Politik | Motorrad-Lärmplage

„Die Botschaft hör'ich wohl, allein...“

…es fehlt noch der Glaube, dass nach Ankündigungen von LR Alfreider auch konkrete Schritte gegen diese Plage gesetzt werden. Nördlich des Brenners geht das sehr wohl.
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Motorräder
Foto: Othmar Seehauser

Da ist zunächst das Bundesland Tirol, wo seit 10. Juni bis zum 31. Oktober bestimmte Straßenabschnitte für besonders laute Motorräder gesperrt sind. Betroffen sind vor allem das Außerfern und der Bezirk Reutte, der vor allem am Wochenende von lauten Horden von Motorradfahrern vor allem aus Deutschland heimgesucht wird. Detaillierte Studien und Lärmmessungen hatten ergeben, dass bestimmte Motorräder zu bestimmten Tagen und Zeiten den für die Anrainer schlimmsten Lärm erzeugen. Da Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht den erwartete Lärmreduktion erbracht hatten, verordnete Landesrätin Felipe Fahrverbote. Dieses gilt für Motorräder mit einem Standgeräusch (Nahfeldpegel) von mehr als 95 Dezibel laut Fahrzeugschein. Die Verordnung wird von der Polizei kontrolliert. Zuwiderhandelnde riskieren 220 Euro Bußgeld. So löblich diese Fahrverbote sind und so sehr sie die Bevölkerung begrüßt, so wenig wird sie bringen, wenn sie nur für kleinere Gebiete ausgelegt sind. Die Lärmfanatiker werden auf ihren Maschinen auf andere Straßen ausweichen, vor allem nach Südtirol.

Einen Schritt weiter geht der Bundesrat Deutschlands. Die Länderkammer hat einen Gesetzesvorschlag eingebracht, mit dem künftig ein Maximalwert von 80 Dezibel (dBA) für Neufahrzeuge gelten soll, etwa die Lautstärke eines vorbeifahrenden LKWs oder Rasenmähers. Bei „gravierenden Lärmüberschreitungen“ soll die Polizei sofort einschreiten können. Verboten werden soll auch das Sounddesign, mit dem die Fahrer den Lärm selbst einstellen können: ja, das gibt es. Der Vorschlag setzt an der richtigen Stelle an, nämlich an der Konstruktion selbst und würd die Hersteller zwingen, den Lärm an der Quelle zu begrenzen. Technisch absolut möglich. Doch stellt sich gleich die Frage: was gilt dann für die 4-5 Millionen Motorräder, die in Deutschland schon im Umlauf sind? In Italien dürfte deren Zahl auch nicht viel geringer liegen.

In Südtirol gibt es dazu erste Stellungnahmen, die überrascht aufhorchen lassen. LR Alfreider begrüßte die Lärmschutzmaßnahmen im Bundesland Tirol als „Schritt in die richtige Richtung“. In einem Morgentelefon auf RAI Südtirol klang Alfreider so, als wolle das Land Südtirol schon bald gegen laute Motorräder einschreiten und zumindest auf den Passstraßen für Lärmschutz sorgen. Obwohl das Problem im Dolomitengebiet schon seit vielen Jahren akut ist, muss aber laut Alfreider erst noch gemessen werden. Daten, Fakten und Expertenanalysen müssten her. Dass die Bevölkerung und ein Großteil der Touristen selbst sich gestört fühlen, reicht nicht. Eine Umfrage im Auftrag der Dolomiten-Anrainerprovinzen hatte nämlich ergeben: 76% nennen die Motorräder als Hauptbelästigung, 66% hätten gegen eine Maut auf Passstraßen nichts eizuwenden.

Auf eine Maut speziell für Motorräder setzt auch der Bürgermister von Pard Karl Bernhard, der seine Gemeinde von der Motorradsoundkulisse Richtung Stilfser Joch entlasten möchte. Genannt werden um die 10 Euro pro Fahrt. Auch das eine unzureichende, wenn nicht gar illusionäre Maßnahme. Eine Maut zahlen die Motorradfahrer, die ein Dutzend Pässe pro Tag herunterkurbeln, locker und fühlen sich dabei bestätigt, einen ganzen Nationalpark zu verlärmen. Schließlich hat man ja bezahlt.

Fahrverbote sind unumgänglich, weshalb das Land Südtirol unverzüglich die rechtlichen Möglichkeiten dafür prüfen müsste. Die am meisten betroffenen Passstraßen und Passtäler könnten zu „Lärmsanierungsgebieten“ ausgerufen werden, in welchen zwecks Gesundheitsschutz Maschinen ab einer höheren Dezibelemission (70 dBA laut Fahrzeugschein) nicht mehr durchfahren dürfen. Es ist die Mehrheit der Bevölkerung, die bisher diese Lärmplage immer noch schweigend und zu passiv hinnimmt, die endlich lauter werden muss.

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Sepp.Bacher Mo., 20.07.2020 - 17:49

Man sollte wenn schon die Verkehrs-Lärm-Beschränkung grundsätzlich festschreiben und nicht nur auf Pässen, denn auf Landstraßen oder Dörfern und Städten stört der Lärm genauso!

Mo., 20.07.2020 - 17:49 Permalink
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Armin Monsorno Mo., 20.07.2020 - 18:07

Leider haben wir einen Landesrat, der vor allem Ankündigungspolitik betreibt, und falls der Maßnahmen setzt, dann sollen sie niemanden weh tun.

Mo., 20.07.2020 - 18:07 Permalink
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Josef Rohrer Mo., 20.07.2020 - 21:25

Schönredner Alfreider sagte auf Rai Südtirol auch, er arbeite darauf hin, das Netz an Aufstiegsanlagen in ein Verkehrskonzept für die Dolomitenpässe aufzunehmen. Dass unter den vielen tausend Motorradfahrern auch nur ein einziger seine Maschine im Tal stehen lässt, um mit einer Seilbahn auf einen Pass zu fahren, glaubt er doch selber nicht.
Wetten, Alfreider bringt diese Legislaturperiode herum, ohne ihres etwas Konkretes zur Eindämmung dieser Landplage beigetragen zu haben?

Mo., 20.07.2020 - 21:25 Permalink
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Dirk M. Bentlin So., 26.07.2020 - 23:30

EU-weit sollte endlich ein Schall- und Lärmschutz gesetzlich greifen. Im Zuge von Grünen politischer Mitverantwortung, regionalem Lärmatlas, smart-city oder fff sollte endlich dazu führen, politische Weichen für KONKRETE Maßnahmen zu stellen, um die aggressiven und lautstarken Verkehrsposer und Proleten auf ein Umwelt- und Menschenfreundliches Maß zu bringen.

So., 26.07.2020 - 23:30 Permalink