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Der Millionensegen

Das Land zahlt allein für Werbungen an den Athesia-Konzern jeden Tag den Monatslohn eines Journalisten. Jetzt wurde ein Teil der Zahlen im Landtag offen gelegt.
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Foto: Salto.bz
Arno Kompatscher hat sich durchgeschwindelt. 
Eine exakte Darstellung laut Ihrer Vorlage ist aus zeitlichen und organisatorischen Gründen nicht möglich, zumal alle Landesämter, Sonderbetriebe und ähnliche Strukturen, die bereits gelieferten und sehr umfangreichen Daten nochmals entsprechend überarbeiten und aufwändig recherchieren müssten“, schreibt der Landeshauptmann an den Landtagsabgeordneten Paul Köllensperger.
Der Kopf der Team K hat Anfang November 2019 zusammen mit seiner Fraktion im Landtag eine Anfrage zu den öffentlichen Werbe- und Marketinggeldern gestellt. Die sechs Landtagsabgeordneten wollten wissen, wie das Land aber auch die öffentlichen Hilfskörperschaften und Gesellschaften in den vergangenen drei Jahren ihre Werbegelder verteilt haben. Man ersuchte um eine genaue Aufschlüsselung. 
Ende vergangene Woche trudelt die Antwort ein. „Einiges wurde endlich offengelegt, aber vieles verschweigt man immer noch“, reagiert Paul Köllensperger auf die Antwort. Der Grund: Kompatschers Argument ist im Zeichen der elektronischen Erfassung jeder Auftrags- und Zahlungsbestätigung eine schlechte Ausrede. Denn mit ein paar Klicks kann jede Körperschaft innerhalb wenigen Minuten alle Werbeaufträge, die vergeben werden sichtbar machen.
 
 
Dass man das nicht tut, hat einen einfachen Grund: Das Land und die öffentlichen Körperschaften mästen den mächtigen Athesia-Konzern jährlich mit Millionen von Euro.
Von einer ausgewogenen Verteilung der öffentlichen Steuergelder kann dabei wohl kaum die Rede sein.
Vor allem aber gibt es öffentliche Gesellschaften, die recht ungeniert fast ihr gesamtes Werbebudget in den Ebner-Konzern investieren und anderen Medien bewusst austrocknen. Anhand detaillierter Zahlen würde das aber augenscheinlich werden.
 

1,5 Millionen

 
2018 haben die Landesverwaltung und die öffentlichen Gesellschaften und Körperschaften 1.514.981,60 Euro an Werbeausgaben für Zeitungen und Online-Portale verbucht. Genau 997.465,87 Euro davon wurden für Werbung in den Athesia-Medien ausgegeben. Das sind knapp 66 Prozent des gesamten Kuchens.
Das Land schaltete 2018 allein in der Tageszeitung Dolomiten für 318.716,39 Euro Werbung. Nimmt man die das „Dolomiten Magazin“ (65.393,20 €) und die Wirtschaftsbeilage „Wiku“ (46.266,35 € dazu, so liegt das Tagblatt deutlich über  der 400.000 Euro-Grenze. 206.998,13 Euro bekam der ebenfalls zur Athesia gehörende „Alto Adige“.
Wie sehr die öffentliche Hand dabei die Geschäftspolitik aus dem Hause Ebner im Auge hat, wird aus einem Detail deutlich. Mit über 150.000 Euro wirbt das Land allein in der Gratiszeitung „Qui“.
 
 
 
Die Landesverwaltung zahlt damit an die Ebner-Zeitungen und Onlinemedien 2.732 Euro am Tag. Das ist das mehr als das monatliche Nettogehalt eines Redakteurs oder eine Redakteurin mit 30 Jahren Berufserfahrung. Und das 365 Mal im Jahr.
Die Rechnung stimmt damit aber immer noch nicht. Denn man muss zu diesen Geldern weitere 309,970,51 Euro dazurechnen, die man 2018 für die Werbung im Radio ausgegeben hat. Rund 58.000 Euro gingen direkt an die beiden Athesia-Sender „Südtirol 1“ und „Radio Tirol“ und weitere 93.625,73 Euro an die Radio Media International (RMI), eine Agentur die für diese beiden Sender die Werbespots produziert und verkauft.
Dazu kommen aber noch sogenannte „andere Werbeformen“. 2018 gaben das Land und die Landesgesellschaften dafür 590.972,66 Euro aus. Auch hier landete der größte Brocken natürlich im Ebner-Reich. 235.719,59 Euro zahlte man an die Athesia-Tochter „First Avenue“, die die Werbeflächen an den Südtiroler Bushaltesstellen verkauft.
Laut der Antwort von Landeshauptmann Arno Kompatscher haben das Land und seine Körperschaften 2018 insgesamt 2.706.907,46 Euro für Werbung und Marketing im In- und Ausland ausgegeben. Rund 60 Prozent oder 1,5 Millionen Euro flossen davon an die Medienunternehmen der Familie Ebner.
 

Der Vergleich

 
Wie sehr die öffentliche Gießkanne dabei in Richtung Weinbergweg zielt, macht der Vergleich mit jenen Medien deutlich, die „unter der Wahrnehmungsgrenze liegen“ (Toni Ebner).
Die Wochenzeitung FF erhielt 2018 77.822,72 Euro an Werbegeldern vom Land, der Corriere dell´Alto Adige 57.293 Euro, die Neue Südtiroler Tageszeitung 52.119,10 Euro die Südtiroler Wirtschaftszeitung 16.148,96 Euro und die La Usc di Ladins 13.212,84 Euro.
Salto.bz hat 2018 Werbeaufträge für insgesamt 30.500,80 Euro erhalten.
 

Gemästeter Krah

 
Der Medienkoloss der Familie Ebner kann sich glücklich schätzen.
Denn der Athesia-Konzern gehört zu jenen Unternehmen, die von der öffentliche Hand ab deutlichsten profitieren. Rund 10 Millionen Euro an Steuergeldern fließen so jährlich allein in die Mediensparte der Athesia-Holding.
 
 
Kurz vor Weihnachten veröffentlichte das beim Ministerrat angesiedelten „Dipartimento per l'informazione e l'editoria“ die Beiträge der staatlichen Zeitungsförderung für das Jahr 2018. Die Überraschung dabei: Die Dolomiten sind jene Tageszeitung die Italienweit die höchste Förderung bekommt. Für 2018 darf die "Athesia Druck GmbH" unglaubliche 6.180.0000 Euro einstreichen.
Dazu kommen aber noch einmal gut 3 Millionen Euro, die aus dem Südtiroler Steuertopf in Richtung Weinbergweg fließen. Denn zu den Summen, die in der Antwort auf die Landtagsfrage wiedergegeben werden, muss man einiges hinzunehmen.
Etwa die lukrativen Aufträge der Handelskammer, der Gemeinden und Bezirksgemeinschaften, sowie der staatlichen Behörden, die periodisch in den „Dolomiten“ ganzseitige Annoncen schalten. Ebenso die direkte Medienförderung des Landes, wo über 700.000 Euro jährlich in das Reich des so kritischen „Krah“-Kommentators fließen.
 

Skurrile Dienstleistung

 
Aber auch bei den Zeitungen, die die Landesverwaltung ankauft, spiegelt sich dieses Verhältnis wieder.
Für die „Lieferung von Papier- und digitalen Abonnements der Tageszeitung „Dolomiten“ und der Wochenzeitungen Zett (anscheinend arbeitet man in der Landesverwaltung auch am Sonntag), „Der Schlern“ und „Die Südtiroler Frau“  hat das Ökonomat des Landes im Oktober 2019 eine Jahresauftrag direkt an die „Athesia Druck GmbH“ vergeben. Kostenpunkt: 75.878 Euro. 
22.928,08 zahlt man für die Abonnements der Tageszeitung.  Für die Wochenzeitung FF gibt das Land im Jahr 7.888,37 Euro aus. Für die Wirtschaftszeitung (SWZ) 4.768 Euro.
Besonders interessant ist aber ein anderer Auftrag an die Athesia.
Vor kurzem wurde die Athesia-Buch Gmbh im Backoffice von Salto.bz vorstellig. Das Anliegen: Man wolle ein Salto+-Abo für ein Mitglied der Landesregierung abschließen. Nach einer Rückfrage und einer längeren Recherche konnte das Rätsel gelöst werden.
Das Land hat an die Athesia Buch Gmbh den Auftrag „Dienstleistung der Verwaltung der Zeitschriftenabonnements der Landesverwaltung“ vergeben. Kostenpunkt: 30.000 Euro.
Konkret heißt das, dass alle Zeitungsabos von der Athesia verwaltet werden. Und die Athesia damit selbst beim Salto-Abo mitverdient.
Der angenehme Nebeneffekt: Michl und Toni Ebner wissen damit jeder Zeit, wer im Land, was liest.
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Sylvia Rier Mi., 22.01.2020 - 10:20

Naja. Es ist halt - leider - Tatsache, dass die "gemästeten" Medien des Ebner-Imperiums (immer noch) die größte Reichweite haben, und wohl auch die Zielgruppe der SVP am direktesten erreichen. Insofern ist es, unter wirtschaftlichen Aspekten, vermutlich recht sinnvoll, in sie zu "investieren".

Mi., 22.01.2020 - 10:20 Permalink
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Benno Kusstatscher Mi., 22.01.2020 - 14:14

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Die Tageszeitung bekommt also 52000 und erreicht laut eigener Webseite 203000 Leser*. Wenn das Tagblatt den zwanzigfachen Betrag bekommt, müsste es also 4 Millionen Leserinnen erreichen, um dein Argument zu stützen. Für Südtiroler Verhältnisse eine beachtliche Zahl. Egal welchen Korrekturwert man jetzt da ansetzt, der Faktor 20 bleibt. Ich kann Athesia nur wünschen, dass sie diesem Anspruch tatsächlich gerecht werden.

Mi., 22.01.2020 - 14:14 Permalink
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alfred frei Mi., 22.01.2020 - 11:54

könnte man den Millionensegen nicht mit einem Demokratieindex verbinden und so eine Fieberkurve des Südtiroler Infomartionsstandes erstellen ?

Mi., 22.01.2020 - 11:54 Permalink