Wirtschaft | Löhne

“Jetzt sind andere dran”

Nach den Gehaltsaufbesserungen für die öffentlich Bediensteten sehen die SVP-Arbeitnehmer die Privatwirtschaft am Zug. – und weisen die Kritik der Opposition zurück.
Helmuth Renzler, Magdalena Amhof
Foto: SVP

Am Donnerstag hat der Landtag mit 17 Ja, zwölf Nein und zwei Enthaltungen den Nachtragshaushalt genehmigt. Somit sind auch die notwendigen Mittel für die Verhandlungen zum bereichsübergreifenden Kollektivvertrag (BÜKV) für die öffentlich Bediensteten zur Verfügung gestellt.

Rund 200 Millionen Euro stehen für die Angestellten der Landesverwaltung und des Sanitätsbetriebs zur Verfügung. Diese Summe stellt die Grundlage für die weiteren Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und der öffentlichen Delegation, die im August fortgesetzt werden sollen. Dazu kommen auch die knapp 100 Millionen Euro, die von den anderen öffentlichen Körperschaften wie Gemeinden und Bezirksgemeinschaften zur Verfügung gestellt werden sowie mehr als elf Millionen Euro für den alten, noch abzuschließenden Bereichsvertrag für der Staatslehrer. “Alles in allem kommt man so auf einen Gesamtbetrag von insgesamt 310 Millionen Euro, was für den einzelnen Angestellten eine Lohnerhöhung von rund elf Prozent bedeutet – durchschnittlich circa 200 Euro monatlich”, rechnet der Landtagsabgeordnete und SVP-Arbeitnehmer Helmuth Renzler vor.

Der Antrag der Oppositionsparteien, das Grundgehalt der Angestellten im öffentlichen Dienst hingegen wurde am Donnerstag der Mehrheit abgelehnt. Die entsprechende Kritik aus den Oppositionsreihen, die den SVP-Arbeitnehmern vorwarfen, sich nicht für die öffentlich Bediensteten einzusetzen, weist Magdalena Amhof scharf zurück: “Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist den SVP-Arbeitnehmern zu verdanken, wenn jetzt 310 Millionen Euro auf dem Verhandlungstisch liegen. Wir arbeiten konkret für die Arbeitnehmer in Südtirol und machen nicht billige Polemik im Landtag. Die Verhandlungen laufen ja weiter. Diese Tatsache wird von der Opposition verschwiegen.”

Der Ball liege nun bei den Gewerkschaften, betont Helmuth Renzler, der die Verabschiedung des Nachtragshaushaltes zum Anlass nimmt, um eine weitere Forderung auf den Tisch zu legen: Jetzt sei die Privatwirtschaft an der Reihe.
“Nachdem nun die finanziellen Voraussetzungen für die Angestellten der öffentlichen Verwaltungen geschaffen wurden, damit sie ihre Lohnaufbesserungen erhalten können, muss nun auch die Privatwirtschaft nachziehen”, schreibt Renzler in einer Aussendung. Er habe bereits “erste Signale einer entsprechenden Verhandlungsbereitschaft seitens der Sozialpartner” vernommen. Als Landtagsabgeordneter werde er die entsprechenden Entwicklungen auch weiterhin genau im Auge behalten, “damit meine anlässlich des Tages der Arbeit am 1. Mai 2018 gestellte Forderung, die Löhne der Arbeitnehmer um 150 Euro monatlich zu erhöhen, genauso wie für die öffentlich Bediensteten, auch für die Bediensteten der Privatwirtschaft umgesetzt wird”.

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Paul Schöpfer Sa., 27.07.2019 - 12:11

Gratuliere Herr Renzler zu ihren Aussagen! Sie übertreffen sich immer wieder. Wenn es nach Ihnen ginge, dann würde es tatsächlich gelingen, ein wirtschaftlich so starkes Land wie Südtirol zu ruinieren. Schlimm genug wenn man 300 Mio. Steuergeld ohne Kriterium über unsere Beamten verteilt. Irgendwelchen Leistungsbezug oder andere Gegenleistungen... Fehlanzeige. Diese 300 Mio. werden praktisch ausschließlich der Südtiroler Wirtschaft durch Verminderung von Investitionen, Streichung von Beiträgen und zu erwartenden Steuererhöhungen entzogen. Dass davon durch Lohnsteuer, Mehrwetsteuer auf zusätzlichen Konsum usw. zum Glück wieder ca. die Hälfte in den Landeshaushalt zurückfliessen werden macht es nicht besser. Bleiben immer noch netto rund 1000 € pro Angestellten der Privatwirtschaft, die dieser zusätzlich zu erwirtschaften hat oder die dessen Chef aus seiner Brieftasche zahlen muss. Und nun muss man sich vom Herrn Renzler noch diesen Blödsinn anhören. Aus welchem Grund sollten jetzt auch die Mitarbeiter in der Privatwirtschaft eine außerordentliche Löhnerhöhung erhalten? Hier gab es keinen Lohnstopp. Die Löhne in der Privatwirtschaft sind weit über dem nationalen Durchschnitt. Ich schätze 90 % der Mitarbeiter werden übertariflich bezahlt. Daher ist ihre Forderung nicht nur ein Frechheit, sondern auch noch sinnlos.

Lieber Herr Renzler, es kotzt mich an solche Dinge von jemanden zu hören, der zum Schein als Arbeitnehmeroberhäuptling zurückgetreten ist, aber nicht auf seine Entschädigung als Landtagsabgeordneter verzichten will. Machen sie endlich Platz für junge Leute!

Sa., 27.07.2019 - 12:11 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser So., 28.07.2019 - 10:18

Antwort auf von Paul Schöpfer

Das sehe ich anders, da gäbe es viel hinzuzufügen, und auch dagegen zu sagen.
Aber ich halte es für sinnlos, einem Wirtschaftstreibenden, der mit voller Überzeugung oben geschriebenes vertritt, zu erklären, was es für einen Arbeitnehmer bedeutet, in Südtirol mit dem Tariflohn, oder knapp darüber, zu überleben.
Und über die Verteilung der Beiträge könnte man auch noch viel schreiben.
Aber wie oben bereits geschrieben, ich halte es für sinnlos.

So., 28.07.2019 - 10:18 Permalink
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Philipp Trafojer Mo., 29.07.2019 - 17:54

Antwort auf von Paul Schöpfer

Herr Gasser, leider verstehe ich Ihre zornigen Aussagen nicht ganz: Es geht in Renzlers Stellungnahme um Verhandlungen zu den Tariflöhnen! In entwickelten Ländern haben Verhandlungen über die Bezahlung der öffentlichen Angestellten in der Regel Vorbildcharakter für die Verhandlungen der Tarifverträge im privaten Sektor.
In beiden Sparten geht es aber immer um Mindestlöhne. Wenn Sie sagen: "Die Löhne in der Privatwirtschaft sind weit über dem nationalen Durchschnitt. Ich schätze 90 % der Mitarbeiter werden übertariflich bezahlt.", dann ist Renzlers "Forderung" keine "Frechheit", wie Sie meinen! "Sinnlos" könnte man seine Aussage im Lichte der von Ihnen mit Überzeugungskraft vorgebrachten Daten vielleicht nennen, vermutlich würde die Bezeichnung "Anpassung an die Südtiroler Realität" besser passen, aber sie sollte auf keinen Fall etwas sein, was Sie als Unternehmer stören sollte: Sie bezahlen ja eh schon mehr..... Dabei unterstelle ich , dass Sie nicht zu den übrig bleibenden 10 Prozent gehören.

Mo., 29.07.2019 - 17:54 Permalink
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Paul Schöpfer Di., 30.07.2019 - 00:12

Antwort auf von Philipp Trafojer

Herr Trafojer, wer seinen Mitarbeitern mehr zahlen kann, ist klar im Vorteil! Nicht in allen Branchen ist das möglich. Schauen sie sich mal an, was ein/e Gebäudereiniger/in verdient, auch wenn diese/r ein öffentliches Gebäude reinigt. Renzler könnte sich um diese modernen Sklaven kümmern, anstatt ...

Di., 30.07.2019 - 00:12 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Di., 30.07.2019 - 10:38

Antwort auf von Paul Schöpfer

Wenn das also nicht überall möglich sein sollte, was ich mal so stehenlasse, mich aber keineswegs überzeugt, was ist falsch am folgenden Satz des Herrn Renzler:
"Löhne der Arbeitnehmer um 150 Euro monatlich zu erhöhen"??
Sind Gebäudereiniger-innen keine Arbeitnehmer, oder wie soll man/frau Ihre Aussage verstehen?

Di., 30.07.2019 - 10:38 Permalink
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Philipp Trafojer Di., 30.07.2019 - 12:07

Antwort auf von Paul Schöpfer

Herr Schöpfer, mit der Aussage, "wer mehr zahlen kann, ist klar im Vorteil", bestätigen Sie eigentlich jede meiner Aussagen. Nicht klar ist mir in Ihrer Stellungnahme, in welchen Sparten eine bessere Bezahlung in Südtirol nicht möglich sein sollte.
Ihre Bemerkung bezüglich den Reinigungskräften verwirrt mich zusätzlich. Anscheinend fordern Sie eine bessere Bezahlung speziell für diese Kategorie und das insbesondere im öffentlichen Bereich. Ich kann mich Ihrer Aussage vollinhaltlich anschließen, war bisher aber immer der Meinung, dass die Berufsgruppe der Reinigungskräfte gerade im privaten Sektor als "Lohnsklaven" betrachtet und entsprechend bezahlt würde. Ich weiß jetzt tatsächlich nicht mehr, ob Sie Sich für höhere oder gleichbleibende Löhne im öffentlichen wie privaten Sektor aussprechen. Anscheinend würde Sie gerne nach Berufsgruppen spezifisch verhandeln. Diejenigen, die Sie gerade brauchen, sollten mehr kriegen, der Rest sollte weniger kriegen. Liege ich mit der Vermutung richtig?
Bei den derzeit stattfindenden Verhandlungen geht es allerdings um einen bereichsübergreifenden Vertrag, in dem Kaufkraftverlust generell abgegolten werden sollte. Daraus leitet sich auch die Forderung ab, dass die Mindestlöhne auch im privaten Bereich (generell) angehoben werden sollten. Wie Sie angemerkt haben, wird dies zu "90 Prozent" schon auf freiwilliger Basis von den Betrieben erfüllt. Wo also sehen Sie Probleme?

Di., 30.07.2019 - 12:07 Permalink
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Paul Schöpfer Di., 30.07.2019 - 16:08

Antwort auf von Philipp Trafojer

Herr Trafojer, ganz so einfach ist es auch wieder nicht. Es würde den Rahmen hier sprengen, das Punkt für Punkt zu klären.

Renzler möchte 150 € netto mehr für alle. Machen wir da eine kurze Rechnung: 150 € mehr netto bedeutet grob im Schnitt 300 € Mehrkosten für den Betrieb pro Arbeitnehmer. Das ganz Mal 14 Monatsgehälter und mal 175.000 Beschäftigte macht 735 Mio. sehr vorsichtig berechnet. Es übersteigt wiederum den Rahmen dieses Forums, zu untersuchen, welch verheerende Auswirkungen das auf die Südtiroler Wirtschaft hätte.

Also je tiefer man geht, desto absurder wird Renzlers Forderung. Die Sektoren mit Niedrigstlöhnen würden mit Sicherheit einen Weg finden lokale Tarifverträge über Firmensitze in anderen Provinzen, Leiharbeit oder Scheinselbständigkeit auszuhebeln. Da würde es Sinn machen anzusetzen, statt eine so absurde Forderung in die Welt zu setzen.

Di., 30.07.2019 - 16:08 Permalink
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Philipp Trafojer Di., 30.07.2019 - 19:16

Antwort auf von Paul Schöpfer

So wie Sie zunächst argumentiert haben, verstehe ich Ihre jetzige Stellungnahme nicht. Ich erinnere Sie an Ihre Aussage: "90 Prozent zahlen eh schon über Tarif". Entweder ist diese Aussage falsch oder ich verstehe Sie falsch. Helfen Sie mir bitte weiter....
Ich gehe jedenfalls davon aus, dass wenn 90 Prozent über Tarif zahlen, eine Notwendigkeit gegeben ist, den Tariflohn allgemein anzuheben.
Und es bekräftigt im übrigen die Forderung, dies auch im öffentlichen Dienst zu tun.
Im Übrigen gebe ich Ihnen als öffentlicher Angestellter recht, in meinem Bekanntenkreis ist die Bezahlung jedenfalls im privaten Bereich auch in den letzten Jahren gestiegen und liegt größtenteils deutlich über Tarif. Ein Wechsel in den öffentlichen Dienst kommt für die meisten meiner Freunde nicht in Frage allein schon weil mit erheblichen Gehaltseinbußen verbunden.

Di., 30.07.2019 - 19:16 Permalink