Politik | Europa

Eine Frage an Hans Heiss

In Schottland mehren sich angesichts eines Brexits unter Boris Johnson die Stimmen für ein IndyRef 2.0. Wie stehen die Südtiroler Grünen dazu?
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Green Yes
Foto: Scottish Greens

Hans Heiss ist zwar nicht mehr Landtagsabgeordneter, aber er war es, der damals im Vorfeld des schottischen Unabhängigkeitsreferendums 2014 im Tageszeitungsinterview folgenden Satz von sich gab: 

Ich würde für ein klares ‘no’ stimmen. Ich glaube, es ist jetzt attraktiv auf diese Welle von Schottlandbegeisterungen aufzuspringen, aber langfristig sind die Vorzüge einer Vereinigung zwischen Schottland und England größer.

Mich hat dieser Satz damals schon (noch ganz ohne Brexit) aus mehreren Gründen verblüfft: 

1. Die Scottish Greens waren Teil der YES-Campaign - also für die Unabhängigkeit. Viele europäische Grünparteien stärkten ihren schottischen Kolleginnen den Rücken, während Heiss ihnen in denselben fiel. 

2. Die sozialdemokratische SNP, die Scottish Greens und andere Unabhängigkeitsparteien wollten die Sezession, weil 

  • sie die Atomwaffen loswerden wollten;
  • sie sich nicht an ungerechtfertigten Kriegen beteiligen wollten;
  • sie den Zugang zur Universität weiterhin kostenlos halten wollten;
  • sie erneuerbare Energiegewinnung forcieren wollten;
  • sie sozial ausgerichtet bleiben wollten;
  • sie eine faire und für alle gleiche Gesundheitsversorgung gewährleisten wollten;
  • sie das restriktive Zuwanderungsverfahren Großbritanniens auflockern wollten;
  • sie nicht der Londoner Finanzlobby ausgeliefert sein wollten. 

Allesamt Gründe, die sich wie ein progressives, grünes Parteiprogramm lesen. Dennoch stellte sich Heiss auf die Seite der turbokapitalistischen und konservativen Torys um David Cameron. 

Was dann folgte, wissen wir. Die schottische Unabhängigkeit wurde von 55,30 Prozent der Bevölkerung abgelehnt. Ein Argument der NO-Campaign war dabei, dass Schottland im Falle der Unabhängigkeit aus der EU fliegen würde. Ein Szenario, das in Schottland von einer großen Mehrheit abgelehnt wird. 2016 stimmte dann das Vereinigte Königreich mit 51,89 Prozent für einen Austritt aus der EU. Die schottische Bevölkerung hingegen zeigte sich als Anhängerin des europäischen Einigungsprozesses und votierte mit 62 prozentiger Mehrheit für einen Verbleib in der EU, obwohl sich diese anlässlich des Unabhängigkeitsreferendums - wie auch später in Katalonien - auf die Seite der Unionisten stellte. Nun droht Schottland dennoch ein Ausstieg aus der Europäischen Union mittels eines ungeordneten Brexits unter dem - nennen wir es - exzentrischen Premierminister Boris Johnson. Interessant wird auch sein, wie sich die EU im Falle eines neuerlichen (und diesmal wahrscheinlich erfolgreichen) Unabhängigkeitsreferendums verhalten würde. Ich nehme an, sie würde eine 180-Grad-Wendung machen und Schottland ganz unbürokratisch aufnehmen. 

Mich würde nun interessieren, wo genau Hans Heiss denn die "Vorzüge einer Vereinigung zwischen Schottland und England" langfristig sieht oder ob seine damalige Aussage nicht vielleicht doch eine kolossale Fehleinschätzung war. Weiters würde mich interessieren, ob die Südtiroler Grünen ein zweites Unabhängigkeitsreferendum begrüßen würden oder ob es ihnen lieber wäre, dass die proeuropäischen Schottinnen gegen ihren Willen aus der EU herausgerissen werden und unter der Führung von Boris Johnson im Königreich verbleiben. Vielleicht lesen das die angesprochenen ja und geben mir eine Antwort. 

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Christian Mair Fr., 30.08.2019 - 09:03

Angesichts der Tatsache, dass in England grade die parlamentarische Demokratie geputscht wurde, stellen sich die Dinge in einem neuen Licht dar.
Nicht "Yes" oder "No", sondern ein geteiltes Land und eine nicht mehr handlungsfähiges Parlament sind das Ergebnis.
Wo also sind die Grenzen der direkten Demokratie?
Und: Bist du Harald angesichts der Ereignisse in England immer noch für Selbstbestimmung?

„Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“ Rosa Luxemburg

Fr., 30.08.2019 - 09:03 Permalink
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gorgias Fr., 30.08.2019 - 12:03

Es ist doch ganz einfach: Die Südtiroler Grünen haben sich als Kitter des ethnischen Graben eines Südtirol das zu Italien gehört definiert. Dafür hat man eine italophile Position eingenommen und die Minderheitensituation der deutschen Sprachgruppe und die damit zusammenhängenden Herausforderungen gerne unter den Tisch gekehrt.
Mit dieser Grunddoktrin müssen alle anderen Positionen angestimmt werden. So kann man nicht eine Sezession für Schottland befürworten aber für Südtirol dann nicht. Was man dann als Begründung nachreicht ist zweitrangig.

Fr., 30.08.2019 - 12:03 Permalink