Chronik | Covid 19

Blitzanalyse von "Südtirol testet"

Am 22.11.2020 um 20 Uhr wurde der historische Covid-Massentest in Südtirol abgeschlossen. Es folgt eine kurze Analyse:
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Es ließen sich insgesamt 343.227 Südtiroler testen, 3185 davon erhielten einen positiven Testbefund.

Die beiden eingesetzten Tests haben eine sehr gute Spezifität und eine gute Sensitivität. In Zusammenschau von Sensitivität, Spezifität, der Gesamtzahl der Getesteten und der Anzahl positiver Tests ist es möglich, die Prävalenz zu berechnen.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Prävalenz ließe sich direkt aus der Anzahl positiver Tests und der Gesamtanzahl der positiv Getesteten errechnen und würde somit bei 0,9 % liegen. Dies ist aber ein Trugschluss, da jeder klinische Test bei ungezielter Anwendung auch falsch positive und falsch negative Befunde liefert.

Daher ist es notwendig, die Prävalenz in Abhängigkeit von Sensitivität und Spezifität zu errechnen.

Wir wissen, dass die Summe aus korrekt positiven Tests und falsch positiven Tests 3185 beträgt, was 0,9279 % entspricht. Dadurch wird es möglich, die Prävalenz P zu errechnen und zu ermitteln, wie viele falsch positive und falsch negative Tests statistisch zu erwarten sind.

Formel:

Anzahl positiver Tests in Prozent (bekannt: 0,9279 %, n=3185)= Rot+Gelb

 => 0,009279= [0,95*P]+[(1-0,996)(1-P)]

Hierbei zeigt sich eine Prävalenz von etwa 0,58 Prozent.

Rechnet man mithilfe der Prävalenz, Sensitivität und Spezifität den Anteil falsch positiver und falsch negativer Tests aus, ergibt sich folgendes Bild:

Wie kann man diese Zahlen nun interpretieren?

Die Vierfeldertafel zeigt allerdings auch einen Konstruktionsfehler des Massentests auf: Der positive prädiktive Wert ist trotz sehr hoher Testqualität aufgrund der niedrigen Prävalenz sehr niedrig. Der positive prädiktive Wert (PPV) sagt aus, wie wahrscheinlich ein positiver Testbefund auch richtig positiv ist. Bei Massentests ist dieser Wert naturgemäß niedrig.

Im aktuellen Fall ist davon auszugehen, dass 1365 Südtiroler einen falsch positiven Testbefund bekommen haben und nun zusammen mit ihren Angehörigen unnötig in Quarantäne müssen, wie Generaldirektor Zerzer heute im Radio anmerkte.

Diesbezüglich ist an den Sanitätsbetrieb zu appellieren, bei diesen Leuten einen Kontrolltest z.B. mittels PCR durchzuführen. Dies ist auch bei Screeningverfahren im medizinischen Bereich das Standardvorgehen, z.B. bei HIV-Screenings.

Ich persönlich bin gespannt, wie das Testergebnis auf politischer Ebene ausgelegt und interpretiert wird. Die hohe Teilnehmerzahl ist als Erfolg zu werten. Auch die oft gescholtenen „Coronaleugner“ und „Covidioten“ scheinen gar nicht so ein großes Problem zu sein.

Die Prävalenz liegt deutlich niedriger, als Landesregierung und Sanitätsbetrieb angenommen haben. Einerseits ist das erfreulich, denn die Kontaktverfolgung scheint sehr gut zu funktionieren. Andererseits ist die niedrige Prävalenz ernüchternd, denn man kann schon ein mulmiges Gefühl bekommen, wenn das Gesundheitswesen bereits bei so niedrigen Werten an seine Grenzen kommt.

Quellen für Testsensitivität und -Spezifität:

http://www.provinz.bz.it/sicherheit-zivilschutz/zivilschutz/coronavirus-suedtirol-testet.asp?somefaq_page=3#anc484

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Peter Gasser So., 22.11.2020 - 22:24

Sie schreiben: “Andererseits ist die niedrige Prävalenz ernüchternd, denn man kann schon ein mulmiges Gefühl bekommen, wenn das Gesundheitswesen bereits bei so niedrigen Werten an seine Grenzen kommt”:
das war auch mein erster Gedanke.
Aufgrund des Geschehens der letzten Wochen war eine Positivrate von 1 - maximal 3% zu erwarten.
Und genau diese wenigen Infizierten, also das “eigentlich gute” Ergebnis, ist das wirklich schlechte Ergebnis.
Bei 1 - 2% gleichzeitig Infizierten ist unser Sanitätssystem bereits an der Grenze.
Also wird sich an der derzeitigen Situation mit Maßnahmen wohl wenig ändern, mindestens noch ein halbes Jahr lang.
Aber niemand traut sich, dies wirklich zu sagen.

So., 22.11.2020 - 22:24 Permalink
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Martin Koellen… So., 22.11.2020 - 22:57

Eine Frage ist, ob sich die Werte für Sensitivität und Spezifität, welche vom Hersteller SDBiosensor in 115 positiven und 311 negativen Proben ermittelt wurden, auf das Massentestszenario übertragen lassen, wo nicht nur eindeutig positive oder negative sondern auch Grauzonen wie Früh- oder Spätstadium zu erwarten sind.
Eine weitere Frage ist, ob im nicht getesteten Drittel der Bevölkerung die gleiche Rate an positiven zu erwarten ist, beruht die Teilnahme am Test doch auf Freiwilligkeit und nicht auf Randomisierung.
Kein Zweifel besteht hingegen an der Notwendigkeit einer Nachkontrolle mittels PCR.

So., 22.11.2020 - 22:57 Permalink
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Markus S. Mo., 23.11.2020 - 11:55

Antwort auf von Martin Koellen…

Ja, es ist schwer die Grauzonen zu quantifizieren. Markus Falk schätzt diese mit 30% ein. Laut Sensitivität (~95%) gäbe es ja nur 5% falsch Negative.

Da sich doch sehr viele zum Test begeben haben, kommt das Resultat fast einer Randomisierung gleich. Im Detail fragt sich wer in der Liste fehlt: Kinder, Altenheimbewohner, Santätspersonal, ... und vor allem die Testverweigerer. Grad die Testverweigerer sind oft auch Maskenverweigerer und ich vermute in dieser Gruppe daher eine Prävalenz, die über 0,9% liegt. Wie groß ist diese Gruppe aber?

Wen soll man nachkontrollieren? Die Positiven? Wozu? Für den einzelnen, der falsch positiv ist, wäre es eine Erleichterung. Für die Gesamtheit aber nicht, da jeder einzelne mehr in "Freiheit" potentiell angesteckt werden kann. Das Beste wäre sogar alle in Isolation zu stecken um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
Wichtiger wäre da schon die falsch Negativen zu finden. Aber dazu müssten wir alle 340.000 Negativen nochmals testen - eine Mammutaufgabe!
Auch sind die PCR-Tests wesentlich kostspieliger und zeitaufwändig (bei 2000 Tests/Tag würden wir dafür 170 Zage brauchen).
Fazit: eine Nachkontrolle mittels PCR ist weder realistisch noch sinnvoll.

Mo., 23.11.2020 - 11:55 Permalink
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Martin Koellen… Mo., 23.11.2020 - 14:40

Antwort auf von Markus S.

Wozu? Für den einzelnen, der falsch positiv ist, wäre es eine Erleichterung. Zudem könnte man die Spezifität des Schnelltests noch näher eingrenzen. Die Negativen nachkontrollieren ist natürlich nicht machbar.
Auch ich vermute bei den Nicht-getesteten eine höhere Prävalenz. Wir haben ca 4.200 Altersheimbewohner, 10.000 Sanitätsmitarbeiter und 27.000 Kinder unter 5. Bleiben ca 25% der Bevölkerung, welche nicht getestet wurde.

Mo., 23.11.2020 - 14:40 Permalink
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Markus S. Mo., 23.11.2020 - 17:04

Antwort auf von Martin Koellen…

Die Erleichternug des einzelnen ist der Allgemeinheit nicht von Vorteil. Die Hersteller der Schnelltests könnte es interessieren einen PCR-Test nachzureichen um ihre Angaben zur Spezifität zu verbessern - aber ich glaube kaum, dass sie dazu eigens nach Südtirol kommen. Auch wäre das Ergebnis kaum aussagekräftig, wenn der Kontroll-Test nicht zeitgleich erfolgt, sondern erst nach einer Woche.

Interessant ist es nun die Anzahl der Neuinfektionen zu verfolgen: heute wurden nur mehr 260 entdeckt...

Mo., 23.11.2020 - 17:04 Permalink
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Peter Gasser Mo., 23.11.2020 - 17:17

Antwort auf von Markus S.

“ ... heute wurden nur mehr 260 entdeckt...“, ja, bei etwa nur 1500 Abstrichen, das muss stets dazu gesagt werden.
Es geht um die Positiv-Rate, welche aussagekräftig ist; sonst teste ich - als Extrem - einfach nicht mehr, und sage: endlich Null Infektionen...

Mo., 23.11.2020 - 17:17 Permalink
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Horst Stuffer Mo., 23.11.2020 - 08:57

Wenn also die positiv Getesteten unter 1% liegen, wie sieht dann das Verhältnis zu Verstorbenen und Erkrankten aus? Meine Vermutung: alle Hochrechnungen sind grundlegend falsch! Ich würde mich freuen, wenn auch hier ein Artikel darüber geschrieben wird. Mich beunruhigen diese Ergebnisse sehr.

Mo., 23.11.2020 - 08:57 Permalink
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Markus S. Mo., 23.11.2020 - 13:58

Antwort auf von Horst Stuffer

Die derzeit Kranken und erst recht die Verstorbenen haben sich bereits vor 10 Tagen angesteckt. Vor 10 Tagen lag die Prävalenz noch wesentlich höher. Inzwischen waren wir im Lockdown, haben uns geschützt und Kontakte gemieden. Die Infektionszahlen sind seit 2 Wochen stark zurückgegangen. Von den 800/Tag sind wir weit entfernt. Ohne Einschränkungen wären wir jetzt bei 2000/Tag!
Man konnte sogar bei diesem Massentest beobachten, dass die Zahlen täglich zurückgehen: am Donnerstag waren es 4,1%, am Freitag waren es 1,2% am Samstag+Sonntag nur mehr 0,7%. (OK, der Donnerstag war anormal, da die Leute wohl auch aus einem anderen Grund sich frühzeitig testen ließen). Wenn wir davon die 0,5% "falsch Positiven" abziehen (die Spezifizität liegt ja bei etwa 99,5%), waren es gar nur mehr 0,2%. Sagen wir 0,3%, denn es gab ja auch die falsch Negativen. Die nächsten Tage dürften wir also nur mehr sehr wenige Neuinfektionen erleben. Die Kurve der Hospitalisierungen dürfte parallel verlaufen, aber eben um die 2 Wochen zeitlich verschoben.

Mo., 23.11.2020 - 13:58 Permalink
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Stefan Gross Mo., 23.11.2020 - 14:48

Danke für die schöne Aufbereitung!
Frage an die Experten zur Gruppe der bereits am 18.11. und 19.11. getesteten. Diese stammen nicht aus demselben Zeitraum, wurden nicht in den Testzentren gemacht, sondern von niedergelassenen Ärzten und weisen mit 4,1% eine deutlich höhere Prävalenz auf als die an den Haupttagen der Kampagne getesteten Personen. Darf man diese Gruppe überhaupt mit dem Rest in einen Topf werfen? Die Prävalenz, die sich ausschließlich aus den Haupttagen errechnet, wäre nur 0,82%. Und von diesem Wert müsste man noch - wie im Beitrag exerziert - die falsch positiven herausrechnen.

Mo., 23.11.2020 - 14:48 Permalink
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Sepp.Bacher Mo., 23.11.2020 - 17:33

Graf von Rothpeiler: wenn "1365 Südtiroler einen falsch positiven Testbefund bekommen haben" dann muss man davon ausgehen, dass die Zahl der negativ getesteten noch viel höheren sein muss. Die müssten Sorgen bereiten, denn sie glauben negativ, anstatt dass sie Quarantäne zu sein. (Ich muss zugeben, dass mir die Rechen-Ergebnisse oben nicht so ganz verständlich oder nachvollziehbar sind.)
Was ich ebenfalls nicht verstehe ist, dass beim Massentest eine so geringe Zahl negativ ist und bei denen, welche die Sanitätsbehörde standardmäßig täglich macht, eine so hohe Positivität festgestellt wird.
Kopf schütteln muss man auch wegen der Fehleinschätzungen der Verantwortlichen: der Bürgermeister von Bozen ging von 30% aus, die Sanitätsexperten erwarteten immer noch eine bis zu 10 mal höheren Prozentzahl. Wie ist das möglich? Wie lässt sich das erklären? Mangelnde Fachkompetenz?

Mo., 23.11.2020 - 17:33 Permalink
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Martin Koellen… Mo., 23.11.2020 - 18:13

Antwort auf von Sepp.Bacher

"Was ich ebenfalls nicht verstehe ist, dass beim Massentest eine so geringe Zahl negativ ist und bei denen, welche die Sanitätsbehörde standardmäßig täglich macht, eine so hohe Positivität festgestellt wird."
Weil der Sanitätsbetrieb gezielter testet. Bei Patienten mit Symptomen oder engen Kontaktpersonen von Positiven ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass die getestete Person positiv ist, als wenn man querbeet alle testet.

Mo., 23.11.2020 - 18:13 Permalink
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gorgias Mo., 23.11.2020 - 18:51

Also wurden durch diese Aktion 1820 Personen aus dem Verkehr gezogen, die eine Ansteckungsgefahr darstellen. Wenn man bedenkt, dass deren Angehörige als enge Konktakte nicht in Quarantäne sind, bin ich gespannt was am Ende raus kommt.
Wie lange muss man denn Warten bis man bei den täglichen Neuinfektionen einen Effekt sehe wird? 10 - 14 Tage? - Hoffen wir, dass es im Verhältnis zum Aufwand was gebracht hat.

Mo., 23.11.2020 - 18:51 Permalink
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Graf von Rothpeiler Mo., 23.11.2020 - 19:24

Um auf einige in den Kommentaren aufgeworfenen Fragen einzugehen:

1. Welchen Sinn macht es, die Positiven nachzutesten, statt sie direkt in Quarantäne zu stecken?

Dazu zwei Überlegungen: Einerseits stärkt es das Vertrauen der Bevölkerung, wenn die Bürger sehen, dass das Land nicht einfach nur Leute aus Bequemlichkeit in Quarantäne schickt. Andererseits ist es ein unnötiger Unsicherheitsfaktor, wenn über tausend Südtiroler fälschlicherweise glauben, Covid bereits durchgemacht zu haben, sich so in falscher Sicherheit wiegen und dann letztlich in einem möglichen späteren Infektionsszenario viel zu spät diagnostiziert werden.

2. Sensitivität, Spezifität, Falsch Positive und Falsch Negative:

Markus Falk rechnet in seinem Beispiel aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen mit einer Sensitivität von 70%, obwohl auf der Website des Landes und in der Fachinformation der Testhersteller ein Wert von 95% angegeben wird. Als Nicht-Verschwörungstheoretiker ist man aber an die Verwendung der offiziellen Zahlen gebunden.
Intuitiv würde man glauben, dass bei einer Sensitivität von 95% und bei einer Spezifität von 99,6% mehr falsch Negative als falsch Positive zu erwarten wären.
Der Haken dabei ist, dass nur jemand der das Virus in sich trägt. falsch negativ sein kann. Bei niedriger Prävalenz rekrutieren sich die falsch Negativen also aus einer sehr kleinen Gruppe. 5% von etwa 2000 Erkrankten sind weit weniger als 0,4% von 300.000 Gesunden. So erklärt sich der deutlich höhere Anteil an falsch positiven Tests im Vergleich zu den falsch negativen Tests.

3. Warum gibt es einen so großen Unterschied im Antei positiver Tests zwischen den täglichen Tests und dem Massentest?

Dies liegt an der höheren Vortestwahrscheinlichkeit bei den täglichen Tests. Dort werden hauptsächlich Patienten mit Symptomen oder nachweislichem Kontakt mit Covid-Positiven. In einem solchen Fall ist es viel wahrscheinlicher, einen positiven Test zu haben.
Dies ist auch der Grund für die Fehlannahme der Politik und des Sanitätsbetrieb. Letztlich zeigt uns das Ergebnis, dass das Suchraster des Sanitätsbetriebes relativ effektiv die Positiven abfischt und wir also durch diese Tests bereits eine recht gute Abbildung der IST-Situation haben.

4. Warum gab es bei den Apothekentests ein höheres Ergebnis?

Das kann ich mir nicht erklären. Würde es an einem Abnahmefehler liegen, müsste es mehrere Gemeinden mit ebenfalls so hohen Werten geben, dies ist aber nicht der Fall.

Mo., 23.11.2020 - 19:24 Permalink
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Profil für Benutzer Harry Dierstein
Harry Dierstein Mo., 23.11.2020 - 19:41

Antwort auf von Graf von Rothpeiler

Wie Sie, bin auch ich "Nicht-Verschwörungstheoretiker", jedoch erlaube ich mir eine simple Frage:
Sind diese Zahlen des "Massentests", die Zerzer & Widmann (die ja von Athesia also Ebner, abhängig sind) veröffentlichten, wirklich vertrauenswürdig oder wird hier nur ein irres Spektakel inszeniert, um schnellstmöglichst die Südtiroler Skigebiete und den Weihnachtshandel zu öffnen? Zum Nachteil der Gesundheit der Risikogruppen?

Mo., 23.11.2020 - 19:41 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Koellensperger
Martin Koellen… Mo., 23.11.2020 - 20:17

Antwort auf von Graf von Rothpeiler

"Markus Falk rechnet in seinem Beispiel aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen mit einer Sensitivität von 70%, obwohl auf der Website des Landes und in der Fachinformation der Testhersteller ein Wert von 95% angegeben wird."
Aus dem Artikel "Was bringt der Massentest?":
"Die eingesetzten Antigentests – sie stammen von den zwei Herstellern Relab und Abbott – weisen eine Sensitivität von 96 Prozent auf. Sprich, 96 Prozent der laufenden Infektionen, bei denen der Virenträger bereits ansteckend ist, werden angezeigt. Das aber ist erst nach ein paar Tagen der Fall. “Wer sich erst kurz bevor er den Antigentest macht, angesteckt hat, etwa zwei Tage vorher, bei dem wird der Test nicht funktionieren”, erklärt Falk. Es sei also davon auszugehen, dass nur 70 Prozent der tatsächlich Positiven festgestellt werden können"

Mo., 23.11.2020 - 20:17 Permalink
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Profil für Benutzer Graf von Rothpeiler
Graf von Rothpeiler Mo., 23.11.2020 - 20:58

Antwort auf von Martin Koellen…

Sicher kann man sich fragen, wie genau die Angaben des Herstellers zu Sensitivität und Spezifität sind. Laut Fachinformation wurde die Sensitivität und Spezifität dieser Tests mittels Nachtestung von etwa 400 PCR-getesteter Proben ermittelt.
Gerade die Sensitivität kann durch präanalytische Fehler herabgesetzt werden, z.B. wenn der Abstrich nicht korrekt genommen wird.

Nichtsdestotrotz sind das die offiziellen Zahlen. Wenn wir an diesen Werten zweifeln, müssen wir den Test neu validieren, dann können wir die Rechnung nochmal mit angepasster Sensitivität und Spezifität betrachten.

Es erscheint mir sehr gewagt, eine Analyse mit einer selbst festgelegten Sensitivität und Spezifität zu machen - vor allem wenn man bedenkt, dass diese Analysen zum Teil den Namen der Eurac tragen und von der Politik zur Entscheidungsfindung herangezogen werden.

Ich denke nicht, dass die niedrigen Werte und publizierten Zahlen nur Spektakel sind. Ginge es der Landesregierung nur um den Profit, gäbe es einfachere Möglichkeiten: weniger Testen, Todesfälle und Neuinfektionen nur am Rande erwähnen, Stimmungsmache mittels einer Serie von Fallberichten über sehr milde Covid-Verläufe (man denke an die Aktion "Stopp der Gewalt") etc.
Dazu bräuchte Ebner die Politiker und den Massentest nicht.

Mo., 23.11.2020 - 20:58 Permalink
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gorgias Mo., 23.11.2020 - 20:32

Antwort auf von Graf von Rothpeiler

4. Warum gab es bei den Apothekentests ein höheres Ergebnis?

Das kann ich mir nicht erklären. Würde es an einem Abnahmefehler liegen, müsste es mehrere Gemeinden mit ebenfalls so hohen Werten geben, dies ist aber nicht der Fall.

Weil die Motivation einen Apothekentest zu machen einen anderen Anlass hat. Am Massentest nahmen viele einfach aus Prinzip teil, einen Apothekentest machen unter anderem auch jene teil die sich komisch fühlen oder einen verdacht haben sich bei jemandem angesteckt zu haben.

Mo., 23.11.2020 - 20:32 Permalink
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Stefan Gross Di., 24.11.2020 - 14:36

Antwort auf von Graf von Rothpeiler

Zu den "Apothekentestests":
Auch die Gruppe der nach den Haupttagen getesteten (23.-25.11) hat einen höheren Anteil an positiven Testergebnissen: 2,2%.
Diese gehören statistisch nicht zur Population. Was unterscheidet sie? 1.) wurden sie nicht an Haupttesttagen getestet 2.) unter anderen Bedingungen (Apotheke statt Teststation) 3.) mein Verdacht: dass diese evt. doch leichte Symptome hatten oder zumindest einen Verdacht und genau aus diesem Grund die Menschenansammlungen an den regulären Teststationen meiden wollten. Insbesondere für die frühe Gruppe wäre es plausibel, dass es einige dringend wissen wollten

Di., 24.11.2020 - 14:36 Permalink
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Salto User
Meinhard Ploner Mo., 23.11.2020 - 22:16

Die Eurac (M. Falk) verwendet eine Sensitivität von 70%, was Sinn macht, da Covid-Positive die ersten ca. 2 Tage bei den Tests ein negatives Resultat ergeben. Wenn man noch die Sensitivität auf 99.54% korrigiert (Mittelwert von 99.68% - Relab und 99.40% - Abott), dann verschieben sich die Werte ein klein wenig:

Richtig Positiv: 1617 (krank + positiv)
Falsch Positiv: 1568 (gesund + positiv)
Falsch Negativ: 693 (krank + negativ)
Richtig Negativ: 339349 (gesund + negativ)
Prävalenz (in den Getesteten!): 0.67%.

Laut ECDC ist für eine derart niedrige Prävalenz ein Antigen-Test nicht die erste Wahl (siehe https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/Options-use-of…, Seite 8), aber man muss zugeben dass sich solche Anweisungen oft schnell ändern. Außerdem ist man von einer weit größeren Prävalenz ausgegangen.

Ich persönlich frage mich nun, ab wann denn ein Massentest als Erfolg gewertet werden kann: reichen 1620 Richtig Positive auf 340.000 Personen? Wären auch 500 ein Erfolg? Immerhin: der Test sollte solange wiederholt werden, bis er unter die sinnvolle Schwelle fällt.

Mo., 23.11.2020 - 22:16 Permalink
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Profil für Benutzer Günther Schweigkofler
Günther Schwei… Mo., 23.11.2020 - 23:23

Antwort auf von Meinhard Ploner

"Immerhin: der Test sollte solange wiederholt werden, bis er unter die sinnvolle Schwelle fällt."
Ist die Grenze nicht schon erreicht, wenn in etwa gleich viele Richtig-Positive zu verzeichnen sind, wie Falsch-Positive?
Ich gehe davon aus, dass wenn die obige Berechnung auf die drei Testtage 20.-21.-22.11. beschränkt wird, mit 332.267 Getesteten und 2.731 Positiven, entsprechend 0,82%, die Anzahl der Falsch-Positiven überwiegt.
Wenn gezielt getestet wird, wie in den zwei Tagen davor (18.-19.11.) mit 4,14% Positiven und auch am heutigen Tag (23.11.) mit 2,19% Positiven überwiegt zumindest der Anteil der Richtig-Positiven.
Ich frage mich, ob dann nicht eine gezieltere Teststrategie bedeutend sinnvoller wäre. Bei Verdachtsfällen das ganze Umfeld testen, egal ob im Haushalt, in Kindergärten, Schulen oder Unternehmen. Jeder der auch nur ansatzweise Grippesymptome hat, sollte sich testen lassen, bevor er wieder aus dem Haus geht. Mit den jetzigen Antigen-Tests sollte das doch möglich sein.

Mo., 23.11.2020 - 23:23 Permalink
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rotaderga Di., 24.11.2020 - 06:56

"Als Nicht-Verschwörungstheoretiker ist man aber an die Verwendung der offiziellen Zahlen gebunden"
Diese Aussage bereitet mir sehr viel Kopfzerbrechen. Ich meine, auch Wahrheiten müssen hinterfragt werden und belegbar bleiben.

Di., 24.11.2020 - 06:56 Permalink