Gesellschaft | Familie

Väter rund um die Geburt

Regionale Runde Tische zur Rolle des Vaters rund um die Geburt und in den ersten Lebensjahren.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
ein fürsorglicher Vater
Foto: Alfred Tschager

Väter haben einen anderen Start in die Elternschaft als Mütter. Sie spüren nicht in gleicher Weise, wie sich der Nachwuchs in der Schwangerschaft entwickelt und somit entwickelt sich auch die Bindung zum Kind auf anderen Wegen. Trotzdem haben Väter genauso wie Mütter eine intuitive Veranlagung sich vom ersten Tag an fürsorglich um das Baby zu kümmern. Knapp 100 Personen aus den verschiedensten Organisationen und Berufen haben sich in 6 regionalen Runden Tischen, welche von der Sozialgenossenschaft „väter aktiv“ gemeinsam mit einem lokalen Partner organisiert, zur Rolle des Vaters rund um die Geburt und in den ersten Lebensjahren informiert und ausgetauscht. Sie sind ein Beitrag zur Handlungsempfehlung „lokale Netzwerke“ im Forschungsprojektbericht Frühe Hilfen.

Ein starker Start war der Bericht eines Vaters über seine Erlebnisse zu Hause und seine Erfahrungen mit den Diensten in der Umgebung. Danach gab es einen kurzen Vortrag von Michael Bockhorni (väter aktiv). Rund um die Geburt sprechen Expertinnen und Experten immer von Müttern und ihren Kindern, übersehen die veränderte Rollen von Vätern in den letzten Jahrzehnten, somit bleiben auch Ressourcen für Kind und Mutter ungenutzt. Das ist mit ein Grund warum es nach der Geburt sehr oft zu einer Retraditionalisierung, also einer Rückkehr zu traditionellen Rollenbildern von Mann und Frau kommt.

Dabei nehmen 90% aller Väter an der Geburt teil, 80% sind auch im Kreissaal anwesend. Die Väter beschreiben das Geburtserlebnis positiv und die Mütter nehmen die Anwesenheit des Vaters überwiegend als ausgesprochen unterstützend wahr. Väter haben einen signifikanten Einfluss darauf, ob, wie lange und wie „erfolgreich“, das heißt wie komplikationsreich oder -arm ihre Kinder gestillt werden.

Im Zeitraum 2010 – 2015 haben in der Region Südtirol-Trentino in der Privatwirtschaft die Väter in Elternzeit von 12 auf 17% zugenommen, in Österreich hat sich der Bezug von Kinderbetreuungsgeld von Vätern zwischen 2006 und 2012 mehr als verdoppelt, in Deutschland hat er sich im Zeitraum von 2006 bis 2016 verzehnfacht (3,5 auf über 30%). 

Kleinkinder zeigen ihren Müttern und Vätern gegenüber das gleiche Bindungsverhalten, wenn beide aktive Bezugspersonen sind. Die Vater-Kind-Beziehung prägt sich in der Schwangerschaft, bei der Geburt (Bonding) und den ersten Monaten nach der Geburt. Je früher Väter eine emotionale Beziehung zum Kind aufbauen, umso mehr Geduld und Ausdauer haben sie auch in schwierigen Situationen bzw. Phasen.

Schon ab drei Monaten geben Kleinkinder deutlich zu erkennen, ob sie Mutter oder Vater in gewissen Situationen vorziehen. Aktive Väter beeinflussen die Entwicklung Kinder positiv, speziell von Neugier, für die Auseinandersetzung mit der Umwelt daraus entwickelt sich Selbstvertrauen und Autonomie. Weiters haben sie einen positiven Einfluss auf Empathie, soziale Kompetenz, schulische Leistungsfähigkeit (speziell Sprache) und Problembewältigungsfertigkeiten. Das „wilde Spiel“ macht allen Kindern Spaß, sie lernen dabei ganz von selbst starke Gefühlsempfindungen zu regulieren. Für die Söhne sind sie ein Rollenvorbild unf für die Töchter, die erste Bezugsperson des anderen Geschlechts und somit für spätere Partnerschaften bzw. Familie ganz wichtig.

Väterliches Engagement hängt stark vom Verhalten der Mutter (und vom Verständnis des Arbeitgebers ab). Väter können sich von der Mutter gegenüber dem Baby zurückgesetzt fühlen. „Alles dreht sich ums Baby und ich bin nur der -Bring mir hol mir mach mal schnell-, das nervt und macht mich ganz gereizt“. Daher ist es besonders wichtig, dass Väter eine eigene Zeit mit den Kindern erleben können, ohne kritischen Blick über die Schulter. Sonst kann ein Teufelskreis in Gang kommen, indem „er“ sich nicht kümmert und „sie“ ihn nicht lässt. Die Folge ist allzu oft ein dramatischer Rückgang der Partnerschaftszufriedenheit. Leider ist die zweithöchste Risikozeit die ersten beiden Lebensjahre des ersten Kindes.

Daran anschließend gab es eine Erfahrungsaustauschrunde. Wie häufig tauchen Väter bei den Diensten auf? Werden Sie eingeladen? Sind sie informiert bzw. engagiert? Welche positiven oder negativen Erfahrungen wurden gemacht? Passen die Rahmenbedingungen? So ist es für die meisten Väter nur möglich Termine ev. gleich in der Früh, um den Büroschluss, in den Abendstunden oder am Wochenende wahrzunehmen. Männer als Ansprechpersonen verringern die Schwelle, da im Gesundheits- und Sozialbereich viele Frauen tätig sind. Aber auch Bilder, Texte oder Raumgestaltung sind wesentlich. Väter tun sich sitzend an einem Tisch leichter als auf Isomatten am Boden im Kreis. Es ist ihnen von der Arbeit vertraut und sie können sich so leichter einbringen.

Zum Abschluss wurde auf entsprechende Literatur und auf die Angebote von väter aktiv, wie z.B. „Vätermodule in Geburtsvorbereitungskursen“ bzw. „Papa Start Up Kurse“ für frischgebackende Väter hingewiesen.

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Sylvia Rier Di., 10.12.2019 - 18:40

Das hier kann ich spontan nicht einordnen: "Väter tun sich sitzend an einem Tisch leichter als auf Isomatten am Boden im Kreis. Es ist ihnen von der Arbeit vertraut und sie können sich so leichter einbringen." Wie ist das gemeint?

Di., 10.12.2019 - 18:40 Permalink
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Christoph Moar Di., 10.12.2019 - 20:03

Antwort auf von Sylvia Rier

Dass man bei der Gestaltung von Kurs- oder Beratungsgabebote fürs Kleinkindalter auf Settings achten sollte, die den Männern weniger fremd sind?
Mit Yogamatten im Kreis sitzen kennen manche Damen von Pilates oder eben Yoga. Das ist vielleicht ein eher männerfernes Setting.
Am Tisch tun sich beide Geschlechter wohl leichter, kennt man das doch von Besprechungen im beruflichen Umfeld.

Ohne Isomatten und auf dem Boden sitzen fällt auch die Schüchternheit des ach so starken Geschlechts... ?

Di., 10.12.2019 - 20:03 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Di., 10.12.2019 - 21:23

Antwort auf von Sylvia Rier

Frau Ruer,
es handelt sich hierbei um eine vorbeugende Maßnahme aus Respekt gegenüber Frauen. Sollte eine Frau sich zufällig in den Raum verirren, dann wäre sie mit Manspreading gleich mehrerer Männer konfrontiert und das geht ja gar nicht! So sind alle von den Hosen und Unterhosen umhüllten männlichen Intimzonen auch noch zusätzlich durch eine Zentimeter dicke Holzschicht bedeckt.
Safety first!

Di., 10.12.2019 - 21:23 Permalink
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Sepp.Bacher Mi., 11.12.2019 - 08:59

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Eingeschlechtliche Gesprächsrunden (Väter, Mütter) sind oft auch noch wegen anderer Dinge wichtig und notwendig. Die Mitglieder sitzen so, wie sie sich am wohlsten fühlen und sprechen ihre "Sprache", die sich ja auch unterscheidet, und sind als "Neueinsteiger" auch nicht von vielen erfahrenen und besserwisserischen Frauen umgeben. Das brauchen die jungen Väter für ihre Emanzipation. Und vielleicht lebt die Gruppe weiter zu anderen Männer-spezifischen Erziehungs- und Beziehungsproblemen!

Mi., 11.12.2019 - 08:59 Permalink
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Sylvia Rier Mi., 11.12.2019 - 09:18

Ja natürlich, ihr Herren, wie konnte ich das vergessen, fühlt man_n sich an "Konferenz- und Besprechungstischen" (Küchentische, ahne ich, sind wohl eher nicht gemeint?!) ^^ wohler als auf dem banalen Boden. Auf letzterem aber tummeln sich dummerweise (nicht nur Yoga- und Pilates-Frauen) sondern auch die ganz große Mehrheit aller Kinder in ihren ersten Lebensjahren. Und so werden also Männer, sofern sie sich tatsächlich nachhaltig mit ihrem Nachwuchs beschäftigen wollen, nicht darum herumkommen, sich zum unmännlichen ^^ Yoga-Pilates-Boden-Modus hinabzulassen...

Mi., 11.12.2019 - 09:18 Permalink
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Sepp.Bacher Mi., 11.12.2019 - 10:34

Antwort auf von Sylvia Rier

Übrigens, es gibt auch noch ein weiteres Setting: frei im Kreis zu sitzen (ohne Tisch). Z. B. Selbsthilfegruppen, ebenso bei vielen Gruppentherapie- oder Weiterbildungs-Veranstaltungen. Und beiden Geschlechter passt es so!
Sogar bei der Sendung "Am runden Tisch" sitzt man ohne Tisch!

Mi., 11.12.2019 - 10:34 Permalink
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Christoph Moar Mi., 11.12.2019 - 11:24

Antwort auf von Sylvia Rier

Ne ne, ich glaube ihr verdreht alle ganz schön lustig den Sinn des Beitrags (wohlbemerkt, die Yogamatten und die gefühlten Schwierigkeiten der Männer damit amüsieren mich tatsächlich).

Da oben steht nirgends, dass die Männer nur das Tischsetting verarbeiten können. Es wird als Beispiel genannt, dass selbst so triviale Dinge wie ein Setting (auf dem Boden, Yogamatte, vs. am Tisch/Stuhl) den Unterschied in der Rezeption machen können. Da muss man jetzt nicht wirklich einen Geistesblitz haben, um darauf zu kommen. Dass Mann darüber hinwegsehen kann, ist geschenkt, aber wenn Bockhorni Inputs liefern kann, wie man die Männerquote in bestimmten Situationen verbessern kann, dann finde ich das durchaus sinnstiftend.

Und Frau Barcheri, echt, natürlich gibt es Männer die Yoga und Pilates besuchen oder leiten. So es auch Frauen gibt, die als Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft tätig sind. Es besteht aber tatsächlich ein statistisch relevanter Unterschied in der Verteilung. Und wenn man das weiß, kann man mit dem Wissen auch Effekte voraussagen und sich zu Nutze machen. Ich glaube das war das, was der Autor oben aussagen wollte. Recht harmlos, finde ich, ohne gleich irgendwelche Diskriminierungen dahinter zu vermuten. ;)

Mi., 11.12.2019 - 11:24 Permalink