Wirtschaft | Brennercom

Verscherbeltes Tafelsilber

Das Team K rollt im Landtag die gesamte Brennercom-Affäre auf und will in einer Anfrage wissen, warum das Land dem Athesia-Konzern ein Millionengeschenk gemacht hat.
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Foto: Team K
Paul Köllensperger redet nicht lange um den heißen Brei herum. „Diese Mischung aus Politik und Unternehmertum ist natürlich sehr fragwürdig, um es milde auszudrücken“, sagt der Kopf des Team K. Die größte Oppositionspartei des Landes hat am vergangenen Freitagvormittag zu einer Pressekonferenz geladen.
Peter Faistnauer, Alex und Franz Ploner, sowie Paul Köllensperger stellten dabei die Schwerpunkte der Landtagsarbeit im nächsten Monat vor. Es werden Beschlussanträge zur Errichtung einer Europäischen Schule in Südtirol und zur Rettung des Auwaldes in der Brixner Industriezone eingebracht.
Vor allem aber wird an diesem Tag eine Anfrage zum Verkauf der Brennercom AG vorgestellt. Dabei wird nicht nur die explosive Geschichte einer Affäre aufgerollt, sondern auch die Frage, nach der Rolle der amtierenden Landesregierung gestellt. „Mit öffentlichen Steuergeldern aufbauen und dann an Private verschenken“, heißt es auf der Pressekonferenz. Und weiter: „Es ist kein Einzelfall in dem, was man gemeinhin als das System Südtirol bezeichnete, sondern leider die gängige Masche.
 

Der Glücksritter

 
Das Team K lässt auf der Pressekonferenz nochmals die Geschichte der Brennercom AG Revue passieren. Es ist eine Entwicklung, die von der kritischen Südtiroler Presse jahrelang in allen Facetten beleuchtet wurde, aber im Schatten des SEL-Skandals jahrelang weder politische noch rechtliche Konsequenzen nach sich gezogen hat.
Die Brennercom AG wird 1998 von der Brennerautobahn AG und dem Internetportal des Hauses Athesia, Dnet, gegründet. Erst nach zwei Jahren wird das Unternehmen durch den Impuls von Landesrat Alois Kofler auch operativ tätig, während in der Zwischenzeit das Land als Mehrheitseigentümer einsteigt. Karl Manfredi, der persönliche Referent und Ressortdirektor von Alois Kofler, wird in der Folge zum Geschäftsführer der Brennercom berufen. Es ist eine politische Ernennung, die aber Früchte trägt. Denn Manfredi baut nicht nur das Unternehmen auf, sondern auch sein Privatvermögen ordentlich aus.
 
 
Anfänglich ist der Generaldirektor mit 0,12 Prozent an der Brennercom beteiligt, doch im Laufe der Jahre erwirbt er immer mehr Aktie und steigt zum zweitgrößten Aktionär nach dem Land auf. Mit seiner in Bozen eingetragenen KM Invest nimmt der damalige Brennercom-Geschäftsführer 2003 einen Bankkredit von 2,45 Millionen Euro auf, um damit 8,62 Prozent am Telekommunikationsunternehmen zu erwerben.
Im Sommer 2006 gründet der Brennercom-Geschäftsführer Manfredi dann eine zweite KM Invest GmbH in Innsbruck und verkauft die KM Invest Bozen schließlich an die Schwesterfirma in Österreich. Damit geht auch die gesamte Brennercom-Beteiligung über den Brenner nach Innsbruck. „Der daraus resultierende Gewinn blieb ein Rätsel“, sagen heute die Team K-Landtagsabgeordneten.
Das besonders Absurde daran: Karl Manfredi sitzt über zweieinhalb Jahrzehnte lang im Brennercom-Verwaltungsrat als Vertreter des Landes. Die Landespolitik lässt ihren Verwaltungsrat aber gewähren, so als würde das Wort Interessenkonflikt im Vokabular der Südtiroler Verwaltung nicht vorkommen.


Ausstieg und Verkauf

 
Während die Brennercom beschließt nach Nordtirol zu expandieren, betont der damalige Informatik-Landesrat Hans Berger, dass „das Land nicht Unternehmer spielen soll“. Eine Bewertung der Brennercom wird in Auftrag gegeben und eine Ausschreibung seitens des Landes soll folgen. Landesrat Berger will von den internen Plänen der Brennercom nicht gewusst haben. „Uns haben weder unsere Vertreter (Manfredi und Kofler) informiert, noch kam das auf der Gesellschafterversammlung zur Sprache“, erklärte Berger damals. 
Im Hintergrund änderte sich Besitzstruktur des Telekommunikationsunternehmens aber nachhaltig. Die Athesia-Tyrolia GmbH kauft die Innsbrucker KM Invest GmbH von Manfredi auf und sichert sich als Alleinbieter das Brennercom-Aktienpaket. Damit hält die Familie Ebner plötzlich 48,34% Prozent an der Brennercom, während das Land Südtirol mit nur mehr 42,35% nun zweitgrößter Aktionär ist. 
Es ist der Autor dieser Zeilen, der diese Machenschaften in der Tageszeitung, an die Öffentlichkeit bringt. Die SVP und die Politik schauen dabei zu.
 
 
Doch die Athesia will mehr und versucht sich auch die Aktienpakete der übrigen öffentlichen Gesellschafter zu sichern. Da sich zunächst Landeshauptmann Luis Durnwalder und in der Folge Landeshauptmann Arno Kompatscher jedoch zur Wehr setzten, kommt es zwischen der Athesia und dem Land zum Konflikt, der sich in einem noch nie dagewesenen Manöver zuspitzt. 
Das Trio Michl Ebner, Ferdinand Willeit und Karl Manfredi werfen das Land als zweitgrößten Aktionär kurzerhand aus der Gesellschaft. Die Landesregierung klagt. Um einen langjährigen Gerichtstreit zu vermeiden, einigt man sich letztlich auf einen Kompromiss: die Spaltung der Brennercom in ein Unternehmen mit dem Telekommunikationsbereich und der Providertätigkeit sowie in das Unternehmen Infranet AG mit der Tätigkeit im Breitbandbereich. 
Der erste Teil, die Brennercom Ag,  geht zur Gänze an die Athesia, während zweiteres, die Infranet AG, von der öffentlichen Verwaltung übernommen wird. 
 

Verschenkte Millionen

 
Ein Kompromiss ohne Sieger oder Verlierer“, verkaufte Landeshauptmann Arno Kompatscher im September 2016 die Lösung, dass die Landesregierung nach „zähen“ Verhandlungen der Abgabe ihrer Brennercom- Anteile für rund 18 Millionen an die Athesia abgibt.  
Mit dieser Vorgehensweise ist die öffentliche Verwaltung die Verpflichtung umgangen, die in öffentlicher Hand stehende Beteiligung in Übereinstimmung mit den gesetzlich festgelegten Grundsätzen der Transparenz und des Wettbewerbs zu veräußern“, sagt Paul Köllensperger heute.
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Zwei Anträge Köllenspergers im Landtag, die Landesregierung zu einer Versteigerung der Unternehmensanteile zu bewegen werden im Landtag von der SVP versenkt. Dreieinhalb Jahre später verkaufen Athesia und die Familie Ebner die Brennercom an ein börsennotiertes Mailänder Unternehmen Retelit. Der Kaufpreis: 65 Millionen Euro. „Das sind 47 Millionen mehr, als der Schätzwert der Landesregierung im Jahre 2016“, heißt es auf der Pressekonferenz.
Für Paul Köllensperger & Co ist eines damit mehr als klar: „Das Land hat seine Anteile 2016 an Athesia unter Wert verkauft.“  Dass der Käufer zufällig das Familienunternehmen eines langjährigen SVP-Spitzenpolitikers und Mandatars ist, verleiht der Affäre noch zusätzlichen politischen Sprengstoff.
In einer detaillierten Anfrage will das Team K jetzt weitere Einzelheiten und Hintergründe des Verkaufs erfahren.
Arno Kompatscher & Co werden jetzt nur noch hoffen müssen, dass die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof die Anfrage und die Antwort nicht mitlesen.