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Der bestürzte Bürger

Athesia-Direktor Michl Ebner macht bei der römischen RAI-Spitze und beim Präsidenten der Überwachungskommission gegen RAI Südtirol mobil. Ein Brief von maßloser Arroganz.
Wie es sich für einen Onorevole gehört, verkehrt Michl Ebner in Rom nur in höchsten Kreisen. So geht das Schreiben vom vergangenen Freitag an RAI-Präsident Marcello Foa, RAI-Generaldirektor Fabrizio Salini, den Direktor des TGR Alessandro Casarin und den Präsidenten der parlamentarischen Überwachungskommission der RAI, den Forza Italia-Senator Alberto Barachini.
Es sind 25 Zeilen, die zeigen mit welchem Ton und mit welcher Arroganz der mächtigste Verleger Südtirols und amtierende Handelskammerpräsident gewohnt ist, seine unternehmerischen Pfründe und seine Medienmacht zu verteidigen. Der Direktor der Gruppe Athesia startet in dem Schreiben an die römischen RAI-Spitze einen Frontalangriff auf „RAI Südtirol“, Chefredakteurin Heidy Kessler und einen Teil der Redaktion am Mazziniplatz. Es ist ein Angriff auf die Pressefreiheit und den öffentlich-rechtlichen Südtiroler Rundfunk, wie es ihn in der jüngeren Geschichte dieses Landes wohl kaum gegeben hat.
Der langjährige SVP-Parlamentarier fordert schriftlich personelle Konsequenzen in der RAI-Redaktion am Mazziniplatz, weil man sich nach seiner Ansicht dort ungebührlich benommen habe. „Ich halte es für angebracht, dass Ihre Unternehmen dieses Verhalten durchleuchtet“, schließt der Brandbrief aus dem Weinbergweg mit einem ebnerischen Imperativ.
Was aber ist passiert?
 

Der Lega-Vorstoß

 
Ausgangspunkt ist eine parlamentarische Initiative mehrerer Lega-Politiker. Alessandro Morelli, der innerhalb der Lega für das Verlagswesen zuständig ist, Massimiliano Capitanio, Sekretär der parlamentarischen Überwachungskommission der RAI ­­und die Trentiner Lega-Abgeordneten Vanessa Cattoi, Diego Binelli, Martina Loss und Mauro Sutto haben am vorvergangenen Wochenende öffentlich angekündigt, im Parlament eine Anfrage zur marktbeherrschenden Position des Athesia-Konzerns in der regionalen Medienlandschaft einzureichen.
In der Pressemitteilung der Lega heißt es:
 
 “Oltre a Dolomiten, Trentino e Alto Adige ad Athesia appartengono anche L’Adige e Radio Dolomiti. Di fatto, il gruppo ha il monopolio editoriale assoluto nel campo della carta stampata controllando l’informazione sia italiana che tedesca dell’intera regione. Presenteremo nelle prossime ore alla Camera un’interrogazione al presidente del Consiglio, Giuseppe Conte, per sapere quali iniziative il governo intende avviare per garantire il pluralismo dell’informazione in Trentino-Alto Adige Südtirol e scongiurare il pericolo di una concentrazione dei media in capo ad un unico editore.“
 
RAI Südtirol bringt in den Nachrichten eine Meldung zu dieser Presseaussendung. Nicht mehr und nicht weniger.
 
 
 
Doch genau das ist jetzt der Vorwurf. Denn im Hause Athesia hatte man umgehend die Truppen zur Verteidigung der „Pressefreiheit” aufmarschieren lassen. Nach Informationen von Salto.bz intervenierte Alto Adige-Direktor Alberto Faustini persönlich bei FNSI-Chef Raffaele Lorusso. Der Generalsekretär der italienischen Journalistengewerkschaft verschickte daraufhin zusammen mit dem für Südtirol zuständigen Regionalsekretär Rocco Cerone wie bestellt eine Pressemitteilung, mit der die Initiative der Lega kurzerhand als „politische Bestrafungsaktion für die Redaktionen aus dem Hause Athesia“ umgedeutet wurde.
Lo Russo und Cerone schreiben:
 
„Più che un’iniziativa a tutela del pluralismo dell’informazione, quella annunciata da alcuni esponenti della Lega sembra un’azione punitiva contro il gruppo Athesia, e in particolare contro i giornalisti che lavorano nelle testate del Trentino-Alto Adige, assicurando ogni giorno un’informazione libera e professionale. A loro va la solidarietà della FNSI.“
 
Weil diese Aussendung ohne Absprache mit dem Vorstand der regionalen Journalistengewerkschaft erfolgte und nicht alle mit dieser Solidaritätsaktion einverstanden sind, kam es am vergangenen Dienstag zu einer Krisensitzung des regionalen Gewerkschaftsvorstandes. Salto.bz hat darüber berichtet.
 

Dokumentierte Verbissenheit

 
Am Brief von Michl Ebner wird jetzt deutlich, wie generalstabsmäßig der römische Liebesdienst orchestriert war. Doch das Problem dabei: Die böse RAI Südtirol spielte nicht mit.
Michl Ebner echauffiert sich im Schreiben an die römische RAI-Spitze:
 
„RAI Südtirol hat daraufhin in den verschiedenen Nachrichtensendungen in deutscher Sprache im Hörfunk und im Fernsehen immer wieder die Nachricht über eine parlamentarische Initiative gegen das Monopol von Athesia verbreitet. Die Redaktion von RAI Südtirol hat hingegen die umgehende Stellungnahme der FNSI vollkommen ignoriert, obwohl Generalsekretär Raffaele Lorusso klare Worte gebraucht hat.“
 
Nicht nur als Verleger, sondern auch als Bürger bin ich bestürzt über ein solch parteiisches und journalistisch unkorrektes Verhalten einer öffentlichen Anstalt.
 
Dann macht Südtirols mächtigster Verleger deutlich, wieviel Unrecht ihm und seinem Imperium damit angetan wurde.
 
„Nicht nur als Verleger, sondern auch als Bürger bin ich bestürzt über ein solch parteiisches und journalistisch unkorrektes Verhalten einer öffentlichen Anstalt, die zudem die Pflicht hätte allen Stimmen Raum zu geben, umso mehr der nationalen und regionalen Journalistengewerkschaft. Durch dieses Verhalten ist jetzt zumindest die Verbissenheit (l’accanimento) des Chefredakteurs (sic!) und eines Teils der Redaktion des RAI Sitzes Bozen dokumentiert“.
 

Michls Rechnung

 
Dann versteift sich Michl Ebner in dem Schreiben in eine Argumentation von Trumpschen Ausmaßen.
Der Athesia-Direktor schreibt:
 
„Während die Arbeitsplätze der RAI-Journalisten auch durch üppige öffentliche Beiträge des Staates und des Landes Südtirol gesichert werden, zeigen sich diese keineswegs solidarisch mit den Kolleginnen und Kollegen, die hingegen für die Athesia-Gruppe arbeiten, in Zeitungen, die von den Schwierigkeiten des Verlagswesens im allgemeinen und den massiven wirtschaftlichen Folgen der Cocid-19 Pandemie erschüttert werden“.
 
Der Druck auf die Tränendrüse scheint hier die Sicht auf die Realität aber zu vernebeln.
RAI Südtirol erhält vom Land jährlich 20 Millionen Euro. Es ist das Geld, das bis vor Jahren das Ministerratspräsidium gezahlt hat und inzwischen im Finanzausgleich vom Land übernommen wurde.
 
 
Die Dolomiten sind hingegen jene Tageszeitung, die italienweit den höchsten öffentlichen Beitrag bekommt. Für das Jahr 2018 erhielt die „Athesia Druck GmbH“ vom Ministerratspräsidium 6.180.000 Euro. Diese Summe wird Ebners Zeitung jetzt jährlich erhalten. Erst am 3. Juni 2020 hat das zuständige Amt 2.899.698,66 Euro als Teilzahlung für die Dolomiten ausgeschüttet. Dazu kommen noch äußerst üppige Beiträge des Landes. Die Athesia Gruppe erhält damit jährlich weit über 7 Millionen Euro an öffentlichen Beiträgen. Der kleine aber feine Unterschied: RAI Südtirol betreibt einen öffentlich-rechtlichen Dienst, während Michl Ebner einem Privatunternehmen vorsteht, das 80 Prozent des regionalen Medien- und Werbemarktes beherrscht.
Aber wie sagt der Volksmund: „Übermut tut selten gut“. Ein Sprichwort, das man auch in Rom kennt.

 

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kurt duschek Di., 13.10.2020 - 13:36

Sehr geehrter Herr Dr. Michl Ebner,
Hallo Michl,
ich freue mich, dass Du dich für die Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen willst!
Sollte jedoch der Artikel von Franceschini tatsächlich auf Fakten beruhen (ich kann das als einfacher Bürger nicht beurteilen), so muss ich Dich doch fragen, warum eigentlich meine Leserbriefe in der Tageszeitung Dolomiten nun schon seit Jahren nicht veröffentlicht werden. Sollte ich jetzt beim Landesgericht mit Dringlichkeitsantrag die Umsetzung der Presse- und Meinungsfreiheit auch bei dem Tagblatt der Südtiroler einklagen müssen?
Vielleicht wäre sinnvoll, mich würde es freuen, wenn Du mit Deinem Bruder Toni über die Nichtveröffentlichung meiner Leserbriefe sprechen würdest.
Für Deine Mühe danke ich Dir bereits im voraus. Liebe Grüße Kurt

Di., 13.10.2020 - 13:36 Permalink
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kurt duschek Fr., 23.10.2020 - 18:44

Antwort auf von kurt duschek

...hoppla !
Im heutigen Tagblatt der Südtiroler (Freitag 23.10.2020) wurde ein Leserbrief von mir veröffentlicht!
Habe meinen Augen kaum getraut ! Was ist wohl geschehen?
Hat der Michl mit seinem Bruder Toni geredet ?
Auf jeden Fall "DANKE" an die Ebners von der Athesia !!
Kurt Duschek

Fr., 23.10.2020 - 18:44 Permalink
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Greta Karlegger Di., 13.10.2020 - 14:10

"Die Redaktion von RAI Südtirol hat hingegen die umgehende Stellungnahme der FNSI vollkommen ignoriert, obwohl Generalsekretär Raffaele Lorusso klare Worte gebraucht hat.“ (Ebner)

Ansich korrekt, die Berichterstattung sollte ausgewogen sein.
Genau das Fehlen dieser Ausgewogenheit ist es aber, was charakteristisch für die Medienphilosophie der Athesia ist: Was genehm ist, wird gekonnt platziert, was aus den unterschiedlichsten Gründen nicht passt, kommt unter die journalistische Tarnkappe.
Die eigenen Fehler fallen einem eben bei anderen eher auf.

Di., 13.10.2020 - 14:10 Permalink
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Greta Karlegger Di., 13.10.2020 - 19:46

Antwort auf von △rtim post

@Martin
Guter Einwand. Jedes Medium, jede Zeitung hat eine gewisse Blattlinie, auch Salto, das ist klar.
Aber von anderen einzufordern, was man selbst nicht einhält, ist opportunistisch.

Di., 13.10.2020 - 19:46 Permalink
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Elisabeth Garber Di., 13.10.2020 - 15:00

Ja stimmt, das Verhalten des Medienzars erinnert an die erprobte "amerikanische Verdrehungs-Taktik". Noch nicht vollendet 'trumpisch'...aber wird schon noch werden, das mit dem amerikanische Albtraum.

Di., 13.10.2020 - 15:00 Permalink
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rotaderga Mi., 14.10.2020 - 07:05

Die Katzen fallen immer auf den Beinen, unglückliche Menschen auf den A..., auf den Kopf stoßt nur wer durch die Wand will. Einen schönen schaffensreichen Tag!

Mi., 14.10.2020 - 07:05 Permalink
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ueli wyler Mi., 14.10.2020 - 09:34

Es gehört zum guten Ton und zur journalistischen Ethik, dass Leserbriefe publiziert werden. dies wird von Qualitätszeitungen (FAZ, NZZ, SD usw.) auch so gehandhabt. Leserbriefe müssen nicht der Haltung der Redaktion entsprechen. Zuschriften nicht zu veröffentlichen leistet sich kein anständiges Printprodukt. Das Wolf/Bär-Boulevardblatt Dolomiten erhält staatliche Unterstützung in Millionenhöhe welche schlussendlich von Steuerzahlern aufgebracht werden müssen. Als Dank werden den Bürgern Rechnungen für Todesanzeigen ausgestellt (was ohne Staatssubventionen in Ordnung wäre) sowie die Volksverdummung angekurbelt.

Mi., 14.10.2020 - 09:34 Permalink
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rotaderga Do., 15.10.2020 - 07:36

Antwort auf von Günther Alois …

Ich weiß es noch nicht, werde wohl den Abgang noch eine Weile vor mir herschieben bis das gesamte Geld verbraucht ist. Und dann gibt es nichts mehr für Erben und auch keine Traueranzeige.
Manchen wird das komisch sein, aber ich sehe oft die Traueranzeigen als einen Obolus um zu anzeigen, dass auch geerbt wurde.

Do., 15.10.2020 - 07:36 Permalink
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Brenner Flo Fr., 16.10.2020 - 16:38

Dieser Ebner scheint ein großer Heuchler zu sein., denn er selbst steckt die üppigen Staatsgelder von der Südtiroler Landesregierung ein. Und die südtiroler Landesregierung stopft ihm mit öffentlichen Geldern voll. Warum? Für pro-SVP-Propaganda?
Im Prinzip ist dieses System eh verständlich. Und wenn die Wähler dumm genug sind, ermöglichen sie sowas.

Fr., 16.10.2020 - 16:38 Permalink
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Gregor Beikircher Sa., 17.10.2020 - 17:12

Eigentlich hätten es Michl Ebner u. co. verdient, dass die Anfrage der Lega-Initiative im Parlament nicht nur eine Anfrage zur marktbeherrschenden Position des Athesia-Konzerns in der regionalen Medienlandschaft geblieben wäre, sondern auch noch eine Aufforderung zur Reduzierung des staatlichen Beitrags beinhaltet hätte. Das wäre das wirksamste Mittel gegen eine solche mediale Präpotenz.

Sa., 17.10.2020 - 17:12 Permalink
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Werner Rizzi-L… Fr., 23.10.2020 - 17:11

Da weder "Dolomiten", noch "SVP" mit "Demokratie" etwas gemeinsam haben und beide nicht für mich denken müssen da ich dies noch selbst kann, bin ich seit einiger Zeit "Abo-" und "Parteilos"!

Fr., 23.10.2020 - 17:11 Permalink