Politik | Landtagswahlen 2013

Wer meint die richtige... Gemeinwohlökonomie?

Das Konzept der Gemeinwohlökonomie ist bei den Landtagswahlen 2013 auch Wahlkampfthema – im Kolpinghaus diskutierten dazu Kandidaten der SVP, der Grünen, des MoVimento 5 Stelle und der Freiheitlichen. Fazit: Nicht alle meinen dasselbe, wenn sie von GWÖ sprechen.

Der Verein für Gemeinwohlökonomie, den der eloquente Globalisierungskritiker Christian Felber gegründet hatte, lud gemeinsam mit dem Terra Insitut des Günther Reifer zur Diskussion ins Bozner Kolpinghaus. Die Landtagskandidaten, genauer gesagt, die Wirtschaftsvertreter der Parteien sollten zum auch in Südtirol aufkeimenden Wirtschaftsmodell Gemeinwohlökonomie Stellung nehmen.

Elmar Pichler Rolle, SVP-Urbanistiklandesrat, gab dann auch gleich eingangs zu, von der Materie wenig zu wissen und vielleicht auch der falsche Ansprechpartner zu sein. „Ich habe Ihr Buch nicht gelesen,“ sprach Pichler-Rolle Buchautor Felber an, „und weiß auch sonst wenig von Ihrem Modell,“ aber die Landesregierung könnte das Thema schon zu dem ihren machen, meinte der Landesrat. Denn teilweise arbeite man eh' in die Richtung, wie das Landesgesetz zur Einschränkung des Glücksspiels beweise, wo das Recht auf Gesundheit höher als bewertet wurde als der freie Markt.

„Vielleicht ist das Wort 'Anstand' das richtige Wort, um das auszudrücken, was Gemeinwohlökonomie will“, vermutete Pichler-Rolle noch.

Die Gemeinwohlökonomie macht die Runde, es ist eine Prägung, ein Konzept, das gerade mal drei Jahre alt ist und wie eingangs erwähnt, vom Salzburger Christian Felber in die Welt geworfen wurde. Der Mitbegründer von Attac-Österreich wurde im Juli 2013 Unesco-Lehrbeauftragter und ist mit seinen Vorschlägen für eine bessere Welt, vor allem aber mit seinem Wirtschaftsmodell GWÖ sehr erfolgreich unterwegs. In seinem Eingangsreferat erzählte Felber vom Umdenken in einigen Bereichen der Wirtschaft. Beispielsweise unterrichtet er an der Wirtschaftsuni Wien in diesem Semester zum ersten Mal die „Gemeinwohlökonomie“, in Salzburg wird ein neuer Master zur GWÖ eingerichtet und auch die Vereinten Nationen denken daran, einen solchen Lehrgang zu initiieren. Chapeau!

Auch in Südtirol gibt es die Gemeinwohlökonomie, ganz konkret setzen Privatunternehmer wie Michil Costa mit seinem Hotel La Perla in Corvara die Gemeinwohlbilanz um, aber auch Baufirmen wie das Vinschger Unternehmen Schönthaler GmbH und etliche andere. In diesen Köpfen ist das Konzept angekommen, eine Initiative für den Systemwandel in der Wirtschaft, wobei nicht das Profitdenken und die Gewinnmaximierung im Mittelpunkt steht, sondern das Gemeinwohlstreben und die Kooperation. In Salzburg hat die Koaliition ÖVP-Grüne und Team Stronach dieses Konzept in ihr gemeinsames Programm hereingenommen.

Das wollen auch die Südtiroler Grünen: Klaus Egger, Wirtschaftskandidat kennt sich aus und weiß, dass viele heutzutage von der Gemeinwohlökonomie reden und dabei aber von einem schwammigen Begriff ausgehen. „Es ist schon so wie mit der Nachhaltigkeit,“ sagt er am Podium, „der Begriff wird in jeder beliebigen Art verwendet, bis am Ende ein Unwort daraus wird.“

Auf facebook ist ein kleiner Disput dazu zwischen Egger und SVP-Kandidat Dieter Steger nachzulesen. Letzterer sagt nämlich auch, der Wirtschaftsbegriff müssen neu überdacht werden und nennt unter seinen Prioritäten auch die Gemeinwohlökonomie. Doch nicht jene, die Klaus Egger meint, sondern ein nicht genauer definiertes Paradigma. Er, Steger, findet, dass „viele dieser Modelle scheitern, da diese in den Grundannahmen nicht stimmig sind. Ohne eine philosophische Diskussion (...) wird es keine gesellschaftskritische Veränderungen geben, die dies auch ermöglichen wird. Das Ziel kann nicht Öko-Lifestyle für einige Hipster sein.“

Egger meint jedoch eine andere: „ Die GWÖ die ich meine ist sehr genau definiert und im Gegensatz zu dem was du schreibst, finde ich das gut. Es ist ein konkretes Modell über das man diskutieren kann. Konkret finde ich besser, da man nicht in Versuchung gerät in eine, sagen wir mal, rein philosophische Diskussion einzusteige.“

So argumentierten bei der Podiumsdiskussion am 8. Oktober im Bozner Kolpingsaal vor einem gut besetzten Saal auch die Kandidatin des MoVimento 5 Stelle Caterina Pifano und der Freiheitliche Roland Tinkhauser mit ihrem ureigenen Parteiprogramm bzw. zogen mehr oder weniger aufschlussreich Folgerungen zu diesem neuen Wirtschaftsmodell, das eben gleichzeitig Lebensmodell sein soll. Denn, „die Politik ist sowieso dem Gemeinwohl verpflichtet,“ meinte Tinkhauser, „ein besserer Mensch sei er deswegen aber trotzdem nicht.“ Zum Schluss gab es dann doch ganz konkrete Vorschläge von den 4 Politikern: die Instrumente der direkten Demokratie seien zu stärken, meinte Pifano unter anderem. Tinkhauser versprach sich dafür einzusetzen, dass es Landesunterstützung für die Erstellung der Gemeinwohlbilanz gibt, Klaus Egger möchte das Denkmodell über weitere Studien und Einbeziehung der größeren Wirtschaftslobbys implementieren und Elmar Pichler Rolle will sicherstellen, dass weitere Gespräche mit Vertretern der Gemeinwohlökonomie stattfinden. 

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gorgias Mi., 09.10.2013 - 15:40

Diesen Artikel kann man besser verstehen wenn man sich mit der Enstehung dieser Idee auseinandersetzt. Christian Felber ist eloquent und versprüht bei seinen Auftritten einen diskreten Charme eines Asketen, aber im Grunde höchst unterqualifiziert sich mit dem Thema Wirtschaft fundiert auseinanderzusetzten.
Doch wie konnte jemand der romanische Philologe und Politologe studiert hat, als Experte für die Erschaffung eines neuen Wirtschaftssystem werden?
Die Tatsache ist, dass Felber zu einer Zeit angefangen hat, sich mit der Gemeinwohlökonomie zu befassen, wo der Neoliberalismus in seiner höchsten Blühte stand. Wer dagegen war, brauchte nicht viel sagen und wurde von jene die dem System (wohl auch zurecht) mistrauten gleich wahrgenommen. Sein erster richtiger Beststeller war "50 Vorschläge für eine gerechtere Welt", und ich glaube es ist sein bestes Buch. Dort werden 50 Vorschläge (eigentlich sind es mehr als 50, aber der Verlag bestand auf dem Titel, weil damals die Zahl 50 ein Aufhänger auf dem Büchermarkt war) vorgestellt. Es ist sprachlich gut geschrieben und auch gut genug Recherchiert um eine Idee auf ein paar Seiten vorzustellen. Diese Ansammlung verschiedenster Ideen ist auch eine Fundgrube in der ich, als dem aktuellen Wirtschaftssystem kritische Person, das erste mal gehört habe.
Begeistert von der Person Christian Felbers, habe ich auch sein nächstes Buch gelesen. Dort fand ich aber ein konfuses Werk voller Widersprüche vor, das nicht wirklich zu einem Gesammten zusammenfindet. Seine weiteren Bücher waren nicht besser, in einem fehlen auch nicht esoterische Züge. In einem dieser Bücher erwähnt er auch den Begriff Gemeinwohlökonomie das erste mal und malt sich schwammig aus wie das Ergebnis dieser Utopie sein soll.
Diese Wortschöfpung Gemeinwohlökonomie war wohl eine so inspirierende Projektionsfläche, dass er sich Hilfe holte um ein neues Instrument der Gemeinwohlbilanz zu erstellen. Dieses ist ein System das nach bestimmten Kriterien Punkte verteilt und am Ende kommt ein Indexwert raus. Dieses wird auch ständig verfeinert und ich finde auch nichts schlimmes daran wenn sich Unternehmer freiwillig dazu entscheiden dies als betriebswirtschaftliches Instrument gebrauchen, wäre da nicht auch der ideologische Überbau.
Um nochmals zum Begriff Gemeinwohlökonomie zurückzukommen. Dieser ist eine schöne Projektionsfläche für jegliche Utopien, gleichzeitig mutet es auch totalitär an. Felber sagt die Gemeinwohlökonomie wäre eine Form der Marktwirtschaft, doch in der Freiwirtschaft wird es kein freies Unternehmertum mehr geben wo Entscheidungen selbstverantwortlich und auf eigener Tasche getroffen werden, sondern es wird ein Rätesystem installiert, wo Wirtschaftsubjekte beformundet werden.

http://derstandard.at/1363706673800/Gemeinwohl-Oekonomie-Ideologische-R…

http://diepresse.com/home/meingeld/uebergeld/1385760/Christian-Felber_E…

http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/726261/Wie-man-sich-ein…

Mi., 09.10.2013 - 15:40 Permalink
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Klaus Egger Mi., 09.10.2013 - 22:27

Antwort auf von gorgias

Also so ganz kapiert habe ich das jetzt nicht. Speziell am Ende bei der "Freiwirtschaft" habe ich komplett den Zusammenhang verloren. Sie finden, das glaube ich zumindest verstanden zu haben, das Modell der GWÖ schlecht/falsch/esoterisch oder was auch immer. Ok, könnten sie das näher begründen? Ich frage das ganz offen und ehrlich. Nachdem ich mich durch sehr viele Wirtschaftsmodelle durchgearbeitet habe, diese teilweise auch praktisch in meinem Betrieb getestet habe, sehe ich darin nicht große Fehler. Was übersehe ich?

Mi., 09.10.2013 - 22:27 Permalink
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gorgias Do., 10.10.2013 - 00:53

Antwort auf von gorgias

ich meinte nicht "Freiwirtschaft" sondern freie Wirtschaft. Das sind zwei Begriffe die man nicht verwechseln sollte. Auch beziehe ich mich in meinem Text nicht auf die Gemeinwohlökonomie sondern beziehe mich auf die Entstehungsgeschichte des Begriffs ein. Diese kann man schön verfolgen wenn man die Bücher Felbers liest. Der Begriff Gemeinwohlökonomie wurde in einem seinen vorhergehenen Büchern das erste mal genannt und nur von einer diffusen Idee einer neuen Wirtschaft umrissen. Dieser wurde später, wahrscheinlich nach gewissen Feedback erst richtig ausgearbeitet und in einem eigenen Buch erklärt.
Ich habe diese Bücher immer kurz nach dem Erscheinen gelesen (Die überarbeitete Ausgabe von Gemeinwohlökonomie habe ich mir erspart), und kann mich jetzt ad hoc nicht an alle ungreimtheiten ad hoc erinnern, aber mir von jemanden ein alternatives Wirtschaftssystem erklären zu lassen, der sich "bewusst" dafür entschieden hat nicht Wirtschaftswissenschaften zu studieren wegen dessen Mathematisierung. Das klingt für mich fast nach dem Spruch des Engsoz aus 1984 "UNWISSENHEIT IST STÄRKE"

Und dann kommen vorschläge wie die Abschaffung von Zinsen oder die Einführung von variablen Mwst.-Sätzen für Unternehmen ohne sich im Klaren zu sein dass die Mwst. nur ein Durchgangsposten ist und wie, dies dann bei Halbfertigproduktien Funktionieren soll die weiterverarbeitet werden und dann für den Endkonsumenten diese Mwst errechnet werden soll. Wie das genau berechnet werden soll ist zwar noch unklar, dass das aber ein immenser bürokratischer Aufwand wird ist jetzt schon klar. Genauso wie wenn die Gemeinwohlbilanz Einfluss auf das Steueraufkommen haben wird und Vergünstigungen einbringt. Denn dort sind es nicht nur einige "Überzeugte" die das mehr oder weniger für sich und den Firmenimage machen, sondern Unternehmer die gerne Steuern sparen. Der Auditing-Prozess ist sehr wage und läßt vielen Interpretationsspielraum, wenn das Ergebnis wirklich steuerrechtlich relevant sein wird, wird es notwendig sein die Auswertung zu objektivieren in dem man es bis im letzten Detail regelmentiert.
Ich werde mir die nächsten Tag die Bücher von Felber nochmals durchschauen, da ich mir damals das Geld gespart habe weitere zu Kaufen bis auf "50 Vorschläge" und zumindest die Stelle suchen, wo sich esoterische Anklänge befinden. Um nochmals alles sytematisch aufarbeiten könnte man fast ein Diplomarbeit schreiben.
Ich hätte ein Frage an Sie: Welche Bücher von Felber haben Sie gelesen außer die vom der Gemeinwohlökonomie?

Do., 10.10.2013 - 00:53 Permalink
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Josef Pedevilla Do., 10.10.2013 - 12:25

Antwort auf von gorgias

"Diesen Artikel kann man besser verstehen wenn man sich mit der Entstehung dieser Idee auseinandersetzt. Christian Felber ist eloquent und versprüht bei seinen Auftritten einen diskreten Charme eines Asketen, aber im Grunde höchst unterqualifiziert sich mit dem Thema Wirtschaft fundiert auseinanderzusetzten."

Ihren Kommentar versteht man vielleicht auch besser, wenn man den Lesern sagt, dass Christian Felber selber Wert darauf legt, dass er nicht Wirtschaft studiert hat, weil er der Meinung ist (und ich teile diese Meinung), dass wenn ein System falsch konzipiert ist und man sich zum Ziel setzt ein komplett neues System aufzubauen, tiefgründiges Wissen über das alte System selten von Vorteil.
Die meisten Erfindungen sind zustande gekommen, weil der Erfinder ein bestimmtes Problem von einem ganz neuen Blickpunkt betrachtet hat.
In diesem Zusammenhang hätte ich einen schönen Spruch von Nossrat Peseschkian für sie: "Wenn du willst, was du noch nie gehabt hast, dann tu, was du noch nie getan hast" und zwar die Idee in den Vordergrund zu stellen und nicht die Qualifikation der Person, die sie vertritt.

Do., 10.10.2013 - 12:25 Permalink
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gorgias Do., 10.10.2013 - 23:30

Antwort auf von gorgias

Dass er sich auch noch rühmt nichts von Ökonomie zu verstehen kann man in einem der Links lesen die ich gepostet habe. Aber diese Antwort ist nichts weiter als billige Apologethik, ja sie ist im Grund das Motto "IGNORANZ IST STÄRKE" aus 1984. Doch dieser Spruch ist eine Lüge, denn Felber gibt dermaßen viel Blödsinn von sich, dass man sich die Haare raufen möchte. Leider schafft er es gut zu Kaschieren durch seine moralische Anprangerung eines System das nicht optimal funtkioniert und die letzten Jahre gewisse Auswüchse erlitten hat. Leider muss ich auch sagen dass jene die sich von ihn angesprochen fühlen ökonomische Analphabeten genauso wie er selbst. Die Ironie ist dass Felber als Gründungsmittglied von attac Österreich mit einem der Grundziele bei sich selbst gescheitert ist und das ist die ökonomische Alphabetisisierung.
Doch wer wirklich etwas ändern möchte sollte sich mit jenen Kritikern des Neoliberalismus außeinandersetzten die auch vom Fach sind dem empfhele ich folgende Autoren zu lesen:
Joseph Stigilitz
Hans Christoph Binswanger
Bernd Senf
Irving Fischer
Paul Krugman
und wer nur Zeit für einen Autor hat, dem empfehle ich das gut lesebar Buch "Die Ökonomie von Gut und Böse" von dem brillanten Tomas Sedlacek
Um etwas zu reparieren muss man verstehen wie es funktioniert, wer es nicht versteht kann es nur noch mehr kaputt machen.

Do., 10.10.2013 - 23:30 Permalink
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Klaus Egger Fr., 11.10.2013 - 08:13

Antwort auf von gorgias

Ist schon interessant. Da rufen allen nach "Kraft von unten", "der Bürger muss was tun", "das Volk muss die Änderung herbei führen" usw.. Und auf alles was sie verweisen ist Bücher zu lesen. Ich kenne die Autoren teilweise auch, Bernd Senf und Binswanger durfte ich sogar live erleben, aber außer mehr Verständnis habe ich noch kein konkretes "Änderungsinstrument" in die Hand bekommen. Außer das und das ist falsch, bzw. läuft falsch, zu hören von unterschiedlichsten Personen, hat mich aber noch keiner dieser Menschem mit seiner "Bewegung" überrollt.

Felber mag nicht perfekt sein, aber er bietet etwas sehr konkretes an. Ich weiß nicht ob Sie auch ein Unternehmen führen. Ich weiß nur, dass ich mit meinen 15 Mitarbeitern auf europäischer Ebene schon zu den Größeren gehöre. Wer weiß schon, dass 99% der Betriebe in der EU Klein- und Mittlere Betriebe sind. Und das 90% dieser 99% weniger als 10 Mitarbeiter haben. Für mich und all diesen wahren Stützen der Wirtschaft wäre dieses GWÖ-Modell ein anwendbares und sehr konkretes Steuerunsinstrument um die Wirtschaftstitanic vom Eisberg wegzulenken. "Besser eine unvollkommene Entscheidung, als gar keine Entscheidung."

Sobald wir den Schwenk geschafft haben, unterhalte ich mich wieder gerne mit Ihnen wer denn nun der Schlaueste von allen war.

Fr., 11.10.2013 - 08:13 Permalink
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gorgias Fr., 11.10.2013 - 10:55

Antwort auf von gorgias

was der Bürger als erstes tun muss ist die Sachverhalte zu verstehen um auf politische Angebote entsprechend reagieren zu können. Die relevanten Entscheidungen werden von Parlamente gemacht. Viele regen sich wegen des niedrigen Niveaus der Politik auf, sind sich aber dessen nicht bewußt dass sich 2/3 der Wählerschaft nicht für Politik interessiert. Wie soll es dann besser funktionieren?
Sie können gerne mit der Gemeinwohlbilanz arbeiten, sie müssen sich aber trotztem auf einem Markt behaupten auf dem bestimmte Rahmenbedingungen herschen. Die von Felber gewünschten Ändernungen würden sich aber katastrophal auswirken. Statt dessen braucht es eine intelligente Wirtschaftpolitik, die von einem Großteil der Bevölkerung mitgetragen wird. Leider ist dafür Felber eine Sackgasse der mit seinem Neusprech mehr Leuten die Rechtfertigung gibt sich nicht mit Wirtschaft fundiert auseinander zu setzen als Zusammenhänge klar zu erklären.

Fr., 11.10.2013 - 10:55 Permalink
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gorgias Do., 10.10.2013 - 01:05

Durch die Einhebung von Steuern und die Verteilung von Subventionen nimmt der Staat Einfluß auf die Rahmenbedingungen für Betriebe und schafft Wettbewerbsvorteile und Nachteile. Dies gleich als Wettbewerbsmanipulation zu bezeichnen ist meines Erachtes übertrieben.
Es ist aber ein Unterschied wenn man über dem Prinzip der Kostenwahrheit Energiekosten höher besteuert und damit engergiesparende Geräte einen Wettbewerbsvorteil verschafft oder in einem überbordenden Paternalismus auf ungesunde Nahrung eine Sondersteuer erhebt.
Eine ökologische Steuerreform wäre dringend nötig und könnte zudem Innovationen ankurbeln. Ein Buch wo Nägel mit Köpfe gemacht werden ist "Faktor fünf" von Ernst Ulrich von Weiszäcker

Do., 10.10.2013 - 01:05 Permalink
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Klaus Egger Do., 10.10.2013 - 09:40

Ich finde ihr habt beide verständliche Kritiken angebracht, auch wenn ich sie nicht ganz teile. Aber der Reihe nach:

-ich habe "Retten wir den Euro" gelesen welches ich sehr gut fand. Speziell die Erklärungen zur Entwicklung der Globalisierung (strukturell wie finanztechnisch). Bei "Neue Werte für die Wirtschaft" bin ich auch nicht weitergekommen. Das war mir dann auch zu "nett". Und dann das Buch zur "Gemeinwohlökonomie". Und auch Vorträge gehört. Oliver, der Vortrag im Kolping war seeeehr knapp. Hätte Christian mich als Rhetoriktrainer gefragt, würde ich ihm raten, bei kurzen Vorträge Themenblöcke komplett wegzulassen, anstatt sie nur anzureißen. Denn dann passiert genau das was du beschreibst: Man erfährt nicht die Hintergründe, verknüpft die Themen nur mit den eigenen Erfahrungen und Wissen und dann kann das Ganze auch völlig missinterpretiert werden. Wenn ihr auf youtube das Thema sucht, findet ihr jede Menge Vorträge die länger sind.

-Bei der Wort-Entwicklung sollten wir auch vorsichtig mit der Kritik sein. Natürlich wusste ein C. Felber nicht von Beginn an, dass sich diese Idee einer neuen Wirtschaft irgendwann in dieses konkrete Modell ergießt. Genau aus dem Grund, begann man von Beginn an eben einen Namen zu verwenden, der den Grundgedanken ausdrückt. Leider mit dem Nachteil, dass ihn jeder verwenden kann, ohne genau zu wissen von was er spricht. Wie ich es bei der Veranstaltung schon sagte: Ich empfehle den Namen (oder einen Neuen) markenrechtlich schützen zu lassen. Denn von "Gemeinwohlökonomie" spricht bald jeder wie von "Nachhaltigkeit".

-Mittlerweile ist das Modell aber durch sehr partizipative Prozesse mit UnternehmerInnen, nicht nur durch C. Felber, gewachsen und halbwegs wirtschaftstauglich gemacht worden. Das ist mir sehr wichtig zu erwähnen, da gorgias ja das Nicht-Wirtschafts-Studium von Felber anspricht. Ich kann verstehen, dass das abschreckt, aber Felber kommt ja auch aus der Globalisierungskritiker-Ecke und hat einen anderen Zugang. Das Wichtigste ist aber, dass die UnternehmerInnen schlussendlich an dem Modell gearbeitet haben und denen kann man die Wirtschaftskompetenz nicht so leicht absprechen. Auch ist das Modell von Felber nicht festgeschrieben, sondern sozusagen "open source". Wie weit das für die Verbindung mit gesetzlichen Regeln nützlich ist, sei noch dahin gestellt. Irgendwann wird man die erste Entwicklungsphase sicherlich abschließen müssen, damit man verbindliche Vorgaben hat.

-Und da wären wir schon bei der Verknüpfung Modell-Politik. Natürlich wäre das Einflussnahme, wenn man den Gemeinwohlunternehmen Steuervorteile, Fördervorteile, Vergabevorteile verschaffen würde. Und das ganz bewusst gewollt. Aber was passiert denn zurzeit? Wenn ein Konzern sich in Südtirol ansiedeln wollen würde, was macht der denn da? Er klopft bei Luis an, verlangt Subventionen damit er überhaupt kommt. Denn er schafft ja sooooo viele Arbeitsplätze. Das dieser Konzern dann seinen Steuersitz in einer Steueroase hat, schert ihn wenig. Und auch sonst noch wird er alles auspressen, was ihm Vorteile verschafft um seinen Aktionären die gewünschte Rendite zu verschaffen. Gedanke an Gemeinwohl, nada.

-Wenn wir aber ein Instrument hätten, welches die positiven, qualitativen Ansätze eines Unternehmens zum Gemeinwohl messen würde, hätten wir die Chance objektiv dessen Beitrag zur guten Gesellschaftsentwicklung festzustellen. Und dann diesen Unternehmen die Vorfahrt in unserer Gesellschaft zu überlassen, wäre doch das Beste was wir tun könnten um die pervertierte Wirtschaft auszubremsen.

-Ich weiß, es gibt noch andere Modelle die diesen Weg gehen und ich habe oft betont, ich will mich noch nicht festlegen ob die GWÖ das einzig Wahre ist. Aber mein Weg, hätte ich politische Einflussnahme, wäre folgender:
1) WIFO und AFI müssten sofort eine Studie ausarbeiten wo Modelle wie die GWÖ,und gerne auch noch ein paar andere, an der Südtiroler Wirtschaftsstruktur wissenschaftlich untersucht werden. Ich bin überzeugt, wir würden schnell feststellen, dass sehr viele kleine Unternehmen schon auf einem guten Weg sind. Nur leider werden sie in Geiselhaft genommen, sobald sie den absolut lokalen Wirtschaftskreislauf verlassen. Als ein Beispiel nenne ich den „Einzug“ eines Handelsgeschäft in eine Einkaufszentrum. Dann bestimmt nicht mehr die Kauffrau über ihre Strategie, sondern der Einkaufszentrumsmanager.
2) Diese Ergebnisse müssen mit den Sozialpartnern diskutiert werden und in diesen Diskussionen sollen die Sozialpartner GEMEINSAM ausarbeiten, welche Vorteile für die "guten" Unternehmer sie von der Politik erwarten. Sollten die Sozialpartner zu einer gemeinsamen Entscheidung gelangen wird...
3)... die Politik diese als Masterplan gesetzlich umsetzen.

Das wäre mein Start in eine neue, radikal andere und mutige Wirtschaftspolitik des Landes Südtirol.

Do., 10.10.2013 - 09:40 Permalink
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Johannes Engl Do., 10.10.2013 - 11:22

Ich war auch auf der Veranstaltung und bin ein GWÖ-Pionierunternehmer. Deine Bedenken verstehe ich.
Zitat: "Eine andere Sache ist es aber, staatlich zu bestimmen was gut ist und was schlecht und dementsprechend massive Wettbewerbsmanipulation zu betreiben."
In der Gemeinwohlökonomie ist vorgesehen, dass nicht der "Staat" von oben herab entscheidet, welche Art des Wirtschaftens favorisiert werden soll, sondern die Bevölkerung direkt durch einen demokratischen Prozess.
Nicht die GWÖ sondern das heutige System bestimmt von oben herab, dass die Wirtschaft immer wachsen muss auf Kosten von Natur und Ressourcen, dass Steuerflucht möglich ist, dass Banken so groß werden dürfen, dass sie im Krisenfall vom Staat gerettet werden müssen. ecc....
Der "Staat" bestimmt jetzt schon so viel. Gibt es diese Freiheit in der Wirtschaft "ohne Wettbewerbsmanipulation" von der du sprichst überhaupt ?

Do., 10.10.2013 - 11:22 Permalink
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Johannes Engl Do., 10.10.2013 - 11:29

Zitat: "Faktor fünf klingt interessant. Meine Wunschzettel fürs Christkind ist soeben erweitert worden."
Ober der Faktor zwischen Mindelsteinkommen und maximalem Einkommen in einem Unternehmen gleich =5, 10, 20, 30 ist, ist eigentlich egal. Faktor unendlich aber ist ein Problem. Dies führt nämlich dazu, dass gewisse Manager ungeheuere Risiken eingehen, für deren eventuellen Schäden sie nicht die Verantwortung übernehmen können. Siehe Bankenkrise. Diese Diskussion ist aber unabhängig zu führen von irgendwelchen Neidgedanken.

Do., 10.10.2013 - 11:29 Permalink