Politik | Aus dem Blog von: Julian Zanon

Verlierer ist die Demokratie

Die Nationalratswahl in Österreich ist geschlagen und hält für Interessierte und Beobachter nur kleine Überraschungen bereit. Ein Kommentar von Julian Zanon.
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Die Regierung bestehend aus SPÖ und ÖVP hat eine Niederlage einstecken müssen, kann aber ihre Regierungsmehrheit knapp verteidigen. Die FPÖ hat für ein blaues Wunder gesorgt und in vielen Bundesländern und Bezirken große Zugewinne erringen können. Das haben die blauen Freiheitlichen vor allem dem neopolitischen Milliardär Frank Stronach zu verdanken. Während nach der Bekanntgabe der Kandidatur Stronachs im Herbst des vergangenen Jahres vor allem die FPÖ unter den hervorragenden Umfragewerten des Milliardärs litt, konnte Stronach die Menschen mit seinen sich ständig wiederholenden Parolen nicht mehr so gut erreichen. Stronach hatte zu seinem Umfragehoch um die 15% auf sich vereinen können, bei der Wahl musste er sich jedoch mit 5,8% zufrieden geben. Eine Sensation schafften die NEOS, die als erste neue Partei auf Anhieb den Sprung in den Nationalrat schafften.

Als Hauptwahlverlierer kann man neben den Regierungsparteien jedoch vor allem die Demokratie in Österreich ausmachen. Obwohl der ORF einen Tag vor der Wahl noch einen Zuwachs der Wahlbeteiligung voraussagte, musste man hier einen herben Rückschlag hinnehmen. Um beinahe 13 Prozent ist die Wahlbeteiligung von 2008 bis 2013 noch einmal heftig auf rund 65 abgestürzt.

In Nordtirol ist die Wahlbeteiligung zwar nicht so stark aber auch um fast 10 Prozent abgestürzt, allerdings auf ein noch niedrigeres Niveau als im Bund auf 60 Prozent. Die dortige Regierung aus ÖVP und GRÜNE kann sich zwar über leichte Zuwächse freuen, trotzdem ist die vorwiegende Ablehnung der Bevölkerung des politischen Angebots im Land ein Trauerspiel. Auch die Analysen und Reaktionen der Spitzenpolitiker in Nordtirol haben gezeigt, dass sie diesen Umstand in keiner Weise in ihre Aufarbeitung der Wahl einbauen wollen und werden. Hier spielt man auf Dauer mit dem Feuer und wird versuchen müssen neue Impulse zu setzen.

Die Bevölkerung fühlt sich schlichtweg nicht mehr ausreichend vertreten von den Politikern und äußert das sehr deutlich indem sie das erste Mal in der Geschichte der zweiten Republik Österreich die „Partei der Nichtwähler“ zur stimmenstärksten kürt. Landeshauptmann Günther Platter, der mit dem eigenen Landesergebnis zufrieden sein kann, hat bereits angekündigt, dass er sich in Wien für neue Impulse einsetzen werde. Inwieweit er das wirklich umsetzen kann bleibt abzuwarten. Ob es die Parteien auch als Auftrag sehen, wieder näher an die Bevölkerung heranzutreten, wird ebenfalls nur die Zukunft zeigen können. Ändert sich im Verhalten der Politiker auch in Zukunft nichts, wird bei den kommenden Nationalratswahlen nicht mehr die Regierung zur Wahl stehen, sondern die Demokratie als Konzept und ihre Umsetzung in diesem Land.

Zum Autor: Julian Zanon ist 24 Jahre alt, studiert in Innsbruck Politikwissenschaften und ist gebürtiger Lienzer. Für salto.bz kommentiert der junge Student das Wahlergebnis in Österreich

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Nord licht -r Mo., 30.09.2013 - 21:09

" Democracy is two wolves and a lamb voting on what to have for lunch. Liberty is a well-armed lamb contesting the vote." Benjamin Franklin
...na dann...mahlzeit

Mo., 30.09.2013 - 21:09 Permalink
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Harald Knoflach Di., 01.10.2013 - 00:17

"Verlierer ist die Demokratie" - wie wahr.

nur beim prozentrechnen hast du dich ein wenig vergoggelt, wie josef hader sagen würde. die wahlbeteiligung ist eine relative (also ein prozentsatz) und keine absolute angabe. wenn in tirol die beteiligung von 70,57% auf 60,03% zurückgeht, beträgt der rückgang nicht "fast 10 prozent" sondern 14, 94 prozent.

Di., 01.10.2013 - 00:17 Permalink
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no name Mi., 02.10.2013 - 09:04

Immer diese Abgesänge auf die Demokratie. Demokratie ist kein Wert an sich, sondern ein formeller Mechanismus, bei dem am Ende Heinz-Christian rauskommen kann oder Eva. Und wenn die Parteien sich derart nimmer unterscheiden, dass wurscht ist ob blau oder grün, dann hat das nix mit Demokratie zu tun, sondern zeigt vielmehr ihre Grenzen auf.

Mi., 02.10.2013 - 09:04 Permalink