
Im Lebenslauf müssen auch die Sprachkenntnisse angeführt werden. Jahrelang hat Christian Alber dabei Italienischkenntnisse auf C2-Niveau, d. h. auf Muttersprachenniveau angeführt. Dazu Englisch-Kenntnisse auf B1-Niveau. Laut Curriculum handelt es sich dabei um eine „Selbstbeurteilung“.
Nachdem die Tageszeitung in einem Artikel offen diese Sprachkenntnisse auf höchstem EU-Niveau aber anzweifelte, hat Alber jetzt diese Angaben deutlich revidiert. Im offiziellen Lebenslauf, der vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, ist von C2- und B1-Niveau nicht mehr die Rede. Plötzlich heißt es: Italienisch (Zweisprachigkeitsnachweis A) und Englisch (Grundkenntnisse).
 
 
Der Zweisprachigkeitsnachweis A entspricht im europäischen Referenzrahmen aber einem C1-Niveau und Grundkenntnisse in Englisch höchstens einem A2-Niveau.
Demnach hat Christian Alber jahrelang eine Falscherklärung abgegeben.
Weil der europäische Referenzrahmen der Sprachkenntnisse zu jenem Bereich gehört in dem sich Schulführungskräfte und noch deutlicher Schulinspektoren beruflich auskennen müssen, ist es kaum glaubhaft, dass Christian Alber hier unbewusst einen Fehler gemacht hat.
Nach Informationen von salto.bz will die Südtiroler Amtskirche trotz dieser Tatsachen an ihrem Schulinspektor festhalten. Denn der Religionsinspektor wird von der Diözese vorgeschlagen. Laut geltendem Landegesetz ist diese Ernennung des Religionsinspektors zwar „zeitlich beschränkt“ , in der Praxis hat man aber ein Schlupfloch gefunden diese Bestimmung zu umgehen. Christian Alber hat einen Jahresauftrag. Seit 12 Jahren wird dieser Auftrag im Spätsommer immer wieder um ein Jahr verlängert.
So soll es heuer weitergehen. Ein Religionsinspektor, der beim eigenen Lebenslauf schwindelt, scheint für die Politik und die Kirche ein geeignetes Vorbild für die Südtiroler Jugend zu sein.
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Eduard Gruber Mo., 20.05.2019 - 20:24

Irgendwann müssen alle Falschen gehen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wenn der Druck der Redlichen groß genug ist, kommt auch für Sie der Moment.

Mo., 20.05.2019 - 20:24 Permalink