Gesellschaft | Gastkommentar

Das Gute an Corona

Das Corona-Virus sollte uns eine Warnung sein. Das Virus zeigt uns, dass wir verletzlich sind. Gedanken über die positiven Seiten dieser Ausnahmesituation.
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Foto: Pixabay
Natürlich ist dieser Titel vielleicht komplett daneben. 
Darum hier am Anfang das Nicht So Gute: Es ist der Umstand, dass Leute an diesem Covid-19 (SARS-CoV-2) sterben. Und dabei ist es irrelevant ob es Menschen in Südtirol oder sonst wo sind. Die Folgen für den Sozialstaat stellen ein weiteres großes Problem dar. Abgesehen von den Milliarden mit denen sich nicht nur Italien zusätzlich verschulden wird, werden auch auf der Einnahmenseite (Steuern) viele Wirtschafts-Milliarden fehlen. 
Nun, jetzt der Politik oder den entscheidenden Spezialisten etwas vorzuwerfen fällt schwer. Wer mit irgendeiner Entscheidung richtig gelegen hat, wird erst die Zukunft zeigen. Die Fachleute müssen Aktionspläne durchziehen, sich wahrscheinlich noch mehr ins Zeug legen und schlussendlich schauen was heraus kommt. 
Aber wenn wir ausgewiesenen Fachleuten – wie auch einem Dr. Bernd Gänsbacher oder auch international renommierten Viren-Spezialisten -  etwas mehr zuhören würden, dann müssten wir verstehen, dass wir noch nicht alles wissen. Das Virus Covid-19 ist schlicht eine Gefahr von der man noch nicht weiß wann sie vorbei ist und wie die Geschichte ausgehen wird. 
Wahrscheinlich scheint, dass Corona nicht besiegbar ist, dass es nicht so einfach verschwinden wird und dass es uns noch lange begleiten wird. 
So lange, bis wir einen Impfstoff oder ein Medikament haben. Oder so lange bis wir alle kurz daran erkrankt sind und selbst Antikörper entwickelt haben. Sich also der sogenannte Herdenschutz entwickelt. Und das wird dauern.  
Bisher sind weltweit mehr Menschen an der richtigen „Grippe“ gestorben als am Corona-Virus. Die Zahlen variieren zwischen 40.000 in Europa und 25.000 allein in Deutschland im Jahr.
Wir werden also früher oder später – und jetzt kommen wir langsam zum Guten – zur Normalität zurückkehren. Und mit diesem Corona-Virus leben. Ganz normal wie wir mit dem Influenza-Virus leben. Bisher sind weltweit in dieser vorletzten Wintersaison wesentlich mehr Menschen an der richtigen „Grippe“ gestorben als am Corona-Virus. Die Zahlen variieren zwischen 40.000 in Europa und 25.000 allein in Deutschland (Saison 2017/18 lt. Robert Koch Institut – allerdings nur einige Hundert in dieser Saison).  
 
Wie wir auch rechnen, der Influenza-Virus hat in den vergangenen Jahren unglaublich viele mehr dahin gerafft. Das Problem des Covid-19 ist seine aggressivere Art: leichter übertragbar, überlebt scheinbar länger in der Umgebung und hat bisher eine höhere Todesrate. Die letzte Statistik könnte sich aber noch ändern wenn wir wirklich wissen wie viele Menschen sich mit dem Virus angesteckt hatten und ohne gröbere Symptome „überlebt“ haben. 
Vorausblickend müssen wir also feststellen, dass es noch viele Infektionen (Forscher rechnen sogar mit bis zu 30% der Bevölkerung) geben wird und dass ein gewisser Prozentsatz (0,5 bis 1%) daran sterben wird. (Der Epidemie-Forscher Christian Althaus prognostiziert in der Neuen Züricher Zeitung bis zu 30.000 Tote nur in der Schweiz. Der Virologe Christian Dorsten von der Charité Berlin meinte in einer ZDF-Sendung dass 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung Erfahrung mit Corona machen könnten). Aber wir werden überleben, denn es sterben nach wie vor mehr Menschen an vielen anderen Dingen. (lt. WHO 1,3 Millionen im Straßenverkehr / über 3 Mill. an Atemwegserkrankungen / 1 Million Suizide /  1,4 Mill. an Tuberkulose / 9 Mill. an Krebs usw.) 

Das Gute 


Wir fangen langsam an unser Leben zu überdenken.
Unser Lebensstil, unser Wirtschaftssystem, unsere Umweltpolitik, unsere Klimapolitik ... vieles davon führt ebenso in den Abgrund wie dieser verdammte Virus. Die gesamten Maßnahmen die uns jetzt hemmen, einengen und ärgern sollten uns zum Nachdenken anregen.
Sollten wir nicht schon lange Kürzer Treten? Auf diesen oder jenen Billig-Schrott aus China verzichten, Kleidung aus fairer Produktion kaufen, bei den Lebensmitteln darauf achten wo und wie diese produziert werden. Sollten wir nicht langsam anfangen dieses Paar Schuhe oder jene Jacke etwas länger zu tragen oder reparieren zu lassen. Und wir sollten nachdenken über Luxus, Egoismus und individuelle Befindlichkeiten.
Unser Lebensstil, unser Wirtschaftssystem, unsere Umweltpolitik, unsere Klimapolitik ... vieles davon führt ebenso in den Abgrund wie dieser verdammte Virus.
Das Corona-Virus sollte uns eine Warnung sein! Bis wir es im Griff haben vergeht noch Zeit genug um gewisse Dinge grundlegend zu überdenken. 
Das Virus zeigt uns, dass wir verletzlich sind.  Es macht uns Angst ... unbegründet, denn als Menschheit werden wir das überleben. Vielleicht ist der Spuck bald vorbei wie einige andere in den letzten Jahrzehnten. Wahrscheinlicher ist, dass uns Corona erhalten bleibt und wir damit genau so umgehen werden wie mit Grippe, AIDS ... oder so wie wir mit Seuchen wie Cholera, Pest, Pocken, Masern oder Ebola umgegangen sind. 
Corona hat uns auch wieder daran erinnert was Hygiene heißt. Hände ordentlich und öfter waschen, Etikette beim Niesen und Husten hilft nicht nur gegen Corona.  
 

Corona hat Europa vor Augen geführt, was passiert, wenn selbst überlebenswichtige Dinge wie Medizinproduktion nach China und Indien ausgelagert werden. 
Corona lässt uns etwas mehr zu Hause sein. Einige Stunden mehr mit Frau, Mann, Kinder.
Corona schiebt das Impfen in ein neues Licht. Wer wird sich nächstes Jahr (falls möglich) nicht gegen SARS-CoV-2 impfen lassen?
Corona hat jetzt schon der Globalisierung einen ordentlichen Dämpfer verpasst.
Corona hilft dem Weltklima - gewaltig sogar! Laut Nasa-Aufnahmen ist die Luftverschmutzung beispielsweise über China massiv gesunken. Bliebe es so, würden dort wahrscheinlich 3000 Menschen weniger an Feinstaub-bedingten Krankheiten sterben. Weltweit gehen laut WHO 8,8 Millionen vorzeitige Todesfälle auf Luftverschmutzung zurück.
Corona hat jetzt schon der Globalisierung einen ordentlichen Dämpfer verpasst. Es bleibt zu Hoffen dass die Verantwortlichen daraus lernen. 
Corona hätte das Potential die Welt ins positivere zu verändern. Es liegt ein wenig auch an uns allen. 
In diesem Sinne: Selten a Schodn, wo koan Nutzn! 
 
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gorgias So., 08.03.2020 - 14:12

>Corona schiebt das Impfen in ein neues Licht. Wer wird sich nächstes Jahr (falls möglich) nicht gegen SARS-CoV-2 impfen lassen?<

Wirklich?

Es gibt schon jetzt Verschwörungstheoretiker, die Behaupten, dass der Virus von den Amerikanern entwickelt wurde, um China am Aufstieg zur ökonomischen Nr. 1 auszubremsen und Geld mit Impfstoffe zu machen. Diese werden sich diesmal trotzdem Impfen lassen, aber weiterhin davon nichts halten.

Dann wird es eine Gruppe von Menschen geben, die in Ihrer Blödheit konsequent bleiben und ohne medizinische Begründung auf eine Impfung schlichtweg verzichten.

So., 08.03.2020 - 14:12 Permalink
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gorgias So., 08.03.2020 - 15:13

Die Menschheit hat auch die Pest und die spanische Grippe "heil" überstanden. Man darf nur nicht zu den Losern gehören die dabei abkratzen.

So., 08.03.2020 - 15:13 Permalink
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Peter Gasser So., 08.03.2020 - 15:18

Antwort auf von gorgias

ah... ältere kranke Mitmenschen, Menschen, welche grad immunschwächende Medikamente nehmen oder eine Operation hinter sich hatten, oder leider an Krankheiten leiden, und solche, welche eben vom Virus zu stark „überschwemmt“ werden, sind alles ... „Loser“.
.
Dann hoffen wir mal, dass Sie kein Virus je richtig „packt“ ...

So., 08.03.2020 - 15:18 Permalink
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Klaus Griesser So., 08.03.2020 - 16:36

Im Grunde hast du ja recht: es ist besser für uns, wenn wir langsamer laufen im Hamsterrad. Noch wichtiger: dem COV19 können wir nur widerstehen durch mehr Solidarität und weniger Individualismus. Eine Anmerkung aber habe ich: Der "Billig-Schrott aus China", den du erwähnst kann nicht den Chinesen angehängt werden! Die Produktion billiger Elektronik-Komponenten, Plastik und Klamotten aller Sorten, Grundmedikamente für nahezu die gesamte Pharmaindustrie wurde von unseren hochentwickelten Industriellen zum größten Teil in Billiglohnländer ausgelagert zwecks profitablem "Spuck" von Massenproduktion.

So., 08.03.2020 - 16:36 Permalink
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Meister Haus So., 08.03.2020 - 22:34

„Es bleibt zu hoffen dass die Verantwortlichen daraus lernen.“ Ich würde eher sagen. Es bleibt zu hoffen, dass es uns (dir und uns allen) gelingen wird, die Verantwortlichen zu zwingen, daraus zu lernen.
Das alles ist ein Vorgeschmack darauf, was noch kommen wird. Denn dieses Lernen (und seine Umsetzung) von dem du sprichst, wird kein Spaziergang sein.

So., 08.03.2020 - 22:34 Permalink
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Klemens Riegler Mo., 09.03.2020 - 11:11

Ich danke euch allen für die positiven Rückmeldungen und die sehr sinnvollen Ergänzungen.
@ Klaus Griesser; ich meinte beim China-Gedanken schon auch "unsere" Konzerne bei denen wir die Dinger kaufen.
@ Meister Haus; leider habe auch ich die Angst, dass Danach nur "Reset" gedrückt wird und der Wahnsinn einfach wieder von vorne losgeht. Aber wie die Entwicklung der letzten Stunden zeigt wird es doch vorerst ein Mal ziemlich ernst.
- Ohne allzu große Angst zu verbreiten liegt es jetzt doch an uns allen vernünftig zu sein, Maßnahmen zu akzeptieren und diese sogar aktiv zu unterstützen.
* Es geht wie Peter Gasser schreibt natürlich speziell um unsere Eltern und um kranke und geschwächte Menschen. Und - ganz wichtig - um unsere Sanitäts-Einrichtungen samt Ärzten, Pflegepersonal und Rettungsdiensten. Wenn uns die auch nur für 14 Tage ausfallen werden Leute nicht nur am Corona-Virus sterben.
* Wenn wir das nicht tun, sieht die Zukunft so aus: Hotels werden zu Quarentäne-Stationen ... usw. ... und das noch brutalere wäre, wenn es soweit käme, dass jemand entscheiden müsste ob man diesen- oder jene Patient/in überhaupt versucht zu retten. Ich hoffe natürlich auch dass es nicht soweit kommt ... in einer doch so "wahnsinnig hochentwickelten, technologisch & medizinisch fortschrittlichen und für alles gewappneten westlichen Gesellschaft" ... der ein so keiner Virus ihre Grenzen aufzeigt.

Mo., 09.03.2020 - 11:11 Permalink
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Erwin Demichiel Mo., 09.03.2020 - 15:47

Dann könnten wir jetzt also beginnen, über die Stärkung unseres Immunsystems zu reden. Davon hört man von der Medizinseite leider gar nichts. Lassen wir uns nicht auf ein dumpfes Hoffen auf eine kommende Impfung reduzieren. Das wäre ein altes Mehr-vom Selben. Bewährtes Wissen um den aktiven Schutz unsres Immunsystems und um seine Stärkung gibt es mehr als genug. Und auf nichts anderes als auf unser Immunsystem kommt es letztlich an. Das haben wir jetzt alle verstanden. Dieses Thema kann uns auch ganz allgemein dabei helfen, einen möglichst gesundheitsfördernden Lebensstil zu implementieren. Das wär schon einmal krasse Eigenverantwortung - nicht nur Händewaschen, Abstand usw.
Was hält uns trotz vieler gesundheitsgefährdender Einflüsse gesund? Dazu hat die Resilienzforschung ein paar Antworten. Resiliente Menschen verfügen über einen sog. Kohärenzsinn. Er besteht im wesentlichen aus der Wechselwirkung zwischen drei Variablen: der Verstehbarkeit einer Situation (rationale Informationen), ihrer Handhabbarkeit (Vertrauen in die generelle Lösbarkeit und den persönlichen Beitrag dazu) und in einem Gefühl der Sinnhaftigkeit. Mit Sinnhaftigkeit ist gemeint, dass die Ereignisse des Lebens einen tieferen Sinn haben und dass in ihnen eine motivierende, neugierig machende und herausfordernde Kraft liegt. Dies ist die wichtigste Variable.

Sepp Bacher hat hier auf Salto vor kurzem einen Beitrag gebracht mit dem Titel „Wer zeigt uns den richtigen Weg?“. Ich sag jetzt mal ganz ungeschützt: die Krise zeigt uns den richtigen Weg und sonst niemand.

Aktives, eigenverantwortliches, hoffnungsvolles Tun im Interesse unserer leib-seelischen Gesundheit ist ein mächtiges Mittel gegen Angst und Depression. Könnte das ein Thema für verantwortungsvolle öffentliche Berichterstattung werden? Jetzt sind die Menschen sensibel und offen (und haben auch mehr Zeit). Wenn nicht jetzt, wann dann?

Mo., 09.03.2020 - 15:47 Permalink
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Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Mo., 09.03.2020 - 17:15

Antwort auf von Erwin Demichiel

Der Immunologe Univ.-Prof. Dr. med. Bernd Gänsbacher hat letzthin im Radio auf eine diesbezügliche Frage einer Hörerin geantwortet. Ein gutes Immunsystem schützt nicht vor einer Infektion. Wenn ich richtig verstanden und kombiniert habe, dann heißt das, dass auch infizierte Personen, bei denen die Krankheit aber - dank des guten Immunsystems - nicht ausbricht, diesen Virus weitergeben können. Und darauf hat er beharrt, dass das Immunsystem nicht vor einer Infektion schützt!

Mo., 09.03.2020 - 17:15 Permalink
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Erwin Demichiel Mo., 09.03.2020 - 19:15

Antwort auf von Peter Gasser

Das Immunsystem schützt nicht vor einer Infektion, sondern davor, an der Infektion zu erkranken. Deshalb sollte jeder sein Immunsystem auf dem bestmöglichen Stand halten.
Univ.-Prof. Dr. med. Bernd Gänsbacher hat leider, leider eine tolle Gelegenheit versäumt, den Menschen eine wichgtige Information zu vermitteln.
Aber ich lass mich gerne belehren, wenn ich falsch liege.

Mo., 09.03.2020 - 19:15 Permalink
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Klaus Hartmann Fr., 13.03.2020 - 14:49

"Sollten wir nicht schon lange kürzer treten?" Und ob!
Wieso aber gelingt das offensichtlich notwendige nicht? Obwohl wir es schon längst verstanden haben. Und wie könnte eine nachhaltige Wende gelingen?
Dazu empfehle ich (als Diskussionsbeitrag) die Lektüre des Vortrages von Alexander Langer bei den Toblacher Gesprächen 1994:
https://www.alexanderlanger.org/de/171/1149

Fr., 13.03.2020 - 14:49 Permalink