Politik | Mehrheit

Das Einlenken des Obmannes

SVP-Obmann Philipp Achammer will gegenüber der Lega im Streitfall um Carlo Vettori einlenken. Der Landtagspräsident verkündet das Gegenteil. Was ist in der SVP los?
Philipp Achammer
Foto: USP
Es stimmt wir haben uns zu einer Aussprache getroffen“, sagt Philipp Achammer. Der SVP-Obmann bestätigt ein Treffen mit dem Südtiroler Lega-Kommissar Maurizio Bosatra am vergangenen Dienstag. Die Tageszeitung berichtet unter dem Titel „Das Geheimtreffen“ in ihrer Donnerstagausgabe exklusiv über eine Aussprache zwischen den beiden Koalitionspartnern. „SVP-Chef Philipp Achammer und Lega-Boss Maurizio Bosatra haben sich in einem Vier-Augen-Gespräch darauf verständigt, dass Carlo Vettori nicht mehr Teil der Regierungsmehrheit ist. Er darf aber in der Sechserkommission bleiben“, schreibt die Tageszeitung. Philipp Achammer möchte dazu nichts sagen. „Das Treffen war vertraulich“, ersucht er Salto.bz gegenüber um Nachsicht.
Die Zurückhaltung des SVP-Obmannes wird verständlich wenn man die Hintergründe kennt. Denn Philipp Achammer hat in der Aussprache mit Bosatra nicht nur dem eigenen Landtagspräsidenten widersprochen, sondern auch der Mehrheit seiner Fraktion.
Denn keine zwei Stunden später wird Landtagspräsident Sepp Noggler offiziell im Landtag genau das Gegenteil sagen. Auf eine konkrete Anfrage des PD-Abgeordneten Sandro Repetto antwortet der Landtagspräsident, dass dem Präsidium bisher kein Antrag auf Änderung der Mehrheit mitgeteilt wurde, somit gehöre neben den Abgeordneten der SVP und der Lega auch Carlo Vettori der Mehrheit an.
Es ist die offizielle Antwort, die auch protokolliert wurde und somit bis auf weiteres gilt.
 

Achammers Zugeständnis

 
Nach Informationen von Salto.bz sieht Philipp Achammer das aber anders. Vor allem hat der SVP-Obmann dem Lega-Chef Bosatra bestätigt, dass Carlo Vettori nach seiner Auffassung nicht mehr zur Mehrheit gehöre.
 

Das Treffen zwischen beiden hatte ein Thema: Carlo Vettori. Die Mailänder Lega-Zentrale fordert eine klare politische Hinrichtung des ausgetretenen Lega-Abgeordneten. Konkret verlangt Maurizio Bosatra von Philipp Achammer, dass man Vettori aus der Sechser- und Zwölferkommission abberufe und dass die SVP erklärt, dass Vettori nicht mehr Teil der Mehrheit im Landtag sei. Weil die politische Mehrheit damit von 19 auf 18 Abgeordnete zurückgeht, wäre das eine freiwillige Schwächung im Landtag.
Der SVP-Obmann erklärte in der Aussprache am Dienstag, dass eine Abberufung Vettoris aus der Sechserkommission nicht in Frage komme. In Sachen Landtagsmehrheit lenkte er aber offen ein. Nach der Auffassung des SVP-Obmannes ist Vettori draußen.
Dabei war und ist diese Positionierung kein Missverständnis. Denn Sandro Repetto hatte die Anfrage bereits am 19. Dezember 2019 eingebracht. Demnach waren sowohl die Anfrage als auch die Antwort von Sepp Noggler im Landtagspräsidium besprochen worden. Dort sitzt auch Landtagsvizepräsidentin Rita Mattei. Die Lega-Abgeordnete war es dann auch die sich in die Aula über die Antwort des Präsidenten am lautesten echauffiert hat.
Der Sinn des Treffen kurz vor der Landtagssitzung war deshalb klar: Maurizio Bosatra sollte die SVP und Sepp Noggler umstimmen, eine andere Antwort zu geben.
Philipp Achammer willigte hier offensichtlich ein.
 

Die Auslegung

 
Philipp Achammer gründet seine Auffassung auf eine verwinkelte Interpretation.
Nach Auffassung des SVP-Obmannes habe man im Februar 2019 im Kollegium der Fraktionssprecher schriftlich erklärt, dass die SVP-Fraktion und die Lega-Fraktion die politische Mehrheit bilden. Weil Carlo Vettori aber inzwischen im Landtag eine eigene Fraktion gegründet hat, sei er automatisch aus dieser politischen Mehrheit geflogen.
 
 
Der Betroffen sieht das grundlegend anders. „Auf dieser Erklärung von der Achammer redet, steht meine Unterschrift als damaliger Lega-Fraktionssprecher“, sagt Carlo Vettori. Sie diene ausschließlich dazu die Redezeit im Landtag aufzuteilen. Und hier kommt es auf die Zahl der Abgeordneten an. Und dort stehe auch heute noch die Zahl: 19. Ebenso stehe unter dem ausverhandelten Regierungsprogramm seine Unterschrift. 
Für Vettori ist deshalb klar, dass man ihn nicht so einfach delogieren kann.
Diese Auffassung teilt nach Informationen von Salto.bz nicht nur Landtagspräsident Sepp Noggler, sondern auch das Rechtsamt des Landtages.
Demnach dürfte der Standpunkt des SVP-Obmannes nichts anders als eine politische Konzession an den Koalitionspartner Lega sein. Geklärt ist der Fall Vettori damit aber lange noch nicht. Man kann wetten, dass er schon bald wieder aufs Tapet gebracht wird.
Spätestens dann aber sollte die SVP-Fraktion wissen, welche Haltung sie einnimmt. Und notfalls damit rechnen, dass man einen Gegner im Landtag mehr hat.
Wenn man mich rauswerfen will, dann kann man anscheinend auf meine Stimme im Landtag verzichten“, meint Carlo Vettori vielsagend.
Bild
Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Do., 16.01.2020 - 13:31

„Philipp Achammer möchte dazu nichts sagen. „Das Treffen war vertraulich“, ersucht er Salto.bz gegenüber um Nachsicht“:
Politikinhalte sind demnach etwas „Vertrauliches“, worüber der wählende und zahlende Bürger nichts wissen darf.

Do., 16.01.2020 - 13:31 Permalink
Bild
Profil für Benutzer alfred frei
alfred frei Do., 16.01.2020 - 16:09

Hoffentlich sickert die Nachricht nicht bis zum Landeshauptmann durch, die Vertraulichkeit wäre dadurch gebrochen, oder ?

Do., 16.01.2020 - 16:09 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer So., 19.01.2020 - 12:18

Die mächtige SVP, die Partei, die wesentlich Südtirols Autonomie gestaltet hat, muss sich, mit ihrer Partnerwahl der Salvini-LEGA, hinterfragen, wohin sich ihre Werteprioritäten verschieben und ob dies mit dem Selbstverständnis Südtirols noch verträglich ist.

So., 19.01.2020 - 12:18 Permalink