Politik | Verbote

Ebners Nachhilfeunterricht

Michl Ebner zerlegt eine Bestimmung in der neuen Coronaverordnung von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Der Präsident der Handelskammer hat dabei Recht.
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Foto: upi
Ich habe mir nie vorstellen können, als Landeshauptmann einmal zu sagen, es ist verboten, Freunde zu treffen“, sagte Arno Kompatscher am Dienstag in der Diskussion um die neuen Coronaregeln im Südtiroler Landtag.
Der Landeshauptmann bezog sich dabei auch auf einen Passus in seiner neuen Verordnung zum Corona-Notstand. In Artikel 25 der „Dringlichkeitsmaßnahme bei Gefahr im Verzug des Landeshauptmanns“ vom 8.11.2020 Nr. 68 heißt es:
 
„In Privatwohnungen ist es verboten, neben den Mitbewohnern andere Personen zu empfangen, außer aus Arbeitsgründen oder in Situationen der Notwendigkeit.“
 
Der Präsident der Handelskammer Michl Ebner weist jetzt in einer Presseaussendung darauf hin, dass dieser Passus verfassungswidrig und illegal ist. Unter dem Titel „Hände weg von unseren Wohnungen“ geht Ebner mit Kompatscher hart ins Gericht:
 
„Artikel 25 der Verordnung des Landeshauptmanns vom 8.11.2020 widerspricht dem Artikel 14 der italienischen Verfassung. Gesundheit ist unser oberstes Gut, aber Hände weg von unseren Wohnungen, denn die Privatsphäre in den eigenen vier Wänden ist unantastbar und wird durch die Verfassung geschützt“.
 
Der Artikel 14 der italienischen Verfassung lautet folgendermaßen: Die Wohnung ist unverletzlich. Überwachungen, Durchsuchungen oder Beschlagnahmen dürfen darin nicht vorgenommen werden, außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen und Formen gemäß den zum Schutz der persönlichen Freiheit vorgesehenen Bestimmungen. Die Erhebungen und Untersuchungen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder für wirtschaftliche und steuerliche Zwecke werden durch Sondergesetze geregelt.
 
 
Dass Ebners Interpretation keineswegs aus der Luft gegriffen ist, zeigt auch die Vorgangsweise der italienischen Regierung. Eine ähnliche Bestimmung ist auch in der letzten Verordnung des Ministerpräsidenten Giuseppe Conte vom 3.11.2020 enthalten.
Dort heißt es:
 
„Con riguardo alle abitazioni private, è fortemente raccomandato di non ricevere persone diverse dai conviventi, salvo che per esigenze lavorative o situazioni di necessità e urgenza.“
 
Der Unterschied: Die Regierung empfiehlt, während der Südtiroler Landeshauptmann verbietet.
Der Präsident der Handelskammer weist in seiner Aussendung auch darauf hin, dass in Österreich das während des ersten Lockdowns erlassene Verbot des Verweilens außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zu bestimmten Zeiten mittlerweile als verfassungswidrig erklärt wurde weil diese Bestimmung bedeutet, dass man sich zu dieser Zeit in einem fremden privaten Wohnraum nicht aufhalten darf.
Dieses Verbot ist rechtswidrig, denn aufgrund dieser Regelung könnte jemand versuchen, eine polizeiliche Kontrolle im privaten Wohnraum zu stützen“, so der Handelskammerpräsident. Und weiter: „Eine solche Kontrolle wäre verfassungswidrig, weil sie unverhältnismäßig ist.“Demnach wird die Landesregierung diesen Passus korrigieren müssen. Dass ausgerechnet der Athesia-Chef Arno Kompatscher & Co auf diesen Fehler hinweisen muss, kann man als Ironie des Schicksals bezeichnen.
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Hubert Frasnelli Do., 12.11.2020 - 14:03

"Nachhilfeunterricht": Der im Artikel angeführte (1zu1) Verweis (bzgl der Thematik Privatwohnungen) auf die österreichische Verfassung ist m.E. erst dann zulässig, wenn eine 100 % textliche/inhaltliche Übereinstimmung der österreichischen bzw italienischen Verfassung dazu festgestellt ist. Ist sie das?

Do., 12.11.2020 - 14:03 Permalink
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Herta Abram Do., 12.11.2020 - 14:44

Antwort auf von Lollo Rosso

Im Moment braucht es Persönlichkeiten, die imstande sind, das „Kriegsbeil“ beiseite zu legen.
Im Moment dieser Krise braucht es Menschen, aus unterschiedlichen Bereichen (Medien, Medizin, Wissenschaft, Wirtschaft...) und aus dem gesamten politischen Spektrum, die zusammenzuarbeiten.
Im Moment dieser Krise braucht es die Bereitschaft zu einem „Kontaktverzicht“ von uns allen.

Do., 12.11.2020 - 14:44 Permalink
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Manfred Klotz Do., 12.11.2020 - 15:09

Da wäre ich mir nicht so sicher, dass das Verbot verfassungswidrig ist. Der von Ebner zitierte Artikel betrifft die Unverletzlichkeit der Privatwohnung ohne gesetzliche Rückendeckung. Der Artikel sagt wörtlich "Non vi si possono eseguire ispezioni o perquisizioni o sequestri, se non nei casi e modi stabiliti dalla legge". Das Verbot jemand in der eigenen Wohnung zu empfangen, ist keine Verletzung dieses Grundsatzes. Außerdem sieht der Artikel selbst Einschränkungen dieses Gebots der Unverletzlichkeit vor:
"Gli accertamenti e le ispezioni per motivi di sanità e di incolumità pubblica o a fini economici e fiscali sono regolati da leggi speciali." Daran erkennt man schon, dass der Grundsatz nicht absolut gültig ist.
Wenn man wollte, könnte man das Problem im Übrigen leicht durch die Ausgangssperre umgehen, denn dass die problemlos verhängt werden kann, daran zweifelt wohl niemand. Wenn ich nicht aus meinen vier Wänden darf, kann ich automatisch niemand besuchen. Ist im Prinzip ja schon so. Verstehe daher die Aufregung Ebners nicht.

Do., 12.11.2020 - 15:09 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 13.11.2020 - 08:22

Antwort auf von Pafeiler Matthias

Wenn Sie genau lesen, steht in dem Passus, dass KONTROLLEN, von spezifischen Gesetzen geregelt werden, nicht dass Verwaltungsakte in diesem Zusammenhang keine Regelung einführen dürfen. Das ändert nichts an der Tatsache, dass der Verweis auf die Verfassung in diesem Zusammenhang, etwas bei den Haaren herbeigezogen ist, denn besagter Artikel regelt eben die Unverletzlichkeit der Wohnung im Zusammenhang mit Kontrollen bzw. Hausdurchsuchungen. Die Verordnung des LH sieht ja keine Hausdurchsuchungen vor, die wären natürlich ohne richterliche Anordnung oder spezifisches Gesetz ungesetzlich. Wobei es schon klar ist, dass ein Verbot ohne Kontrollmöglichkeit auf wackeligen Beinen steht.
Aber wie gesagt, auch das Ausgehverbot ist praktisch ein Verbot Freunde in deren Wohnung zu besuchen.

Fr., 13.11.2020 - 08:22 Permalink
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alfred frei Do., 12.11.2020 - 15:12

Die Unveräußerlichkeit der Grundrechte umfasst nicht auch einen Verzicht auf diese. Vielmehr ist der Staat gebunden, dieser kann die Grundrechte als Menschenrechte nicht veräußern. Der LH hat wahrscheinlich schlechte Berater.
Für eine polizeiliche Kontrolle im privaten Wohnraum ist der Virus noch nicht zuständig, oder ?

Do., 12.11.2020 - 15:12 Permalink
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Profil für Benutzer evelin tschenett
evelin tschenett Do., 12.11.2020 - 16:52

Hätte Ebner sich dafür eingesetzt, dass man in den eigenen 4 Wänden ausspioniert und bestraft werden kann, wenn man sich mit Freunden trifft und Kompatscher sich für die Privatsphäre stark gemacht hätte, ja dann hätten die typischen Salto-Schreiber mit einem Aufschrei reagiert .... Mich erinnert diese Verordnung jedenfalls an eine vergangene "schlimme Zeit" .

Do., 12.11.2020 - 16:52 Permalink
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Profil für Benutzer Verena Permann
Verena Permann Do., 12.11.2020 - 23:24

mensch bin i froh dass i keine Privatwohnung hab' :-) ...so kommt man sich nicht in die Quere ...hoffe nur man beschlagnahmt mir nicht auch noch den Radlsessl oder den LaRocciARahmen nach dem Lockdown ....weil ich keine Position vertrete ...als ausgestiegener Freigeist...trotzdem find' ich den Artikel 'nett':-)

Do., 12.11.2020 - 23:24 Permalink
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Profil für Benutzer Jul Bruno Laner
Jul Bruno Laner So., 15.11.2020 - 08:38

Grundgesetz und Hetz

Der Arno tut schon lang probieren
Spass und Ernst zu regulieren
Hoffend, dass die Sanität
Dann noch auf ihren Beinen steht.
Doch alle haben das recht auf Hetz
Das steht sogar im Grundgesetz
Und sogar die Handelkammer
Trompetet ihren Katzenjammer:
"Sex and drugs and Rock'roll
Steht im Verfassungsprotokoll!"

Der Segen der hängt inzwischen schief
Denn alles drängt auf INTENSIV
Ganze Mengen wolln hinein
Und das Spital ist viel zu klein
Das Hospital ist viel zu enge
Und schuld daran ist Arnos Strenge.
Denn Tanz und Ski und Hüttenhetz
Steht halt einmal im Grundgesetz
Wie das Recht auf guten Durscht...
Die Volksgesundheit ist ja Wurscht
Es gilt nur die Priorität
Die in der Handelskammer steht!
Und Sex and drugs and Rock'n Roll
Steht wohl im Kammerprotokoll?
Juristen nun Korinthen kacken,
Während Sterbende die Kurve packen,
Und kacken sich die Hosen voll
Mit Privacy und Rock'n Roll.
Ja, und die Intensivstation
Kann in Wochen oder Tagen schon
Vielleicht über und überfüllt sein.
Da setzt der Chor der Gröler ein
Und durch die Gänge vom Spital
Hört man es laut mit einem Mal:
"Alles ist kank, Spital ist voll,
Hellau bei Sex and Rock'n Roll."
So wird gegrölt und laut geträumt
Bis Polizei die Bude räumt
Dann ist mit einem mal vorbei
Die ganze Besserwisserei.

So., 15.11.2020 - 08:38 Permalink
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Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler So., 15.11.2020 - 18:01

Antwort auf von Jul Bruno Laner

Ja, ich hab etwas gelacht,
der Jul hat´s auf den Punkt gebracht.
Er bringt Kommentare als Gedicht,
damit er sich nicht verspricht.
Zwischen den Zeilen muss man lesen,
als wäre Morgen schon gewesen.
Er dichtet fein und überlegt,
weil ihm das am besten steht.
A Glasl hat ihn wohl begleitet,
und ihn zum Gedicht verleitet.
Der Jul hat eine spitze Feder,
so wie nicht unbedingt a jeder.
Hellau bei Sex & Rock’n’Roll
Jul ... das war wieder einmal toll.

So., 15.11.2020 - 18:01 Permalink