Wirtschaft | Gemeinwohl

Nachhaltig, enkelfähig, erfolgreich

Setzen Unternehmen Nachhaltigkeitsziele um, weil sie an die Zukunftsfähigkeit glauben, oder weil es vom Gesetz vorgesehen ist? Eine Chance: die Gemeinwohlökonomie.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Blume
Foto: Monica Margoni

Wollen oder müssen? Setzen Unternehmen Nachhaltigkeitsziele um, weil sie an die Zukunftsfähigkeit glauben, oder weil es vom Gesetz vorgesehen ist? Ist Nachhaltigkeit eine rein ökologische Angelegenheit oder ist eine systemische? Welche Anreizsysteme dienen dazu, dass Unternehmen eine Nachhaltigkeitsbilanz erstellen? Eine Reflexion dazu und eine Einladung, die verschiedenen Ansätze, wie die Gemeinwohlökonomie, näher kennen zu lernen.

Alles ist nachhaltig, überall ist dieses Wort drin. Die Intention dahinter ist verschieden. Manche sehen in der Nachhaltigkeit eine Hürde, andere sehen eine Chance, sogar eine Vision. Fakt ist: Nachhaltigkeit lohnt sich, auf verschiedenen Ebenen. Ökologische und soziale Nachhaltigkeit eröffnet heute erhebliche Wettbewerbsvorteile und Marktgestaltungsmöglichkeiten.

Unternehmen, die wirklich nachhaltig sein wollen, stellen sich selber und stellen Vieles in Frage. Sie sind kontinuierlich in einem Lernprozess, haben ein neues Mindset, sie suchen einen Sinn, machen interne Prozesse transparent, sind kundenorientiert, denken systemisch, sie leben ihre Werte, sie setzen sich Nachhaltigkeitsziele und engagieren sich, sie zu erreichen.

Innovation ist nicht nur Digitalisierung oder Technologisierung, zukunftsfähige Unternehmen setzen innovative Modelle ein, im Personalbereich oder in der Organisationsentwicklung. Sie definieren intern ihre Unternehmenskultur, sie ziehen motivierte und engagierte Mitarbeiter an. Sie wollen attraktiver sein, besonders für junge Menschen, die nicht nur eine Arbeitsstelle suchen, sondern auch einen Sinn-Ort.

Für einige ist Nachhaltigkeit ein Muss: Seit 2017 sind Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern verpflichtet, in ihrem Geschäftsbericht auf ihre Nachhaltigkeitsbemühungen einzugehen: Lieferketten offenzulegen und Auswirkungen der Produktion auf Arbeit und Umwelt darzulegen. Auch der Mittelstand setzt sich mit Nachhaltigkeit auseinander. Allerdings haben nur wenige eine Strategie, wie es Nachhaltigkeit definiert und wie die sich in die Unternehmensführung integrieren lässt.

Nachhaltigkeitsberichte beleuchten die langfristigen Erfolgsaussichten besser, für Mittelständler handelt es sich um eine Chance. Es können sich Türe zu nachhaltig orientierten Kapitalgebern öffnen und zugleich verbessert sich die Reputation bei Angestellten, Bewerbern sowie potenziellen Kunden.

Denn bei Nachhaltigkeit geht es um die Verbindung aus ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten. Dieses ganzheitliche Herangehen überfordert derzeit Mittelständler ebenso wie Konzerne. Immer mehr Unternehmen werden ihre Geschäftsberichte um die Nachhaltigkeitsthemen ausweiten, da das Thema an Bedeutung gewinnt.

Wirtschaften bedeutet mehr als nur Gewinnmaximierung, nämlich einen Beitrag zu einer besseren und lebenswerteren Welt. Aufgabe der Politik ist, diesen Wandel durch entsprechende Regulierungen und Anreize voranzutreiben. Je eher Unternehmen die Potenziale dieser Transformation für sich ausloten, umso mehr werden sie künftig davon profitieren. Der Wohlstand von morgen beruht auf neuen Werten und einem neuen Ansatz von Wachstum.

Es sind stärkere ordnungspolitische Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln gefragt: eine Neujustierung des Steuersystems auf ökologische Verbräuche. Konkrete Ansätze bietet in diesem Kontext die Gemeinwohlökonomie. Das von Unternehmern und Experten entwickelte Konzept sieht vor, dass sich Akteure ökologischen und ethischen Bewertungskriterien unterziehen und dann eine sogenannte Gemeinwohl-Bilanz erstellen. Die Skala enthält 1000 Punkte und betrachtet Lieferkette, Mitarbeiter, Kunden und das gesellschaftliche Umfeld. Die Bewertungsmaßstäbe sind die Einhaltung der Menschenwürde, Nachhaltigkeit, Transparenz und Gerechtigkeit.

Infotreffen: am 10.02, 17 Uhr, bei Medus in Meran

Info: www.ecogood.org, www.economia-del-bene-comune.it/de

Bild
Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Di., 04.02.2020 - 18:19

„Wirtschaften bedeutet mehr als nur Gewinnmaximierung, nämlich einen Beitrag zu einer besseren und lebenswerteren Welt“:
Ihr Wort in Gottes Ohr, in einer Welt des trump’schen Narzissmus und der neoliberalen National- und Regionalökonomien.

Di., 04.02.2020 - 18:19 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Christian Mair
Christian Mair Sa., 22.02.2020 - 16:37

Ulrike Hermann spricht in einem hörenswerten Interview (https://www.youtube.com/watch?v=TAaUZcZUmnI) von der Notwendigkeit einer schrumpfenden Wirtschaftsform, die sich an die Kriegswirtschaft Großbritanniens während des 2. Weltkriegs anlehnt.
"Grünes" Wachstum, das ein "weiter wie bisher" in einem kapitalistischem System ermögliche, sei zwar denkbar, aber nicht dazu in der Lage notwendige CO2 Einsparungen umzusetzen. Weiters seien Banken und Versicherungen überflüssig, da diese nur in einem auf Wachstum ausgerichteten System benötigt werden.
Interessant an dieser Stelle ist, dass Konservative wie Kompatscher (in der Neujahrsansprache), aber auch Kurz oder JU-Chef Tilman Kuban (1:12:10 https://www.youtube.com/watch?v=GEe_0906gf8) von grünem Wachstum angetan scheinen, andererseits aber schon Hinweise auf Gürtel-enger-schnallen geben. Selbst die Grünen können sich aber nicht dazu aufraffen, eine Politik mit massiven staatlichen Interventionen (wie es eine Gemeinwohlökonomie im Grunde wäre) zu fordern. Im Grunde gibt es derzeit keine einzige politische Kraft, die eine Transformation zu Wachstumseinschränkungen oder Schrumpfung umsetzen will.

Sa., 22.02.2020 - 16:37 Permalink