Gesellschaft | Euregio

Territorial markiert

Welchem gewollten und ungewollten Zweck die neuen Euregio-Hinweisschilder dienen
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Foto: LPA / Matteo Donagrandi

Die Außengrenzen der Euregio, genauer des EVTZs, werden jetzt also mit Hinweisschildern aufgehübscht. Gut gemeint, das Zusammengehörigkeitsgefühl jener innerhalb der Grenzen zu stärken. Mit willkommenem, touristischem Nebeneffekt. Und mit einem Ätsch-Pätsch für all jene, die draußen sind. Mitten im Münstertal steht nun das erste Schild. Müstair ist draußen, ist seine Botschaft.

Weitere Schilder kommen. Auch Im Gemärk soll die Grenze markiert werden. Cortina wird ein Hinweisschild vor die Nase gesetzt, wo doch die drei Suramunter Gemeinden beobachtend und im Herzen vieler doch dazugehören.

Also ist die Debatte eröffnet. Innen und draußen. Sie und wir. Symbolisch, ein bissel archaisch. Territorial markiert, anstatt die Euregio als Idee, die sie eigentlich sein möchte, einladend nach außen zu tragen. Egal, ob die EVTZ-Präsidentschaft beim Kompatscher oder beim Platter liegt, unsere Euregio bleibt betonierterweise als die Gesamtheit der drei institutionalen Länder definiert. Mit Außengrenze.

Müstair und Cortina sind draußen, ist die Botschaft. 

Nein, bei uns ist es nicht wie mit anderen Euregios. Anderswo können sich einzelne Gemeinden in lockerem Verbund mit den Euregios verbunden fühlen. Die Nordtiroler Gemeinde Waidring zum Beispiel gehört zu unserem EVTZ als auch zur Euregio Salzburg–Berchtesgaden–Traunstein, ohne dass damit theatralisch politische Statements verbunden würden. Was bei uns los wäre, wenn ein Schild auch nur einen Meter hinter der offiziellen Landesgrenze angebracht würde! Das mag an unserer besonderen Situation liegen, aber eben auch am offensichtlichen Bedarf unserer Gemüter, uns territorial zu definieren, damit autonome Gelder auch ja diesseits der „Euregio-Hinweisschilder“ investiert werden. Autonomie ist eben kein Lebensgefühl. Sie ist ein Schutzwall voll von verwaltungsrechtlichen Verantwortungen und auch Privilegien.

Sollte es tatsächlich an den rechtlichen Möglichkeiten des EVTZs und den Vereinbarungen mit Rom scheitern (der Beweis wäre noch zu liefern), wäre es immer noch das Mindeste, zusätzlich zum formalen EVTZ eine lockere Euregio draufsetzen, bei der mitspielen kann, wer eben mitspielen will. Wir sind eine lebendige Region, kein stoisch-rechtlicher Verwaltungsbezirk. Mögen Politik und Geschichte entscheiden, welche Gemeinde denn wohin gehört. Unsere Gemeinschaft aber, unsere Lebenswelt und auch die Verantwortung des EVTZs für die Region hören nicht haarscharf bei den Landesgrenzen auf, auch nicht bei der EU-Außengrenze im Münstertal.

Warum also den Leuten ein Schild vor die Nase setzen ?

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Benno Kusstatscher Do., 17.10.2019 - 12:37

Ja, der "völkische" Ansatz ist nicht ganz wegzuleugnen. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob ganz bewusst unterschlagen wird, dass es in der Euregio auch die ladinische Landessprache gibt. Oder kommt die Dreisprachigkeit in der Gedankenwelt der Entscheidungsträger schlicht und einfach nicht vor? Sollen sich Ladiner* auf der Heimreise etwa über das Schild freuen, dass ihre Existenz leugnet?

Und überhaupt, wer das Schild als freundlichen Willkommensgruß für Schweizer* verstanden haben will, wäre der* nicht ein romanisch-rätisches Bainvegni schuldig?

Do., 17.10.2019 - 12:37 Permalink
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Christian Mair Di., 05.11.2019 - 11:57

Anstatt eines 3 geteilten Adlers auf Zügen oder Aussengrenzen, müssen Inhalte und politische Taten auf den Tisch. Das wäre auch die richtige Antwort auf die Doppelpassdebatte.

Beispiele:
- Euregio-Tirol Öffi- Jahres-Monats-und Wochenkarte zur erleichterten Integration der Systeme
- Bürgerkarte für digitale Signatur,Bürgerbeteiligungsprozesse, Zugang zu Finanzamts-, Krankenkassen-und Sozialkonto
- Zugang zu Telepass für EU-Kreditkartenbesitzer
- statt füttern der Finanzindustrie mit subventionierter privater Pensionsvorsorge, schaffen von regionalen Investitionsformen in Zukunft wie lokale Energiekonzepte, lokale Mobilitätskonzepte etc.

Di., 05.11.2019 - 11:57 Permalink