Kultur | Gastbeitrag

Wie wichtig ist unser Dialekt?

Der Südtiroler Dialekt kann uns helfen, den Ursprung der englischen Sprache zu verstehen.
oschpele
Foto: Salto.bz

Viele von uns sprechen ihn jeden Tag, er ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Aber wissen wir, wie wichtig unser eigener Südtiroler Dialekt wirklich ist?

Eine kürzlich durchgeführte Studie zeigt, dass Südtirolerisch und andere bayerische Dialekte wie Fersentalerisch und Zimbar uns helfen können, die Ursprünge der englischen Sprache besser zu verstehen.
Unsere Dissertation konzentrierte sich auf die Untersuchung des Ursprungs einer Reihe sprachlicher Ähnlichkeiten zwischen dem Südtiroler Dialekt und der englischen Sprache, insbesondere in Bezug auf Wortschatz und Syntax, und es könnte sich herausstellen, dass die beiden Sprachvarianten eng miteinander verbunden sind. 

Haben Sie sich jemals gefragt, warum sich unser Dialekt so stark von anderen deutschen Sprachen unterscheidet? Oder warum verwenden wir Wörter wie droftr oder lisn, die deutschen Sprechern außerhalb des Tiroler Sprachbundes normalerweise nicht bekannt sind? 

Die Studie, die wir an der Universität von Valencia (Spanien) durchgeführt haben, zeigt zwei Hauptergebnisse, die zur Erklärung dieses Phänomens beitragen können. Das erste Argument besagt, dass die westgermanischen Sprachen (aus denen sowohl Südtiroler als auch Englisch stammen) zu Beginn der angelsächsischen Siedlungen in Großbritannien (im 5. und 6. Jahrhundert) und der bayerischen Siedlungen im Südtirol möglicherweise sehr nahe beieinander lagen (die erste Anerkennung einer bayerischen Siedlung in der Region Bozen stammt aus dem Jahr 679). Dies würde daher darauf hinweisen, dass in den ersten angelsächsischen und bayerischen Siedlungen in Großbritannien bzw. Südtirol relativ nahe westgermanische Varianten gesprochen haben könnten, bis sich diese im Laufe der Zeit zu getrennten Sprachvarianten entwickelten.

Tatsächlich sind jene Südtiroler Wörter, die dem Englischen wesentlich näher stehen als ihre Standarddeutschübersetzungen, im Allgemeinen diejenigen, die ihren Ursprung in früheren Stadien des Deutschen haben und die unser Dialekt bis heute bewahrt hat. Eigentlich hat sich herausgestellt, dass die Erhaltung sprachlicher Merkmale aus früheren Stadien des Deutschen – insbesondere Alt- und Mittelhochdeutsch – ein weiterer Hauptfaktor für das Südtirolerische ist, um Ähnlichkeiten mit Englisch zu teilen. Die Studie zeigt, dass diese bayerischen Dialekte, die im Alpenraum gesprochen werden, eine größere Menge eher „archaischer“ sprachlicher Merkmale bewahrt haben als andere Dialekte. Darüber hinaus haben Südtirolerisch, Fersentalerisch und Zimbar eine noch größere Anzahl dieser „alten Sprachmerkmale“ erhalten, vor allem aufgrund ihrer geografischen Lage im Süden des deutschen Sprachbundes und ihrer historischen Isolation von anderen deutschen Dialekten aufgrund der Landform sowie einer Vielzahl von sozialen und politischen Aspekten.

Beispiele für Südtiroler Wörter, die Ähnlichkeiten mit Englisch aufweisen: 

 

 

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Profil für Benutzer Martin Daniel
Martin Daniel Sa., 11.07.2020 - 17:22

Kurios, hatte vor Jahren intuitiv und nicht ganz ohne Ironie einen ähnlichen Vergleich zwischen dem Vinschgerischen und dem Englischen angestellt, um daraus die Entstehung des Letzteren aus dem Vinschger Dialekt zu schließen. Das Vinschgerische bietet einschlägige Gustostückerln wie 'after Mittåg' (nach dem Mittagessen, Nachmittag). Wär das nicht eine Sonderstudie wert?

Sa., 11.07.2020 - 17:22 Permalink
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Hartmuth Staffler Sa., 11.07.2020 - 17:45

Da die englische Sprache und die verschiedenen südbairischen Dialekte, die in Südtirol gesprochen werden (einen Südtiroler Dialekt gibt es nicht) die gleiche gemeinsame Basis haben, sind zufällige Übereinstimmungen durchaus normal. Das wissen Sprachwissenschaftler seit mindestens 200 Jahren. Wenn es jetzt Wissenschaftler gibt, die diese alten Erkenntnisse neu an die Öffentlichkeit bringen, dann kann man zwar nichts dagegen haben, aber man muss sagen: Ihr habt lange geschlafen, was für Wissenschaftler nicht gerade ein Kompliment ist.

Sa., 11.07.2020 - 17:45 Permalink
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gorgias Sa., 11.07.2020 - 17:59

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Aber, aber, da gibt es wohl noch Potential. Man könnte doch noch ein Paper raushauen in dem die bayerischen Dialekten in Trentino-Südtirol mit dem Jiddischen verglichen werden, schließlich haben beide Elemente aus dem Mittelhochdeutschem konserviert.

Mit dem Ausspruch "milking it to the end" müsste man auch in Südtirol was anfangen können. :-)

Sa., 11.07.2020 - 17:59 Permalink
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Elisabeth Garber Sa., 11.07.2020 - 18:33

Antwort auf von gorgias

@Gorgias Ich staune immer wieder, wenn sie 'just for a change' fehlerlos Deutsch mit Kommas schreiben...Sie scheinen ja ein Altphilologe oder Germanist (oder gar ein Journalist?) zu sein. Ja warum nicht: noch'n paper! Mir persönlich würde der Vorschlag von Martin Daniel mit dem Vin(t)schgerischen reichen, aber ich pfeif' ja auch nicht aus dem Sommerloch. ;-)

Sa., 11.07.2020 - 18:33 Permalink
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gorgias Sa., 11.07.2020 - 19:13

Antwort auf von Elisabeth Garber

Dass Sie nichts gegen überflüssige Paper ohne inhaltlichen Mehrwert haben erstaunt mich nicht wirklich. Schließlich erfüllen die Mehrzahl Ihrer Kommentare kaum mehr als diesen Anspruch.
Mehr als banale Zustimmungs- und Gehässigkeitskommentare haben Sie leider nicht drauf. Deswegen müssen Sie zeigen, dass Sie die Pedanterie besitzen, die eigenen Kommentare Korrektur zu lesen, nachdem Sie diese schon veröffentlicht haben. Was mit Abstand das Langweiligste ist, das Sie hervorbringen.

Sa., 11.07.2020 - 19:13 Permalink
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Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Sa., 11.07.2020 - 19:46

Antwort auf von Hartmuth Staffler

@ hartmuth staffler 11.07.2020, 17:45
Ich finde schon einmal großartig, dass sich ein junger Spanier mit den Südtiroler Dialekten befasst. Und von dem verlangen Sie, dass er alles gelesen hat, was diesbezüglich in den letzten 200 Jahren zum Thema geschrieben wurde, wäre vermessen.
Außerdem brauchen die vielen Studenten ja auch ein Thema für ihre Diplom- bzw. Doktorarbeiten. Seien Sie großzügiger bei Ihren Bewertungen Herr Staffler!

Sa., 11.07.2020 - 19:46 Permalink
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Daniel Kofler Sa., 11.07.2020 - 21:37

Ich machs kurz: wenn man Gemeinsamkeiten suchen will, dann findet man sie auch. Abwegig ist jedoch, dass das Angelsächsische und das Altbayrische "eng verwandte Sprachformen" gewesen sein sollen. Also noch enger verwandt als Schweizer Dialekte und das Bairische? Kaum möglich). Das Angelsächsische ist Nordseegermanisch, und den nördlichen Charakter kennt man ihm immer noch an (z.B. pepper). Das Bairische Süddeutsch (z.B. Pfeffer). Dazwischen liegen mindestens tausend Kilometer Siedlungsgebiet und etliche Dialekte. Wo sollen sich die bitte begegnet sein? Darauf wird lustigerweise gar nicht eingegangen. Wo ist dieser geographische Raum?

Ganz ehrlich, wie kommt man auf so was? Man könnte sich ganz einfach den anerkannten Stand der Sprachwissenschaft anschauen und schon daraus schließen, dass so etwas relativ unwahrscheinlich ist. Alleine die ganzen Lautgesetze werden ignoriert - wenn Angelsachsen und Baiern eng zusammengelebt haben, wie ist es dann möglich, dass die einen die süd/hochdeutsche Lautverschiebung durchgeführt haben, und die anderen nicht? Zudem hat es die "Baiern" zur Zeit der angelsächsischen Siedlung noch nicht gegeben. Aber da die Baiern ein Mischmasch aus Germanenen, Kelten, Slawen und Romanen waren/sind, ist es relativ einfach, dass Sprachformen von überall her dort auftauchen.

Dass es viele Wörter gibt, die ähnlich sind, ist auch keinen besonderen Kontakt zurückzuführen: wenn ich eine Liste erstelle mit Worten, die sich ähneln, werde ich in dieser Liste überraschenderweise viele Worte finden, die sich ähneln (wen wunderts). Und zumindest bei den Wörtern "pork" und "umbrella" möchte ich meinen, dass die einzige Gemeinsamkeit die Entlehnung aus dem Lateinischen ist. Und übrigens sollte man gerade beim Englischen zwischen Schreibweise und Aussprache differenzieren. "alloan" und "alone" mögen ähnlich ausschauen, berücksichtigt man aber die Aussprache, stehen sich die Varianten nicht ähnlicher als die anderer Dialekte

Von daher: dürftige Studie. An einer deutschsprachigen Universität hätte wohl niemand eine solche Dissertation angenommen, in Spanien ist das wohl möglich. Wenn Dialektforschung, dann auch bitte ernsthaft. Solche Spaßstudien sind ein Schlag für jene, die sich wirklich für dieses Thema interessieren, und die sich jetzt bahnbrechende Erkenntnisse erwartet haben.

Sa., 11.07.2020 - 21:37 Permalink