Politik | Wolf & Bär

“Ohne römische Fußfesseln”

Die SVP-Vertreter in Bozen, Rom und Straßburg sehen in dem Urteil des Verfassungserichts zur Rechtmäßigkeit des “Wolfsgesetzes” einen Mehrfach-Erfolg.
Wolf SVP
Foto: SVP

Der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes hatte man nur vorsichtig zuversichtlich entgegen geblickt. Doch für den zuständigen Landesrat Arnold Schuler war es “der einzig mögliche und richtige Weg” gewesen, Anfang Juli 2018 das Landesgesetz zu “Vorsorge- und Entnahmemaßnahmen bei Großraubwild” zu bringen. Mit 25 Ja-Stimmen wurde das alsbald als “Wolfsgesetz” betitelte Gesetz damals angenommen – und kurze Zeit später von der italienischen Regierung vor dem Verfassungsgericht angefochten. Dieses teilt nun ein Jahr später mit: Das Gesetz ist rechtens.

Nach der Entscheidung gibt man sich noch zurückhaltend. Man wolle die Hinterlegung des Urteils abwarten, um die nächsten konkreten Schritte zur Umsetzung des Gesetzes zu tun, sagen Landesrat Schuler und Landeshauptmann Arno Kompatscher am Dienstag. Doch für sie und ihre Partei ist klar: Das Urteil ist ein großer Erfolg – nicht nur für die SVP, sondern für die gesamte Südtiroler Berg- und Almwirtschaft, und die Autonomie.

 

Was stand nochmal drin?

 

Das im Juli 2018 verabschiedete Landesgesetz ermächtigt den Landeshauptmann, ausgehend von der – von Italien bislang nicht umgesetzten – FFH-Richtlinie der EU, per Dekret den Fang und gegebenenfalls die Entnahme bzw. Tötung von Wölfen oder Bären anzuordnen – falls einige Voraussetzungen gegeben sind. Zuvor muss ein Gutachten der staatlichen Höheren Anstalt für Umweltschutz und Forschung ISPRA eingeholt und nachgewiesen werden, dass alle anderen Schutzmaßnahmen nicht ausreichen.

 

“Mit dem Gesetz werden Wolf und Bär nicht als jagdbare Tierart definiert, sondern jede einzelne Entnahme muss entsprechend begründet werden – und ist eben nur möglich, wenn andere Maßnahmen als nicht wirksam eingestuft werden.” So erklärte SVP-Senator Meinhard Durnwalder die Zielsetzung des “Wolfsgesetzes”, an dessen Ausarbeitung er maßgeblich mitgewirkt hat. Durnwalder hatte sich erwartet, dass die Regierung die Kompetenzenfrage aufwerfen werde – und zeigt sich jetzt entsprechend erfreut: “Wenn ein Landesgesetz vor dem Verfassungsgericht angefochten wird, ist man immer über den Ausgang des Verfahrens gespannt. Auch dieses Mal habe ich mit Spannung die Urteilsfindung verfolgt und bin nun umso glücklicher, dass es uns gemeinsam gelungen ist, diesen Erfolg für Südtirol einzufahren.”

 

Mehr als der Wolf


Deutlich wortgewaltiger kommentiert der SVP-Parteiobmann das Urteil des Verfassungsgerichtshofes. Es sei “ein echter Paukenschlag und ein großer Erfolg für unsere Autonomie”, meint Philipp Achammer. Südtirol habe “zwei Schritte gleichzeitig gemacht: einen zur Bekämpfung der Wolfsproblematik und einen anderen zum Ausbau unserer Autonomie”.
Ganz ähnlich fällt die Reaktion der sechs SVP-Parlamentarier in Rom aus. Von dort heißt es: Das Urteil “ist aus rechtlicher Sicht bedeutend, da unsere autonomen Sonderrechte bestätigt worden sind. Wesentlich ist aber auch, dass wir nun in der Lage sind, über eigenständige Maßnahmen im Rahmen der europäischen Vorschriften unsere traditionelle Berg- und Almwirtschaft zu schützen.”

Bei Arnold Schuler herrscht vor allem Erleichterung: “Nach vielen Monaten der Unsicherheit, ob das Landesgesetz hält oder nicht, können wir den Südtiroler Landwirten nun endlich mit Gewissheit mitteilen, dass wir Südtiroler ab sofort einen eigenständigen Hebel in der Hand haben, um dem Wolfsproblem entgegenzuwirken.”
Und in Straßburg kommentiert eine zufriedener EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann: “Südtirol kann die EU-Gesetzgebung direkt umsetzen. Ich arbeite mit vielen Kollegen auf allen Ebenen daran, die europäischen Gesetze flexibler zu machen. Die können wir dann auch in Südtirol ohne römische Fußfesseln umsetzen.”

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Sepp.Bacher Mi., 17.07.2019 - 11:58

Vor wenigen Wochen habe ich gelesen, dass auch die deutsche Regierung ..."den Fang und gegebenenfalls die Entnahme bzw. Tötung von Wölfen oder Bären" ..zulässt," ..."falls einige Voraussetzungen gegeben sind." Und das finde ich gut. Ich schließe mich Arnold Schuler an “Nach vielen Monaten der Unsicherheit, (....) können wir den Südtiroler Landwirten nun endlich mit Gewissheit" versprechen .."unsere traditionelle Berg- und Almwirtschaft" schützen zu können.
Was gibt es Artgerechteres als Ziegen und Schafe frei weiden zu lassen!? Ich habe letzthin eine Doku gesehen, in der eine Dänin in der Schweiz als Schafhirtin arbeitet, weil es zu wenige Schweizer dafür gibt. Diesen Beruf gibt es bei den Jungen nicht mehr! Sie musste mit Herden- und Schäfer-Hunden die Herde den ganzen Tag begleiten und sie Nachts einpferchen. Das ist ein Stress für Tier und Hirtin; aber der Wolf springt mit Leichtigkeit über den Zaun, und so verlor sie trotz allem 5 Schafe an den Wolf.

Mi., 17.07.2019 - 11:58 Permalink
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Hartmuth Staffler Mi., 17.07.2019 - 12:51

Irgendwie kann man ja verstehen, dass die derzeit durch zahlreiche römische Angriffe auf unsere Autonomie genervte Landesregierung auch einmal einen Erfolg verwiesen will, selbst wenn es keiner ist. Das Urteil des Verfassungsgerichtes ändert nichts daran, dass Südtirol auch in Zukunft nicht autonom über die Entnahme von Wölfen und Bären entscheiden kann, sondern dazu ein Gutachten des römischen ISPRA braucht.

Mi., 17.07.2019 - 12:51 Permalink
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G. P. Mi., 17.07.2019 - 21:04

Ich sehe da wieder einmal eine aufgebauschte Erfolgsmeldung, welche sich schlussendlich als Rohrkrepierer herausstellen wird.
Südtirol kann nämlich über die Entnahme, den Fang oder den Abschuss einzelner Bären und Wölfe in bestimmten Ausnahmesituationen und unter Beachtung der staatlichen und europäischen Vorgaben und nach Einholen des Gutachtens der staatlichen ISPRA autonom bestimmen.
Man beachte "in bestimmten Ausnahmesituationen", "unter Beachtung der staatlichen und europäischen Vorgaben", "nach Einholen des ISPRA-Gutachtens".
Damit wird auch in Zukunft keinem einzigen Wolf auch nur ein Haar gekrümmt werden.

Mi., 17.07.2019 - 21:04 Permalink