Wirtschaft | INTERVIEW

“Wir brauchen Planungssicherheit”

Siegfried Pichler (Obereggen Latemar AG) über einen verspäteten Saisonstart und warum ein Skigebiet nur mit einheimischen Tourismus schwer vorstellbar ist.
Obereggen
Foto: Siegfried Pichler

Während in den vorigen Jahren bereits Ende November die ersten SkifahrerInnen die Pisten eroberten, steht der Saisonsstart dieses Jahr noch in den Sternen. Die Frage, ob der Wintertourismus bis Januar untersagt werden soll, sorgt derzeit für viele Diskussionen in den europäischen Winterdesitinationen. Auch in Südtirol herrscht Unsicherheit. Siegfried Pichler, Geschäftsführer der Obereggen Latemar AG, spricht in diesem Interview über die aktuelle Lage. 

salto.bz: Herr Pichler, die Medienberichte über eine verspätete Eröffnung der Skigebiete haben sich in den letzten Tagen überschlagen. Kam diese Nachricht auch für Sie als Geschäftsführer der Obereggen Latemar AG überraschend?

Siegfried Pichler: Ja, auch wir erfahren täglich von diesem Szenario aus den Medien, eine offizielle Mitteilung gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht. Viel wird von der Entwicklung der Pandemie in den nächsten Wochen abhängen. Das neue Dekret vom Landeshauptmann und spätestens jenes des Ministepräsidenten, das voraussichtlich am 3. Dezember veröffentlicht wird, bringt hoffentlich Klarheit, denn wir brauchen unbedingt Planungssicherheit. So wie es zurzeit aussieht, wird die Wintersaison wohl erst nach den Weihnachtsfeiertagen richtig starten können. Sollte dieses Szenario eintreten, sind aber unbedingt geziehlte Födermaßnahmen erforderlich, um die Existenz der Skigebiete nicht zu gefährden.

Vom Gesamtumsatz im Winter entfallen 25 bis 30 Prozent auf die Zeit von Weihnachten bis Anfang Januar.

Die Weihnachtsferien gelten als Hochsaison im Wintertourismus.

Vom Gesamtumsatz im Winter entfallen 25 bis 30 Prozent auf die Zeit von Weihnachten bis Anfang Januar. Das sind sehr große Ausfälle, die sicher problematisch werden. Es geht um viel mehr als die Liftanlagen: Hütten, Skischulen, Hotels, Skiverleihe, Sportgeschäfte und sehr viele Arbeitsplätze – alle sind davon betroffen.  

Deutschland, Frankreich und Italien streben eine gemeinsame europäische Lösung an, keinen Wintertourismus über die Weihnachtsfeiertage zu ermöglichen. Österreich kann diesem Vorschlag wenig abgewinnen, außer es gibt finanzielle Entschädigungen von der EU. Was sagen Sie dazu?

Es sollte auf jeden Fall eine gemeinsame Lösung geben. Sollten die derzeitigen Reisebeschräkungen aufrecht bleiben, kann ich mir nicht vorstellen, dass Österreich autonom öffnen wird. Denn auch für ein Land wie Österreich sind gerade die deutschen Gäste extrem wichtig.

 

Was halten Sie vom Vorschlag, die Liftanlagen für den einheimischen Tourismus zu öffnen? Würde sich das rentieren?

Ein Skigebiet zu betreiben bringt enorme Fixkosten mit sich, unabhängig davon, ob es wenig oder viel Gästeaufkommen auf den Liftanlagen gibt. Außerdem haben viele Skigebiete in den vergangenen Jahren große Investitionen getätigt. Sollte das Weihnachtsgeschäft und weitere Perioden ausfallen, bräuchte es unbedingt Hilfsmaßnahmen für die Branche, um die Existenz vieler Skigebiete nicht zu gefährden. Nur mit einheimischem Tourismus, der sich hauptsächlich am Wochenende abspielt, können diese Kosten nicht gedeckt werden. Ein Skigebiet ohne Hotels und Hotels ohne Skigebiete sind in typischen Wintergebieten schwer vorstellbar.

Nur mit einheimischem Tourismus, der sich hauptsächlich am Wochenende abspielt, können diese Kosten nicht gedeckt werden.

Angenommen die Skigebiete öffnen erst im Januar, würden in diesem Fall auch die Skipasspreise angepasst werden?

Beim Kauf eines Saisonskipasses gibt es eine Rückvergütung im Falle eines Lockdowns. Das bedeutet, dass die Preise abhängig vom Beginn der Saison sind. Wenn die Saison zu einem späteren Zeitpunkt beginnt, werden auch die Preise der Saisonkarten dementsprechend angepasst.

Wir warten auf offizielle Mitteilungen und bereiten uns in der Zwischenzeit mit viel Hoffnung und Enthusiasmus auf den Saisonstart vor.

Anderes Thema: Covid-19-Maßnahmenkonzept. Ist das schon fixiert?

Wir arbeiten seit Monaten an einem Sicherheitskonzept, das von der Regionenkonferenz bereits genehmigt wurde. Es sieht unter anderem eine Limitierung der Tageskarten, der Förderkapazitäten der Liftanlagen, Abstandsregeln, Masken, Desinfektion und Online-Karten-Verkauf vor. Wir, die Obereggen Latemar AG, haben bereits im Sommer viele dieser Maßnahmen mit Erfolg umgesetzt und zum Beispiel unsere MitarbeiterInnen in regelmäßigen Abständen einer Covid-19-Testung unterzogen.

 

Die Skigebiete bereiten sich also, unabhängig der aktuellen Szenarien, auf eine Öffnung vor?

Wir haben schon mit der Erstbeschneiung unserer Pisten begonnen und bereiten uns, so wie jedes Jahr, mit großem Einsatz darauf vor, unsere Liftanlagen und Pisten jederzeit in Betrieb nehmen zu können – in der Hoffnung, dass das sobald als möglich sein kann. Eine erneute vorzeige Schließung, so wie im vergangenen März, wäre fatal. Es hängt so viel damit zusammen, denn die Wertschöpfung der Wintersaison entspricht in etwa sieben Mal dem Umsatz der Liftanlagen. Wir warten nun die Entscheidungen der Behördenvertreter ab, um mit viel Enthusiasmus in die Wintersaisonstarten zu können.

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Georg Holzer Fr., 27.11.2020 - 05:47

Bin ganz Ihrer Meinung, gutes Sicherheits Konzept und monatelange Vorbereitungen der Aufstiegsanlagen! Leider wird's nicht an den Aufstiegsanlagen und Beherbergungsbetrieben scheitern, die auch schon an einem Sicherheitskonzept gearbeitet und umgesetzt haben, sondern an der Sanität die seit dem Frühjahr kein erkennbares Konzept ausgearbeitet hat in Zusammenarbeit mit der Tourismuswirtschaft, hunderte Skiunfall Verletzte täglich und in den Krankenhäusern AHA Regeln und die Rettungsdienste mit der Erstversorgung und Abtransport, wie soll das funktionieren?

Fr., 27.11.2020 - 05:47 Permalink
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Klemens Riegler Fr., 27.11.2020 - 07:53

Zaches Thema ! so wie in vielen anderen Bereichen auch. Aber wenn die Skigebiete damit argumentieren, dass die Ansteckungen beim Skifahren unwesentlich sind, haben sie damit wohl mehr Recht als andere, die das ebenfalls behaupten. Selbst in Gondeln mit offenen Luftklappen dürfte es Null Probleme geben. Vorsicht ist vielmehr auf den Hütten + Zubringerdiensten geboten. Und ohne "Planungssicherheit" (die ja allen fehlt), würde ich vorläufig die kostspieligen Schneekannonen etwas ruhen lassen, denn die Öffentliche Hand wird diese "Fehlinvestition" kaum entschädigen können. Auch weil man jetzt weiß, dass die Piefke nicht kommen werden.
Und Argument von Georg Holzer (KH-Kapazitäten) kommt natürlich dazu.

Fr., 27.11.2020 - 07:53 Permalink
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Elisabeth Garber Fr., 27.11.2020 - 08:56

Antwort auf von Klemens Riegler

Das Hauptproblem dürften wohl die Alkohol-Buden sein und jene Zeitgenossen, die (trotz fehlender Belege) nach überstandener Infektion meinen, zeitlos immun zu sein oder die, welche die Aggressivität des Virus grundsätzlich in Frage stellen.
NB: Prof. Crisanti redet diesbezüglich Klartext, er ist kategorisch gegen die Öffnung der Skigebiete.

Fr., 27.11.2020 - 08:56 Permalink
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Quo Vadis Südtirol Fr., 27.11.2020 - 09:47

Wenn Italien die Skigebiete schließt, fahre ich nach Nauders. Und dann soll ich 14 Tage in Quarantäne? Reschen und Nauders sind de facto 1 Dorf. Wegen 100 Metern und der blöden Grenze eine solche Bestimmung? Wie man sieht, die Grenze ist knallhart da, wenn's mal ernst wird. Alles andere sind Sonntagsreden.

Fr., 27.11.2020 - 09:47 Permalink
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gorgias Fr., 27.11.2020 - 16:30

Antwort auf von Norbert Von und Zu

Europa hat eine 2500 Jahre alte Kulturgeschichte. In der sich Geinsamkeiten gebildet haben, die es gegenüber anderen Kulturkreisen abgrenzt. Wenn Sie nur an der Oberfläche kratzen, dann wundert es mich nicht, dass Sie kulturell homogene Einheiten als Ideal für politische Systeme ansehen.

Politische Einheiten sind nicht an Sprachgrenzen gebunden, wie es doch vortrefflich die Schweiz zeigen kann. So ist Ihr Vorbehalt höchstens ein Zeichen eines kleinkarierten Sprachnationalismus.

Fr., 27.11.2020 - 16:30 Permalink
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Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler So., 29.11.2020 - 20:01

Antwort auf von Quo Vadis Südtirol

Lieber Quo Vadis Südtirol; Also derzeit ist Nauders zumindest eine andere Gemeinde. Und es ist nicht erlaubt Gemeindegrenzen zu überschreiten. Und dann sind gewisse Artgenossen auch noch so schlau und posten auf FB dass sie an diesem WE in Davos Skifahren waren ... wohl aus gesundheitlichen Gründen?

So., 29.11.2020 - 20:01 Permalink