Wirtschaft | Soforthilfe

„Nichts für ungut, Sepp“

Team K-Wirtschaftssprecher Josef Unterholzner hat das Krisenmanagement von Arno Kompatscher scharf kritisiert. Dieser antwortet jetzt mit einer geharnischten SMS.
SMS
Foto: upi
Josef Unterholzner ging in die Vollen. Der Wirtschaftssprecher des Team K verschickte am Montag eine Presseaussendung in der er mit dem aktuellen Krisenmanagement der Südtiroler Landesregierung hart ins Gericht geht.
So kritisiert Unterholzner das „wochenlange Zuwarten und die Langsamkeit“ der Südtiroler Landesregierung. „Wir brauchen nicht auf Italien warten. Aufgrund unserer Autonomie muss jetzt sofort gehandelt werden. Während ich Italien und auch Südtirol die Regierungen noch darüber  diskutieren, was man machen könnte, wird in Deutschland bereits umgesetzt. Das, obwohl dort die Krise zeitverzögert begonnen hat“, meint der Unternehmer und Landtagsabgeordnete
Der Aufruf des Team K an die Landesregierung laut deshalb, endlich aufzuwachen und nicht länger auf die Vorgaben und Ansagen aus Rom zu warten. „Südtirol kann und muss es sich aufgrund der Autonomiebestimmungen und der finanziell soliden Position leisten können, eigenständig Sofort-Hilfen zu beschließen“, so Unterholzner.
 
 
Die Botschaft kam beim direkt Angesprochenen gar nicht gut an.
Arno Kompatscher reagierte umgehend mit einer privaten SMS an den Team K-Landtagsabgeordneten. Es ist ein geharnischtes Schreiben in dem der Landeshauptmann die Vorwürfe nicht nur zurückweist, sondern seinerseits zum Gegenangriff übergeht.
 
Kompatscher schreibt:
 
„Lieber Sepp, ich weiß, dass du glaubst es liege an mangelnder Entscheidungskraft oder mangelnder Kompetenz in wirtschaftlichen Fragen, dass in Südtirol einige Dinge länger dauern, als beispielsweise in Österreich, der Schweiz oder Deutschland.
Du solltest dir dringend einige Dinge erklären lassen!
Zum Beispiel den Unterschied zwischen einem Staat und einer Autonomen Provinz! Hilfreich wäre, wenn man als Abgeordneter nicht nur unternehmerische Erfahrung hätte, sondern auch die Verfassung, das Autonomiestatut, das Legislativdekret 118 (Harmonisierung der Haushalte), die Regeln der Bankenaufsicht.... und ähnliches mehr kennen würde.
Und bevor du reflexhaft denkst „geht nicht, gibst nicht“ - „muss man diese Dinge halt ändern“, lass dir noch erklären: Nein, wir Südtiroler ändern ohne Staat weder die Verfassung noch das 118er Dekret, noch ein paar andere Dinge, die uns aktuell das schnelle Krisenmanagement extrem erschweren.
 
 
Wir müssten nämlich ganz einfach zuerst selbst ein Staat sein. Den entsprechenden Krieg zu führen (mit den Schützen?) und ihn zu gewinnen, geht sich derzeit leider zeitlich nicht aus. Es geht also weder ums Wollen noch im Mut oder Entscheidungskraft.
Ich bin nicht Bundeskanzler oder Ministerpräsident. Deshalb sind bei uns immer mindestens drei bis vier Schritte mehr nötig, um zu einem halbwegs ähnlichen Ergebnis zu kommen, wie ein Staat (dank unsere Autonomie können wir im Gegensatz zu den anderen Regionen überhaupt etwas tun!).
Das mit den Unternehmern, die mich beraten sollen, habe ich seit immer schon beherzigt. Zu meinen (wechselnden) Beratern gehören einige sehr erfolgreiche Unternehmer von internationaler Relevanz.
Vielleicht solltest du, bevor du mir mit einer ziemlichen Arroganz einen solchen Ratschlag gibst auch einmal prüfen, ob du umgekehrt in Fragen der öffentlichen Verwaltung halbwegs sattelfest bist.
Aber vielleicht solltest du, bevor du mir mit einer ziemlichen Arroganz einen solchen Ratschlag gibst auch einmal prüfen, ob du umgekehrt in Fragen der öffentlichen Verwaltung halbwegs sattelfest bist.
Nichts für ungut, Sepp, ich höre gern deine Meinung und nehme deine Ideen auch gerne auf, aber mit Stammtisch-Sprüchen nach dem Motto „das muss schneller gehen“ oder „ich würde einfach...“ „ein Unternehmer würde..“ ist niemandem geholfen.
Ich hoffe, du verzeihst meine tirolerische Direktheit und Offenheit."
 
Der politische Schlagabtausch dürfte damit Fahrt aufgenommen haben.
 
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Sigmund Kripp Do., 02.04.2020 - 17:27

"Wir müssten nämlich ganz einfach zuerst selbst ein Staat sein." Das ist eine interessante Aussage Kompatschers. Vorallem, weil sie vom bedauerneden Nachsatz gefolgt wird, dass sich das gerade zeitlich nicht ausgeht. Mit dem Wort "Krieg" meint er - so wie ich den friedfertigen LH kenne - sicherlich den bürokratisch-verfassungsmässigen. Schön zu hören. :-)

Do., 02.04.2020 - 17:27 Permalink
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Sigmund Kripp Fr., 03.04.2020 - 07:06

Antwort auf von ceteris paribus

Ich habe einen - dokumentierbaren - Fall in Wien vorliegen, wo die Betreffende am Freitag 27.3. einen formlosen Antrag gestellt hat, und am Mittwoch 1.4. ihre 1.000 € am Konto hatte! Und so ging es dort 1000enden anderen. Das habe ich gemeint, wenn ich andeute, unsere Autonomie ist schon sehr schwach.

Fr., 03.04.2020 - 07:06 Permalink
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Martin Daniel Fr., 03.04.2020 - 08:28

Antwort auf von Sigmund Kripp

Lieber Sigmund, ich kann das nun überhaupt nicht herauslesen. Eine Autonomie, so weitreichend sie auch sein mag, kann nie an die Souveränität eines Staates heranreichen, mag der von der VP aus taktischen Gründen eingeführte Begriff der Vollautonomie auch noch so gut klingen. In gewissen Dingen ist Südtirol, ganz wertungsfrei, eben Italien und das würde sich durch einen reinen Willensakt nicht ändern lassen.

Fr., 03.04.2020 - 08:28 Permalink
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Sigmund Kripp Fr., 03.04.2020 - 10:24

Antwort auf von Martin Daniel

Sicher, es braucht ein bissl mehr als einen reinen Willensakt. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass gerade in Stresssituationen ein System seine Stärken zeigen kann. Oder seine Schwächen. Ich bin erstaunt, wie handlungsunfähig die Landesregierung bei Soforthilfen zu sein scheint! Meine Haltung bzgl. unserer Angehörigkeit zu Italien kennst Du.....

Fr., 03.04.2020 - 10:24 Permalink
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Hansjörg Kofler Do., 02.04.2020 - 19:53

Heute habe ich mit einem Unternehmen in Deutschland gesprochen der sagte mir sein Zuschuss von 5.000 Euro ist genehmigt aber erhalten wird er es vielleicht in zwei Monaten.
Auch der Wirtschaftsminister Altmaier hat gesagt Geduld Geduld , es wird sicherlich noch einen Monat dauern !

Do., 02.04.2020 - 19:53 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Do., 02.04.2020 - 20:04

Sehr schön geschrieben vom LH. Als Sprecher der Wirtschaft sollten Unterholzner und co. die Zeit nutzen um sich Gedanken für die Zukunft nach dem Koronavirus zu machen und unser Wirtschaftssystem mal grundlegend überdenken. In der Zwischenzeit lassen wir bitte die Regierung arbeiten, gern auch unter Kontrolle der Opposition, aber mit Hausverstand.

Do., 02.04.2020 - 20:04 Permalink
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Michael Kerschbaumer Do., 02.04.2020 - 20:24

Unser LH ist gut. Ewig gestrige top Unternehmer reichen ihm nicht die Stange!
Um den LH herum siehts hingehen äusserst traurig aus. Da blüht und sticht sehr wenig hervor.

Do., 02.04.2020 - 20:24 Permalink
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G. P. Do., 02.04.2020 - 20:41

Also ist es jetzt auf einmal doch ein Problem, zum Staat Italien zu gehören. Aber sonst geht's uns ja blendend bei Italien und gebetsmühlenartig wird verkündet, dass es keine Grenzen mehr gäbe ...

Do., 02.04.2020 - 20:41 Permalink
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Martin Aufderklamm Do., 02.04.2020 - 23:46

Es gibt nun mal ein Gefüge an Normen, an die wir uns als Mitglieder einer Gesellschaft zu halten haben.
Ob, bei Italien oder nicht, es besser ginge, will ich jetzt dahingestellt lassen.
Erstaunlich ist es aber, wenn in normalen Zeiten auf die öffentliche Verwaltung, ihren gesetzlichen Verpflichtungen und Kontrollen eingedrescht wird und nach einer Lockerung der Regeln geschrien wird.
Jetzt, wenn es darum geht, das Geld zu verteilen, geht es nicht schnell genug.
Alles ist optimier-und verbesserbar, gewiss!
Wie und von wem würde aber dieser jetzige Notstand gemeistert werden, hätten wir den liberalen Sirenengesängen der letzten 15 Jahre und den Ruf nach Abschaffung der öffentlichen Verwaltung noch mehr Achtung geschenkt als ohnehin schon?
In diesem Sinne: wer nur sich selbst monetär genügt, darf sich gern vertschüssen, wohin auch immer; alle anderen, die auch das Wohl der Gesellschaft als Ganzes im Auge haben, sei bewusst, das wir alle im selben Boot sitzen und danach trachten sollen, die Überfahrt zu meistern ohne jemanden zu verlieren.

Do., 02.04.2020 - 23:46 Permalink
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Sebastian Felderer Fr., 03.04.2020 - 04:42

In diesem Falle hat der Landeshauptmann vollkommen Recht. Ein Angriff, wie ihn Josef Unterholzner gestartet hat, ist am Zeitpunkt und in der Art und Weise total daneben und kontraproduktiv. Aber es liegt scheinbar im Wesen des ex-Unternehmes, in seiner neuen Rolle als Politiker und Mandatar sich etwas holprig und äußerst ungeschickt zu benehmen. Von einem Verantwortlichen für einen 600 Mann-Betrieb hätte ich mir wahrlich mehr Einblick in die Wirtschaftswelt und ihre Zusammenhänge erwartet. Ich könnte einige Beispiele aufzählen, die mir aufgefallen sind und wo ich lediglich den Kopf geschüttelt habe. Leider erweist er dem Team K dadurch einen sehr schlechten Dienst. Er wäre bei der Lega oder selbst bei der SVP besser aufgehoben. Was meine Meinung in Sachen Soforthilfe ist, kann in diesem Beitrag nachgelesen werden.
https://www.salto.bz/de/article/31032020/wir-sind-im-krieg

Fr., 03.04.2020 - 04:42 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Fr., 03.04.2020 - 06:34

Aber LH Kompatscher,wenn ihr nichts selbst entscheiden könnt ohne den italienischen Staat , dann ist es mit unserer Vollautonomie von euch SVPlern immer wieder propagandiert wohl nicht weit her,oder??? Sie schreiben ja selbst: Verfassung, Autonomie? Legislativdekret 118 usw. ,oder??? Sie werden wohl selbst merken,dass sie sich in Vielem wiedersprechen. Gebt endlich mal zu,dass ihr viele Fehler gemacht habt,der LH Platter in Tirol war mindestens so korrekt!

Fr., 03.04.2020 - 06:34 Permalink
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Profil für Benutzer Sigmund Kripp
Sigmund Kripp Fr., 03.04.2020 - 10:31

lieber Uli, wie oben angemerkt, bin ich erstaunt über die Handlungsunfähigkeit der Landesregierung bzgl. Notgeldausschüttung. Das betrifft natürlich auch die Finanzautonomie, ganz klar! Mein Beispiel von Wien ist nicht auf die 1.000 € beschränkt, die Freiberuflerin wird diesen Betrag auch im Mai und im Juni noch einmal bekommen. Und das - wie beschrieben - innerhalb von 3 Tagen. Denn vielen würden auch die 1.000 € im Monat schon etwas helfen. Das schließt eine Staffelung nach Betriebsgrößen nicht aus.
Langfristig aber wird Europa nach der Krise darüber nachdenken müssen, wie es auch die vielen Steuerparadiese austrocknet! Denn dort liegen Tausende Milliarden auf der faulen Haut und geben keinen (Steuer)beitrag zu den Haushalten ab! Jetzt werden diese öffentlichen Haushalte sehr gestresst, aber Geld ist genug vorhanden; es drückt sich nur vor der Pflicht!

Fr., 03.04.2020 - 10:31 Permalink
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Profil für Benutzer △rtim post
△rtim post Sa., 04.04.2020 - 08:41

Wo der Landeshauptmann recht hat, hat er recht. Vielleicht sollte er öfter mal so direkt die Dinge benennen und nicht nur, wenn sich ein anscheinend gelangweilter Landtagsabgeordneter unqualifiziert äußert.
Einfach nur beschämend, wie hierzulande insbesondere in dieser Notlage auch noch derart polemisiert wird anstatt zusammenzustehen und als Volksvertreter verantwortungsvoll damit umzugehen. Armes Land Tirol!
Laut Bozner Grünen-Chefin schafft der Landeshauptmann jetzt ja sogar gleich die Demokratie ab usw. https://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=56144

Ja, geht's noch?

Sa., 04.04.2020 - 08:41 Permalink