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Bärwanger

RAI-Koordinator Markus Perwanger begegnet am Sonntag in Radein einem Bären. Weil er die Nachricht aber exklusiv nur der Athesia gab, ist jetzt in der RAI Feuer am Dach.
Die Tageszeitung Dolomiten macht am Montag mit einer Titelgeschichte auf, die es in sich hat. 
Plötzlich stand der Bär vor mir“, heißt es im Titel. Und dann im Vorspann: „Bange Momente durchlebte ein 64-jähriger gebürtiger Radeiner gestern mitten im Geoparc Bletterbach. Der Mann war wie so oft alleine in der Gegend unterwegs, als er plötzlich einem Bären gegenüberstand. Vermutlich handelte es sich bei dem Tier um M49.“
Im Innenteil widmet das Tagblatt der Südtiroler der Geschichte eine ganze Seite. Die Begegnung fand angeblich am Sonntag gegen 17 Uhr statt. Im Artikel kommt auch der Mann zu Wort. M.P. – die Dolomiten geben nur die Initialen wieder – redet ausführlich über die Begegnung mit dem zähnefletschenden Bären, wie er sich hinter einem Baum versteckt und seinen Versuch, durch Singen, Pfeifen und lautes Sprechen „Meister Petz“ in die Flucht zu schlagen. Am Ende verschwindet der Bär denn auch.
Der Bär vom Bletterbach ist eine Exklusivgeschichte der Dolomiten. Am frühen Morgen übernimmt RAI Südtirol die Topnachricht. Es ist eine Story, über die man südtirolweit spricht und von der jedes Medium nur träumen kann.
Trotz des glücklichen Ausgangs hat die Begegnung jetzt aber ein Nachspiel.


Der RAI-Koordinator

 
Denn der 64-jährige Radeiner, der am Sonntag dem Bär begegnete, heißt Markus Perwanger.
Der gebürtige Radeiner ist RAI-Journalist, war lange Moderator der Tagesschau, dann RAI-Chefredakteur und er ist seit 2006 Koordinator von RAI Südtirol. Und damit so etwas wie der Intendant des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens in Südtirol. 
Markus Perwanger war vor seinem Wechsel zur RAI im Verlagshaus „Athesia“ tätig. Perwanger und die Brüder und Athesia-Besitzer Michl und Toni Ebner sind seit ihrer Jugend freundschaftlich verbunden. Gerade diese private Nähe hat den RAI-Koordinator – bereits als Chefredakteur – mehrmals in den Fokus der Kritik gebracht. Perwanger macht zwar keinen Bückling vor den Brüdern Ebner, doch Kritik am Hause Athesia ist im Reich Perwangers ein absolutes No Go.
 
 
Weil im Radiobereich RAI Südtirol in den vergangenen Jahren deutlich eingebrochen ist und in der Gunst der Zuhörer von den Athesia-Sendern „Südtirol 1“ und „Radio Tirol“ längst überholt wurde, gibt es einige im Funkhaus am Mazziniplatz, die dafür den Koordinator verantwortlich machen. Hinter vorgehaltener Hand stellt man dabei auch immer wieder offen in Frage, wem im Zweifelfall die Loyalität des Südtiroler Intendanten gilt: Seinem Arbeitgeber RAI-Südtirol oder dem mächtigen Medienmonopolisten Athesia?
Die Bärenstory dürfte genau diesen Gerüchten neue Nahrung geben.
 

Ebner exklusiv

 
Denn Markus Perwanger hat einen Schritt getan, der für einen Intendanten und Angestellten eines öffentlich-rechtlichen Senders wohl einmalig ist.
Der Vollblutjournalist, der Perwanger auch heute noch immer ist, hat die Topstory nicht etwa RAI Südtirol mitgeteilt, sondern exklusiv der Tageszeitung Dolomiten.
Am RAI-Sitz am Mazziniplatz hat man erst am Montagmorgen aus der Ebner-Zeitung von der Begegnung mit dem Problembären M49 erfahren. Im Laufe des Vormittags wurde dann klar, dass es Markus Perwanger war, der da im Konkurrenzmedium spricht und damit der Athesia zu einem echten, journalistischen Scoop verholfen hat.
Nach Informationen von salto.bz soll nicht nur Chefredakteurin Heidy Kessler ob dieser augenscheinlichen Illoyalität dem eigenen Haus gegenüber in die Luft gegangen sein. „In jedem anderen Land müsste ein Intendant nach dieser Geschichte umgehend zurücktreten“, sagt ein RAI-Redakteur kopfschüttelnd.
 
 
Markus Perwanger dürfte auf jeden Fall ein Problem haben. Jeder Journalist, jede Journalistin und jeder Mitarbeiter kann in seiner Freizeit natürlich tun, was er will und damit auch Nachrichten aus seinem Privatbereich verkaufen, wem er will.
Dass der von der Landesregierung ernannte Koordinator des öffentlich-rechtlichen Senders RAI-Südtirol einem privaten Konkurrenzmedium exklusiv die Nachricht überlässt und die eigene Redaktion bewusst nicht informiert, dürfte aber eindeutig des Guten zu viel sein.
Doch genau das lässt sich lückenlos nachvollziehen. Laut Dolomiten ist die Begegnung gegen am Sonntag gegen 17 Uhr erfolgt. Markus Perwanger sprach eine Stunde später (laut Artikel) mit der Dolomiten-Redakteurin. Demnach hätte der Koordinator genügend Zeit gehabt, die Nachricht auch der Tagesschau (20 Uhr) telefonisch zu übermitteln. Oder für die Ausgabe 10 nach 10 um 22.10 Uhr für ein Studio-Interview zur Verfügung zu stehen. Dabei ist der RAI-Koordinator eigentlich ein Mensch, der sich notorisch gern ins Bild drängt.
Dass Markus Perwanger genau das nicht getan hat, sondern bewusst die Nachricht seinem Freund Ebner überlassen hat, dürfte RAI-intern ein Nachspiel haben. Denn nicht nur in der deutschen RAI-Redaktion ist man entsetzt, auch der lokalen italienischsprachigen RAI-Redaktion und ebenso der nationalen RAI ist damit ein journalistischer Scoop entgangen.
Und darauf reagiert man am römischen RAI-Sitz normalerweise sehr empfindlich.
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Sepp.Bacher Mo., 19.08.2019 - 17:58

Eigentlich hätte Perwanger heute dementieren müssen - um sich nicht zu blamieren. Dann sehe es so aus, als hätte er seinen "Brüdern" den Bären nur aufgebunden!
Aber, gibt man mit dieser ganzen Geschichte dem Bären nicht zu viel Wichtigkeit?

Mo., 19.08.2019 - 17:58 Permalink
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Michl T. Mo., 19.08.2019 - 18:10

Vorstellungskraft ist wichtiger als Wissen (cit. A. Einstein!)
Man stelle sich vor, wir lebten in einem Land, in dem Interessenskonflikte von Bedeutung sind.
Man stelle sich vor, wir lebten in einem Land, in dem man seinem Arbeitgeber gegenüber loyal ist.
Man stelle sich vor, wir lebten in einem Land, in dem nicht jede(r) von oder für die Athesia lebt.

Mo., 19.08.2019 - 18:10 Permalink
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Hartmuth Staffler Mo., 19.08.2019 - 19:57

Auf jeden Fall ist der M.P jetzt wieder für eine gewisse Zeit vor böswilligen Kommentaren in den Athesia-Medien sicher. Wer kann das schon von sich behaupten, und was tut man nicht alles dafür? Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus ...

Mo., 19.08.2019 - 19:57 Permalink
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Peter Grünfelder Mo., 19.08.2019 - 23:19

Und was passiert, nichts, Markus Perwanger bleibt Chef der RAI. Auch wenn er weiterhin so unemotional wie immer seinen Posten weiterführt. Gratulation!!!

Mo., 19.08.2019 - 23:19 Permalink
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kurt duschek Di., 20.08.2019 - 10:02

....der "Bär"wanger hätte seine Bärgeschichte auch in die Sendung "...Alpen, Donau, Adria " einbauen können !! (....dann wäre diese Sendung weniger langweilig!) Ironie und Sarkasmus ENDE

Di., 20.08.2019 - 10:02 Permalink