Umwelt | Offener Brief

Schulers Friedenspfeife

Landesrat Arnold Schuler appelliert an den Malser Bürgermeister Ulrich Veith gemeinsam an der Bio-Region Oberenvinschgau zu arbeiten, statt weiterhin zu streiten.
Arnold Schuler hat einen Schritt getan, der durchaus überraschend kommt. Vor allem nach dem Urteil des Bozner Verwaltunsgerichts vergangene Woche. Es ist ein offenes Friedenangebot an die Gemeinde Mals und die Vinschger Pestizidgegner.
Der Landesrat für Landwirtschaft hat jetzt einen offenen Brief an den Malser Bürgermeister Ulrich Veith geschrieben.
In dem Schreiben heißt es:
 
„Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
seit Jahren wird nun über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Gemeinde Mals diskutiert, es hat eine Abstimmung darüber stattgefunden und es sind diesbezüglich Beschlüsse gefasst worden. Mehr noch ist eine öffentliche Debatte angestoßen worden, die auch zu Spaltungen und Konfrontationen geführt hat. Dieser „Konflikt“ hat eine Fortsetzung auch vor Gericht gefunden. Daraus sind zu den Rechtsanwaltskosten, die schon im Vorfeld entstanden sind, noch weitere dazugekommen.
Nun haben mehrere Urteile für Rechtssicherheit gesorgt. Bereits im Jahre 2016 hat das Landesgericht Bozen mit seinem Urteil Nr. 706 die Abstimmung über ein Verbot für den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel auf dem Gemeindegebiet für nicht rechtmäßig erklärt.
Nun hat auch das Verwaltungsgericht Bozen die Verordnung der Gemeinde Mals außer Kraft gesetzt. Darüber hinaus hat auch der EuGH in seiner Entscheidung vom 1. Oktober 2019 festgestellt, dass die Verfahren in Bezug auf die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln dem Vorsorgeprinzip entsprechen. Dabei wird auch die sogenannte „Cocktailwirkung“ mituntersucht, genauso wie eventuelle Langzeitwirkungen, immer unter Berücksichtigung der aktuellsten verfügbaren wissenschaftlichen Studien.
 
 
Dies vorausgeschickt, bin ich der Meinung, dass es höchste Zeit ist, wieder zum Verhandlungstisch zurückzukehren und gemeinsam den Oberen Vinschgau, mit besonderem Augenmerk auf die Landwirtschaft, aber nicht nur, weiterzuentwickeln. Dabei kann die Entwicklung einer BIO-Region Obervinschgau durchaus eine interessante Idee sein. Eine nachhaltige Entwicklung kann aber nur erfolgreich sein, wenn man sie gemeinsam entwickelt und sie mit Überzeugung mitgetragen wird. Weitere Rekurse der Gemeinde würden nicht nur neue Kosten verursachen, sondern für weitere Jahre einen Verhandlungsstillstand bedeuten.
Die Entwicklung einer BIO-Region Obervinschgau kann durchaus eine interessante Idee sein. Eine nachhaltige Entwicklung kann aber nur erfolgreich sein, wenn man sie gemeinsam entwickelt und sie mit Überzeugung mitgetragen wird.
Ich ersuche Dich deshalb von weiteren Rekursen abzusehen und gemeinsam mit dem Land Südtirol und den Gemeinden des Oberen Vinschgaus an Ideen zu arbeiten, um diesen schönen Teil unseres Landes in eine gute Zukunft zu bringen.“
 
Arnold Schuler Vorstoß dürfte mit dem Landeshauptmann abgestimmt sein. Es wird sich zeigen, wie Schulers Appell in Mals aufgenommen wird.
Eines ist aber jetzt schon sicher: Der Südtiroler Bauernbund, der den Landwirtschaftslandesrat von Beginn an kritisch beäugt hat, wird mit der Initiative des Landeshauptmannstellvertreters wenig Freude haben.
Dort will man den Sieg über die Pestizidgegner lieber auskosten.
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Herta Abram Mi., 16.10.2019 - 09:06

Das Angebot von LR Schuler klingt für mich sehr erfreulich! Wenn dies bedeutet, dass Politik sich nun die Mühe macht, die ökologischen Fragen ins Zentrum der „Betriebssysteme“ zu bringen.

Vom Bauernbund wäre ein anderes, integrales, umfassenderes Denken und Verhalten dringend notwendig und wünschenswert. Soll heißen: Die Trennung des Ökologischen, des Sozialen, des Ökonomischen zu überwinden, weil dies in der Realität nicht zu trennen ist.

Mi., 16.10.2019 - 09:06 Permalink
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Sebastian Felderer Mi., 16.10.2019 - 11:00

Es sollten eigentlich solche Ausdrücke, wie Gegner, Friedenspfeife und andere kriegsähnliche Ausdrücke gar nicht verwendet werden. Das Wunder von Mals ist kein Wunder, sondern eine Bemühung um eine Verbesserung im Umgang mit der Natur. Wenn zigtausende Betriebe im Obstbau damit leben, dass wegen der Monokultur keine andere Möglichkeit gegeben ist, als Schädlinge zu bekämpfen, dann ist es mehr als verständlich, dass eine Veränderung nicht von heute auf morgen gelingen kann, sondern nur schrittweise. Und schrittweise ist auch der konventionelle Obstbau seit den achziger Jahren mit dem europäischen GAP-Programm dabei, sich kontinuierlich zu verbessern. Mehr als der biologische Anbau. Es ist nicht 100 erreicht aber sicher 85. Leider ist die Landwirtschaft mit immer neuen Schädlingen und mit geänderten klimatischen Verhältnissen konfrontiert. Da muss der biologische Anbau auch erst sehen, wie und ob er damit fertig wird. Mals ist das Problem grundfalsch angegangen. Hätten sie eine Bioregion von Mals bis Reschen angepeilt, dann wären sie heute einen großen Schritt weiter. Obstbau ist auf der Malser Heide zu unterlassen, weil die einmalige Landschaft für immer zerstört wird. Ein Gerüst stört inmitten vom Grünland, ob konventioneller oder biologischer Anbau betrieben wird. Von den Gefahren des Abdrifts gar nicht zu reden. Der Malser Weg ist eine Sackgasse und kostet den Bürgern sehr viel Geld für nichts. Bürgermeister Veith hat einen internationalen Aufhänger gefunden, der ihm für seine "innenpolitische" Situation sehr entgegen kommt. Er erweist der Bioregion Obervinschgau aber einen schlechten Dienst. Obervinschgau ist nicht nur Mals, sondern reicht mindestens von Glurns bis zum Reschenpass.

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Sebastian Felderer Mi., 16.10.2019 - 11:26

Zur Ergänzung meines Kommentars hier nur noch die Information, dass ich als gebürtiger Oberländer einerseits die Situation der dortigen Landwirtschaft gut kenne und andererseits 40 Jahre engen Kontakt mit dem Obstbau in Schlanders habe. Als Präsident des Meliorierungskonsortiums habe ich den Neubau der Beregnung auf den 600 ha Multenwiesen, also angrenzend an das Gebiet von Mals, vorangetrieben. Wenn von Obervinschgau oder oberland die Rede ist, dann kann man dieses Gebiet nicht einfach ausschließen, denn der Begriff "Bioregion" betrifft nicht nur den Obstbau in Mals, sondern auch die Milch- und Almwirtschaft im Oberland. Das scheint der Bürgermeister Veith vergessen zu haben, obwohl ein wesentlicher Teil des Beregnunggebietes die Gemeinde Mals betrifft und er uns bei der Konzessionsverlegung von Planeil tatkräftig untertützt hat. Es ist für einfach befremdend, wie ein so heikles und wirtschaftlich bedeutendes Thema so einseitig und oberflächlich angegangen werden kann. Deshalb wurde auch der Dialog nicht nur mit dem Landesrart und dem Bauernbund gescheut, sondern auch mit der Landwirtschaft des Oberlandes total vernachlässigt. Mals hat nicht das "warme Wasser" entdeckt, sondern durch sein einseitiges und blindes Vorgehen eine "kalte Dusche" bekommen. Und das Wunder von Mals kommt den Malsern recht teuer zu stehen. Aber Wunder sind eben billiger nicht zu haben. Vernuft und Weitsicht sind eben bestimmten Persönlichkeiten zwischen den sieben Türmen verloren gegangen.

Mi., 16.10.2019 - 11:26 Permalink
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Elisabeth Garber Mi., 16.10.2019 - 14:59

Hochinteressant und eine wichtige Ergänzung, die Kehrseite der Medaille vom 'Wunder von Mals' durch Herrn Felderer. Es ist auch so, dass das Dorf zutiefst gespalten u. zerstritten ist. (O-Ton eines Obervinschgers, den ich einmal zur Mals-Situation befragt habe.)

Mi., 16.10.2019 - 14:59 Permalink
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Sebastian Felderer Mi., 16.10.2019 - 20:02

Antwort auf von Elisabeth Garber

Das ist wahr Frau Garber, solche Konflikte spalten jedes Dorf. Nicht nur Mals, auch das Land wird gespalten. Auf der einen Seite die Obstwirtschaft auf den zwei Schienen und auf der anderen Seite das Grünland und die Milchwirtschaft. Aus dem Problem zweier angrenzender Bauern, einem Käseproduzenten und einem Obstbauer, wurde eine europaweite Problematik heraufbeschworen, die gerichtliche Lösungen sucht. Wenn das Vernunft ist, dass heiße ich Josef. Als ehemaliger Vorsitzender der Umweltschutzgruppe habe mich nie in die Materie eingemischt. Ich kenne die Hintergründe, ich kenne die Promotoren und weiß Bescheid. Allerdings haben diese Herrn für teures Geld ein lösbares Problem in eine Sackgasse manövriert, aus der es nicht mehr herauskommen wird. Eine erste Abrechnung werden die Gemeindewahlen 2020 sein.

Mi., 16.10.2019 - 20:02 Permalink
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Herta Abram Mi., 16.10.2019 - 18:24

Ich habe Ihre Beiträge mit Aufmerksamkeit gelesen.

Mein Blickwinkel ist auf die gewaltigen Herausforderungen, die Kinder und Jugendlichen von heute erwartet, ausgerichtet. Wie wird die Zukunft in zehn bis fünfzehn Jahren aussehen? Wie werden Klimawandel, Gentechnik und Weltkrisen unser Leben beeinflussen? Welche bestimmte Formen der Wirtschafts- und Politikfortschreibung gehen nicht mehr?

Es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn andere Formen Wirtschaft zu denken, nicht (immer) sofort als radikal, abweichend und unrealistisch abgewertet werden. Wenn persönliche Befindlichkeiten oder Machtansprüche nicht länger konstruktive Weiterentwicklung-Diskussionen erschweren. Wenn wir uns gemeinsam auf innovative Prozesse einlassen könnten, und dabei an eigene Erfahrungen anknüpfen.
- Wir brauchen große Visionen, um kleine Schritte umzusetzen. Dies gilt freilich nicht nur für die Landwirtschaft.

Mi., 16.10.2019 - 18:24 Permalink
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Sebastian Felderer Mi., 16.10.2019 - 20:31

Antwort auf von Herta Abram

Die Vision, die Sie ansprechen, Frau Abram, liegt ganz auf einer anderen Ebene, als das "Wunder von Mals". Ihr Wunsch appelliert an die Vernuft und die Sorge um eine nachhaltige Wirtschaft und um die Produktion von gesunden Lebensmitteln. Ich habe in dieser Hinsicht oft den Kopf geschüttelt, wenn plötzlich unsere Äpfel vergiftet und schädlich sein sollten. Kann sich jemand vorstellen, was es heißt x-tausend Waggon Äpfel einzulagern und sie dann bis August zu vermarkten, wenn sie giftig und ungenießbar wären. Die Rückstände werden genauestens kontrolliert, je größer und mächtiger der Abnehmer, desto gründlicher die Kontrollen. Da hinkt sogra Bio gewaltig nach. Ihre Vision ist für mich mehr als verständlich und wenn man sich die Entwicklung des integrierten Obstbaues ansieht, dann wird genau dieser Weg beschritten. Bei guter Qualität laufend eine Verbesserung und gleichzeitige Reduzierung des Spritzmitteleinsatzes zu erreichen. Denken wir nur an den Herbizideinsatz, der heute fast gänzlich verschwunden ist und früher durchaus üblich war. Dadurch wird gerade die Infiltration in den Boden und somit Wurzelbereich vermieden. Meine Befürchtungen sind zwei: Einmal dass ein Biobauer "per Gesetz" nie einer sein wird, der es aus Übezeugung und dem nötigen Fachwissen macht und somit kläglich scheitert. Zum zweiten werden die Klimaveränderungen und die neuen Schädlinge den Bioanbau in arge Schwierigkeiten bringen, weil er wahrscheinlich der Entwicklung in der Bekämpfung nachhinkt. Wenn die Biobauern fast jeden Tag mit dem Sprüher unterwegs sein werden, dann wird es auch eine Kostenfrage. Die hohen Erlöse haben viele zum Umsteigen animiert. Sollte sich auf dem Markt eine Verschiebung zu Gunsten des integrierten Obstbaus ergeben, dann ist der Bioanbau Vergangenheit. Wei Sie andere Formen der Wirtschaft anschneiden. Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Weg von der Monokultur, vom industriellen Anbau als Engpflanzung. Ein Prozess, der aber mindestens zwei Generationen beansprucht. Zurück zum Thema Mals. Warum baut man auf der Malser Heide nicht Streuobst an, wenn es schon Äpfel sein müssen? Wäre passend in der Landschaft und wären gesunde Lebensmittel. Warum hat sowas nicht Platz auf dem "Malser Weg"? Weil es denen um ganz was anderes geht.

Mi., 16.10.2019 - 20:31 Permalink
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Profil für Benutzer Papi llon
Papi llon Do., 17.10.2019 - 11:49

Antwort auf von Sebastian Felderer

Ich war Gestern in Mals auf dem Gollimorkt. Dabei sind mir Äpfel mit Club Charisma ins Auge gefallen. Dazu der Preis der für Marktpreise von 3€ meines Erachtens zu hoch sind. Dass man solche Waren in Mals anbieten darf(der Stand war ziemlich zentral oberhalb der Apotheke) zeugt dass das das Wunder der Malser verpufft ist.

Do., 17.10.2019 - 11:49 Permalink
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Klaus Griesser Do., 17.10.2019 - 15:21

Die Malser hatten demokratisch mit quasi 75% Mehrheitsbeschluss entschieden, sie wollen pestizidfrei sein und der Bürgermeister hatte ebenso demokratisch diesem Willen entsprochen. Demokratische Beschlüsse hat jeder Landesrat zu respektieren, statt triumphierend zuzuschauen wie sich der Bauernbund gerichtlich durchsetzen möchte, und hätte die Gemeinde in diesem Vorhaben unterstützen müssen. Pestizidfrei sein wollen bedeutet in letzter Konsequenz aus dem industriellen Monokultur- Landwirtschaftssystem auszusteigen und umzusteigen auf kleinteilige Produktion verschiedenster Kulturen. Warum? Weil die riesigen Monokulturen nicht auf Pestizide verzichten können, während vielfältige Kulturen die Ausbreitung von Schädlingen unterbinden und die zunehmend unberechenbareren Wetterunbilden ausgleichen können. Sicher geht das nicht von heute auf morgen, aber es muss angepackt werden, nicht nur in Mals. Es bedeutet aber auch - ganz im Sinne der Vision von Greta Thunberg - Umlenken der flächenabhängigen Subventionen der Monokulturproduktion auf die kleinteilige Anbauweise der Kleinbauern. Sonst haben die weiterhin keine Überlebenschance und das ist genau der prächtige Hintergrund für auswärtige Großbauern, mit den unverseuchten Böden von Mals spätestens seit Bewußtwerdens des Klimawandels zu spekulieren. Der Malser Weg entspricht der Verteidigung der ursprünglichen Ethik vom Bauernstand, gesunde Lebensmittel naturnahe für ein schönes Land zu produzieren. Der Bauernbund hat diese Ethik verloren und verteidigt auf Biegen und Brechen die flächensubventionierte Monokultur-Massenproduktion, sein Landesrat pflichtet ihm bei und predigt "Versöhnung", in Wirklichkeit will er die Malser von ihrem Willen wegbringen. Das Pestizidverbot steht völlig im Einklang mit der Rettung des Planeten, mit dem Allgemeinwohl, die Gemeinde soll daran festhalten, mit dem Widerstand der Machthaber ist freilich zu rechnen.

Do., 17.10.2019 - 15:21 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Do., 17.10.2019 - 18:43

Antwort auf von Klaus Griesser

Sie schreiben:
“Die Malser hatten demokratisch mit quasi 75% Mehrheitsbeschluss entschieden, sie wollen pestizidfrei sein und der Bürgermeister hatte ebenso demokratisch diesem Willen entsprochen. Demokratische Beschlüsse hat jeder Landesrat zu respektieren,...”
Erster Grundsatz in der Demokratie: die Gemeinschaft folgt den Gesetzen, und nicht der Willensbildung einzelner Gruppen unter Missachtung der Gesetze.
Willensbildung ausserhalb der Gesetze nennt sich Diktatur, im Gegensatz zur gesetzesbeachtenden Demokratie.
Stellen Die sich vor, Sie wohnen in einem Wohnhaus mit 10 Parteien. 8 Parteien entscheiden im Mehrheitsbeschluss, dass sie aus dem Haus ausziehen müssen. Müssen Die sich an diesen Beschluss halten...?
Nein, da er auf keiner demokratisch zustande gekommenen Regelung gründet.

Do., 17.10.2019 - 18:43 Permalink
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Profil für Benutzer Klaus Griesser
Klaus Griesser Do., 17.10.2019 - 20:31

Antwort auf von Peter Gasser

Demokratie heißt, die Mehrheit entscheidet über das Wie des Zusammenlebens in der Gemeinde, unter Respektierung der Gesetze des Landes. In Mals musste meines Wissens niemand ausziehen, die von Ihnen bemitleidete Minderheit muss lediglich akzeptieren, dass sie keine Pestizide spritzen darf. Wie durch unzählige Messungen hinlänglich bewiesen wurde, halten sich die Pestizide als wasserlösliche Mittel nicht an die Grundstücksgrenzen sondern sie verbreiten sich über den Boden, das Wasser und die Luft in der Nachbarn Wiesen. Demokratisch ist der, der mit Rücksicht auf den Nachbarn arbeitet, im Gegenzug ist der Rücksichtslose nicht demokratisch, sondern schlicht egoistisch, und wenn er sein Recht durchsetzen will, ist er obendrein im Unrecht.
Der Vollständigkeit halber: es ist kein Schaden für den Nachbarn zu gewärtigen, wenn keine Pestizide gespritzt werden.

Do., 17.10.2019 - 20:31 Permalink
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Karl Gudauner Do., 17.10.2019 - 19:13

Kompliment an LR Arnold Schuler für das Gesprächsangebot! Jetzt ist es nicht klug, in Kommentaren Schuldzuweisungen zu machen. Es geht um komplizierte Sachverhalte, deren politische Sprengkraft bereits zum Ausdruck gekommen ist. Es geht um die Herstellung von Konsens zwischen unterschiedlichen wenn nicht gegenläufigen Überzeugungen. Also werden sich alle auf einander zu bewegen müssen. Und es geht um mittel- und langfristige Planungskonzepte, die auch mit den Marktbedingungen und Markttendenzen in Einklang zu bringen sind. Es ist zu erwarten, dass ein guter Teil der Diskussion auch über die Medien nachvollziehbar sein wird, da das Interesse am Thema einfach groß ist. Dadurch sollten auch Ausgewogenheit und Fairness besser gewährleistet werden können. Also alles Gute für den Weg der Verständigung!

Do., 17.10.2019 - 19:13 Permalink
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Klaus Griesser Fr., 18.10.2019 - 15:26

LR Schuler beruft sich mit seinem Kompromissvorschlag auch auf des EuGH- Urteil, scheint aber dieses nicht genau gelesen zu haben. Ich zitiere https://www.keine-gentechnik.de/nachricht/33815/ :
Laut EuGH erfordert das Vorsorgeprinzip, die möglicherweise negativen Auswirkungen der einzelnen Wirkstoffe und des gesamten Pflanzenschutzmittels auf die Gesundheit zuerst zu bestimmen und dann umfassend zu bewerten „auf der Grundlage der zuverlässigsten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und der neuesten Ergebnisse der internationalen Forschung“. Bei der Zulassung sei „die Berücksichtigung der Kumulations- und Synergieeffekte der Bestandteile dieses Mittels ebenfalls verpflichtend“, schreiben die Richter unter Verweis auf die entsprechenden Passagen der Verordnung. Deshalb hätten die Mitgliedstaaten „bei einer solchen Bewertung die Wechselwirkungen zwischen den Wirkstoffen, den Safenern, den Synergisten und den Beistoffen zu berücksichtigen“.
Bisher sieht die Zulassungspraxis in der EU so aus, dass auf EU-Ebene die einzelnen Wirkstoffe zugelassen werden, während die Mitgliedsstaaten für die Zulassung der damit hergestellten fertigen Pestizide zuständig sind. Damit die Mitgliedsstaaten bei einem fertigen Pestizid die Gesundheitsrisiken bewerten können, müssen auch für das fertige Produkt entsprechende Studien zur Karzinogenität und Toxizität vorliegen, schreiben die Richter – auch wenn dies in der Verordnung nicht explizit vorgeschrieben sei. Denn das fertige Mittel dürfe nur zugelassen werden, „wenn nachgewiesen ist, dass es keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen hat“.
Bisher seien entsprechende Studien nicht vorgelegt worden, erklärt Rechtsanwalt Guillaume Tumerelle: „Die Zulassungen für das Inverkehrbringen werden ohne langfristige Toxizitäts- und Karzinogenitätsanalyse der in Verkehr gebrachten Fertigprodukte erteilt.“ Für ihn folgt daraus, dass viele Zulassungen für Pestizide unverzüglich entzogen werden müssten. Denn die Behörden der Mitgliedsstaaten sind an die Auslegung des obersten europäischen Gerichts gebunden und müssen die Verordnung entsprechend umsetzen. Ende des Zitats.
Ich höre hinter dem EuGH-Urteil das ausstehende Gewitter zwischen der mächtigen Monsanto-"Wissenschaft" alias Propagandmaschinerie einerseits, unter deren Schutzschild auch unsere Landwirtschaftsmacher wirken, und andererseits der unabhängigen Wissenschaft, die schon seit langem immer wieder und offensichtlich immer kräftiger den chemischen Pflanzenschutz als Sackgasse für die gesamte Landwirtschaft und als Gefährdung der Gesundheit der Menschen anprangert.

Fr., 18.10.2019 - 15:26 Permalink