Gesellschaft | Jubiläum

Demokratie bleibt Baustelle

Die Initiative für mehr Demokratie feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Der nächste Schritt: Die Südtiroler Bevölkerung soll über ein neues Landeswahlgesetz abstimmen.
Initiative Demokratie
Foto: Salto.bz

Aufgeben? Das kommt für sie nicht in Frage. Seit 25 Jahren setzt sich die Initiative für mehr Demokratie für – es liegt auf der Hand – mehr Demokratie in Südtirol ein. Am Freitag Abend hat man sich in Bozen gefeiert.
Es ist ein Tag mit Symbolkraft: Vor zehn Jahren, am 25. Oktober 2009, fanden in Südtirol die ersten landesweiten Volksabstimmungen statt. “Mut und Ausdauer” habe es gebraucht und brauche es immer noch in einer “Zeit der Monster”, in der das Zusammenleben und demokratische Institutionen “von ökonomischen Interessen und autoritärem Gedankengut” bedroht seien. Mit dieser Botschaft empfangen Erwin Demichiel, Präsident, und Stephan Lausch, Koordinator der Initiative für mehr Demokratie die Gäste in der Aula Magna der Universität Bozen.
Gekommen sind zahlreiche Sympathisanten, Unterstützer, aber auch Gewerkschafter und Landtagsabgeordnete.

 

Einen vorläufigen Meilenstein sehen Lausch & Co. in dem neuen Gesetz zur Direkten Demokratie und Bürgerbeteiligung, das der Landtag im Juli 2018 verabschiedet hat. Ausblenden will man an dem Tag, der ganz im Zeichen der Feierlaune stehen soll, dass die SVP das Gesetz wieder beschneiden will. Kommende Woche wird der entsprechende Gesetzentwurf, mit dem unter anderem das bestätigende Referendum wieder abgeschafft werden soll, erneut im zuständigen Gesetzgebungsausschuss behandelt.

 

Schwerer Spagat

 

Als einer der Festredner ist am Freitag Arno Kompatscher angekündigt worden. Der Landeshauptmann aber weilt in Rom und lässt sich von seinem Stellvertreter Daniel Alfreider vertreten. Der tut sich sichtlich schwer, einen Spagat zwischen seiner persönlichen Haltung – “ich persönlich sehe partizipative Prozesse kritisch, auch weil sie sich oft gegen Projekte richten” – und den Anliegen der Anwesenden zu spannen. “Als Land werden wir die Initiative natürlich weiterhin unterstützen und ich wünsche Ihnen alles Gute”, bemüht sich Alfreider um einen versöhnlichen Ton – um dann nachzuschicken, dass er Bewegungen wie Fridays for Future um Greta Thunberg für alles andere als (direkt-)demokratisch hält. “Das ist keine partizipativer Ansatz, es konzentriert sich alles auf eine Person und geht also in die entgegengesetzte Richtung.”

Während Alfreider viel Kopfschütteln und müdes Lächeln erntet, findet man für die Unterstützer des “Malser Weges”, von denen auch einige im Saal sind, Worte der Zuversicht. “Ein Gericht hat vor Kurzem befunden, dass die Liebesbeziehung zwischen den Malser Bürgern und dem Malser Bürgermeister keine richtige Ehe war und das Kind also ein uneheliches. Aber das Kind ist in der Welt – pflegt es!”, spricht Erwin Demichiel auf das gekippte Pestizidverbot, für das sich die Bürger von Mals in einem Referendum vor fünf Jahren mehrheitlich ausgesprochen hatten.

 

Neues Landeswahlgesetz über Volksabstimmung

 

25 Jahre nach Gründung der Initiative sieht man noch viel zu tun. Seit Jahren versucht man, eine Reform des Landesgesetzes zur Wahl des Landtags auf den Weg zu bringen.

Die zentralen Punkte des Vorschlags sind: Kandidaten sollen listenübergreifend gewählt werden können; eine Mandatsbeschränkung; Unvereinbarkeit zwischen Landtagsmandat und Sitz in der Landesregierung; auch Bürger, und nicht nur Parteien, sollen Kandidaten nominieren können.

“Das Gesetz soll nicht von den Regierenden gemacht und verabschiedet werden, weil die Gefahr besteht, dass sie dieses in ihrem eigenen Interesse gestalten. Die Bürger und Bürgerinnen müssen wissen, wie sie wählen wollen, nicht die Gewählten, wie sie gewählt werden wollen.” Nun sieht man eine konkrete Möglichkeit dafür: Über eine Volksinitiative – das Instrument wurde vom Direkte-Demokratie-Gesetz eingeführt – will die Initiative “unsere Vorstellung von einem besseren, schöneren, freieren Wählen bald schon in einer Volksabstimmung vorlegen”.