Wirtschaft | Eiertreter*in

P!mper

„Wer nicht wirbt, der stirbt!“ Blöd, wenn die Marketinggesellschaft selbst eine Totgeburt ist.
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Foto: PicBay

Fetzgeile Figata! The unicorn every business angel with venture capital is looking for. Die Milliarden Dollar schwere Start-up Idee - und ich habe sie. Ich kann das abschätzen. Ich habe studiert: Physik und Philosophie – auf letzteres hat meine Mama bestanden, damit ich einen Brotberuf habe, falls es mit der Physik nichts wird. Jetzt habe ich zwei "Dr." - ich meine, mit Promotion und allem Pipapo. Nicht nur schnöde Brennerdoktoren. Tja, ich bin eben keine kleine Dumme, schließlich bin ich 183 cm, Wuschelkopf, Körbchengröße Doppel-D. Wenn ich in den asozialen Netzen unterwegs bin, unterschreibe ich immer mit meinem vollen Titel-Sermon "Dr. rer. nat. Dr. phil." damit niemand aus meinem Profilbild falsche Schlüsse zieht. Den Trick habe ich von einer Radiotante, die beim "Boazner" arbeitet. Macht mächtig Eindruck und sei es ein billiger "Mag." aus dem Voterlond. Die Doktoren lasse ich online nur auf Instagram weg. Das Huhn mit der Riesenoberweite macht sich ohne Studientitel einfach besser. Besuchen sie mich doch einfach mal. Sie finden mich unter dem Username: threeBe – blond, blauäugig, blöd. Mit heutigem Datum habe ich 835.234 Follower. 98,6% sind Notgeile, der Rest Männer. Meine Mama schaut ab und zu vorbei, um sicherzustellen, dass sich ihre Gitsch nicht überarbeitet. Influenzerin ist die totale Maloche: Goggel Totsch am Naturbadeteich in Lüsen (in Tanktop und Hotpants), Goggel Totsch am Königanger (in Tanktop und Hotpants), Goggel Totsch mit ihrem Futtleckerhund Puggy (auch er im Tank…). Wenn wir im Partnerlook sind, bringt das eine Million Klicks mehr. Zuweilen streue ich dann ein, dass Rasse und Name identisch mit dem Köter von der Weißblume sind. Klingelnde Kasse bringt der anschließende Shitstorm der Mikaela-Basher. Mica son scema, eh?!
Was? Mentaler Dünnschiss? Wissen sie wie viel Hirnschmalz ich investiert habe, um die drei Photoshop-Kurse mit 110 e lode abzuschließen? Die überlangen Beine und das "ordentlich Holz vor der Hütte" auf den Bildern kommen nicht von ungefähr. Haben sie eine Ahnung vom kreativen Kraftakt, ein 30 cm Grand Gurmet Brotmesser von WMF so auf dem Speckbrettl zu drapieren, dass die Marende auf dem Gipfelfoto nicht völlig gestellt und bescheuert aussieht? So ein Ding kannst du am Berg allenfalls zum Fällen von Piefkes und Sentas verwenden; aber Vertrag ist Vertrag. Ich schweife ab.

Lulla

Eigentlich war ich auf dem Weg den Doktoren einen Prof. voranzustellen ... Nein, nein, nein, nicht Mittelschullehrerin. Ja, ich weiss, meine Nichte besucht die Erste Mittelschule und muss den Lehrkörper "Professor" nennen (da ist Südtirol nicht nur Italien, sondern ganz titelaffin auch Habsburgermonarchie). Ich war leibhaftig dabei, mir mein Habitat im Biotop der universitären Forschung einzurichten: Eine Veröffentlichung, ein Kongress, dann wieder eine Veröffentlichung, eine Gastprofessur ... Meine Habilitationsschrift "Unschärfenrelation der Quantenmechanik in korrelierenden, sub-atomaren Strahlenkontraktionen zur Nullzeit" war fast fertig, als Jesus in mein Herz trat. Jesus Lopez, Erasmus-Student aus Granada. Wir hatten viel Spaß miteinander. Aus Spaß wurde dann Ernst. Ernst ist heute zwei Jahre alt. Babys mögen bei Frauen Karrierekiller Nummer Eins sein, aber im Ernst, wenn ihr meinen Ernst sehen könntet. Ich meine, solange er seinen Schnuller hat. Ohne wird er zur Bestie! So bin ich auch zu meiner Start-up Idee gekommen: Ein mit Gyroskop- und Feuchtigkeits-Sensor gepimpter Schnuller mit wahlweise Bluetooth oder SIM-Karte.
Wenn ich mit meinen Veneziano-Freundinnen beim Unterwirt sitze und meinem Ernst fällt beim Schlafen draußen im Auto die Lulla aus der Gosch, bekomme ich sofort eine Benachrichtigung über die App. Dann muss ich flitzen, denn mein liebes Ernstchen wird dann aufwachen und sofort zum Tier mutieren – bis ich den Stöpsel wieder eingesetzt habe. Ich hätte schon einen Markennamen. Ein Kompositum aus dem begleitenden Werbeslogan "Pimp my Schnuller". Kurz "Pimper"! Geil oder? Eine Milliarde Dollar! … Schenke ich ihnen. Ich habe versucht den Pimper zu Geld zu machen. No chance!
Ich spreche fließend Englisch, Walsch, Spanisch auf Niveau B2, drei Brocken Mandarin und dazu noch C++ und Java, aber ich habe nicht geknissen mit wem ich reden müsste: IDM - Innovation Services "Wir unterstützen Südtirols Unternehmen bei der Produktentwicklung von der Idee bis zur Markteinführung" oder doch NOI Techpark "Gründerzentrum für herangehende und bereits bestehende Start-ups mit einer Reihe an Services für nachhaltiges Wachstum"? Dazu fällt mir nur der olle Goethe mit seinem Faust ein: "... und sehe, daß wir nichts wissen können."

BLS EOS SMG TIS IDM LMAA

Wie war das noch mal? Mit 1. Januar 2016 wurde aus BLS, EOS, SMG und TIS der von Land und Handelskammer geführte Sonderbetrieb IDM Südtirol. Am 29. Mai 2018 sonderten dann Land und Kammer folgende gemeinsame Pressemitteilung ab: "IDM Südtirol schärft zwei Jahre nach der Gründung sein Profil und passt sich an neue Aufgabenstellungen an", worauf der NOI Techpark ausgeliedert wurde. Komisch, als mein Papa damals ausgezogen ist, nannte er das nicht Profilschärfung sondern Scheidung. Okay, kann man nicht eins zu eins vergleichen. Schließlich hat mein Paps finanziell selber bluten müssen, während die Trennung von IDM und NOI Techpark von uns Steuerzahlern geschultert wurde. Wie die 15.000 Euro Taschengeld, die der interimistisch, geschäftsführende Präsident Hansi Pichler für drei Monate eingestrichen hat, weil der Mann von Tchibo vermutlich seine Kündigungsfrist einhalten musste, um seine Kaffee-Bohnen, pardon Kaffee-Boni, nicht zu verlieren. Ganz zu schweigen von den 200.000 die der gegangen wordene Ex-Direktor mit nimmt.
Trotz Profilschärfung und Direktoren-Rochade scheint es immer noch nicht rund zu laufen. Seit Anfang 2019 haben angeblich an die 23 Angestellte in Schlüsselposition - die zuweilen seit mehr als 10 Jahren dort mit unbefristetem Arbeitsvertrag gewerkelt haben - hingeschmissen. Den Gewerkschaften sollen die internen 6 – 7 Vorschläge der Geschäftsleitung zur Reduzierung des Aufgabenbereiches und der Lohnkürzung gar nicht schmecken. Und in gewissen Abteilungen gibt es offenbar seit eineinhalb Jahren weder eine operative Strategie noch die Menschen dafür - nur ein Organigramm ohne Namen, aber dafür jede Menge offener Wettbewerbe ... klagte der IDM-Mensch, den ich um Rat wegen meines Pimpers gefragte hatte.
Jetzt muss ich doch noch einmal eine Klammer aufmachen. "Pimper" klingt noch nicht catchy genug. Was würde einem Senior Creative Director und Product Marketing Executive, wie sie es in der IDM sicher im Dutzend gibt, einfallen? Hab's! "P!mper". Klammer zu.
Einen toxisch Frustrierten hatte ich da am Handy, aber redselig. In den oberen Etagen haben sie jetzt Muffensausen  – und was macht man da als erstes? Genau. Mauern! - Zu den branchenüblichen Maulkörben - die wir seit dem Krankenhaus-Fabi kennen - drängt man per E-Mail eine zusätzliche Verschwiegenheitsklausel zu unterschreiben: Wem Negatives über die IDM zu Ohren kommt, muss dies sofort seinem Vorgesetzten melden.
Ich muss mal kurz für etwas Traffic auf den internen Mailservern der IDM sorgen: Kennen sie den Übernamen den einige Angestellten dem Lüsner Oberboss verpasst haben? "2D" - nach Arbeitsessen in Kleinstgruppen ganz zu Beginn, bekommt man ihn jetzt nur noch zweidimensional per E-Mail oder Zettelwirtschaft zu Gesicht!
Was wollt ihr? Der Mann bugglt! So eine Fusion ist die Hölle. Gut, von den vier ursprünglichen Organisationen hat nur der Tourismus überlebt – die IDM eine megaaufgeblähte SMG. Klar, der Südtiroler kann eben nur Tourismus. EOS und BLS waren schon vorher marginal. Sagen sie mir fünf … sagen sie mir drei … sagen sie mir ein großartiges Unternehmen, das die BLS hier angesiedelt hat? "Aber dafür hat die BLS die zwei Terence ins Land gebracht", werden sie einwenden. Ja, der Hill hat uns den Touri-Pfuhl am "Lago di Pietro" beschert. Auf den Run nach "Hidden Life" vom Malick (den ich übrigens sehr schätze) bin ich gespannt. Dem St. Valentin-Kirchlein in Seis könnte es wie dem Ranui-Kirchlein in Villnöss gehen: Heerscharen koreanischer Instagramer – alles Kollegen von mir. Ein weiterer Nächtigungsrekord wird uns blühen – wie jedes Jahr. Dafür gibt's Fleißbildchen. Am Vorletzten des Jahres tönte das Landespresseamt: "IDM Südtirol-Alto Adige wird ab 1. Jänner 2020 die gesamte Filmförderung abwickeln – Beitragsvergabe inklusive." Na, wenn die bei ihrem Personalstand mal nicht überfordert sind.
Ich will ja jetzt keine Kaffeesatzleserei betreiben, aber von einer kernphysikalischen Warte aus (mein Spezialgebiet) hat der jetzige Mänätscher seine Halbwertszeit bereits überschritten – ab damit ins Abklingbecken. Die Boni-Ritter aus dem Ausland halten hier nicht lange vor. Die doigen Brain-Drainer, die irgendwann von ihrem Heimweh übermannt ("überfraut" muss es beim heutigen Gendering heißen) werden und wieder zurück fließen, zähle ich keck dazu. Mit internationalen Ausschreibungen und Headhuntern gesucht, mit Pomp und Gloria eingeführt, ist man ihrer bald überdrüssig. Namen gefällig? Corinne Diserens mit ihrem Kippenberger Frosch im Museion. Georg Mittendrein vom VBB unter 60 Kandidaten ausgewählt, wurde noch vor dem Einzug in den Zanusso-Tempel von der Bühne geholt. Sein Nachfolger Emmanuel Bohn aus Kiel gab auch nur ein kurzes Gastspiel. Wie könnte man den Sanitäts-General Thomas Schael vergessen? Oder den Rektor der UniBZ Alfred Steinherr. Karl Kronsteiner noch in Erinnerung? "Hallo.com" oder der "Übergang von der landeseigenen Südtirol Tourismus Werbung (STW) zur "privatisierten" Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG)", wie die Südtiroler Wirtschaftszeitung teaserte? Die URL Hallo.com (was haben sich die Werbefuzzies da wohl gedacht: "Hallo komm" und mach Urlaub in Südtirol?) produziert heute nur noch einen "Error 404 (Not Found)". Wie überhaupt STW, SMG oder jetzt IDM ein Error sind. Ich sage: IDM ist das Akronym für "Immens Debiles Marketing". In Zeiten des Overtourism brauchen wir keine: "Südtirol Dolomighty, eine responsive, mehrsprachige Storytelling-Plattform mit angeschlossenem Content Management System" oder "Südtirol zum begehrtesten Lebensraum Europas machen". Geht's noch? Euer neuer Slogan für die Herrischn muss heißen: "Schickt's Geld, aber bleibt um Gottes Willen dahoam."
Hmm … wird nicht funktionieren. Sogar der Luis ließ es sich nicht nehmen, im Januar zu den Negern in Afrika zu reisen, um selbst zu konstatieren, wie viele Feuerwehrhallen und Musikprobelokale von der Südtiroler Entwicklungshilfe gebaut wurden.
Apropos Geld. Der Kläffer aus der Südtirolerstraße der Weltlandeshauptstadt findet überall Einsparungs- und Optimierungspotential, wenn er als Schatten-LH den Haushalt durchforstet: Sanität, Öffis … Die 29.711.778,08 Euro, die laut den Gewährungsakten des Landes 2019 dem Marketingkropf in den Rachen gestopft wurden, findet er okay. Sowieso, er stößt sich auch nicht an diesem seltsamen 60:40 Land/Handelskammerkonstrukt oder den Landesmillionen, um sein Präsidentengehalt zu finanzieren. Gewährungsakte! (Ich liebe dieses Wort, es erinnert mich immer an die ZDF-Lottoziehung: "alle Angaben wie immer ohne Gewähr"). Die Touristiker sollen sich ihre Werbung und den Apparat dahinter gefälligst selber zahlen. Dann muss man auch nicht über den Verwaltungsrat stänkern; dann wird privates Geld verbrannt. Wenn ich die Figuren auf dem Pressefoto betrachte, was sage ich, wenn ich mir die Verwaltungs- und Aufsichtsräte, die Präsidenten und Vizes der öffentlichen Körperschaften im Land oder die Karrieren der Partikulärsekretäre der Edelwaisen ansehe, fällt mir immer eine Abwandlung des ausgelutschtesten Werbespruchs ever ein: "Geht es der Günstlingswirtschaft gut, geht es allen gut". Die Männerwirtschaft hat sich sogar durchgerungen zwei Alibi-Frauen in den IDM-Rat zu entsenden. Von Quote möchte ich nicht sprechen, denn Quote ist irgendwie ein größerer Anteil, so fünfzig-fünfzig.
Wie kommt man eigentlich zu so einem Posten? Gibt es eine Liste wo man sich eintragen kann? Ich wäre qualifiziert: Nickschwein*in, Ja-Sagerin, Handaufheberin; dazu Spezialisierung im Speichellecken und Arschkriechen. Auf meiner ersten Verwaltungsratssitzung würde ich sofort ein Selfie für Instagram machen, mit Lavazza, Manner-Schnitten und einer Ferrarelle-Flasche. Lokale Anbieter? Können meine Klickrate nicht zahlen. Nicht einmal die "Veniamo giù dai monti" mit ihren Waffeln. Dann richte ich mich ein: Sitzungsgelder, Unkostenpauschale, Fahrkostenrückerstattung in "jasminscher" Höhe. Wer will eine Milliarde Dollar, wenn er ein warmes Plätzchen im "begehrtesten Lebensraum Europas" hat?

...

Merda! Habe eben eine Benachrichtigung vom P!mper bekommen. Muss flitzen.

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Luis Durni Do., 09.01.2020 - 12:53

Hoi, i hon des a schun probiert. I hon anan schnuller oanfoch meinen vorvorleschtn aifon zuigheng.

Funzt gewaltig

Do., 09.01.2020 - 12:53 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 09.01.2020 - 15:01

Wenn man den Anfang mal gepackt hat, dann wird es inhaltlich interessant. Ja fast zu viele Inhalte und Verweise. Aber super recherchiert! Oder hast du Informanten wie der Franceschini. Ich habe stark den Verdacht! Aber ein bisschen war es mir zu anspruchsvoll, es so im Detail zu verstehen, wie du die Sprache komponiert hast! Aber ich bin froh, wenn du so weiter machst!

Do., 09.01.2020 - 15:01 Permalink
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Elisabeth Garber Do., 09.01.2020 - 16:15

Wahnsinn, diese Intelligenz, diese Sprachgewalt, dieses Sprint-Tempo von Anfang bis zum langen Ende. Geschweige denn, die multilinguistischen Einschübe…die Südtiroler Sach- und Sprachkompetenz – nebst viriler Stammtischsprache. Ja, der nimmt sich kein Blatt vor den Mund, der Goggl Totsch. Hier wird für eine eingeschworene Prostata-Gemeinschaft geschrieben, aber eben bigger, faster und stronger.
Wohl bekomm’s!

Do., 09.01.2020 - 16:15 Permalink