Chronik | Sanität

Der Fall Uniqa

Die Bozner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Generaldirektor Andreas Fabi und zwei hochrangige Mitarbeiter des Sanitätsbetriebes. Eine haarsträubende Geschichte.
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Foto: Südtiroler Sanitätsbetrieb
Andreas Fabi tut so als wüsste er von nix. Der langjährige Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes fällt aus allen Wolken. „Dieser Ermittlungsbescheid kommt aus heiterem Himmel“, sagt Fabi zu den Dolomiten, die in ihrer Samstagausgabe den Fall öffentlich machen. Die Verwunderung dürfte gespielt sein. Denn in der Ermittlungen der Bozner Staatsanwaltschaft geht es um einen haarsträubenden Fall. Es ist ein Paradebeispiel, wie locker und unbekümmert man im Südtiroler Sanitätsbetrieb mitunter mit Steuergeldern umgegangen ist. Und wie fahrlässig man bei der Vergabe von Millionenaufträgen vorgeht.
 

Die Ermittlung

 
Im Strafverfahren Nr. 1404/2019 sind bisher drei Personen in das Ermittlungsregister eingetragen. Flavia Basili, Direktorin des Amtes für Versicherungsrisiken, Schadensfälle und allgemeine Dienste des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Andreas Fabi von 2007 bis 2015 Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes und Ernst Huber, Direktor der Finanzabteilung des Sanitätsbetriebes. Die Vorwürfe: Amtsmissbrauch und illegale Beeinflussung einer Ausschreibung.
Die Ermittlungen, die von Staatsanwalt Igor Seccho geleitet und von den Beamten der Bozner Finanzwache durchgeführt werden, sind noch nicht abgeschlossen. Erst Anfang dieser Woche wurde im Beisein der Vertrauensverteidiger von Fabi & Co mit der Auswertung von beschlagnahmten USB-Sticks und Telefondaten begonnen. 
 
 
Obwohl für alle drei Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt, sind nach Information von salto.bz die Indizien und Beweise, die die Ermittler zusammengetragen haben, bereits jetzt äußerst schwerwiegend.
Dabei sind diese Ermittlungen nur ein Strang eines weit größeren Falles, den die Bozner Staatsanwaltschaft seit Monaten bearbeitet. Ausgangspunkt ist dabei der Wirbel um die Versicherung des Südtiroler Sanitätsbetriebes und die Haftpflichtversicherung für die Südtiroler Krankenhausärzte. Es ist der Fall, der letztlich den damaligen Generaldirektor Thomas Schael den Kopf gekostet hat.
Nach mehreren Eingaben ermittelt die Staatsanwaltschaft rund um die Vergabe des Millionen-Auftrages an die Wiener Versicherung Uniqa. Bereits vor Monaten wurden von den Ermittlern dazu auch Landeshauptmann Arno Kompatscher angehört.
Die jetzt bekannt gewordene Ermittlung ist nur einer der Ermittlungsstränge. Er erlaubt aber einen Einblick in Praktiken, die man ohne große juridische Vorkenntnisse als haarsträubend bezeichnen kann.
 

Die Ausschreibung

 
Der Sanitätsbetrieb schreibt 2012 die Versicherungsdienstleistungen für die Krankenhäuser und die Krankenhausärzte aus. Seit vielen Jahren wickelt die Uniqa diesen Dienst ab. Die Wiener Versicherung beteiligt sich auch 2012 an der Ausschreibung und erhält den Zuschlag. Der Preis: 6.600.000 pro Jahr für insgesamt sechs Jahre.
Alle öffentlichen Ausschreibungen müssen über das damals neu eingeführte öffentliche Vergabeportal gemacht werden. Die Bedingungen sind klar definiert. Das Portal wird von einer privaten Firma betrieben, die für die Dienstleistung einen Prozentsatz des Betrages erhält, für den der Auftrag zugeschlagen wird. Diesen Betrag muss das Unternehmen zahlen, das den Auftrag erhält.
Im Fall der Versicherungs-Ausschreibung des Sanitätsbetriebes sind die Kosten 0,45 Prozent des Betrages mit dem der Auftrag zugeschlagen wird. Also rund 30.000 Euro. Der Betrag wird natürlich nur einmal gezahlt.
Obwohl diese Regelung klar ist, passiert im Südtiroler Sanitätsbetrieb im Fall Uniqa aber etwas, was man wohl kaum als Anfänger- oder Flüchtigkeitsfehler bezeichnen kann.
Auf dem Zuschlagsdekret für die Wiener Versicherung steht nicht 6,6 Millionen Euro sondern der Betrag: 6.630.000 Euro. Das heißt plötzlich zahlt nicht die Auftragsempfänger die Dienstleistungen des Portals sondern der Sanitätsbetrieb.
 

Der Streit

 
Doch damit nicht genug.
Als der Sanitätsbetrieb auf den Fehler aufmerksam wird, annulliert und korrigiert er nicht etwas das Zuschlagsdekret. Es ist eine Nachlässigkeit mit fatalen Folgen.
Denn die Uniqa verlangt plötzlich als Jahresprämie nicht die 6,6 Millionen Euro, sondern die 6.630.000 Euro, die im Zuschlagsdekret stehen. Und das für die gesamte Laufzeit des Vertrags. Also fünf Jahre lang.
 
 
Was selbst für einen Laien absurd scheint, führt zu einem langen Streit zwischen der Wiener Versicherung und der zuständigen Direktorin im Sanitätsbetrieb Flavia Basili. Die Ermittler können eine Mail- und Briefverkehr rekonstruieren, der rund eineinhalb Jahre dauert. Dabei kann der Sanitätsbetrieb auch ein Urteil des Kassationsgerichtes vorweisen, dass eindeutig jener Interpretation Recht gibt, dass der Sanitätsbetrieb nicht zahlen muss.
Doch am Ende zahlt man. Ingesamt sind es fast 200.000 Euro mehr, die so aus den Kassen des Sanitätsbetriebes nach Wien zur Uniqa fließen. 
Der offizielle Grund ist eine Art Kompromiss, der nach langen Verhandlungen zwischen der Versicherung und dem Sanitätsbetrieb geschlossen wird. Und hier kommt Andreas Fabi ins Spiel.
 

Der Kompromiss


Während des Streits um die 30.000 Euro, kommt noch eine andere Frage auf den Tisch, in der zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Uneinigkeit herrscht. Dabei geht es um die gesetzlich vorgesehene Inflationsanpassung der Versicherungsprämie. Die Frage dabei ist jene, die jetzt auch beim Kollektivvertrag für die öffentlichen Bediensteten zum Eklat geführt hat. Soll ihn Südtirol der staatliche Index (ISTAT) oder der Landesindex (ASTAT) angewandt werden? Der Landesindex ist rund ein Prozent höher als jener des Staates und damit für die Uniqa finanziell vorteilhaft.
Bis 2012 wurde bei der Versicherungsprämie der Sanitätseinheit der ASTAT-Index angewandt. Deshalb besteht die Uniqa auf die Anwendung des Landesindex. Amtdirektorin Flavia Basili hingegen beharrt darauf, dass man den ISTAT-Index anwenden muss. Auch dazu haben die Ermittler einen langen Mail-Verkehr beschlagnahmt.
 
 
Darin finden sich aber auch die Hinweise auf ein Rechtsgutachten, das die Uniqa in dieser Frage in Auftrag gegeben hat. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die Sanitätseinheit Recht hat und der ISTAT-Index für den Inflationsausgleich angewandt werden muss. Das heißt: Alle Rechtsquellen standen auf Seiten des Sanitätsbetriebes.
Umso unverständlicher ist es für die Ermittler deshalb, was dann passiert. Es kommt zu einem Treffen zwischen dem damaligen Generaldirektor Andreas Fabi und den Südtiroler Vertreter der Uniqa. Dabei handelt man einen Kompromiss aus. Uniqa sagt Ja zum ISTAT-Index und der Sanitätsbetrieb zahlt jährlich die geforderten 30.000 Euro mehr.
Andreas Fabi wird jetzt vor dem Staatsanwalt erklären müssen, warum und wie es zu „diesem Kompromiss“ gekommen ist.