Politik | Wahlen

Verbotene Wahlwerbung

Die SVP tut alles, damit der Bauernbund und andere Verbände weiterhin Wahlwerbung für sie machen können. Die Chronik einer offensichtlichen politischen Verlogenheit.
Magdalena Amhof
Foto: Südtiroler Landtag/SVP
Die Gesetzeslage ist seit gut 22 Jahren eindeutig.
Im Regionalgesetz vom 13. August 1998, Nr. 7 mit dem Titel „Bestimmungen über die Wahlwerbung von Verbänden, Vereinigungen und Gewerkschaften“ heißt es:
 
„Verbänden, Vereinigungen und Gewerkschaften, die gemeinnützigen Charakter haben, die Begünstigungen der Volontariatsbestimmungen in Anspruch nehmen, Patronatsdienste leisten oder in irgendeiner Form Mittel aus den öffentlichen Haushalten erhalten, ist ab dem sechzigsten Tag vor jenem, der dem für die Wahlen des Regionalrates festgelegten Tag vorausgeht, jegliche Werbetätigkeit für Kandidaten und für Parteien verboten.“
 
Besonders auf Ortsebene passiert es immer wieder, dass örtliche Organisationen Wahlwerbung für Kandidaten der SVP machen“, sagt Werner Thaler, Sprecher der Arbeitsgruppe Gemeindepolitik der Südtiroler Freiheit. In Hinblick auf die Gemeindewahl an diesem Sonntag und Montag betont Thaler, dass jegliche Werbetätigkeit für Kandidaten und für Parteien nicht erlaubt ist.
 
 
Dass man sich um diese Regelung in Wirklichkeit schert, zeigen die aktuellen Wahlempfehlungen des Südtiroler Bauernbundes. Der SBB macht landauf, landab in Briefen an seine Mitglieder für die SVP-Kandidaten mobil. Der Grund für diesen eindeutigen Gesetzesverstoß: Es gibt zwar das gesetzliche Verbot aber keinerlei Sanktionen für jene, die dagegen verstoßen.
Vor allem aber tut die SVP alles, damit es so bleibt und die Regierungspartei weiterhin auf die illegale Wahlwerbung von Bauernbund & Co bauen kann.
 

Der grüne Gesetzesvorschlag

 
Auf der aktuellen Tagesordnung des Landtages steht auf Tagesordnungspunkt 27 derzeit der Landesgesetzentwurf Nr.5/18 „Bestimmungen über die Wahlwerbung von Vereinen, Verbänden und Gewerkschaften“. Der Gesetzesvorschlag wurde vor zwei Jahren von den grünen Landtagsabgeordneten Brigitte Foppa, Riccardo Della Sbarba und Hanspeter Staffler eingebracht.
Der Gesetzesvorschlag besteht aus einem Artikel, der darauf abzielt endlich Sanktionen für den Verstoß gegen das Wahlwerbeverbot von Verbänden und Vereinen einzuführen. Die Grünen wollen den Passus direkt im Wahlgesetz für den Südtiroler Landtag verankern.
 
 
Der Vorschlag:
 
  • „Im Sinne des Regionalgesetzes vom 13. August 1998, Nr. 7 ist Verbänden, Vereinigungen und Gewerkschaften, die gemeinnützigen Charakter haben, und die Begünstigungen der Volontariatsbestimmungen in Anspruch nehmen, Patronatsdienste leisten oder in irgendeiner Form Mittel aus den öffentlichen Haushalten erhalten, ab dem sechzigsten Tag vor jenem, der dem für die Wahlen des Landtages festgelegten Tag vorausgeht, jegliche Werbetätigkeit für Kandidaten und für Parteien verboten.
  • Halten sich Verbände, Vereinigungen und Gewerkschaften nicht an die Bestimmungen desselben Absatzes, so wird ihnen eine Strafzahlung im Ausmaß von 50% der öffentlichen Mittel, die ihnen im Vorjahr ausbezahlt wurden, auferlegt. Die Landesregierung legt hierzu die entsprechenden Regelungen fest.
  • Sämtliche Werbetätigkeiten der Verbände, Vereinigungen und Gewerkschaften, welche sich nicht an das Verbot laut Abs. 1 halten, werden auf der Homepage des Landtages samt Angabe der dafür verwendeten Geldmittel veröffentlicht.“

 

Klarer kann man ein Gesetz wohl kaum formulieren.

 

Die Versenkung

 
Am 8. Mai 2019 wird dieser Gesetzesvorschlag im ersten Gesetzgebungsausschuss des Landtages behandelt. Und dort wird der Vorschlag von der SVP kurzerhand versenkt.
Es sind vor allem SVP-Frakionssprecher Gert Lanz und Kommissionspräsidentin Magdalena Amhof die dafür sorgen, dass der Vorschlag abgelehnt wird.
 
 
Gert Lanz, der jahrelang Präsident des LVH war, wendet laut Sitzungsprotokoll ein, „dass Verbände und Vereine gänzlich unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und deshalb schwer über einen Kamm zu scheren seien. Auch Privatpersonen oder -unternehmen machen Wahlwerbung, oder geben Wahlempfehlungen aus. Dieses Verhalten sei schwer zu kontrollieren. Zudem müsse festgehalten werden, dass Interessensvertretungen demokratisch legitim seien.
Die SVP-Arbeitnehmerin Magdalena Amhof sorgt dafür, dass der Grüne Vorschlag letztlich versenkt wird. In der Endabstimmung zum Gesetz kommt es zu einer Pattstellung. Myriam Atz Tammerle (Südtiroler Freiheit) Ulli Mair (Freiheitliche), Alex Ploner (Team K) und Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore) stimmten für den grünen Gesetzesantrag. Die SVP spricht sich hingegen geschlossen dagegen aus.  Magdalena Amhof, Jasmin Ladurner und Gert Lanz, sowie Carlo Vettori (Alto Adige Autonomia) stimmen dagegen. Weil laut Geschäftsordnung bei Stimmengleichheit die Stimme der Ausschussvorsitzenden doppelt zählt, wird der Gesetzesvorschlag im Ausschuss abgelehnt. Im Plenum des Landtages wird der Gesetzvorschlag lange nach den Gemeinderatswahlen behandelt werden. Weil normalerweise die Fraktionsdisziplin im Ausschuss dieselbe ist wie im Plenum dürfte die SVP das Gesetz auch dort versenken.
Deshalb können der Bauernbund und andere Vereine und Verbände weiterhin bei Wahlen für die SVP mobilisieren, so als würden Landesgesetze nicht gelten.
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kurt duschek Mi., 16.09.2020 - 15:19

"Die Gesetzeslage ist seit gut 22 Jahren eindeutig....."
So eindeutig kann ein Gesetz nicht sein, wenn in 22 Jahren keine Strafen oder Sanktionen bei Übertretung des Gesetzes beschlossen wurden. So ein "Gesetz" ist dann wohl ohne Sinn bzw. sinnlos. Wenn z.B. die Nichtbeachtung der Geschwindigkeitsbegrenzung im Straßenverkehr keine Strafe oder Sanktionen zur Folge hätte, wäre dies wohl auch sinnlos. Übertretung wird festgestellt, Strafe gibt es dafür keine. Klingt idiotisch!
Dieses sinnlose "klare Gesetz" des Werbeverbots für Verbände sollte Sanktionen beinhalten, im gegenteiligen Falle dieses sinnlose Gesetz ersatzlos ganz einfach löschen.

Mi., 16.09.2020 - 15:19 Permalink
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Werner Wallnöfer Mi., 16.09.2020 - 16:44

Ich möchte Christoph Franceschini bitten, die Voraussetzungen für die Aussagen in diesem Artikel zu prüfen.

Bei mir kommt ein Zweifel auf - kann eben auch anders sein - zu den Darlegungen: "Die Gesetzeslage ist seit gut 22 Jahren eindeutig" und "Regionalgesetz vom 13. August 1998, Nr. 7" und "eindeutiger Gesetzesverstoß".

So viel ich verstehe, muss ein Gesetz in Kraft sein, um dagegen verstoßen zu können.

Ich bringe hier meinen Zweifel vor, dass das RG 7/1998 nicht mehr in Kraft ist, und zwar aufgrund des Verfassungsgesetzes 2/2001, und spätestens mit Inkrafttreten des LG 14/2017.

Wäre das RG 7/1998 außer Kraft, so entfiele zunächst die behauptete Gesetzesverletzung und auch jede Frage über die analoge Anwendung des Art. 1 RG 7/1998 auf Gemeinderatswahlen.

Auf eine Antwort würde ich mich freuen.

Grüße

Werner Wallnöfer

Mi., 16.09.2020 - 16:44 Permalink