Politik | Technologien

Vereint in Unwissenheit

Sieben Landtagsfraktionen fordern Aufklärung über die 5G-Technologie. Objektive Experten sollen möglichst breit über diverse Aspekte informieren.
Lanz, Repetto, Leiter Reber, Foppa, Atz Tammerle, Köllensperger, Nicolini
Foto: Salto.bz

Fast alle Landtagsfraktionen sind am Tisch vertreten. Normalerweise haben Grüne, SVP, Team Köllensperger, Südtiroler Freiheit, Freiheitliche, PD und Movimento 5 Stelle nicht viel gemein. Doch in dieser Sache “eint uns die Ungewissheit”, sagt Brigitte Foppa. Es geht um die 5G-Technologie. Schneller und besser soll die drahtlose Datenübertragung mit der fünften Generation der Mobilfunktechnik laufen. Dafür braucht es höhere Frequenzen, was eine geringere Reichweite und somit mehr Antennen notwendig macht. “Was das aber heißt, wissen wir nicht”, meint Foppa. Deshalb wollen sich die anwesenden Landtagsabgeordneten auch inhaltlich nicht zu der sich weltweit auf dem Vormarsch befindenden Technologie äußern, sondern fordern mit einem Beschlussantrag eine öffentliche Tagung bzw. Anhörung zum Thema 5G.

Dass zwei Fraktionen den Antrag nicht unterzeichnet haben, hat unterschiedliche Gründe. Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore) habe sich geweigert, heißt es. Während die Lega erst gar nicht kontaktiert worden sei, wie Fraktionssprecher Carlo Vettori moniert. “Befremdlich” finde er es, dass “uns die Grünen als Erstunterzeichner nicht gefragt haben”. “Wir haben die Mehrheit über die SVP eingeladen, den Antrag mitzutragen”, meint Brigitte Foppa achselzuckend.

Zurück zum eigentlichen Thema des Vormittages: In Italien hat die Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen AGCOM 120 Pilotgemeinden festgelegt, in der die neue Technologie erprobt wird. Vier davon finden sich im Trentino, in Südtirol seien bislang “keine Anfragen zur Installation von Antennen für das 5G-Netz eingegangen”, informierte Landeshauptmann Arno Kompatscher Anfang Juli.

 

Die Vorteile einer effizienten, schnellen und sicheren Datenübertragung stellt keiner der Anwesenden in Frage. Im Gegenteil: SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz, Paul Köllensperger (Team K) und der Freiheitliche Andreas Leiter Reber erwähnen ausdrücklich die Chancen, die schnelles und leistungsstarkes Internet für den Wirtschaftsstandort Südtirol, den ländlichen Bereich und auch die Bürger eröffnet. Aber – und hier sind sich ausnahmslos alle einig – es gelte, dem Vorsichtsprinzip Rechnung zu tragen. Um möglichst viele und objektive Informationen über diverse Aspekte und Auswirkungen oder eventuelle Gefahren bzw. Risiken der 5G-Technologie für Gesundheit, Umwelt und Datenschutz zu erhalten, und mögliche Schutzmaßnahmen in Erfahrung zu bringen, sollen “baldigst” Experten aus dem Ausland und Südtirol angehört werden. So steht es im Beschlussantrag, der diese Woche im Landtag behandelt wird.

Vorschläge für Experten, die geladen werden sollen, präsentiert man an diesem Vormittag nicht. Die Auswahl soll eine Arbeitsgruppe aus Landtagsabgeordneten, Verbraucherzentrale und Landesämtern treffen. Wichtig sei, dass auf “die Expertise von objektiven Fachleuten anstatt auf Pseudowissenschaftler” gesetzt werde, betont Paul Köllensperger. Für Sandro Repetto (PD) ist es ein Anliegen, dass auch die Bürger umfassend informiert werden, während Diego Nicolini für unabhängige Studien plädiert, um “Panikmache zu vermeiden”.

Ob die Ansage auch der Ansammlung im Landtagsfoyer gilt, verrät Nicolini nicht. Dort hat sich pünktlich zur Pressekonferenz eine Gruppe von 5G-Gegnern eingefunden, die unter anderem vor dem “Experiment 5G” als einem “erweiterten Kontrollsystem an uns Bürgern” warnen. Man nehme die Sache ernst und greife das Bedürfnis nach Information auf, beteuern die anwesenden Landtagsabgeordneten. Die von den 5G-Gegnern mitgebrachten Plakate sind bei der Pressekonferenz aber ausdrücklich unerwünscht.

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Michl T. Mi., 11.09.2019 - 12:08

Prinzipieller Unterschied zwischen „alten“ Technologien (2G + 3G) vs. neuen Technologien (4G+5G) ist, dass die Frequenzbereiche immer höher werden.
Physikalisch heißt das im ersten Moment mal, dass Strahlen weniger weit ins organische Gewebe vordringen (wie beim Licht-Farbspektrum im Wasser – tiefere Farbfrequenzen dringen tiefer ins Meer als höhere Farbfrequenzen)
Wer von den Abgeordneten die Zeit findet sich selbst einzulesen:

West-Deutscher Rundfunk:
https://www.quarks.de/gesundheit/handystrahlung-wie-gefaehrlich-ist-das…

Deutsches Bundesamt für Strahlenschutz:
http://www.bfs.de/DE/themen/emf/mobilfunk/basiswissen/5g/5g.html

Mi., 11.09.2019 - 12:08 Permalink