Politik | Landesname

„Ich bin für Sudtirolo“

Der Freiheitliche Obmann Andreas Leiter Reber über die Polemik um die Bezeichnung Alto Adige, über einen Namen, der alle einschließt und das Heimatrecht in Südtirol.
Andreas Leiter Reber
Foto: Die Freiheitlichen
Salto.bz: Herr Leiter Reber, die SVP und Arno Kompatscher haben nach den Polemiken einen Rückzieher gemacht und die Bezeichnung „Alto Adige“ mit einem Abänderungsantrag wieder in das Europagesetz aufgenommen. Die Südtiroler Freiheit hat im Landtag dagegen gestimmt. Die Freiheitlichen haben sich der Stimme enthalten. Die Patrioten schreien jetzt gegen Sie: Verrat?
 
Andreas Leiter Reber: Nicht, die Patrioten, sondern nur Einige, die die Sachlage nicht verstehen. Das muss auf Verfassungsebene geregelt werden, denn in der Verfassung werden die Bezeichnungen der Regionen und der Provinzen festgelegt Nur weil wir in einem Gesetz, Artikel 13, Absatz 7 irgendetwas ändern, heißt das lange noch nicht, dass eine offizielle Landesbezeichnung abgeschafft oder eingeführt wird. Wenn man beabsichtigt eine Landesbezeichnung zu ändern, sollte man die Diskussion auch viel breiter führen und möglichst einen Konsens im eigenen Land suchen. Vor allem aber kann man das nicht dadurch machen, indem man in irgendeinem Landesgesetz eine Bezeichnung austauscht.
 
Wir stehen die Freiheitlichen und Sie zur Bezeichnung „Alto Adige“?
 
Uns ist bewusst, dass der Namen „Alto Adige“ rein historisch und politisch betrachtet aufgeladen ist. Auch wenn er sicherlich von vielen, auch von den meisten Italienern, völlig bedenkenlos seit Jahrzehnten verwendet wird, enthält er natürlich eine gewisse historische Problematik. Wir müssen offen und seriös darüber sprechen können und dort ansetzen, wo man sagt: Finden wir einen Begriff und eine italienische Bezeichnung, die keine Volksgruppe ausschließt.
Nur weil wir in einem Gesetz, Artikel 13, Absatz 7 irgendetwas ändern, heißt das lange noch nicht, dass eine offizielle Landesbezeichnung abgeschafft oder eingeführt wird.
An was denken Sie?
 
Für mich wäre „Sudtirolo“ die geeignete offizielle Bezeichnung. Denn derzeit machen es selbst italienische Medien so, dass sie von den italienischen Südtirolern als „altoatesini“ sprechen und von den „sudtirolesi“, wenn sie die Deutschen und Ladiner meinen. Für uns Freiheitliche schafft „Sudtirolo“ keine Grenzen zwischen den Volksgruppen und schließt alle mit ein. Das hat auch etwas mit Heimatrecht zu tun.
 
Heimat ist aber ein sehr dehnbarer Begriff?
 
Nein. Unsere Vorstellung ist klar: Südtirol kann nicht nur Heimat der Deutschen und Ladiner sein, sondern es muss natürlich Heimat für alle drei Volksgruppen sein. Gerade deshalb pochen wir auf die Verwendung des Begriffes „Sudtriolo“. Diese Bezeichnung grenzt niemanden aus und wird unserem Land und seiner Geschichte am ehesten gerecht.
 
Es hat im Landtag einen überparteilichen Konsens gegeben, sich nicht mehr von den ethnischen Scharfmachern á la Alessandro Urzí und Sven Knoll aufs Glatteis führen zu lassen.
 
Das Problem ist, dass mit dieser Art der politischen Auseinandersetzung nichts löst. Auf der einen Seite spielt Urzí den Verteidiger und Retter des Vaterlandes, indem er behauptet, jetzt wurde „Alto Adige“ offiziell gestrichen und auf der anderen Seite behaupten Knoll & Co man sei ein Landesverräter, wenn man den Begriff „Alto Adige“ wieder in den Gesetzestext hineinbringt. Beide sagen den Menschen nicht, dass das rechtlich ein völliger Unsinn ist. Denn es geht um eine Bezeichnung, um ein Wort in einem Gesetz, aber keineswegs um die Festlegung der offiziellen Landesbezeichnung.
Südtirol kann nicht nur Heimat der Deutschen und Ladiner sein, sondern es muss natürlich Heimat für alle drei Volksgruppen sein.
Also alles nur ein Sturm im Wasserglas?
 
Absolut. Vor allem aber schaden diese Polemiken nur der Sache. Hier wurde leider erneut viel Porzellan zerschlagen. Das heißt, das Thema ist für einige Zeit verbrannt und es wird wahrscheinlich noch schwieriger werden, eine effektive Lösung zu finden. Wie wir unser Land bezeichnen, sagt auch einiges über unser Selbstverständnis und unser Zusammenleben aus. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir uns gemeinsam auf Sudtirolo einigen können. Wie sich dann jeder selbst fühlt und welche Bezeichnungen außerhalb der amtlichen und offiziellen Kommunikation verwendet werden, ist sowieso eine Privatsache. Mir geht es ausschließlich um die offizielle Landesbezeichnung.
 
Werden die Freiheitlichen einen politischen Vorstoß in diese Richtung machen?
 
Ich glaube es ist wichtig, dass wir zuerst im Umgang und in der Außenwirkung Sudtirolo verwenden, damit sich der Begriff noch stärker etabliert. Danach muss man eine seriöse Diskussion darüber führen. Es braucht aber auch von italienischer Seite Leute, die hier offensiv mitziehen. Es gibt international immer mehr Beispiele von Namensänderungen, nehmen wir Mumbai, Uluru oder Mount Everest, wo man bei der offiziellen Bezeichnung wieder auf gewachsene und ursprüngliche Namen zurückgeht.

Die Wählerbasis der Freiheitlichen ist traditionell volkstumspolitisch und rechts. Keine Angst mit diesem Vorschlag Stimmen zu verlieren?
 
Der freiheitliche Wähler ist vor allem eines: Er ist lösungsorientiert. So wie es jetzt gelaufen ist, war man nicht interessiert, effektiv eine Änderung herbeizuführen.
 
Das dürfte das erste Mal sein, dass Andreas Leiter Reber und Brigitte Foppa dieselbe Position vertreten?
 
Nein, das ist ja gerade das Traurige. Alexander Langer war immer eine Verfechter des Begriffes „Sudtirolo“ . Eine Brigitte Foppa und andere Grüne hingegen getrauen sich heute nicht,  diese Diskussion offen zu führen. Sie winken auch ab und sagen es gibt Wichtigeres. Natürlich gibt es Wichtigeres, aber wenn wir nach dieser Kategorie vorgehen, können wir die gesamte Landes- und Gemeindepolitik gleich ganz streichen.
Alexander Langer war immer eine Verfechter des Begriffes „Sudtirolo“ . Eine Brigitte Foppa und andere Grüne hingegen getrauen sich heute nicht,  diese Diskussion offen zu führen.
Wie aber geht diese Sprachregelung mit dem Freistaat Südtirol zusammen, den die Freiheitlichen immer wieder fordern?
 
Genau aus der Sicht der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit Südtirols muss ein inklusiver und gemeinsamer Name verwendet werden. 
 
Können Sie verstehen, dass Südtirols Italiener am Namen „Alto Adige“ hängen?
 
Ich kann verstehen, dass diese gezielte Aufheizung durch gewisse Kreise, der eine oder andere Bürger wirklich glaubt, dass ihm jetzt etwas von seiner Identität nehmen will. Was aber nicht der Fall sein darf, wenn wir gemeinsam und aus eigener Kraft dieses Land positiv verändern und zu einer echten Selbstverwaltung ausbauen möchten. Deshalb ist es wichtig klar und verständlich aufzuzeigen, wen wir als Südtiroler meinen. Meine ich nur die Deutschen und die Ladiner, ist es klar, dass eine Gegenreaktion der Italiener kommt und sie sich nicht als Südtiroler oder sudtirolesi verstehen.  Wenn ich als deutscher Südtiroler auch die Italiener mit einschließe und sage, wir alle sind Südtiroler. Dann ist das eine ganze andere Botschaft und ich bin überzeugt, dass dann auch weit mehr Menschen bereit sind, diesen Weg mitzugehen.

 

 
 
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Cristian Kollmann Mo., 09.12.2019 - 17:29

Statt "Vergessliche Sprachpolizei" sollte es "Sorglose Übersetzer" heißen. Gemeint sind die Übersetzer des Landtages, die "Südtirol", so als wäre es eine Selbstverständlichkeit, selbst in den Beschlussanträgen der Süd-Tiroler Freiheit, automatisch mit "Alto Adige" übersetzen. Wir haben dies mehrfach bemängelt und haben gefordert, man möge unser geistiges Eigentum respektieren und uns kein faschistisches "Alto Adige" in den Mund legen. Indes wird dies auch weitgehend eingehalten, und wenn nicht, bestehen wir halt erneut darauf.

Uns entgeht bzw. entfleucht sicher KEIN "Alto Adige", höchstens ein "Alto Asino" :-)

Mo., 09.12.2019 - 17:29 Permalink
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Brigitte Foppa Mo., 09.12.2019 - 21:10

Lieber Kollege Leiter Reber,
Nur zur Klärung würde ich gern wissen, wann ich gesagt hätte, dass Sprache und Namen nicht wichtig sind. Klingt in meinen Augen nämlich sehr komisch. Ich habe x Artikel und Stellungnahmen zum Thema verfasst und mich niemals der Diskussion entzogen (eigentlich habe ich mich nie irgendeiner Diskussion entzogen, soweit ich weiß, aber vielleicht fällt ja dir was ein). Meine Meinung ist, dass jede und jede im Lande die Begriffsfreiheit für die eigene Heimat haben soll. Entsprechend verwende ich selber Südtirol, Alto Adige, Alto Adige-Südtirol und Sudtirolo abwechselnd. Für mich gelten alle diese Heimatnamen. Wäre auch für einen Liberalen kein schlechter Ansatz, wie ich finde. Aber wir können gern noch weiter diskutieren, ob wir Namen aufzwingen wollen, oder Freiheit walten lassen sollen.

Mo., 09.12.2019 - 21:10 Permalink
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Cristian Kollmann Di., 10.12.2019 - 08:50

Ach ja, die altoatesinischen Verdi-Grünen-Verc: Wenn es um faschistische Kulturverbrechen geht, sind sie freilich ach so liberal und tolerant... schließlich wollen sie niemandem etwas aufzwingen, auch keine gendergerechte Sprache :-)

Di., 10.12.2019 - 08:50 Permalink