Politik | Landtag

„Man will den Ausschuss versenken“

Die Grüne Brigitte Foppa über das unerhörte Benehmen der Landesregierung, die leeren Versprechungen von Arno Kompatscher und ein Kompromissangebot.
Brigitte Foppa
Foto: Grüne Verdi Verc
Salto.bz: Frau Foppa, heute sollte Landeshauptmann Arno Kompatscher und die gesamte Landesregierung im Untersuchungsausschuss zur sogenannten Maskenaffäre angehört werden. Es kommt aber außer Landesrat Giuliano Vettorato niemand. Sie schreiben deshalb auf Twitter: „Eine unerhöhte Respektlosigkeit“?
 
Brigitte Foppa: Das ist es auch. Ich bin echt empört. Denn das sind einfach keine Manieren. Dass man nicht einmal die Bildung hat, schriftlich oder mündlich abzusagen, dass macht mich einfach sprachlos.
 
Kompatscher & Co haben es nicht einmal für Wert befunden, ihr Nichterscheinen anzukündigen und ihr Fernbleiben zu entschuldigen?
 
Nein, der Einziger der auf die Einladung geantwortet hat, war Giuliano Vettorato. Er kommt anscheinend heute gegen 16 Uhr. Für mich ist es augenscheinlich, dass man uns hier an der Nase herumführt. Denn man muss eines wissen: Die Anhörung der Landesregierung war ursprünglich für die Ausschusssitzung vom 12. Juni vorgesehen. Damals hat man uns aber gesagt, dass eine Einladung mit nur fünf Tagen Vorlaufzeit für so wichtige Leute aus Termingründen nicht geht. Deshalb haben wir andere Zeugenanhörungen vorgezogen und erklärt, dass die Landesregierung drei Wochen später angehört werden soll. Und jetzt das.
Für mich ist es augenscheinlich, dass man uns hier an der Nase herumführt.
Offiziell hat sich der Landeshauptmann nie persönlich gemeldet?
 
Nein. Er hat vor wenigen Tagen das Rechtsgutachten samt Begleitschreiben übermittelt. Mehr aber nicht. Zudem hat er heute bereits mehrmals seine Gewährsleute angerufen, um sich zu erkundigen, ob die Arbeiten im Ausschuss weitergehen oder nicht. Gleichzeitig aber erscheint er einfach nicht. Das muss man sich einmal vorstellen.
 
 
Es scheint so als würden Arno Kompatscher und die SVP Angst vor diesem Untersuchungsausschuss haben?
 
Für mich ist dieses Verhalten nur so zu erklären. Wenn man nichts zu befürchten hat, erscheint man, nimmt Stellung, erklärt, was zu erklären ist und verteidigt sich wenn nötig. Nur wenn man Angst hat, kommt man nicht. Wer nichts zu verbergen hat, der ist transparent. Dabei war es gerade Arno Kompatscher, der mit dem Versprechen von Transparenz und Zusammenarbeit, sein Amt als Landeshauptmann antrat. Jetzt wird deutlich, wie leer diese Versprechen waren.
Nur wenn man Angst hat, kommt man nicht. Wer nichts zu verbergen hat, der ist transparent.
Was wäre für Sie der richtige Weg gewesen?
 
Wir Grünen hatten vor kurzem eine Videokonferenz mit dem österreichischen Gesundheitsminister Rudi Anschober.  Er hat offen erklärt, dass die Regierung und sein Ministerium in dieser schwierigen Zeit einige Fehler gemacht haben. Das kann in einer solchen Krisensituation passieren und passiert auch. Er selbst will all den Dingen jetzt nachgehen, die falsch oder nicht richtig gelaufen sind. Das wird man dann auch transparent kommunizieren, denn es geht darum, die Dinge zu verbessern. Das ist ein Ansatz, den ich mir auch von Arno Kompatscher erwartet hatte. Leider habe ich mich dabei aber gründlich getäuscht.
 
Das Rechtsgutachten der Anwaltschaft des Landes betrifft nur die Beamten. Politiker und Mitglieder der Landesregierung hingegen müssen doch dem Landtag Rechenschaft abgeben?
 
Ja, natürlich. Die Landesregierung ist vom Landtag gewählt. Deshalb sind sie dem Landtag auch verpflicht und habe damit vor dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort zu stehen. Zudem  ist mir eine Argumentation im Gutachten völlig unverständlich. Der Bezug auf das Ermittlungsgeheimnis. Diese gilt im Normalfall doch für den Ermittler. Oder? Wenn ich beichten gehe, hat doch der Pfarrer das Beichtgeheimnis zu wahren und nicht ich als Sünderin.
 
Was wird die Untersuchungskommission jetzt tun?
 
Ich glaube, dass das Kommissionsmitglied Sandro Repetto, hier die klarste und beste Position vertritt. Der PD-Abgeordnete hat erklärt, dass er dieses Schreiben eigentlich „für unannehmbar“ hält. Die Kommission sollte diesen Brief und den Vorschlag zur Aussetzung einfach zurückweisen. Wir haben uns heute aber um einen Kompromissvorschlag bemüht, der ein großes Entgegenkommen ist. Wir haben vorgeschlagen, dass wir die Anhörung jener Landesbeamten gegen die ermittelt wird, vorerst aussetzen. Dazu hat der SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz jetzt die Unterbrechung eingefordert.
Wenn ich beichten gehe, hat doch der Pfarrer das Beichtgeheimnis zu wahren und nicht ich als Sünderin.
Mit Verlaub es gibt nur einen Politiker, Thomas Widmann, gegen den in dieser Sache ermittelt wird und einen Beamten: Den Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes Florian Zerzer.
 
Ganz genau. Deshalb haben wir vorgeschlagen. Hören wird uns zuerst die Unternehmer und Manager der Oberalp an und dann erst den Betrieb. Für mein Empfinden geht dieser Kompromiss zwar zu weit, ich bin aber bereit ihn mitzutragen, wenn wir dafür die Arbeiten der Untersuchungskommission weiterführen. Ich denke das ist viel wichtiger als jedes Machtspiel.
 
Gerd Lanz (SVP) und Rita Mattei (Lega) könnten mit ihren Stimmen den Untersuchungsausschuss jetzt aber lahmlegen und damit die gesamte Untersuchung versenken?
 
Das ist ganz klar ihr Auftrag. Das steht für mich auch im Schreiben des Landeshauptmannes drinnen.
 
Was tut dann die Opposition?

Dann tragen die Mehrheit, die SVP und Arno Kompatscher die Verantwortung dafür. Sie werden dann vor dem Land dafür geradestehen müssen.
 
 
 
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Florian Hinteregger Fr., 26.06.2020 - 21:48

Das Verhalten der SVP zeigt ein Demokratieverständnis, an das sich die südtiroler Bevölkerung leider schon zu stark gewöhnt hat. Das Gremium, welches den Wähler wiederspiegelt, wird ignoriert und ist dem Landeshauptmann und den Landesräten nicht einmal eine kurze Absage wert. Und alle paar Jahre sollen die Wahlschafe das Kreuz wieder an der richtigen Stelle machen, damit man voller Arroganz und Abgehobenheit weiter regieren kann.

Fr., 26.06.2020 - 21:48 Permalink
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Andreas Mozzelin Fr., 26.06.2020 - 23:29

„ Weil die Südtiroler Volkspartei anregte, die Arbeiten des Untersuchungsausschusses vorerst auszusetzen und die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten, um dann eine objektive und transparente Arbeit zu ermöglichen“. Eine hierzulande seltene und umso mehr lobenswerte Einstellung. Endlich Politiker, die bereit sind, die eigene Regierungsverantwortung so lange abzugeben, bis ihre Position von der Staatsanwaltschaft geklärt wurde.

Fr., 26.06.2020 - 23:29 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Sa., 27.06.2020 - 07:04

Was da vom LH und SVP abläuft,spottet jeglichem Demokratieverständnis ,von Trasparenz und konstruktiver Zusammenarbeit,gar nicht zu sprechen.Von was habt ihr A N G S T ????? Vor der WAHRHEIT????

Sa., 27.06.2020 - 07:04 Permalink
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Florian Hinteregger Sa., 27.06.2020 - 09:51

Antwort auf von Manfred Klotz

Ein Untersuchungsausschuss macht auch parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichtsverfahrens Sinn, da er die politische Verantwortung und nicht die juridischen Belange klären soll. Sollte die Staatsanwaltschaft Klage erheben, wird sich die SVP mit dem Verweis auf das Verfahren weiterhin weigern, vor dem Ausschuss auszusagen und damit die Angelegenheit verschleppen. Meines Erachtens eine reine Verzögerungstaktik aufgrund der nahenden Gemeinderatswahlen und ein Schlag ins Gesicht der südtiroler Bevölkerung und des gewählten Landtages!

Sa., 27.06.2020 - 09:51 Permalink
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Manfred Klotz Sa., 27.06.2020 - 11:38

Antwort auf von Florian Hinteregger

Mein Kommentar bezog sich im Grunde auf die Aussage "Von was habt ihr A N G S T ????? Vor der WAHRHEIT????" von Herrn Raffeiner.
Sie verstehen, dass selbst wenn die Mitglieder der Landesregierung nicht vor dem U-Ausschuss erscheinen, die Ermittlungen doch vor sich gehen und zwar auf einer viel tiefgreifenderen Ebene?
Und nein, ein U-Ausschuss macht zurzeit keinen Sinn. Wenn die Ermittler der Staatsanwaltschaft ihre Arbeit beendet haben, dann schon. Der Grund liegt auf der Hand.

Sa., 27.06.2020 - 11:38 Permalink
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Manfred Klotz So., 28.06.2020 - 07:48

Antwort auf von Günther Alois …

Herr Raffeiner, Ihre provokative Frage, vor was die Politiker Angst hätten, ist deshalb absurd, weil es ja dennoch Ermittlungen gibt und zwar viel tiefgreifendere. Anders wäre die Sachlage - und würden Sie vielleicht richtig liegen - wenn der U-Ausschuss die einzige Instanz wäre, die sich um Aufklärung bemüht.
Auch bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht es um Ethik und Moral, denn diese liegen den Gesetzen schließlich zugrunde, gegen die vielleicht jemand verstoßen hat.

So., 28.06.2020 - 07:48 Permalink
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Günther Alois … So., 28.06.2020 - 14:06

Antwort auf von Manfred Klotz

Herr Klotz,merken sie eigentlich,dass sie sich selbst wiedersprechen?Aber egal,wichtig ist dass man das Ziel erreicht,sollten dubiose Situationen passiert sein,dann hat das Südtiroler Volk das RECHT,dass die absolut aufgeklärt und nicht vertuscht werden. Wenn man KLARTEXT schreibt,passt es eben vielen SVPlern nicht.Von der Gerichtsbarkeit lass ich mich überraschen:la legge é uguale per tutti???? da zweifle ich SEHR!

So., 28.06.2020 - 14:06 Permalink