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Grüner Schauer

Alperia und Energielandesrat Giuliano Vettorato wollten von den Machenschaften bei „Green Power“ nichts hören. Das behaupten drei ehemalige Manager des Unternehmens.
Alperia
Foto: Salto.bz
Es ist keine leichte Zeit für die Führung der Alperia. 
Die öffentlichen Angriffe auf die Landesenergiegesellschaft erfolgen fast schon im Wochentakt. Vergangene Woche stellte der Bulgarische Unternehmer Zhelyu Ganchev auf einer Pressekonferenz die Ergebnisse seiner privaten Untersuchungen vor. Demnach habe eine Reihe von Managern, Beratern und Miteigentümer der „PVB Power Bulgaria“, die in Bulgarien zwei Tochtergesellschaften hat und fünf Laufkraftwerke betreibt, in den vergangenen zehn Jahren über 40 Millionen Euro veruntreut. Der Alperia gehört 23,13 Prozent der PVB Power Bulgaria. Ebenso hält die Trentiner Landesenergiegesellschaft „Dolomiti Energia“ 23,13 Prozent an dem bulgarischen Unternehmen. Alperia hat die Beteiligung von der „Etschwerke AG“ geerbt.
Ganchev legte auf der Pressekonferenz in Bozen Zahlen, Fakten und Dokumente für seine schweren Anschuldigungen vor. Zudem hat der Unternehmer in Sofia und in Rom Strafanzeige erstattet.
Obwohl man im August 2019 die zentrale Figur, den CEO des Unternehmens, Plamen Dilkov, seiner Ämter enthoben hat, mauern Alperia und Dolomiti Energia. In einer gemeinsamen Presseaussendung deklarieren sie die Anschuldigungen Dilkovs kurzerhand als falsch. Es ist eine merkwürdige Situation. Denn Alperia wäre und ist einer der Geschädigten jener Machenschaften die Ganchev aufgedeckt hat.
Vor allem aber gibt es aktuell einen ähnlichen Fall, in dem sich diese Verhaltensweise der Alperia-Führung fast deckungsgleich wiederholt.
 

Die Green Power

 
Anfang August unterzeichnete die Alperia-Führung den Kaufvertrag für 71,88 % des Gesellschaftskapitals der „Gruppo Green Power S.p.A“. Das Unternehmen aus Mirano in der Provinz Venedig bietet Dienstleistungen zur Energieeffizienz für Haushalte. „Green Power“ ist stark in Norditalien sowie in den Regionen Marken und Latium verankert und bietet seit vielen Jahren Lösungen für Haushalte zur Photovoltaikproduktion und Energiespeicherung sowie Wärmepumpensysteme und Abwärmekessel zur Energierückgewinnung. Das Unternehmen hat mehr als 18.500 Kunden und ein Netzwerk von 60 Vertretern sowie eine Struktur an Installateuren, die es ermöglicht, mehr als 150 Baustellen pro Monat zu verwalten. 
Am 28. Oktober 2019 platzte dann aber die Bombe. Das bekannte Satire-Magazin „Striscia la Notizia“ enthüllte in einem Beitrag auf Canale 5, einen Betrug der „Green Power“, der seit Jahren praktiziert wird und dem Staat einen hohen zweistelligen Millionenbetrag an entgangenen Steuereinnahmen beschwert hat. (siehe untenstehenden Kasten)
Alperia-Direktor Johann Wohlfarter erklärte mit den Fakten konfrontiert vor laufender Kamera: „Ich bin völlig perplex. Diese Methoden gehören ganz sicher nicht zu unserer DNA und ich versichere Ihnen, dass das sofort abgestellt wird“.
 
 
Der Landesenergiekoloss erklärte daraufhin, dass diese Dinge vor dem Ankauf passiert seien, die Unternehmensführung inzwischen ausgetauscht wurde und Alperia von diesen Machenschaften nichts gewusst habe.
Genau diese Aussagen muss man spätestens seit Dienstag aber in Zweifel ziehen.


Die drei Manager

 
Am Dienstagmorgen sitzen im „Gruppenraum 1“ des Bozner Kolpinghauses neben dem M5S-Landtagsabgeordneten Diego Nicolini drei ehemaliger Manager der „Green Power“.
Daniela Matilde Orlandi und Marco Trentozzi waren bis Mai 2019 als Verkaufsleiter im Unternehmen tätig, Antonio Cardamone hingegen war als Manager für die Region Latium aktiv.
Das Trio erklärt auf der Pressekonferenz warum es zur Trennung kam. „Wir hatten als freiberufliche Manager Verträge mit Green Power. Als wird dann die betrügerischen Machenschaften mitbekamen und merkten, dass sie von der Unternehmensleitung gedeckt werden, sind wird umgehend von unserem Arbeitsverhältnis zurückgetreten.
Nach Aussagen der drei Green Power-Manager tat die Spitze des Unternehmens alles, um diese Machenschaften vor der Alperia geheim zu halten, die dabei war, das Unternehmen zu übernehmen. Deshalb hat das Trio bereits im Sommer 2019 versucht mit der Führung der Südtiroler Energiegesellschaft direkten Kontakt aufzunehmen.
 
 
Wir versuchen seit Monaten mit der Alperia Kontakt aufzunehmen, um deren Führung mit unserem Insiderwissen zu informieren“, sagt Antonio Cardamone. Alperia habe aber keinerlei Interesse an einem Treffen gezeigt. Und weiter: „Wir verstehen nicht, warum Alperia an unseren Informationen nicht interessiert ist und uns einfach ignoriert.“
Das Trio war bereits vor einigen Wochen zusammen mit dem M5S-Landtagsabgeordneten Diego Nicolini am Alperia-Hauptsitz in Zwölfmalgreien vorstellig geworden. Ohne großen Erfolg.
 

Personelle Kontinuität

 
Doch das ist nicht die einzige Kritik auf der Pressekonferenz am Südtiroler Energiekoloss.
Alperia hatte in einer Presseaussendung nach dem Striscia-Bericht erklärt, dass die gezeigten Angebote und Aufnahmen vor dem Ankauf der Green Power durch das Südtiroler Unternehmen gemacht worden seien. Außerdem wäre dafür ein anderes Marketing-Unternehmen zuständig gewesen, das von Alperia nicht übernommen worden sei.
Daniela Matilde Orlandi, Marco Trentozzi und Antonio Cardamone lieferten am Dienstag dazu eine völlig andere Version. Die betrügerischen Stromverträge wurden von der „Green Power Energy“ betreut. Es stimmt zwar, dass Alperia diese Firma nicht angekauft hat. 
Doch es gibt direkte persönliche Querverbindungen.
Geschäftsführer der „Green Power Energy“ war und ist Marco Marchiori. Marchiori ist gleichzeitig aber auch der operative Direktor der „Green Power SPA“. Vor allem aber wurde er nach der Übernahme durch die Alperia am 17. September 2019 zum Spezialbevollmächtigten der neuen Alperiatochter berufen.
Auch die Tatsache, dass die Strisca-Aufnahmen vor der Übernahme gemacht wurden, bestreiten die drei ehemaligen Green-Power-Mitarbeiter. „Das stimmt absolut nicht“, sagt Daniela Matilde Orlandi, „alle Daten und Dokumente, die bereits im Besitz der Institutionen sind, die sich mit diesem Fall befassen, sagen das Gegenteil“.
Die drei Manager haben bereits am 5. Juli in Bologna eine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Green Power eingereicht.
 

Die Mails

 
Dass die Anschuldigungen des Trios nicht aus de Luft gegriffen sind, zeigen die Mails, die die Manager am Dienstag auf der Pressekonferenz vorgelegt haben. Sie beschreiben einen recht unwürdigen Eiertanz um die heiße Kartoffel, die die Führung der Alperia aber auch die zuständige Landespolitik hingelegt haben.
Am 28. August schicken Daniela Matilde Orlandi, Marco Trentozzi und Antonio Cardamone eine PEC-Mail an die Alperia mit dem Ersuchen um ein dringendes Treffen. Bereits im Betreff wird klar gestellt, um was es gebt: „Wichtige vertrauliche Informationen in Bezug auf einige Marktoperationen“. Sie erklären in der Mail mit dem Präsidenten des Aufsichtsrates, Mauro Marchi, und der Präsidentin des Vorstandes Flora Emma Kröss sprechen zu wollen und bieten auch gleich drei mögliche Termine an.
 
 
Weil keine Antwort erfolgt, schreibt das Trio am 5.  September eine zweite PEC-Mail, diesmal direkt an Marchi und Kröss und zudem an den Südtiroler Landtag und dessen Präsidenten Josef Noggler. Der Grund: Der 5MS Abgeordnete Diego Nicolini hatte die Übernahme der „Green Power“ mit einer Anfrage zum Thema gemacht. 
Nachdem diese Anfrage im Landtag am 10. September behandelt wird, die drei Manager aber immer noch keine Antwort bekommen haben, schreiben sie am 12. September eine weitere Mail an Marchi, Kröss, Noggler und den Landtag. Hauptpunkt ist dabei immer noch: Ein Treffen.
Doch die Alperia-Führung hat nie reagiert.
 

Geplatzte Treffen

 
Diesmal geht diese Mail aber auch an den Landesrat für Energie und Landeshauptmannstellvertreter, Giuliano Vettorato. Vettorato antwortet am 17. September und erklärt, dass er ein solches Treffen einberufen werde. Einen Tag später antwortet das Trio, dass die Sache sehr dringend sei und sagt die Bereitschaft für den 19, 20 und 21. September zu.
Doch Landesrat Vettorato antwortet erst am 23. September und setzt das Treffen für den 25. September fest. „Diese Mail haben wir aber nie erhalten“, sagen die drei Manager unisono. Damit platzt das geplante Treffen. Weil Sie auf der Pressekonferenz alle PEC-Bestätigungen vorlegen und das Ressort auch auf ihre mehrmalige Nachfrage die PEC-Bestätigung - aus der auch hervorgeht, ob eine Mail beim Empfänger angekommen ist -  für dieses Mail nicht herausrücken will, gehen sie davon aus, dass man das Schreiben niemals an sie abgeschickt hat.
 
 
Am 3. Oktober wiederholen die drei ehemaligen Green Power Mitarbeiter schriftlich ihre Bitte um ein Treffen mit dem Energielandesrat. Noch am selben Tag antwortet Vettoratos Ressortdirektor Roberto Ghizzi und maßregelt die Bittsteller wegen des geplatzten Treffens vom 25. Oktober. Gleichzeitig stellt er einen Termin für ein neues Treffen in Aussicht. Den 28. Oktober.
Doch auch zu dieser Aussprache kommt es nie. Denn am 8. Oktober kommt es am Rande des Landtagssitzung im Südtiroler Landtag zu einer spontanen und recht lebhaften Aussprache zwischen dem Trio Orlandi, Trentozzi und Cardamone, sowie dem M5S-Abgeordneten Diego Nicolini und Landesrat Giuliano Vettorato und Ressortdirektor Roberto Ghizzi.
Dabei fordern die drei Manager erneut das PEC-Protokoll an mit dem sie für das angeblich geplatzte Treffen eingeladen werden sollten.
Sie bekommen es nicht. Dafür eine Tag später ein Schreiben des Ressortdirektors Ghizzi. Darin wird das für Ende Oktober geplante Treffen kurzerhand abgesagt.
Man glaubte damit, das Problem aus der Welt geschafft zu haben. Doch dann kam genau an dem Tag Ende Oktober an dem das Treffen mit Vettorato stattfinden hätte sollen, "Striscia la notizia" mit dem Beitrag über Green Power. 
 

Anzeige gegen Vettorato

 
Wir lassen uns doch nicht an der Nase herumführen“, sagt Antonio Cardamone.
Cardamone, Daniela Matilde Orlandi und Marco Trentozzi gingen am Dienstag deshalb  einen Schritt weiter. Unmittelbar nach der Pressekonferenz erstatteten sie bei der Finanzwache Bozen Strafanzeige gegen Landesrat Giuliano Vettorato wegen Falschaussage und Unterlassung einer Amtshandlung (Rifiuto di atti d'ufficio, Omissione).

 
 
Alperia ist ein öffentliche Gesellschaft und es geht nicht an, dass die Führung und auch der zuständige Landesrat sich nicht mit diesen Problemen transparent auseinandersetzen“, assistiert Diego Nicolini.
Die drei Manager wollen ihren Weg konsequent weitergehen. „Es geht hier um einen Millionenschaden für Alperia“, ist sich Antonio Cardamone sicher. Laut dem lombardischen Manager schlummert in der „Green Power“-Übernahme noch eine weitere Zeitbombe, die die Alperia-Führung nicht kennt.
Bei allen abgeschlossen Verträgen der letzten Jahre hat „Green Power“, die Kunden nie – wie vom Gesetz vorgesehen  - das Formular der technisch-energetischen Bedingungen unterschreiben lassen. Laut Verbraucherschutz sind damit alle Verträge ungültig.
Und die Green Power damit eine leere Schachtel.
 
 
 
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Michl T. Mi., 13.11.2019 - 12:15

Frag mich warum das Resort von Vettorato die PEC Bestätigungen nicht rausrückt.
Denke, die wissen nicht, wie diese Technik funktioniert. Einfach eine PEC aufsetzen, ausdrucken und vorlegen gilt nicht :D
PEC Versand und Zustellung ist immer nachvollziehbar, im Zweifel über die IT Abteilung der Landesverwaltung oder den Anbieter der PEC Adressen.
Wenn das stimmt hat der Vettorato seine Kollegin Mattei in den Punkten Unprofessionalität, Ignoranz und Dreistigkeit gerade vom Thron gestoßen.
Lega-interner Wettstreit wer das größte Fettnäpfchen findet

Mi., 13.11.2019 - 12:15 Permalink