Politik | Kollektivvertrag

Ein Berg an Schmutzwäsche

Der SVP-Wirtschaftsflügel kritisiert die Gewerkschaften scharf. Sie seien zu “Vorfeldorganisationen der Opposition” verkommen. STF und Grüne gehen zum Gegenangriff über.
Waschmaschine
Foto: Pixabay

“Ich ersuche die Vertragspartner, die Verhandlungen endlich abzuschließen. Die Angestellten warten nämlich auf die ihnen zustehenden Gehaltsaufbesserungen und sind es leid, immer wieder vertröstet zu werden.” Es ist Helmuth Renzler, der in Sachen Kollektivvertrag für die öffentlich Bediensteten Druck macht. Wie berichtet, stellt die Landesregierung rund 200 Millionen Euro zur Verfügung, die den Beschäftigten der Landesverwaltung und des Sanitätsbetrieb in den kommenden drei Jahren zur Verfügung gestellt werden sollen. Die restliche Summe – an die 100 Millionen Euro – müssen Gemeinden, Altersheime & Co. für ihre Angestellten selbst aufbringen. Um 4,8 Prozent sollen die Löhne der 40.000 öffentlich Bediensteten somit bis 2021 steigen.
Doch bislang haben sich Gewerkschaften und die öffentliche Delegation auf keine gemeinsame Linie geeinigt. “Die Politik hat ihre Arbeit getan und nun sind die Sozialpartner am Zug”, stellt der SVP-Arbeitnehmer Renzler den Gewerkschaften die Rute ins Fenster. Deutlich schärfere Töne Richtung Gewerkschaften kommen von einem anderen Flügel seiner Partei.

 

Attacke nach Treffen

 

Diese Woche haben sich Gewerkschaftsvertreter mit den Oppositionsparteien im Landtag getroffen, um ihnen über den Stand bei den Kollektivvertragsverhandlungen zu berichten. Dabei stellte sich die Opposition geschlossen hinter die Gewerkschaften. Man unterstütze die Forderungen nach einer tatsächlichen Lohnerhöhung – nur ein Inflationsausgleich sei nicht genug, hieß es nach dem Treffen. “Die Verhandlungen erweisen sich als äußerst schwierig, deshalb ist es wichtig, dass wir als Oppositionsparteien achtsam beobachten und als Unterstützer auftreten. Schließlich geht es um über 40.000 öffentliche Bedienstete, die sich eine spürbare Lohnerhöhung verdienen”, meinte etwa Maria Elisabeth Rieder (Team Köllensperger).

Scharfe Kritik an den Gewerkschaften kam anschließend vom Vorsitzenden der SVP Wirtschaft, Josef Tschöll. Er wirft ihnen vor, ein “unlauteres Spiel” zu spielen. “Statt sich am Verhandlungstisch um tragfähige Lösungen zu bemühen, versuchen sich die angeblich so überparteilichen Gewerkschaften als Vorfeldorganisationen der Oppositionsparteien”, schießt Tschöll scharf. Der “Schulterschluss” mit der Opposition stelle die Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften “komplett aufs Spiel” und offenbare “auch die eigene Verhandlungsschwäche”. “Vor und während des Wahlkampfes haben die Gewerkschaften der Südtiroler Volkspartei gegenüber eine Reihe von Forderungen gestellt, sich aber offiziell nie zu einer Unterstützung durchgerungen”, kritisiert Tschöll.

 

Gegenangriff auf die SVP

 

Umgehend die Reaktionen aus den Oppositionsreihen. “Südtirol ist nicht das Eigentum der SVP – das sollten sich die Herrschaften in der Edelweißpartei endlich einmal hinter die Ohren schreiben”, kontert Sven Knoll (Südtiroler Freiheit). Für ihn steht fest: “Die Gewerkschaften machen nichts anderes, als die Interessen der öffentlich Bediensteten zu vertreten und brauchen sich daher nicht von der SVP beschimpfen und bedrohen zu lassen, wenn sie dieser Aufgabe nachkommen und auch die politischen Vertreter der Minderheit über die aktuellen Entwicklungen informieren.”

Ähnliche Töne kommen von den Grünen. “Der Rundumschlag des Vorsitzendes der SVP-Wirtschaft, Josef Tschöll ist nicht nur eine Beleidigung für die Oppositionsparteien und für die Gewerkschaften, sondern auch ein Beweis dafür, dass die SVP immer noch mit zweierlei Maß misst”, schreiben Hanspeter Staffler, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba in einer Aussendung.

“Während in den Gesetzgebungsausschüssen des Landtags und im Landtag selbst fast täglich die Handschrift der SVP-Vorfeldorganisationen mit Latten zu greifen ist, kritisiert der Vertreter der SVP Wirtschaft doch tatsächlich die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, die die Oppositionsparteien über den Fortgang der Verhandlungen unterrichtet haben. Seit Jahr und Tag steuert die SVP-Wirtschaft mit ihren Vorfeldorganisationen die Geldpolitik des Landes und hat es blendend verstanden, die Haushaltsmittel der letzten Jahre auf die Mühlen der Wirtschaft zu lenken. Jetzt den Entrüsteten zu geben, weil sich die Gewerkschaften an jene Parteien wenden, die ein offenes Ohr für die Anliegen der öffentlich Bediensteten haben, ist nicht nur unglaubwürdig sondern auch undemokratisch.”

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Profil für Benutzer Cornelia Brugger
Cornelia Brugger Sa., 06.07.2019 - 21:57

Wenn unbeschriebene Blätter auf dicke Hose machen.....
Weiß Herr Tschöll eigentlich wie Verhandlungsarbeit geht? Kennt er die Aufgaben der Gewerkschaften? Ist ihm der BüKV bekannt und weiß er um die Arbeit der öffentlich Bediensteten?
Auf Anhieb würd ich dieses Geschwafel als lächerlich abtun, aber leider ist Unwissenheit und Dummheit gefährlich und darf nicht unterschätzt werden. Vor allem, weil genau solche Menschen immer mehr auf Vormarsch sind: lassen wir Bedienstete Bedienstete sein...Hauptsache die Kasse klingelt.

Sa., 06.07.2019 - 21:57 Permalink
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Cornelia Brugger Sa., 06.07.2019 - 21:58

Wenn unbeschriebene Blätter auf dicke Hose machen.....
Weiß Herr Tschöll eigentlich wie Verhandlungsarbeit geht? Kennt er die Aufgaben der Gewerkschaften? Ist ihm der BüKV bekannt und weiß er um die Arbeit der öffentlich Bediensteten?
Auf Anhieb würd ich dieses Geschwafel als lächerlich abtun, aber leider ist Unwissenheit und Dummheit gefährlich und darf nicht unterschätzt werden. Vor allem, weil genau solche Menschen immer mehr auf Vormarsch sind: lassen wir Bedienstete Bedienstete sein...Hauptsache die Kasse klingelt.

Sa., 06.07.2019 - 21:58 Permalink
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G. P. Sa., 06.07.2019 - 22:24

Herr Tschöll, reichen Ihnen bzw. der SVP die Vorfeldorganisationen LVH, HdS, HGV, Bauernbund, Unternehmerverband usw. usf. nicht? Sind diese lt. Ihnen politisch neutral?
Und außerdem, was gehen Ihnen als Vorsitzender der SVP-Wirtschaft die Verhandlungen der Landesangestellten mit dem Land an? Sie sind weder der zuständige Landesrat noch der Landeshauptmann.

Sa., 06.07.2019 - 22:24 Permalink
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Angelika Hofer Do., 11.07.2019 - 12:06

Als ehemaliger Arbeitnehmervorsitzender und als Landtagsabgeordneter ist es befremdend, wenn Herr Renzler anscheinend nicht weiß, dass Kollektivvertragsverhandlungen erst dann abgeschlossen werden, nachdem effektiv verhandelt worden ist. Bis jetzt wurden lediglich von Arbeitgeberseite Vorschläge präsentiert, die in dieser Phase für die Gewerkschaftsvertreter im Auftrag der Öffentlich Bediensteten nicht vertretbar sind. Die von den Gewerkschaften eingebrachten Vorschläge einer effektiven Gehaltserhöhung, wurden immer abgeschmettert und nicht behandelt. Jetzt anmaßend zu sagen, dass die Politik ihre Arbeit getan hat und nun seien die Sozialpartner am Zug, zeugt von Arroganz gegenüber allen öffentlich Bediensteten. Hätte die Politik schon viel früher ihre Arbeit gemacht, hätte es nicht so weit kommen müssen. Mit einem hat Herr Renzler allerdings recht, die Angestellten warten auf die ihnen zustehende Gehaltsaufbesserung und sollten auch nicht länger warten müssen. Da wir jedoch weit entfernt von Gehaltsaufbesserungen sind und die Arbeitgeberseite nur eine Inflationsanpassung anerkennen will, ist das keine Vertröstung, sondern ein gemeinsamer Weg, den die Gewerkschaften im Auftrag der Bediensteten gehen.
Ebenso ist es auch irrelevant, dass Herr Tschöll das Verhalten der Gewerkschaften nicht nachvollziehen kann. Seine unprofessionelle Aussage zeigt, dass Herr Tschöll von der Rolle der Sozialpartner anscheinend wenig versteht. Falls er es nicht wissen sollte, ist die Aufgabe der Fachgewerkschaften des Öffentlichen Dienstes die Interessen der Bediensteten zu vertreten und in ihrem Auftrag und Ansinnen gute Verträge zu verhandeln und abzuschließen. Wie, wann und wo Gewerkschaftsarbeit gemacht wird, obliegt zum Glück nicht der Entscheidung von Herrn Tschöll.

Do., 11.07.2019 - 12:06 Permalink